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    Donnerstag, 24. Juni 2021
    23062021

    Die Nerven liegen blank.

    Bei mir wegen Rücken. Seit gestern hat sich mein unterer Rückenbereich von geschmeidigen Muskeln zu Beton verhärtet. Ich vermute, es ist ein neue Ausprägung von PMS, mein Körper lässt sich da immer mal etwas Neues einfallen, von so trockenen Augäpfeln, dass ich nicht mehr blinzeln kann über schmerzende Fingergelenke zu einer starken emotionalen Ergriffenheit gegenüber der ganzen Welt. Warum nicht auch wehenartige Rückenschmerzen, die man auch wehenartig veratmen kann?

    Sie kamen gestern tagsüber, wurden über Nacht nicht wirklich besser, heute morgen konnte ich zunächst nicht aufstehen, nach 15 Minuten Aufdehnen der Muskulatur ging es dann aber, nach weiteren 15 Minuten konnte ich sogar aufrecht stehen und dann ging alles ganz schnell, schon nochmal 15 Minuten später konnte ich Katzenklos saubermachen, Socken im Stehen anziehen und Schnürsenkel binden. Es ist alles ganz einfach handhabbar, der Trick ist nur, in jeder Stunde 10 Minuten für Dehnübungen zu reservieren.

    Sie kennen mich aber als schnell gelangweilten Menschen und ich habe keine Lust, 1/6 meiner Wachzeit mit Dehnübungen zu verbringen, also habe ich Schmerzen und mit diesen Schmerzen begegne ich anderen Menschen, die ebenfalls Schmerzen haben, aber keine Rückenschmerzen: ihre Schmerzen speisen sich meiner Interpretation nach aus dem Verlust sämtlicher Bewältigungsstrategien für die Begegnung mit Leuten, die anders sind als man selbst. Immer mehr Personen kehren aus ihrer Einsiedelei oder selbstgewählten Gesellschaft in das Büro zurück und begegnen sich nun, mit ganz unterschiedlichen Meinungen, Haltungen, Emotionen und nicht nur fernmündlich oder schriftlich. Das ist anstrengend.

    Ich bin aber ja mit meinem eigenen Schmerz beschäftigt und daher schnippisch, wenn A mir sagt, dass B berichtet hat, dass C zu Hause nicht wirklich arbeitet, aber C hätte gesagt, dass D so gut wie nicht erreichbar sei und D klage über von Bs Schreibtisch auf den eigenen hinüberquellende Arbeit und was man daraus mitnehmen könnte? Daraus kann man zum einen mitnehmen, sage ich, dass man nicht über Kolleg*innen lästern soll und zum anderen, dass alle, die über die eigene Arbeitsbelastung sprechen möchten, das gern mit mir tun können und dass aber alle, die über die Arbeitsbelastung Dritter sprechen möchten, mich ersetzen müssten und diese freudige Verheißung sehe ich nicht am Horizont.

    Dann mache ich doch wieder Dehnübungen. Für den Rücken, nicht für die Geduld.

    Da werden wir, so meine Prognose, noch sehr viel Spaß bekommen in der nächsten Zeit und wäre ich weniger konfliktfreudig würde ich deshalb jetzt schon einmal schlecht schlafen. Aber so, wie es ist, schlafe ich nur wegen Rücken schlecht.

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