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    Sonntag, 11. November 2018
    Mantel

    Heute habe ich meinen Mantel weggeworfen, damit ich ihn nicht mehr anziehe. Es braucht manchmal die ganz großen Gesten.

    Den Mantel kaufte ich vor ungefähr 5 Jahren, es war ein Schnäppchen. Schwarz, ganz klassischer Schnitt, hübsches Innenfutter. Zwei Jahre lang war der Mantel der Mantel, dann begannen sich die Taschen innen aufzulösen, so dass der Mantel sich in einen einzigen großen Aufbewahrungssack verwandelte, den man zufällig auch noch über die Arme ziehen und vorne mit Knöpfen verschließen kann. Sowas kann praktisch und gewollt sein (siehe hier), aber kann auch - und das sind nach meiner Einschätzung die meisten Fälle - sehr nerven. Das Nerven nahm mit der Zeit überhand. Ein Jahr später riss dann auch noch die Tasche von außen ein und seit diesem Winter hatte der Mantel "plötzlich" (meint: es fiel mir plötzlich auf) Pilling. Also so Geweberöllchen überall dort, wo man mit den Armen entlang schwenkt beim Gehen.

    Ich habe noch drei weitere Mäntel, die ich alle ganz toll finde, aber nie trage. Einen bekam ich von meiner Schwester geschenkt, sie hat das merkwürdige Problem, dass sie sich häufig Oberbekleidung kauft und erst nach einigen Monaten feststellt, dass die Ärmel zu kurz sind. Meine Arme sind etwas kürzer als die meiner Schwester, so komme ich hin und wieder zu schönen neuen Kleidungsstücken. Die anderen beiden Mäntel kaufte ich mir selbst, den einen, weil ich dachte, man könne nach mehreren Jahren doch durchaus mal einen Mantel kaufen, wenn sich doch einer anbietet, der ausnehmend gut gefällt und sowieso kann man ja auch mal einen Mantel kaufen, der nicht schwarz ist. Also kaufte ich einen in sehr dunkel-dunkelgrau. Den anderen schickte mir der Stylist von diesem Online-Shop, ich hätte mir nie im Leben so einen Mantel von der Stange genommen, aber dazu ist der Stylist ja gut, ich liebe es, wenn man mir das Nachdenken abnimmt und behielt diesen Mantel. Der Mantel ist creme-weiß.

    Seit ein paar Tagen ist das Wetter jetzt so, dass man möglicherweise einen Mantel tragen kann - jedenfalls, wenn nur ein T-Shirt drunter ist und man ihn offen lässt. Ich nahm also, genau wie in den letzten Jahren, einen der neuen Mäntel und dachte "Ach ja schön, der neue Mantel, den ziehe ich jetzt mal an." und dann dachte ich sofort, genau wie in den letzten Jahren: "Aber nicht gleich heute, heute trage ich lieber nochmal den alten Mantel, das ist jetzt gerade praktischer. Morgen trage ich dann den neuen Mantel. Ganz sicher. Vermutlich."

    Heute ertappte ich mich bei diesem Gedanken und hatte sofort die Nase voll und warf daher den alten Mantel in die Mülltonne, um mich aus der mentalen Alter-Mantel-Geiselhaft zu befreien.

    Und zapp, trug ich heute Abend den neuen, creme-weißen Mantel und fühlte mich sehr gut darin.

    (Und zapp, hängte an der Garderobe jemand einen Damenhut dazu, soweit so gut, es gefällt mir, dass man dem Mantel einen Hut zutraut, aber der Hut war hässlich und zapp steckten in der Tasche meines Mantels selbstgestrickte Handschuhstulpen in bunt, das ging zu weit, Handschuhstulpen ich bitte Sie, wir sind doch nicht auf einer Polarexpedition!)

    Lange Tage

    Manche Tage sind so lang, so voll und so verworren, dass man sie am Abend gar nicht mehr bis zum Anfang zurückverfolgen kann. Es gibt keinen Faden der Logik de Abfolge der Ereignisse, an dem man sich entlanghangeln könnte. War es heute Nachmittag oder am Morgen oder gestern, wer weiß das schon, vielleicht ist es auch egal.

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