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    Samstag, 5. März 2016
    Wmdedgt 3/2016

    (Was Wmdedg ist und die übrigen Beiträge findet man hier.)

    Mademoiselle und ich sind heute bei Papa und Mama N. zu Besuch, die praktischerweise so dicht beieinander Geburtstag haben, dass sie immer zusammen feiern können. Dementsprechend wache ich in meinem alten Kinderzimmer auf, das natürlich schon längst nicht mehr so aussieht. Ich erwache aus ziemlich unruhigen Träumen, in denen ich mit Freundin A. in ein skandinavisches Land verreist war. Dort waren wir am Flughafen, um den Rückflug anzutreten und im letzten Moment fiel uns ein, dass wir völlig vergessen hatten, für die daheimgebliebenen Kinder ein Mitbringsel zu erwerben. Wir schauten uns also in einem Geschäft am Flughafen um, es gab ein hübsches Glas aus Eis mit Eisblumen, das Mademoiselle gefallen hätte, davon gab es aber nur ein Exemplar und A. war es sehr wichtig, das alle Kinder das gleich bekommen. Also suchten wir weiter, von allen Gegenständen, die in Frage kamen, gab es aber nur noch einen, bis wir in einem hinteren Regal die Fußsäcke entdeckten. Also Stoffsäcke, die man sich über die Füße stülpft, damit die schön warm bleiben wenn man am Laptop sitzt, und diese speziellen Fußsäcke sahen aus wie die Köpfe von landestypischen Tieren, die Füße steckte man dann ins Maul. Die waren schon hübsch, diese Fußsäcke! Die schönste Farbe war weinrot (welches einheimische skandinavische Tier weinrot ist, könnte ich jetzt auf Anhieb nicht sagen), davon gab es auch noch einen Stapel, es waren genau 4, praktisch, einer für Mademoiselle und drei für die Kinder von A. Ich freute mich, bis A entrüstet sagte, ja und die C?! Die C wäre doch ihr wenige Monate altes Baby! Ich konnte mich beim besten Willen an keine C erinnern, auch an keine Schwangerschaft und Geburt, A. war höchst enerviert und beschimpfte mich, wie nachlässig ich mit Freundschaften umgehe, dann wachte ich vor Schreck auf.

    Was macht man so, wenn man bei den Eltern zu Besuch ist. Computerprobleme lösen natürlich. Zwischendrin wunderte ich mich über Menschen und wie man versucht, sie irgendwie zu verstehen und doch oft einfach scheitert und ich ging einkaufen, Lebensmittel und Sachen, die Papa und Mama N. nicht mehr so gut tragen können. Im Supermarkt war es laut und voll und viele Menschen und einen Moment lang wurde mir schwindlig und sehr, sehr heiß und es war, als würden die ganzen Stimmen durch meine Ohren in mich reinkriechen, dann konzentrierte ich mich auf einen Camembert, der vor mir im Regal lag und dan war alles wieder gut. Keine Ahnung, was das sollte. Dann kaufte ich noch etwas auf dem Markt, der Händler gab mir statt auf 50 Euro auf 20 heraus, ich monierte das, das Restgeld kam umgehend mit den Worten "is doch nich so schlimm, musste so sehen, dat Jeld is ja nich wech, dat is nur umverteilt!" Ich musste so lachen, dass ich mich verschluckte, "Watt, Schneewittche, ich han dir doch jar keene Appel jejeben?" witzelte der Händler noch, ich ergriff die Flucht, imerhin mit Einkauf und Restgeld.

    Von Mahlzeiten unterbrochen unterhielten wir uns dann - für Außenstehende sehen die Gespräche bei mir zu Hause vermutlich immer wie Streit aus. Wir sind grundsätzlich alle unterschiedlicher Meinung und besprechen das mit allen Mitteln. Maulfechten nennt man das hier. Themen waren unter anderem eine Pomelo, Ravioli, die ständige Neigung von Papa N., bewährte und heißgeliebte Kindheitsrezepte einfach irgendwie abzuändern, der gestrandete Pottwal am Rhein, ein Imam in Dänemark der Steinigungen einführen möchte, Fortuna Düsseldorf, Karriere in Teilzeit, ob man sich um den Nachbarn sorgen muss, der seit sein Lebensgefährte ausgezogen ist immer sehr laut mit sich selbst spricht, Solarlampen und digitales Erbe. Nebenher verfolgten wir auf Flightradar den Rückflug einer meiner Schwestern aus Lappland.

    Mademoiselle wurde derweil immer schnupfiger und hustiger und fiebriger, das nimmt auch kein Ende diesen Winter. Deshalb gibt es heute auch einen sehr ruhigen und kurzen Abend, an dem jeder entspannt vor dem Engerät seiner Wahl sitzt.

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