Gerade verlange ich von Frau Herzbruch, eine Mail in Assi-Tonfall zu schreiben. Hintergrund ist, dass es eine diffizile Situation gibt, die es aufzulösen gibt. Unklar ist, ob wir im Recht sind oder nicht, klar ist, dass Kulanz unproblematisch sein sollte. Mein taktischer Ansatz ist, eine nur kurze Einlassung im Brustton der Überzeugung zu schreiben, bei der gleichzeitig sonnenklar wird, dass man es äußerst einfach gestrickten Menschen zu tun hat, die nur Ja verstehen und im Falle eines Nein sofort RTL einschalten.
Frau Herzbruch windet sich wie ein Aal.
Hach, was ein Spaß! Vielleicht bringe ich sie noch dazu, nur mit Vornamen zu unterschreiben!
Heute vor zig Jahren:
Ültje steht bei Pe vor der Tür und klingelt, wir tun so als wären wir nicht da.
Frau Herzbruch führt einen Rock vor und erbittet Meinung, ob dieser zu behalten sei.
Frau Herzbruch: "Uuuuund??"
Frau N: "Mh. Sieht so aus, als hättest Du Dir den von einer Person ausgeliehen, die größer und dicker ist als Du."
Herr N: "Also ich finde, das sieht eher aus wie eine Kittelschürze. So als ob Du am Herd stehen würdest und nicht willst, dass Deine Hose dreckig wird."
Mademoiselle: "Finde ich gar nicht. Wisst Ihr, bei Momo, also in der Serie, da hat die Momo doch so einen großen Mantel an der auch ihr Rock ist. So sieht das aus!"
Also, falls Sie mal eine klare Meinung brauchen, kommen Sie ruhig zu uns.
Heute vor zig Jahren:
Wir fahren quer durch die Stadt zu einem Rockabilly-Festival. Vor der Halle setzen wir uns auf ein Tor und gucken die Leute an. Es ist saukalt und wir essen Käse. Eine Ratte läuft vorbei. Wir sehen sehr sonderbare Leute, Rockabilly-Autos, Petticoats, Möchtegern-Tollen. Ein paar Psychos sind auch da, unter anderem eine rothaarige Frau die aussieht wie in Huhn und Stoppeln an den Seiten vom Kopf hat. Einer der Rockabillys meint, er würde mich vom Hauptbahnhof kennen, ich würde da immer an so ner Säule rumhängen. Irrt er sich. Die Huhnfrau kommt mit einer Blondierten an und sagt nach langem Gaffen zu ihr „Guck dir die mal genau an!“. Wir beachten sie nicht.
Gegen einen Lohn von 2 Bierflaschen bringen wir eine Gruppe von Leuten, die wir im Dorf auf der Suche nach Toiletten und Bier aufsammeln, zur Halle. Dann setzen wir uns auf halbem weg zwischen Dorf und Halle auf einen Stromkasten. Da hält dann ein Auto und n paar Leute steigen aus und nehmen uns mit zu ner Fete. Es stellt sich heraus, dass es die Ültjes sind, d.h. einer isst immer Ültjes also nennen wir sie halt alle so. Die Fete ist Scheiß, Klos gibts nicht, nur Getränke und die Ültjes sind doof. Ültje persönlich erzählt, dass er ex-Skin ist und vorher Heavy war und jetzt wieder ist, muss man gesagt kriegen, um es zu wissen. Sie fahren uns nach Hause.
Heute ist hier was zum Mitmachen, für alle mit tollen, pragmatischen Ideen - etwas weniger für Perfektionisten.
Folgendes: als ich heute morgen erwachte, war der Wunsch in mir entstanden, Energieeffizienz in meiner Wohnung herbeizuführen. Oder, konkret gesagt: an der Wohnungstür ist oben ein Spalt, durch den man durchgucken kann. Auf der Seite, wo das Schloss ist, ist er am breitesten: ca. 1,3 cm. Zu der Seite, wo die Tür befestigt ist (also da, wo die Scharniere sind - Fachvokabular willkommen!), verjüngt sich der Spalt auf ca. 2 mm. Diesen Spalt möchte ich zumachen, jetzt, sofort.
Sagen Sie nicht: Tür aushängen und richten. Das kann ich nicht, und bis ich entsprechendes Fachpersonal instruiert habe, ist der Winter vorbei.
Sagen Sie nicht: Tesamoll. Das habe ich a) noch nicht, ist aber für andere Fälle bestellt und b) ist der Spalt dafür zu groß.
Ich möchte etwas für jetzt.
