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    Dienstag, 3. April 2012
    Blogging November - 154

    Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Team, also beruflich jetzt, das unter anderem eine spezielle Aufgabe zu erledigen hat. Zum Beispiel die Tätigkeit Ihres Unternehmens dem Kunden in Rechnung zu stellen. Wichtige Sache, logisch. Dafür gibt es natürlich ein Programm.

    Nehmen wir an, dieses Programm wird gewechselt. Das ist ab und zu notwendig, alle paar Jahre. So weit, so gut. Der Wechsel ist seit etwa einem Jahr im Gespräch und Sie hören immer mal wieder davon, aber mehr so unter der Hand. Anfang des Jahres steht dann fest: das neue Programm wird kommen, und zwar bald. Bald meint, so etwa in einem Vierteljahr. Sie erbitten also nähere Informationen – wie umfangreich die Veränderungen sein werden, ob man dafür schulen muss, in welchem Umfang, ob von Ihnen Informationen benötigt werden zu den Spezialanforderungen Ihrer kleinen Einheit, denn jedes Land macht Rechnung ja ein bisschen anders, das nicht unbedingt aus Vergnügen (wobei manchmal auch schon), sondern aus unter anderem steuergesetzlicher Notwendigkeit. Und ob Sie vorher vielleicht mal gezeigt bekommen könnten, was dieses Programm so macht.

    Neinnein, gezeigt bekommen natürlich nicht, das geht keinesfalls, ist die Antwort. Aber es ist total umfangreich und jeder muss ganz viel geschult werden. Wann, das wird Ihnen vorher noch mitgeteilt. Alle Spezialanforderungen werden natürlich berücksichtigt, man kennt sich ja aus, das wird alles super. Die Schulungen sind so um Ostern.

    Erfahrungsgebeutelt wie Sie sind, ergehen Sie sich nicht in blindem Vertrauen, sondern setzen sich das Thema auf die Tätigkeitenliste. Sie haken nach. Wie sieht es mit dem deutschen Papierformat aus? Ist das Format des Briefkopfes berücksichtigt? Wird man Umsatzsteueridentnummern eintragen können, Vermerke von Reverse Charges und ist an fortlaufende Rechnungsnummern für den Standort gedacht? An das deutsche Datumsformat? DIN Layout von Adressen?? Und wann genau so um Ostern rum sind die Schulungen, denn das ist doch allerbeste Urlaubszeit?

    Noch bevor Ihre Fragen beantwortet werden können, macht Ihr Mutterhaus einen Vorschlag wie man die Schulung so ungefähr abhalten könnte. Dieser Vorschlag beinhaltet, dass vier Personen für insgesamt eine Woche aus der Zentrale zu Besuch kommen. Ihr Chef brüllt daraufhin in einer Telefonkonferenz etwas, das ziemlich genau „wir sind doch kein Ferienresort“ lautet, womit der Besuch abgesagt ist, die weiteren Gespräche aber möglicherweise deutlich verkompliziert wurden.

    Sie lassen ein bisschen Gras über dieses Telefongespräch wachsen. Die Schulung soll nun per Webseminar mit gleichzeitiger Video- und Telefonkonferenz oder so ähnlich stattfinden. Der Chef sagt, es nimmt niemand an dieser Schulung teil, so lange nicht geklärt ist, was diese beinhaltet. Sie erbitten Trainingsunterlagen. Man ziert sich. Unter der Hand erfahren Sie, dass noch gar keine solchen Unterlagen existieren. Sie erbitten ein Vorabtraining. Man sagt Ihnen, Sie seien leider nicht qualifiziert für dieses Training. Sie verweisen auf Ihre Leitungsfunktion. Man argumentiert, dass Sie eben gerade in dieser Funktion ja kein Teammitglied sind und daher mit den Aufgaben der Rechnungserstellung nicht betraut. Sie werden ein bisschen ärgerlich.

    Es ist nun drei Wochen vor Systemumstellung. Sie haben sich entschlossen, am Chef vorbei einfach die Schulung schon einmal zu planen und sich am Mutterhaus vorbei einfach in die erste Schulungsgruppe mit hineinzusetzen und so die Informationen quasi-noch-vorab-aber-eigentlich-doch-eher-fast-genau-gleichzeitig mit den Teilnehmern zu erhalten, so dass eine Schulung grundsätzlich stattfinden kann, gleichzeitig aber auch sofort abgebrochen werden kann, sollte sich alles als unsinnig herausstellen. Sie finden, damit ist der Sache gedient und nehmen bequem zwischen sämtlichen Stühlen Platz. Sie besprechen mit der Trainingsabteilung im Mutterhaus die zeitlichen Möglichkeiten. Man verspricht, sich bald mit den genauen Terminen zu melden.

    Zwei Wochen vor Systemerstellung haken Sie nach. Eine Woche vor Systemumstellung haken Sie nach. Fünf Tage vor Systemumstellung haken Sie nach. Man lässt sich nun schon am Telefon vor ihnen verleugnen. Vier Tage vor Systemumstellung – Sie sind mittlerweile im Urlaub – erhalten Sie eine Mail, die Hälfte Ihre Teams würde in der nächsten Woche geschult. Sie fragen, was mit der anderen Hälfte sei. Sie erhalten die Antwort, die bräuchten diese Schulung nicht, da sie nie Rechnungen schreiben, Schulungen Geld kosten und man nicht unnötig Arbeitszeit verplempern sollte. Nicht nur Sie erhalten diese Antwort, sondern auch noch ungefähr zwanzig andere Leute und zwei weltweite Oberhoschis. Sie sind nun erbost und antworten postwendend, dass diese Information falsch ist, begründen für jedes einzelne Teammitglied separat, warum es diese Schulung benötigt und schließen mit der Bemerkung, dass es auch nicht die Frage ist, ob sämtliche Personen geschult werden, sondern wie sie geschult werden – durch die kompetenten Superdupertrainer oder aber durch Sie selbst höchstpersönlich, da Sie ohne jede Frage Ihr Wissen mit allen, die es benötigen, teilen werden. Und ob es da nicht im Interesse aller ist, der offiziellen Schulung den Vorzug zu geben, bitte, danke, und jetzt zügig. Und das schicken Sie – natürlich – auch an den großen Personenkreis und die beiden Oberhoschis.

    Und für einen ganz kleinen Augenblick steht die Zeit in Ihrem Unternehmen still.

    Dann klingeln die Telefone. Sie gehen aber nicht ran, es ist ja auch alles gesagt. Man lässt Ihnen über Dritte ausrichten, dass man enorm dringend unmittelbar und sofort telefonieren muss und zwar vor Geschäftsbeginn am nächsten Werktag. Sie lassen ausrichten, dass Sie im Urlaub und unterwegs und nicht vor Mitternacht erreichbar sowie nach Mitternacht in keinem diskussionsfähigen Zustand sein werden. Man teilt mit, man erwarte Sie in diesem Fall am Montag um 9 Uhr – was 3 Uhr früh in der Zentrale bedeutet – am Telefon. Sie stimmen freudig zu. 3 Uhr nachts in der Zentrale klingt nach Spaß.

    Dann geschieht einen halben Tag lang nichts und danach kommt die Mail, dass man dann halt alle schult und am Montagmorgen nicht telefoniert. Die Schulungsunterlagen sind an diese Mail zu Ihrer Information angehängt.

    Das hätte man aber doch wirklich alles auch leichter haben können.




    Heute vor zig Jahren:

    Wir bleiben zu Hause und denken nach. Nur morgens holen wir uns hohe Docs und für Pe schwarze Klamotten.

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