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    Dienstag, 17. November 2020
    17112020

    Und ich dachte wirklich, es läge an Professor Drosten!

    Sie müssen wissen, dass ich seit dem 13. März - ja, ich war nicht von Anfang an dabei - jeden Abend mit Professor Drosten einschlafe. Das ist kein Grund für Neid, denn ich bekomme nur sehr wenig davon mit, genau gesagt höre ich das "Hallo". Das "Hallo" klingt so normal, dass ich mir sofort denke "Ach, alles okay, Professor Drosten regelt die Pandemie, ich kann schlafen".

    Tatsächlich hatte ich angefangen, den Podcast zu hören, um mich zu informieren. Nur kann ich ja keine Podcasts hören, genauso, wie ich nicht wirklich Fernsehen kann, ich schlafe dann einfach ein. Außer, ich tue etwas anderes nebenher, aber dann achte ich auch nicht mehr auf die Handlung, dabei ist also nichts gewonnen. Den Drosten-Podcast wollte ich aber wirklich unbedingt hören, wegen der Information, hatte tagsüber aber einfach keine Zeit, wegen der Pandemie, also probierte ich es abends im Bett. Natürlich erfolglos. Wenn die Woche um war, die neue Folge vom Podcast kam, gab ich jeweils auf und las die vorhergehende Folge als Skript nach. Dann Versuch mit der nächsten Folge. "Hallo" - (Schnarchgeräusch).

    Irgendwann war Sommerpause.

    Nach der Sommerpause, ab September, hatte ich gar nicht mehr so sehr das Bedürfnis, mich über die Pandemie zu informieren. Alles wird irgendwann langweilig. Natürlich musste ich mich aber weiter informieren, auch aus beruflichen Gründen. Ich kann Ihnen die jeweiligen Einreise- und Quarantänebestimmungen jederzeit, auch, wenn Sie mich irgendwann in der Nacht aus meinem Professor-Drosten-induzierten Schlaf reißen, ohne die Augen zu öffnen herunterbeten - und das sicher nicht aus ganz persönlicher Faszination.

    Zusätzlich trat ich aber Anfang September in eine glücklicherweise höchst selten auftretende Phase in meinem Leben ein, in der ich nicht so richtig gut ein- und durchschlafen kann. Weil ich mich zum einen (ein bisschen) um M sorgte und zum anderen (sehr viel) um Mama N. Ich erinnerte mich daher an die anästhetische Wirkung des "Hallo" und schlief einfach jedes Mal wieder mit Professor Drosten ein, startete ihn auch manchmal noch mehrfach pro Nacht, zu 100 % mit der erwarteten und mittlerweile erhofften Wirkung: "Hallo" - (Schnarchgeräusch)

    So ging es nun gut zwei Monate und in dieser Zeit kam auch ein neues Gerät in den Haushalt, nämlich: eine Uhr. Also so ungefähr. Ich befand, dass ich eine Uhr benötige, schaute mich danach um und fand alle Uhren komplett hässlich und deutlich überteuert, ich war ja gar nicht sicher, ob ich sie wirklich tragen würde, was macht man schon mit so einer Uhr, erinnerte mich dann aber, dass ich präpandemisch ein Fitness-Armand hatte, das auch die Uhrzeit anzeigte. Das hatte ich im April irgendwann abgelegt, weil ich es zu frustrierend fand, zwischen Home Office und möglichst nicht rausgehen am Abend irgendwas im Bereich von 2500 Schritten auf dem Ding vorzufinden. Das Band suchte ich jetzt wieder heraus, wollte es aufladen aber riss dabei den USB-Anschluss aus dem Band und das Band irgendwie halb durch. Ich bin unsicher, wie es dazu kam, vielleicht hatte ich etwas viel angestaute Energie aber man sollte doch meinen, Fitness-Bänder halten sowas aus.

    Wie auch immer, ich kaufte einfach ein billiges Fitness-Armband, das genauso hässlich aussieht, wie eine Armbanduhr aber immerhin kann man sich das Zifferblatt aussuchen, ich bin also zu 80 % zufrieden. Zusätzlich, wir kommen jetzt wieder zum eigentlichen Thema zurück, ganz gleich sind wir schon da, misst das Armband auch den Schlaf. Und es beschwert sich seit Anschaffung über meine "Tiefschlafkontinuität", diese sei zu niedrig, ich solle weniger Alkohol trinken.

    In der letzten Woche machte ich nun eine Entdeckung: ich ging nämlich an den meisten Tagen ohne Professor Drosten schlafen, weil ich das Handy nicht mehr standardmäßig nachts neben mir hatte, M ist ja wieder da und Mama N nicht mehr in Lebensgefahr. Ich lag also abends im Bett, dachte "ach ich schalte mal das Hallo ein", das Handy war aber irgendwo in der Wohnung und ich zu faul, nochmal aufzustehen. Also sagte ich selbst "Hallo" und schlief dann ein. Und? Und?? Am nächsten Morgen lobte mich das Armband jeweils für meine tolle Tiefschlafkontinuität!

    Das berichtete ich heute Morgen empört im virtuellen Büro: "Professor Drosten torpediert meinen Schlaf!" Beim Erzählen der Sachlage wurde mir natürlich auch klar, dass der jetzt bessere Schlaf eher damit zu tun hat, dass ich mich ganz bewusst nachts nicht mehr in Alarmbereitschaft halte, da schläft man dann eben auch tiefer. Das Weglegen des Handys und Verzicht auf den Podcast ist nur ein Symbol dafür, nicht die Ursache.

    Um die Familie und den eigenen Schlaf muss man sich selbst kümmern, Professor Drosten regelt eben doch nur die Pandemie.


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    Begegnungsnotizen:
    Herr N und M (Haushalt)
    Praxis der Hausärztin, Apotheke, Supermarkt, Optiker (alles mit FFP2)

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