Immer wieder höre ich, dass Personen es beim Bahnfahren als problematisch empfinden, wenn andere Personen ihre Taschen auf Sitzplätze gelegt haben. Da ich seit nunmehr 30 Jahren werktäglich Bahn fahre - Schulferien/Semesterferien/Urlaub ausgenommen also Pi ma Daumen über Bahnfahrerfahrung in Höhe von 200 Tagen pro Jahr mit je 2 Fahrten, sprich: 12.000 (das kann nicht sein, oder?? Wie krass ist das denn?!) Fahrten verfüge - bin ich geradezu prädestiniert, das ein für alle Mal zu erklären.
Szenario: Sie steigen in eine Bahn und möchten auf einem Platz sitzen, auf dem eine Tasche steht.
Nun gibt es diese speziellen Tage. An diesen Tagen nehmen Menschen, sobald die Bahn sich füllt oder spätestens, wenn Sie sich nähern, die Tasche proaktiv vom Sitz. Das sind die Tage, an denen die Eisverkäuferin sagt "Ich gebe Ihnen noch eine Kugel zum Probieren mit", die Haare sagen "natürlich legen wir uns genau so wie gewünscht, auch ohne Föhnen" und das Nutellabrot sagt "ich falle auf die Brotseite". Es gibt diese Tage, aber sie sind nicht die Regel und es besteht kein Anspruch darauf.
Normalerweise sind aber auch an anderen Tagen gar nicht viele Worte nötig. Bewegen Sie sich auf den angestrebten Platz zu und sagen Sie etwas wie "darf ich?" oder "Entschuldigung". In etwa 80 Prozent aller Fälle reicht das aus. Die Tasche wird entfernt und Sie setzen sich. Anmerkung: natürlich ist die taschenbesitzende Person eventuell mit der neuen Situation unzufrieden. Das ist in Ordnung, die Veränderung stellt für sie schließlich eine Verschlechterung dar. So lange Sie sich aber nicht aus reiner Schikane in einer fast komplett leeren Bahn auf den einzigen taschenbesetzten Platz gesetzt haben, muss Sie das nicht bekümmern.
Was jedoch in den 20 Prozent der Fälle, in denen "darf ich?" nicht ausreicht? Wenn irgendeine Art von Widerspruch die Antwort ist, sei es "nein" oder "es ist doch anderswo noch was frei" oder "ich brauche den Platz"? Sie brauchen darauf inhaltlich nicht einzugehen, es gibt eine einfach Formel. Sie sagen: "Ich bestehe darauf!" Das ist sozusagen eine Zauberformel, nach der es wirklich nicht mehr viel zu besprechen gibt. Die Lage ist klar, der Platz wird geräumt.
Und wenn nicht? Wie oft passiert das? Was macht man dann?
In meinen 30 Jahren Bahnfahrerfahrung kam es dazu genau zwei Mal. Ich würde sagen, im Schnitt setze ich mich bei jeder fünften Bahnfahrt auf einen Taschenplatz. Also bisher 2.400 Mal. Zwei Taschenkrisenereignisse entsprechen somit weniger als 0,1 Prozent wirklich schlechten Benehmens, denn der Rest ist Gedankenlosigkeit, oder auch Versunkenheit in Gedanken, in Musik, in Bücher.
Dennoch, was macht man bei Taschenkrisen? Das kommt auf das eigene Temperament an. Vielleicht bricht man in Tränen aus. Vielleicht beginnt man zu schimpfen, Vielleicht setzt man sich einfach auf die Tasche drauf. Es ist eigentlich total egal, 0,1 Prozent, darüber muss man sich keine vorbereitenden Gedanken machen, das kann man spontan entscheiden und wenn es daneben geht, naja. 0,1 Prozent. Das ist auszuhalten.
Ich war beide Male zunächst höflich-gefasst und sagte: "Bitte nehmen Sie die Tasche weg, sonst muss ich es tun." Einmal hat das gereicht, das war gut. Einmal nicht (wir sind nun bei 0,05 Prozent. No Fear!). Als es nicht gereicht hat, habe ich getreu dem Erziehungsgrundsatz "nie etwas androhen, das man nicht umzusetzen bereit ist" die Tasche weggenommen und in den Gang gestellt. Also, ich wollte sie in den Gang stellen, war aber plötzlich nicht mehr höflich-gefasst sondern enerviert und habe sie folglich nicht ordentlich gestellt sondern geworfen.
Flugs waren zwei Plätze frei, einer für mich und einer für meine Tasche, also theoretisch, praktisch dachte ich, dass sich da vielleicht jemand, also jemand anders als zuvor, hinsetzen möchte; ich bin ein höflicher und vorausschauender Bahnfahrer (außer, ich bin gerade gedankenversunken oder bei 0,05 Prozent). Ich würde dieses Ereignis eher in der Mitte zwischen Erfolg und Misserfolg einstufen.
Aber wie gesagt, 0,05 Prozent. Alles ist gut. Taschen auf Sitzplätzen sind kein Problem auf dieser Welt.
Heute vor zig Jahren:
Nach Spanisch habe ich total Ärger mit meinen Eltern, weil ich mir einen Termin falsch aufgeschrieben und vergessen habe.
Um 18 Uhr kommen Ah, Marco und Mig, wir gehen zur Haltestelle und treffen Turek, der gerade von der Polizeiwache kommt, weil er da aussagen sollte wegen der Aktion von Sunny im Februar. Wir holen Pe ab und gehen dann zum karl, wo wir einen leeren Kasten abholen, den wir für ihn wegbringen. Dann gehen wir zur Pommesbude, wo die Jungs total rumprollen und sich peinlich benehmen. Deshalb gehen Pe und ich um 20 Uhr nach Hause.