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    Freitag, 17. Juli 2020

    Frau Fragmente sitzt an meinem Küchentisch und bloggt, ich sitze auch an meinem Küchentisch und blogge über Frau Fragmente. Keine 1,5 Meter Abstand zwischen uns. Frau Fragmente trinkt Cola Zero. Die Zeit macht hier einen kleinen Loop, ich bin ein wenig verwirrt und unsicher: haben wir Februar oder haben wir Juli? Das Wetter verrät es auch nicht. Aber nur ein paar Monate Pandemie und Frau Fragmente und ich können schon wieder gemeinsam an einem Tisch sitzen. Geht schon, alles.

    Wir sind arg verzögert, ich noch mehr als Frau Fragmente, dafür tippe ich natürlich schneller. Das liegt daran, dass wir zunächst Steak essen waren. Auch da waren wir glaube ich schon der Zeit hinterher, weil wir uns kurz wegen eines besonders starken Regenschauers unterstellen mussten, ich wurde heute schon mehrfach von Kopf bis Fuß nass und auf ein weiteres Mal hatte ich keine Lust. Dann das Steak. Wir saßen draußen, weil es drinnen nicht vertrauenserweckend aussah, das hatte ich mir schon so gedacht, deshalb waren wir warm angezogen. Also ich natürlich nicht, ich friere ja nicht, aber Frau Fragmente. Wir waren die einzigen Gäste draußen, zunächst, erst viel später kamen noch andere. Der Service war außerordentlich schlecht. Vermutlich aufgrundderaktuellensituation, Kurzarbeit oder sowas, ich bin mittlerweile nur noch enttäuscht aber nicht mehr überrascht darüber, dass alles, was es an Servicementalität mal gab offenbar von Corona (oder vom HomeOffice) dahingerafft wurde. Aber das ist ein anderes Thema. Das Steak war erfreulich. Nicht so grandios wie sonst aber es kann natürlich auch nicht immer gleich grandios sein, sagten wir einander gespielt verständnisvoll. Demnächst werden wir mal eine andere Location ausprobieren. Vielleicht können die immer gleich grandios sein.

    Dann kamen wir zurück und ich machte kurz den Abendanruf bei meiner Mutter, die hatte aber ein Computerproblem, das verzögerte den Ablauf weiterhin. Sie hatte sich aus einem Account ausgesperrt, das eine meiner Schwestern eingerichtet hatte und das mir vorliegende Passwort war das vorvorletzte (oder so), die Wiederherstellungsmail aber die der Schwester, die schon schläft um diese Zeit und die Wiederherstellungstelefonnummer in Schottland, alles sehr mühsam, Mama will doch Wordfeud spielen! Glücklicherweise sind meine Schwestern mit den Passwörtern nicht allzu kreativ und ich konnte es mir nach einigen Fehlerversuchen erschließen und auf Mamas Wunschpasswort ändern. Lustigerweise hätte das ganze auch notfalls nur zwei Tage warten müssen, dann sehe ich meine Eltern nämlich (erstmalig seit Karneval) wieder. Aber das wissen sich noch nicht, es wird eine Überraschung und daher konnte ich natürlich nicht vertrösten. Man macht was mit.

    So. Was sonst. Frau Fragmente hat ihr kleines iPad inklusive Ständer und Dings hintendran und ihre Klapptastatur dabei, neben ihr steht die Cola Zero (ohne Eis, ich hätte Eiswürfel, aber wegen der Verzögerung litt die Gastfreundschaft, ich stellte ihr einfach nur eine Flasche vor die Nase, während ich schon am Telefon war), auf der anderen Seite die iPad-Hülle und die Autoschlüssel. Der Autoschlüssel, es ist natürlich nur einer, warum sagen man so oft "die Autoschlüssel"? Das fällt mir jetzt gerade auf. Ansonsten ist Fragmente büromäßig gekleidet, sie war ja auch im Büro. Selbst ihr Schirm war seriös. Meiner war weiß mit bunten Punkten.

    Unterwegs dachte ich kurz, Fragmentes Schirm würde ein merkwürdiges Geräusch machen. Als wir uns in einem Hauseingang vor dem Regen untergestellt hatten. Nein, erst dachte ich, sie hätte sich gegen eine Klingel gelehnt, die weit im inneren des Hauses ein Zirpen macht. Fragmente sagte aber, es sei der Schirm, sie schlug ihn gegen die Stufen und sagte, "das war das Geräusch". Damit meinte sie das Klopfen, das meinte ich aber ja gar nicht, ich meinte eine Schwingung und dachte, sie meint, die Gräten vom Schirm (das heißt nicht Gräten, oder? Streben?) würden diese Schwingung erzeugen, weil sie genau in diesem Moment wieder auftrat. Es war aber nicht der Schirm, es war etwas anderes. Was fanden wir nicht heraus, der Regen prasselte zu laut.

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