Was ich bereits versucht habe: Einen Streifen Styropor zurechtschneiden. Das war super, passte haarscharf. Leider habe ich keine Ahnung, wie ich den befestigen soll. Als ich Kleber draufgeschmiert habe, hat er sich aufgelöst (Sie dürfen lachen).
Mein aktueller Gedanke ist: Gardinenstange (die mit den Klebehaken, wissenseschon), über der Tür anbringen, kurzes, aber dickes Stoffdings daran befestigen (z.B. altes Handtuch), auf die Länge zurechtstutzen, dass das Stoffdings sich beim Schließen der Tür im Spalt verklemmt und diesen somit abdichtet. Ich denke, das würde klappen, was meinen Sie?
Weitere Gedanken sind: Irgendwas aus Pappmache oder Küchenschwämmen basteln. Oder Fimo? Holzleiste aus dem Keller keilförmig zurechtschniten und festnageln. Altes Frühstücksset (so Weichplastik, wissenseschon) zurechtschneiden und oben an der Tür festnageln, so kurz, dass es - wenn die Tür schließt - nach innen durchschnappt und sich vor den Spalt legt. Aber das würde ausleiern, oder? Und wäre nicht dicht genug?
Bitte, Sie haben doch auch immer alle ganz tolle Ideen. Schönheit ist zweitrangig, ich bin ein praktischer Mensch. Muss nur schnell gehen. Heute.
Hach. Aufregend!
Heute vor zig Jahren:
Nix besonderes.
Das Fahrrad konnte heute (nach ein wenig diskutieren, ob der Fahrradmann nicht doch die Gangschaltung hätte auswechseln oder das zumindest gestern ansprechen sollen und - gut, da wäre ich fast vom Hof geflogen, aber man kann ja mal fragen - ob er eventuell die ergonomischen Griffe falschrum drangemacht hat) endlich zurückgeholt werden. Das ist gut, denn ohne Fahrrad bin ich nicht vollständig, das Fahrrad und ich sind in der Fortbewegung quasi eins, es ahnt schon den richtigen Weg durch meine minimalste Gewichtsverlagerung und der Lenker ist dementsprechend eher Anhängefläche für Gepäck Dekoration und ich glaube, wenn ich nicht darüber nachdenke, stehe ich manchmal an der Ampel, ohne einen Fuß auf den Boden setzen zu müssen. Also so ungefähr.
Anderen Menschen geht das vermutlich mit ihrem Auto so. Mir nicht, im Auto habe ich immer das Gefühl, ich sitze in einem Auto und bediene es. Was ja auch zutrifft. Aber da ist nichts mit Symbiose oder Eins-Werden mit dem Gefährt. Okay, es gibt eine kleine Ausnahme - einer der Carsharing-Wagen, die ich öfters nutze, fühlt sich auch an wie eine zweite Haut, fährt so, wie ich denke, und bei längeren Fahrten mache ich Motorgeräusche mit den Lippen. Wieso es gerade bei diesem Modell so ist, ist mir unklar, denn ich bin es nie vorher gefahren. Aber man muss wohl sagen: wäre ich auch Auto, so wäre ich ein Opel Corsa. Hm.
Heute vor zig Jahren:
Mit Anja waren wir in Klamottenläden und dann im Kaufhaus, wo wir mit unserer großen Sachkenntnis eine Tönung für Pe auswählen. Abends mit Bier in den Park.
Am ersten Tag ohne Fahrrad habe ich es geschafft mir gleich Blasen zu laufen, an jedem Fuß eine, in ausgelatschten Turnschuhen. Ich war allerdings auch von 13 - 19 Uhr zu Fuß unterwegs, wohin und wieso verschwimmt, es kam eins zum anderen.
A propros ausgelatschte Turnschuhe sagte Mademoiselle heute morgen auf dem Schulweg: "Und, Mama, machst Du Dir heute einen netten Tag?" "Ähm, ich geh ins Büro!", antwortete ich. Das Kind hätte, würde es diese Mimik schon beherrschen, eine Augenbraue gehoben, während es mit Blick auf meine Garderobe bemerkte: "Das hätte ich jetzt nicht gedacht." Meine Tochter channelt meinen Oberchef. Das ist nicht fair.
Jetzt sind übrigens Herbstferien und damit wieder alles durcheinander. Es berührt mich wenig, vielleicht, weil langsam Abstumpfung gegenüber dem ständigen Feriendurcheinander eintritt, vielleicht auch, weil seit den Sommerferien eigentlich sowieso keine Routine eingekehrt war.
