Im Penny waren heute Esther und Thomas. Esther hatte sich zurechtgemacht - eine dünne weiße Hose, dunkle Unterwäsche, ein schwarzes Top, die schütteren blondierten Haare hochgesteckt, Ballerinas. Thomas hatte sich fürs Einkaufen nicht speziell aufgebrezelt und trug Jogginghose, undefinierbares T-Shirt, lange struppige Haare und unordentlichen Bart sowie Sandalen. Beide hatten schlechte Zähne und schlechte Haut. Thomas tropfte.
Als Esther und Thomas hereinkamen, schien das Supermarktleben schon für einen Moment stillzustehen. Man merke sofort: weder ist das Einkaufen für die beiden leicht, noch fällt es ihnen leicht. Manche Leute sprechen auf eine merkwürdig bemühte Weise, mit einer ganz kleinen Anstrengung oder Verzögerung, als müsste jedes Wort einzeln aus ihrem Gehirn abgerufen und mit dem Rest des Satzes verbunden werden. Und immer einen Tick zu laut, man wird manchmal lauter, wenn man sich anstrengt. Dann war das Geld noch ein Problem, sie mussten rechnen, und auch das Rechnen ging nicht so leicht von der Hand.
Sie stritten ums Toast, sie stritten um den Joghurt, ob man zwei oder vier Becher nehme. Thomas sagte (rief) zwischendurch immer: "Ich wär echt lieber zu Rewe!". Esther wollte noch Kaffee. "Der kostet hier über 4 Euro, Esther, ÜBER VIER EURO!" Es gäbe auch anderen Kaffee, sagte Esther. Thomas sollte stehen bleiben, Esther Kaffee holen, Esther verschwand und Thomas wurde auffällig, riss Sachen aus dem Regal, ließ Joghurt fallen, rief nochmal das mit Rewe. Esther eilte zurück, ohne Kaffee aber mit Cola, sie stritten um die Cola bis Esther sagte, sie wolle die selbst bezahlen.
An der Kasse räumte Thomas erstmal auf. Die Tüten ordentlich ins Fach, die Warentrennhölzer so verteilt, dass an jeder Kasse dieselbe Anzahl ist - die Summe ging aber nicht auf, es gab ein Holz zu viel, Thomas wurde wieder auffällig, er schimpfte und zeterte. Esther blaffte zurück, die Kassiererin sagte "Ey, beruhigen Sie sich mal!", dann gab es ein Problem mit der Cola. Thomas wollte sie mit einem Trennholz vom Rest des Einkaufs abtrennen, Esther wollte (glaube ich) einfach nur raus und stellte die Cola ganz nach hinten, die Cola drohte aber, umzufallen, so dass die Verkäuferin sie schnell griff und in der Mitte des Einkaufs abrechnete - das Colaproblem hatte sie wohl nicht mitbekommen.
Fassungslosigkeit bei Esther und Thomas, was nun? Und sind das unserer vier Joghurt, wollten wir nicht nur zwei? Sie fragten die Frau hinter ihnen, ob es ihre Joghurts seien, die Frau verneinte. Wie konnte das jetzt alles kommen? Wie sollte man das mit dem Joghurt regeln, wie das mit der Cola? Eine schwierige, kaum begreifliche Welt für Esther und Thomas. Nach der Kasse rechneten sie lange, wer nun welchen Anteil für diesen Einkauf von einer Packung Toast, vier großen Bechern Joghurt und einer Flasche Cola zahlen musste. Thomas fühlte sich von Esther übervorteilt, Esther fühlte sich von Thomas angegriffen und beide hatten das Gefühl, irgendwie von der Verkäuferin übers Ohr gehauen worden zu sein. Trotzdem schienen sie erleichtert, den Einkauf geschafft zu haben.
"Nächstes Mal gehen wir aber zu Rewe", sagte Thomas, als sie den Laden verließen.
Heute vor zig Jahren:
Wir lernen den ganzen Krempel aus allen Büchern für die Schule, damit wir uns die nächsten Wochen nicht damit beschäftigen müssen.