"Heute kommt der zweite Teil der Atmung - letze Woche haben wir ja schon einige Frequenzspielchen gemacht", sagte der Schwimmlehrer. Zu einem eventuellen zweiten Teil mit Entchen sagte er nichts, das nehme ich gleich vorweg, um Ihnen eine eventuelle spätere tiefe Enttäuschung zu ersparen. Es soll ja Leute geben, die an den Entchen hängen.
Es ging dieses Mal darum, den Kopf beim Atmen genau richtig zu drehen. Auch dazu hatte der Kraulschwimmlehrer ein eingängiges Bild parat: der Terminator! Wir standen im Wasser und drehten den Kopf wie der Terminator. Irgendwie ausdruckslos, irgendwie nur so wie zwei Zylinder, die sich gegeneinander drehen, ganz gerade auf einer Achse, keine Neigung. Exakt so soll der Kopf im Wasser gedreht werden. Keine Neigung, kein lautlos wieherndes Luftschnappen Richtung Schwimmhallendecke. Nur eine Terminator-Drehung - der Rest kommt durch die Schulterrotation. Das übten wir ein bisschen, es ging ziemlich gut.
Im nächsten Schritt ging es darum, sämtliches Drehen (also des Kopfes und der Schulter) so weit wie möglich zu minimieren. Je weniger Drehen, desto stabiler die Wasserlage, desto effizienter der Schwimmstil. Es böte sich an, sagte der Schwimmlehrer, auch mit dem Mund zu arbeiten. Den Mund also zu verziehen in eine Richtung, so dass sich an der Seite, die bei den Minimal-Terminator-und Schulter-Drehungen aus dem Wasser kommt, eine Saugöffnung bildet. Stellen Sie sich Billy Idol vor, auch wenn der Schwimmlehrer das nicht sagte - ich bin überzeugt, das lag nur daran, dass der Schwimmlehrer zu jung ist, um Billy Idol zu kennen.
Wir schwammen eine Bahn, ich sog dreimal mit Terminator-Hals durch die Billy-Idol-Fratze eine volle Ladung Chlorwasser ein. "Ich empfehle, trotz Minimaldrehung den Kopf zum Atmen nicht komplett unter Wasser zu lassen", sagte der Kraulschwimmlehrer. Ungewohnt süffisant.
"Machen wir auch eine Exkursion? Wir wollen eine Exkursion machen, ich habe die anderen schon gefragt!", sagte Hanni oder Nanni, vielleicht Hanni. Der Schwimmlehrer war genauso überrascht wie die Kraulschwimmpartnerin und ich angesichts eines Ausflugs in ein Museum oder so im Badeanzug. Aber es war ein Exkurs gemeint. Wie im Donnerstagskurs. Nämlich zum Delfinschwimmen. "Ah, wie im Donnerstagskurs, ja, da haben wir das mal ausprobiert. Da braucht man viel Kraft." Der Kraulschwimmlehrer schien zögerlich. Andererseits war aber Delfin seine eigentliche Wettkampfdisziplin. So aus der Hüfte, er führte es kurz auf dem Trockenen vor. Ja, wir werden es ausprobieren. Demnächst. Luigi seufzte und ächzte vorsorglich schon einmal. Delfin, boah, puh, poah, phhhhhh!
Aber nun sollte erst einmal die Spinne kommen. Die Spinne ist die Hand, während Sie von der maximalen Streckung unter Wasser am Oberschenkel wieder zurückgeführt wird (also: zur Haifischflosse und dann in die Streckung gerade vor dem Kopf). Der Rückweg sozusagen. Um die richtige Handentspannung und Entfernung der Hand von der Wasseroberfläche auszuloten, sollte die Hand sich wie eine Spinne von der Achsel nach vorn übers Wasser bewegen. Krabbelnd. Die Finger als Beine. Nur 4 Beine, fiel dem Kraulschwimmlehrer auf. Also eigentlich eine halbe Spinne. Außer, dass wir ja zwei Hände haben - an dieser Stelle verlor er etwas den Faden und wir schwammen einfach los. Terminator-Hals, Billy-Idol-Mund, Halbspinne.
Und dann kamen, wie gesagt, keine Entchen, aber: Flossen. Flossen sind am zweitbesten nach Entchen, finde ich. Ich trage Flossengröße 38/39. Alles bisher gelernte wurde mit Flossen repitiert, es klappte quasi hervorragend, mit Flossen bin ich nämlich so schnell, dass ich die ganze Bahn überhaupt nicht atmen muss.
Flossen, ich liebe sie! Das mentale Bild von meinem safe place bei den Quietscheenten auf dem Atlantik wird noch durch blaue Gummiflossen an meinen Füßen erweitert. Hundert Jahre könnte ich mit Flossen Kraulschwimmen. Aber leider war die Stunde dann um.