Heute vor zig Jahren:
Wir stellen den Hund der Ratte vor und ich bekomme von meinen Eltern eine Stereo-Anlage. Es gab eine Musik-Abmachung: jedes Kind bekommt ein Instrument. Warum alle meine Schwestern auch ein Instrument gekriegt haben und ich eine Stereo-Anlage, darüber muss man mal meditieren. Pe und ich denken abends aber erstmal über unsere Lage allgemein nach.
Heute habe ich gleich morgens den Wasserkocher entkalkt (noch vor 7 Uhr) und die Fahrradklingel geölt (noch vor 8 Uhr) und abends einen Knopf angenäht - somit kann man schon von einem äußerst produktiven Tag sprechen.
Der Fahrradmann ist hoffentlich morgen ebenso produktiv und bereinigt die gesammelten Krankheiten des Novembermobils, zu denen ein aus mysteriösen Gründen abgebrochener Ständer, durchgewetzte Handgriffe und ein fehlender Nopfen ("kommensemal mit raus, ich weiß nicht, wie sowas heißt, das muss ich Ihnen zeigen" - "ah. Nopfen.") und abgefahrene Bremsen zählen. Das Rücklicht lasse ich gleich mitreparieren, es ist zwar nicht nötig, weil ich prima Anstecklichter habe, aber wer weiß, vielleicht vergesse ich die mal.
Wenig produktiv war der Oberoptikbeauftragte, bei dem nie neulich ausgewählte Sonnenbrille abgeholt werden konnte, denn es gelang ihm nicht, diese rutschsicher für meinen Kopf einzustellen. Trotzdem kam er mir bei jedem Testaufsetzen für meinen Geschmack zu lang zu nah, weshalb ich ihm genau das sagte, daraus ergab sich eine kleine Szene, bei der er immer wieder aufgeregt "ich bin aber schwul!" krakeelte. Mir doch egal, ich hatte ihm ja kein sexuelles Interesse sondern eine Fehleinschätzung der Menge an Luft um mich herum, die ich für mich allein haben möchte, unterstellt. Das sagte ich ihm ebenfalls, er war aber beleidigt und der Geschäftsführer kam, schlichtete und entschuldigte und warf in der Aufregung eine Kanne Kaffee um und schickte mir die nette Mitarbeiterin von neulich, mittlerweile hatte ich aber keine Zeit und auch keine Lust mehr und werde dort morgen nochmal vorbeigehen. Achtung, die "schwierige Kundin" kommt.
Dann aß ich noch mit Mademoiselle das wohlmöglich 12.-letzte Eis des Jahres (das "Café-Eis" schließt am 22.), hier bediente der Chef und seine Frau stieß ihn ständig an, damit er uns größere Kugeln und eine mehr und für weniger Geld gibt, weil wir dort nämlich die besten Kunden der Welt sind.
Heute vor zig Jahren:
Um 9 Uhr ruft Mama an, weil die Pe2 um 9:30 Uhr bei Pe eintrifft. Wir sind total in Panik und ziehen uns schnellstens an. Sie kommt und trinkt unseren kaffe. Sie erzählt so einiges: Illy ist neuerdings im Westerwald wegen ihres Freundes. Pe2 ist jetzt mit Oh zusammen. Sie erzählt noch von dem Ärger mit ihren Eltern, dass in der Spezialkneipe nur noch Popper rumhängen und das die alte Clique ziemlich drauf und fertig ist. Pe2 ist jetzt öfters in Essen und hängt da mit Oh und zwei anderen von der Fete vom Kuli rum. Sie trägt jetzt Stöckelschuhe ansonsten sieht sie normal, nur schwarz aus und will unbedingt, dass wir die Haare offen tragen.
Nachmittags gehen wir dreimal in den Plattenladen und in zwei Klamottenläden. Dann rauchen wir mit Pe2 den Rest der Mischung und gehen in den Park.
O Radish, thou make me sick!
The Gemüseman
That flies in the night,
In his white van,
Has ignored my hate
Of your Crimson joy;
And his delivery
Does my life destroy.
(Oder auch: Könnte der Gemüsemann bitte aufhören, mir trotz mehrfacher telefonischer und auch elektronischer Abbestellung jedes mal wieder einen verf*** Bund Radieschen in die Kiste zu packen?!)
Heute vor zig Jahren:
Morgens gehen wir in die Stadt, um die Ratte zu kuafen. Die ist total süß. Wir waren noch etwas breit, hatten aber kaum Illy-Probleme. Zu Hause richten wir der Ratte den Käfig ein. Die Ratte schläft im Käfig bei Pe (mit mir).
