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    Samstag, 7. April 2012
    Blogging November - 159

    Heute der Service-Post für alle, die das mit Ostern mal etwas genauer als "Kreuzigung - Auferstehung" wissen möchten, aber in Religion nicht aufgepasst haben.

    Also, erste Sache: Palmsonntag. Palmsonntag ist der Beginn der Karwoche, das war also letztes Wochenende. Die Karwoche heißt so, weil "kara" althochdeutsch für "Kummer" ist. Am Palmsonntag ging Jesus nach Jerusalem, und zwar auf einem Reittier (meist: Esel), den er beschlagnahmen lassen hatte. Als er in die Stadt kam, warfen die Leute grüne Zweige und Kleidung auf den Weg, damit er weicher ritt. Daher: Palmsonntag.

    Fun Fact: Das Lied "Tochter Zion", das wir an Weihnachten singen , beschreibt den Einzug nach Jerusalem und ist somit eigentlich ein Palmsonntagslied. Falls Ihnen also im Frühjahr einmal weihnachtlich zumute ist, singen Sie "Tochter Zion", und wenn Sie jemand schräg anspricht, können Sie klugscheißen.

    Montag bis Mittwoch: In Jerusalem macht Jesus ziemlich Krawall. Er schmeißt Geldwechsler und Händler aus dem Tempel, diskutiert mit den Hohepriestern und lässt einen Baum verdorren, weil da gerde kein Obst dran ist, das er essen möchte. Oberhohepriester Kaiphos is not amused.

    Gründonnerstag - genaue Etymologie des Wortes unklar, es hat vermutlich etwas mit Erneuerung, Absolution, Symbolik der Farbe Grün in der Liturgie zu tun, in anderen Sprachen heißt der Tag meist nichts mit "grün" - spitzt sich die Situation zu. Einer der Jünger (Judas Iskariot) und die Hohepriester kommen zu einer Vereinbarung - von welcher Seite dies ausgeht, ist unterschiedlich überliefert. Jedenfalls soll Judas 30 Silberlinge und die Hohepriester sollen Jesus bekommen. Am Gründonnerstag fand das letzte Abendmahl statt, an diesem Tag war Passah-Fest in Jerusalem: die Jünger saßen zusammen und Jesus erzählte ihnen, was geschehen würde - Verrat, Leugnung, Kreuzigung, Auferstehung. Das kann sich keiner vorstellen und alle beteuern, sie würden immer zu ihm zu stehen. Besonders vollmundig dabei: Simon Petrus, der umgehend die Retourkutsche erhält, dass er Jesus dreimal verleugnen wird, noch ehe der Hahn kräht.

    Jesus geht sich dann ein wenig sammeln und mit Gott Zwiesprache halten, und zwar im Garten Gethsemane. Aus diesem Zwiegespräch stammt das Zitat Herr, lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Ein paar Jünger hat Jesus mitgenommen, sie sollen wachen, schlafen aber immer wieder ein, und Jesus sagt hier, möglicherweise genervt, Nunja, der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.

    Dann kommt aber auch schon Judas Iskariot mit einer Gruppe bewaffneter Leute und verrät Jesus durch den Kuss, daher: Judaskuss. Jesus wird also festgenommen und die Jünger, surprise, surprise, rennen mehrheitlich weg. Simon Petrus, das muss man ihm zugute halten, folgt der Truppe und schleicht sich sogar in das Gebäude, in dem Jesus befragt wird. Dort wird er jedoch von verschiedenen Leuten als ein Jünger erkannt und darauf angesprochen. Dreimal leugnet Petrus, Jesus zu kennen. Dann kräht der Hahn und Petrus schämt sich mächtig. Und er ist nicht der einzige - auch Judas Iskariot hat sich das mit dem Verrat nochmal überlegt und fühlt sich schlecht. Er geht zum Tempel und gibt das Geld zurück, den Priestern ist das aber alles herzlich egal und Judas erhängt sich. Armer Kerl.

    Karfreitag. Jesus wird vor Pontius Pilatus (Römer, Statthalter) geführt. Auch Pontius Pilatus ist ein armer Kerl - er ist ja eigentlich Besatzung und möchte sich in die religiösen Befindlchkeiten dieser Hohepriester gar nicht so sehr einmischen. Die Hohepriester hingegen ziehen sich schön aus der Affaire, sagen, dass Pilatus eben verantwortlich sei und stacheln dann das Volk auf. Pilatus' Frau hackt auch noch auf dem armen Statthalter herum, sie hat nämlich schlecht geträumt in Zusammenhang mit diesem Jesus und hätte lieber, wenn Pontius sich aus dieser Angelegenheit heraushielte. Im Lukasevangelium versucht Pilatus, die Angelegenheit an König Herodes zu eskalieren, der gerade vor Ort ist. Der will sich aber auch die Finger nicht schmutzig machen und schickt Jesus wieder zurück. Daher die Wendung Von Pontius zu Pilatus laufen. Mittlerweile ist auch Eile geboten, am nächsten Tag ist nämlich Sabbat und da muss eine eventuelle Kreuzigung erledigt sein. Pilatus verurteilt Jesus also, wenn auch recht angefressen: Er wäscht sich vor dem Volk die Hände und sagt, hier, eure Entscheidung, ich wasche meine Hände in Unschuld.

