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    Dienstag, 9. Juni 2015
    Blogging November - 1317

    Nicht über die Zahl wundern, eine Mathematikerin sagt mir, die sei korrekt.

    Heute morgen ging ich in den Supermarkt, stellte mich neben das Kaffeeregal und zog das Handy hervor, um meinen dort hinterlegten Einkaufszettel zu studieren.

    Kleine, niedliche, weißhaarige sehr alte Frau:

    "Das finde ich faszinierend, wie Sie das machen. Wie die ganzen Leute das machen. Ich kann das nicht mehr, ich habe das vor ein paar Jahren mal versucht, aber damit komme ich nicht mehr zurecht. Sehr gut machen Sie das! Jetzt spreche ich Sie hier einfach so an, ich lasse Sie auch gleich in Ruhe. Aber auch mit dem Computer komme ich nicht mehr zurecht, mit E-Mail, und das Handy, das verstehe ich überhaupt nicht, also außer zum Telefonieren, das kann ich schon, das ist ja wie eine Telefonhörer, natürlich. Und darüber können Sie jetzt auch alles Mögliche machen, oder? Was es alles gibt heute. Und sie haben so schöne Haut! Damit finden Sie sicher gut einen Mann, wenn Sie mal Kinder wollen, mit so schöner Haut, da will man ja gleich mal drüberstreicheln! Und so gesund sehen Sie aus! Und so groß, meine Güte, Sie sind aber wirklich groß, ich bin ja so klein geblieben weil wir nie genug Essen hatten. Das weiß ich noch, als ich ein kleines Mädchen war, da waren wir in Rüsselsheim in dem Haus von einer Frau, die die Soldaten beherbergt hat. Das erzähle ich Ihnen nur noch kurz: Meine Schwestern und ich und mein Vater. Und meine Schwestern und ich durften bei der Frau, der das Haus gehörte, in der Stube schlafen. Und einmal habe ich gesagt, wo schläft denn mein Papi hier, kann ich das auch mal sehen? Und das hat sie mir dann gezeigt, das war ein Raum, da waren alle Möbel rausgeräumt und überall Matratzen und Decken und da schliefen 30 Soldaten, in Schichten, immer die, die keinen Einsatz hatten. Da war der Krieg ja schon fast vorbei, aber beim letzten Einsatz war es das dann, dann war er tot, jetzt ist er auf einem Friedhof in Blankenese aber da war ich nie, ich habe nur ein Bild davon, ich hätte sein Grab gerne mal besucht aber das ist so furchtbar weit. Und ich bin ja so alt. Ich bin ja schon weit über 80. Und ich habe keine Kinder, eins habe ich verloren und dann hatte ich keine mehr. Meine Schwestern, die haben Kinder, fünf Bobbelche, aber da kümmert sich auch keiner, das muss man nicht denken. Aber ich hatte kein schlechtes Leben, das war schon in Ordnung. Manchmal war es schwierig. Ach, ich glaube, Sie heute haben es ein bisschen besser, aber da weiß man ja auch nicht, was kommt. Und jetzt erzähle ich Ihnen das alles, ich weiß gar nicht warum. Jetzt gehe ich auch gleich einkaufen, Sie sind auch sicher in Eile. Haben Sie denn Familie? Passen Sie gut auf, dass Sie so gesund bleiben und dass Sie immer genug essen. Im Alter da schrumpelt man so zusammen, wenn Sie da schon ganz dünn sind, dann bleibt nichts mehr von Ihnen übrig. Ich kaufe mir jetzt auch alles für die Woche, ich gehe immer dienstags, nicht montags, montags gehen ja alle, da gehe ich dienstags, da plant man eben alles einen Tag versetzt und was ich brauche passt alles in mein Wägelchen. Das gab es ja früher auch nicht, stellen Sie sich vor, dass es früher solche Wägelchen nicht gab, da mussten wir alles tragen, aber wir haben auch gar nicht so viel gekauft, es war wirklich alles viel einfacher. Das Leben ist schon auch schwieriger heute, was Sie alles wissen müssen heute, da wird mir ganz schwindlig, das verstehe ich alles nicht mehr, dann habe ich immer das Bild von dem Raum vor Augen, in dem mein Papi geschlafen hat. Das geht auch nicht mehr weg. Und ich bin ja schon weit über 80."

    Dann ging die kleine, sehr alte Frau einfach weg, zum Brot. Und ließ mich ziemlich erledigt zurück.

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