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    Mittwoch, 13. Mai 2020

    Frau Fragmente sitzt an ihrem Schreibtisch und bloggt, ich sitze an meinem Schreibtisch und blogge über Frau Fragmente. Wir sind wieder in ihrem Schlafzimmer, darüber habe ich beim letzten Mal bereits berichtet. Heute steht die Kamera aber andersherum, ich sehe eine Ecke von einem Bild, das glaub ich eine Wüste abbildet, ich sehe eine Lampe und dahinter eine Art Plastikbehälter, vielleicht Wäschekorb aber vielleicht auch tragbare Kühltruhe und vorhin sah ich ein Whiteboard.

    Ja, Frau Fragmente hat ein Whiteboard in ihrem Schlafzimmer. Darauf ist eine Liste der Dinge, die sie tun möchte, unter anderem ist ein Listenpunkt, dass sie eine Liste machen möchte, was sie putzen möchte. Ich frage mich, ob es irgendwo noch eine Liste gibt mit den Dingen, die sie auf das Whiteboard schreiben möchte aber ich traue mich nicht zu fragen. Auf dem Whiteboard steht jedenfalls auch "how to be more fun". Ich denke mir das nicht aus.

    Jetzt steht Frau Fragmente gerade auf und die Wäschekorbkühltruhe ist möglicherweise auch nur eine Art Kissen? Danaben jedenfalls ein Korbsessel, sieht gemütlich aus und nun hat sie eine Lichterkette eingeschaltet und "Stimmuuung!" gerufen. Neben ihr steht ein neues Musikinstrument, das sie seit heute besitzt. Habe vergessen, wie es heißt, es ist ein Resonanzkörper mit Schallloch und darauf befestigt sind Metallstäbe, die man mit dem Finger bedienen kann. Ab und an erzeugt Frau Fragmente damit einen Ton. Ich konnte noch keine Regelmäßigkeit herausfinden, außer, dass sie darauf klimperte, als ich noch kurz in die Küche musste, den Hefezopf in den Ofen schieben. Vorher musste ich noch kurz meiner Mutter erklären, wie sie den NDR Podcastmit Herrn Drosten hören kann und wie sie in der WDR Mediathek eine Sendung findet, auch da spielte Frau Fragmente auf dem Instrument, aber ich hatte sie stummgeschaltet.

    Meine Planung war heute für unseren Termin nicht ganz optimal. Das lag daran, dass ich bis etwa 3 Minuten vorher nicht wusste, dass es einen Termin gab. Denn eigentlich wäre Frau Fragmente jetzt auf einer Expeditionsreise. Aufgrundderaktuellensituation ist sie dort nicht, sondern mit mir hier am Computer, ich sagte, das sei ja auch ein [längere Denkpause] Ersatz, daraufhin schwiegen wir bis Frau Fragmente sagte "dann fangen wir mal an".

    Frau Fragmente hat auch schon wieder ein Thema. Meint: sie hatte schon, bevor sie anfing, zu schreiben, ein Thema. Es gehört aber zu unsere Routine, dass ich nicht frage, um welches es sich handelt und ich bin sehr häufig später, wenn ich ihren Text sehe, überrascht, dass wir ganz ähnliche Themen angeschnitten haben.

    Ok, sie spielt auf dem Instrument, wenn ich mich kurz vom Platz entferne. Ob es eine Art Selbstberuhigung ist oder eine Art Diss kann ich noch nicht einschätzen, vielleicht erfahren wir darüber in den nächsten Wochen mehr.

    Gerade sprachen wir noch kurz über Home Office. Für mich hat sich in den letzten Wochen herausgestellt, dass ich kein Home-Office-Typ bin. Mir geht daran so gut wie alles auf die Nerven, die ganzen kleinen Störungen, nicht nur durch andere (Müllabfuhr, Post etc.) zu Hause sondern auch die selbst zugefügten (wenn man die Waschmaschine angestellt hat und die dann fertig ist etc.), gleichzeitig will ich raus gehen und einen richtigen Arbeitsplatz haben, der sich nicht bei mir zu Hause in einem Zimmer befindet, das an sich überhaupt nicht für die Arbeit vorgesehen ist und das - obwohl es jetzt zum Arbeitszimmer umgewidmet wurde - immer noch eine schlechtere Infrastruktur aufweist als ein Büro. Frau Fragmente hingegen bezeichnet sich also totalen Home Office Typ, kurz überlegt sie, ob es daran liegt, dass sie ja allein zu Hause ist. Aber das tut es ganz sicher nicht, ich wäre allein zu Hause noch viel weniger Home Office Typ als sowieso schon, ich müsste dann den ganzen Tag die Wohnungstür auflassen und hoffen, dass irgenwelche Leute von draußen reinlatschen, mit denen man mal sprechen kann.

    Was in diesem Zusammenhang lustig ist: ich hielt mich lange Zeit für einen eher introvertierten Menschen, der gut auf Gesellschaft verzichten kann. Mir ist erst vor ein paar Jahren klar geworden, dass das absoluter Unsinn ist, ich komme zwar allein gut zurecht und langweile mich so gut wie nie, aber ich ziehe Energie aus den Begegnungen mit anderen Menschen, aus dem Draußen, aus dem Input. Wenn ich zu lange im eigenen Saft sitze, keine Reibung habe, keinen Abgleich, keine Sozialkontrolle durch andere, kein äußeres Gerüst, muss ich enorm viel Energie aufwenden, um mich selbst zu regulieren. Es geht, aber auf Dauer laugt mich das peu à peu aus. Und deshalb gehe ich ab Montag wieder ins Büro.

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