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    Donnerstag, 9. Juli 2020

    Frau Fragmente sitzt in ihrem Schlafzimmer und bloggt, ich sitze an meinem Schreibtisch und blogge über Frau Fragmente. Wir haben heute im Schlafzimmer eine andere Perspektive, sie zeigt in den Flur. Ich dachte mir erst nichts dabei doch gerade sagte Frau Fragmente beiläufig "ich hole mir noch was zu trinken -murmelmurmel-ohwartemal-nicht-dass-du-den-falschen-Bildaussschnitt-siehst." Höchst verdächtig. Ich schreibe schnell auf, was ich sehe, nun wo die Kamera sich etwas gedreht hat: Das halbe Bett, darauf ein großer Zalando-Karton und zwei kleine New Balance Kartons, huch, jetzt hat sich das Licht ausgeschaltet, oh jetzt ist es wieder an aber sie hat die Kamera weggedreht. Nunja. Jetzt sehe ich den Schreibtisch mit dem üblich Setup (iPad, Klapptastatur, Lichterkette, Cola Zero mit Eiswürfeln) und einen Wäschekorb, darin eine weiß-gelb-rote Schachtel, Details nicht zu erkennen. Die gerade eben noch vorgeführten rot-orangefarbenen Schuhe stehen im Hintergrund mitten im Weg; Frau Fragmente ist ein kleiner Schludri.

    Was gibt es zu berichten? Eigentlich sehr viel, wenig davon aber aufschreibgeeignet. Die Tage sind wieder voll und lang derzeit, viele Gespräche, viele komplexe Situationen, viele Strategien, die aufgehen oder vielleicht auch nicht. Die Räume sind sehr weit offen, würde man im Fußball glaube ich sagen, die möglichen Optionen, in die sich die Situationen entwickeln können, liegen vor mir wie ein Netz, ich liebe es, dieses Netz zu navigieren, mein Kopf ist voll von diesen Überlegungen aber die Gedanken dazu sind noch zu breit, zu wenig konsolidiert, als dass ich sie äußern könnte. Das hat man hier in den letzen Tagen bemerkt.

    Ich muss mich daher an die kleinen Dinge halten. Im Bad ist die Fenstergardinenstange abgestürzt. Ich habe von der Freundin mit Garten Zucchini, Kohlrabi und Sommeräpfel bekommen. Die Kohlrabi ist noch unangetastet, die Zucchini ganz vorzüglich mild-nussig, die Sommeräpfel hab ich zu einem Kuchen verarbeitet und dabei habe ich das Backpulver vergessen. Mein Kopf ist voll von Netzen, Situationen und Optionen, wer kann da an das Backpulver denken?

    Huch, jetzt ist Frau Fragmente verschwunden. Also nicht nur sie selbst sondern das ganze Bild. Genug Spaß für heute? Ich sehe jetzt plötzlich mich selbst, gleich mehrfach, weil sich der Bildschirm in der Balkontür spiegelt und darin dann wieder der Bildschirm,der sich in der Balkontür spiegelt etc. Ich muss schon wieder zum Friseur, glaube ich? das kann doch gar nicht sein, ich war schon zweimal seit Corona! Ich würde in meinem Kalender schauen, nur habe in den in den letzten Monaten nicht gepflegt, erst, weil man ja sowieso keine Termine hatte und dann, weil ich aus der Übung gekommen bin. Ah, da kehr Frau Fragmente zurück und sie verlinkt jetzt irgendwas mit Musik. Wird das eine Art Kunstprojekt, ihr Blogeintrag, oder was? Ihr Glas ist jetzt auch plötzlich halb leer, wer weiß, was sie in der Zeit, in der das Bild weg war, alles gemacht hat? (Spoiler: den Schuh aufgeräumt nicht!)

    "Ich habe gar kein Thema", sage ich zu Frau Fragmente. "Ich schon!" antwortet sie. Ich habe in Wirklichkeit ganz viele Themen, aber sie sind mir dieser Tage alle zu viel, ich müsste ihnen einen größeren Teil meiner Aufmerksamkeit widmen, als ich momentan abends noch frei verfügbar habe.

    Frau Fragmentes Glas ist jetzt zu Dreivierteln leer, ich habe sie wieder nicht trinken sehen, wie um alles in der Welt macht sie das? Und ist das Bloggen beendet, wenn das Glas leer ist, ist das ein heimliches Signal, dass ich noch nie beachtet habe bisher? Heute werden wir es erfahren. Also ich, Sie nicht, ich höre nämlich an dieser Stelle auf.

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