    Sowieso hat er aber noch ein As im Ärmel. Und zwar wird immer am Passah-Fest ein Verurteilter freigelassen. Das könnte doch Jesus sein, findet Pilatus. Findet das Volk aber nicht, denn die sind aufgewiegelt von den Hohepriestern und lassen sich einen schnöden Verbrecher (Barrabas) freigeben. Also Jesus ans Kreuz.

    Die Kreuzigung kennen Sie ja sicher. Interessant sind hier die (vor)letzten Worte Jesu (bei Matthäus und Markus), nämlich der Ausruf "Eli, Eli, lama asabtani!", in etwa: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Kann ich gut verstehen. Die Bibelforschung aber nicht, es liegt hier möglicherweise eine Übersetzungsproblematik vor und in Wirklichkeit ist alles ganz anders, Jesus denkt natürlich nicht, Gott hätte ihn verlassen, sondern es müsste irgendwie so wie "Mein Gott, dafür hast Du mich aufgespart!" heißen. Naja. Mir ist der Jesus, der im letzten Moment arge Bedenken bekommt, emotional näher. Jedoch bin ich weder gläubig noch kann ich Aramäisch. Nur bei Lukas übrigens sagt Jesus das bekannte Vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.

    Jetzt findet nochmal einer der Jünger seine Integrität überraschend wieder und bittet darum, den Leichnam mitnehmen zu dürfen. Er darf und hat zufällig auch ein schönes Grab zur Verfügung, dort kommt Jesus hinein. Josef heißt dieser Jünger. In manchen Evangelien kommt dann noch was mit Einbalsamierung, das Grab wird verschlossen, fertig.

    Wir essen am Karfreitag Fisch, weil das ein Symbol des Christentums ist. Was die Jünger abends taten, konnte ich nicht finden. Aber wenn man mal nachdenkt: alle zusammen gerade ihre Lebensrealität verleugnet, Jesus gekreuzigt, Judas Selbstmord, Petrus am Ende mit den Nerven - ich könnte mir vorstellen, dass sie keinen Appetit hatten.

    Karsamstag. Da passierte nichts, da war Sabbat.

    Ostersonntag. Der ist immer der Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond, also immer frühstens am 22.3. und spätestens am 25.4.

    Am Ostersonntag geschah am und um das Grab je nach Evangelium etwas leicht unterschiedliches. Insgesamt kann man aber sagen, dass Frauen am Grab waren und auf Engel trafen und dass später Jesus Frauen und/oder Jüngern erschien, die Frauen immer gläubig reagierten, aber ihre Kunde für Geschwätz gehalten wurde, die Jünger eher nichts begriffen, bis - in allen vier Varianten - Jesus ihnen dann beim Abendessen erschien. Nebenbei: im Johannesevangelium hält Maria Magdalena Jesus am Grab zunächst für einen Gärtner, das finde ich charmant.

    So. Ostern fertig. Bei Johannes kommt noch der ungläubige Thomas und der See Tiberias. Bei anderen ein bisschen Erscheinung und Verbreitung des Glaubens. Und dann eben die Himmelfahrt. Das ist aber ja erst im Mai. Damit enden die Evangelien.




    Heute vor zig Jahren:

    Wir gehen wieder mit schwarzen Klamotten in die Sadt und treffen Ah, Kuli und den S. aus unserer Klasse und den R. aus der Parallelklasse. Es ist ein Lacherfolg: der Ah ist jetzt Skin. Das macht uns ziemlich fertig. Er schleust uns in eine Wave-Disco ein uns wir treffen da einen Mann von Jamaica. Viel ist nicht los. Wir diskutieren die meiste Zeit über und mit Ah und was das soll und wie man so bescheuert sein kann. Wir schlafen bei Pe und steigen nachts aus dem Kellerfenster, holen an der Tankstelle Eis und gehen auf den Minigolfplatz. Es ist der vorletzte Ferientag. Es gäbe noch so viel zu klären, aber die Zeit ist zu kurz.

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