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Sonntag, 19. April 2015
novemberregen, 01:56 Uhr
Blogging November - 1258
Heute zu Ende gelesen:
Es gibt ja diese Bücher, die den Leser für nicht ganz so clever halten. Die ihm alles erklären, von vorn bis hinten, alles wird ausformuliert, nichts bleibt offen, gut, das wir drüber gesprochen haben. Das ist das eine Ende der Skala und diese Bücher kann ich leider nicht lesen.
Dann gibt es ein weites Feld.
Und am anderen Ende der Skala ist The Game of Kings.
Zum ersten Mal gelesen habe ich dieses Buch, als ich etwa 14 war, und zwar, weil es der Grund dafür ist, dass meine Schwester nach Schottland auswanderte. Daher stammt nämlich ihr Interesse an einem Studienfach, dem man hier nicht nachgehen konnte. Vermutlich bin ich nur deshalb über die ersten 100 Seiten hinausgekommen - verstanden habe ich nämlich mit Sicherheit nichts und, dass muss ich ehrlich sagen, der Anfang ist nicht an sich spannend, leistet eher viel Grundlagenarbeit für die spätere (komplexe) Entwicklung der Handlung.
Es handelt sich um einen historischen Roman und grob gesagt geht es um einen Antihelden - einen schottischen Adligen, der wegen Hochverrats gesucht wird und versucht, seinen guten Namen wieder herzustellen, dies aber auf Wegen, die krummer nicht sein könnten. Das ganze vor dem geschichtlichen Hintergrund des 16. Jahrhunderts in Schottland und England (grob umrissen die Zeit nach der von Schottland verlorenen Schlacht von Solway Moss, Heinrich VIII auf dem englischen Thron, Maria Stuart nach dem Tod von Jakob V Königin von Schottland, aber zu diesem Zeitpunkt noch ein Baby) - es ist historisch sehr akkurat und sehr tiefgehend, denn Politik spielt eine große Rolle für die Handlung, auch wenn der Protagonist frei erfunden ist.
Das Problem an dem Buch: wie eingangs erwähnt, ist es kein Buch, das erklärt. Der Protagonist ist ein Mann der Renaissance und spricht so gut wie keinen Satz gerade aus, “I wish to God,” said Gideon, with mild exasperation, “that you’d talk – just once – in prose like other people.” heißt es an einer Stelle im Buch. Und auch sonst ist alles voll mit Zitaten in verschiedenen Sprachen: Althochdeutsch, Französisch, Spanisch, Mittelenglisch, Latein, Italienisch, Niederländisch, Scots, und es schadet sicherlich nicht, sich mit griechischen Sagen, antiker Philosophie und Kunst der Renaissance auszukennen, wenn man alle Anspielungen verstehen möchte.
Und trotzdem lese ich es immer wieder. Weil die Geschichte unglaublich spannend und mitreißend ist (wenn man denn zu ihr durchgedrungen ist), weil die Charaktere berühren, weil der Protagonist ein einen unglaublichen Wortwitz und die schärfste Zunge der mir bekannten Literatur besitzt. Wie gesagt, ich lese es immer wieder, aber ob ich es empfehlen würde, kann ich nicht sagen. Das kommt darauf an, wem.
Der Band ist der Auftakt zu einer 6-teiligen Reihe. Band 2 mag ich noch lieber. Die restlichen vier fallen dagegen - meiner Meinung nach - stark ab.
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