Der richtige Zeitpunkt, ein Katzennetz an einem Balkon anzubringen ist, wenn nicht die Sonne scheint. Die blendet sonst nämlich, das macht mich aggressiv. Regnen sollte es natürlich auch nicht, das wäre ungemütlich und birgt die Gefahr, dass die Leiter rutscht. Eben wegen der Leiter und der Kletterhöhe sollte es auch nicht zu windig sein, am besten gar nicht windig, das mit dem Netz ist sicher ohne Wind schon Gefrickele genug. Und nicht zu kalt (siehe ungemütlich) und nicht zu warm (siehe aggressiv). Bei Dunkelheit ist es natürlich schlecht. Aber es sollte eine zweite Person anwesend sein, also eine zweite erwachsene Person, keinesfalls ein Kind, überhaupt gar nicht ein Kind, das auf Leitern klettern will, völlig ausgeschlossen ist also die Anwesenheit von Mademoiselle, am Ende noch mit einer oder mehreren Freundinnen.
Und vorher müssten die Blumenkästen nochmal aufgeräumt werden. Und man müsste Lust haben.
Das wird sehr, sehr schwierig.
Heute vor zig Jahren:
Pes Eltern fuhren weg und wir übernachteten bei ihr. Abends rauchten wir, nachdem wir gekocht hatten und alles gut vorbereiteten. Es war total genial. Ich machte auch einen super Witz. Pe war nämlich in ihren Anblick im Spiegel vertieft und ich sagte, sie sähe aus wie die Kinder vom Bahnhof Zoo, also eins davon. Pe hat voll den Horror gekriegt und ich dadurch auch. Wir machten sofort das Licht an und zeichneten und guckten Bilder an. Danach gingen wir hoch und spielten das „Spiel des Lebens“.
Von Freitag abend bis Montag abend:
Besuch erwarten der nicht kommt, Kind ins Bett bringen, Besuch kommt, Kind nochmal ins Bett bringen, selbst dabei einschlafen, mit Teriyaki-Huhn geweckt werden, Bier trinken, Schokofondue essen, reden, planen, 1 Uhr schlafen und Besuch weiterreden lassen, 9 Uhr aufwachen, halben Tag schwimmen gehen, Orientierungsverlust und halb ersoffen in der Trichterrutsche, Frau Herzbruch Schleudertrauma in der Reifenrutsche, Kinder unverletzt, Klamotten shoppen, heimlich inoffizielles Huhn essen, diverse Zitrusfrüchte und richtige Chips kaufen, offizielles Huhn mit Mandel-Kokos-Ingewersoße kochen und zwischendrin Doppelkopfwissen anlesen, Huhn verspeisen, Doppelkopf spielen, Bier trinken, richtige und falsche Chips essen, 3:30 Uhr schlafen, 9 Uhr aufwachen, Burger-Brötchen backen, Grillen, Burger essen, Besuch verabschieden (Mitbewohnerin bleibt), selbst auf Besuch gehen, 19 Uhr nach Hause kommen, Kind ins Bett bringen, Bauernskatregeln anlesen, Bauernskat spielen, unzufrieden, Schokoladenfondue essen, mit Mitbewohnerein online Doppelkopf spielen, Mitternacht schlafen gehen, 6 Uhr Wecker klingelt, Büro, Kind abholen, einkaufen, Winterklamotten aus Schubladen holen und Mottennester entfernen, kochen (kein Huhn, keine Motten), Kind zu Tischtennis transportieren und zurück, Abendessen, Kind ins Bett bringen.
Jetzt müde.
Heute vor zig Jahren:
Wir fahren mit dem Rest des roten Martinis in den Park. Ursprünglich wollten wir zur Psychodelic-Fete. Wir hatten dann aber doch keine Lust und gingen in den Park. An der Tankstelle holten wir Bier. Es regnete. Dann fuhren wir zur Disko und trafen den einen Marienkäfer Rolf. Wir überwanden unseren Ekel vor ihm und fragten ihn aus. Er erzählte uns einiges:
Dass ihn die Jana nervt
Dass der Ah ein Möchtegern-Skin ist
Dass er mit Greta, der Illy-Freundin, zusammen ist
Dass ein gefährlicher Marienkäfer nahmens Dre existiert, vor dem alle Skins, einschließlich dem Oberboss der Skins (der genauso wie der Schlüsseldienst heißt, weshalb wir den immer „Schlüsseldienst“ nennen, aber das sagen wir Rolf nicht) Angst haben.
Eilmeldung: Herr N. schwächelt, daher nun: Bauernskat.
edit:
Ähm. Gibt es dabei auch irgendwelche Feinheiten?
edit:
Mh. Jetzt Harlekinskat.
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes.