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    Donnerstag, 9. August 2012
    Blogging November - 281

    Auf dem Weg zum Feriencamp fand Mademoiselle heute einen Stock. Also, einen Zweig eher, recht dünn, maximal 2 cm Durchmesser, aber immerhin etwa 1,5 Meter lang, ist aber auch egal, Stöcke jeglicher Art dürfen jedenfalls - ebenso wie Taschenmesser, Handys und sogar auch Jojos - nicht mit in das Feriencamp. Ich schlug ganz praktisch vor, den Stock wegzuwerfen. Das ging natürlich keinesfalls. Auch meine Alternative, ihn irgendwo ins Gebüsch zu legen und abends wieder abzuholen, wurde abgelehnt, denn es war ein ganz besonderer Stock. Um welche Art von Besonderheit es sich handelt, durfte ich nicht erfahren, es hatte jedoch mit dem Schicksal der Welt zu tun und wichtige zeremonielle Handlungen mussten daran vorgenommen werden - ich vermute, dass es sich um den Elderstab handelte. Die ganze Stocksache war dem Kind jedenfalls höchst wichtig, so dass ich mich in einem Moment geistiger Umnachtung bereiterklärte, den Stock mit ins Büro zu nehmen, um ihn dann später, bei der Abholung, wieder mitzubringen. Nach diversen Schwüren und komplizierten Handbewegungen - Vorschläge mit Blut lehnte ich konsequent ab - konnte ich, mit dem Stock, meines Weges gehen.

    Was ich gar nicht bedacht hatte: so ein 1,5 Meter langer Stock erregt in der Hand einer bürogekleideten Dame deutlich mehr Aufsehen, als in der Hand eines schmutzigen und strubbeligen kleinen Mädchens.

    Der erste Stockinteressent war ein alter Mann im Bus. "Was hamse denn da?", fragte er. "Einen Stock", antwortete ich. "Mit so nem Stock darf man nicht in den Bus!" - "Das ist mein Gehstock, Sie haben ja auch einen." - "Das glaube ich nicht!", schimpfte der Mann. Ich sagte, das fände ich nicht schlimm.

    Nummer zwei war eine Frau in der S-Bahn, sehr schick und mit vielen Unterlagen, sehr blond, sehr genervt, dass ich auf den Platz wollte, auf dem ihre Tasche stand. "Was haben Sie denn da?", fragte sie. - "Einen Stock." - "Das sehe ich!" Ich zuckte mit den Schultern.

    Nummer drei, die Frau schräg gegenüber im Vierersitz. "Ich habe auch einen kleinen Jungen zu Hause." Ich lächelte ihr zu.

    Nummer vier, die Bäckereiverkäuferin, schaute nur komisch.

    Nummer fünf, der Mann beim Bäcker hinter mir: "Gibts hier auch Stockbrot?" Gleich diesen ekligen Lagerfeuergeruch in der Nase gehabt, von dem ich im Urlaub zwei Tage lang Kopfschmerzen hatte.

    Nummer sechs, im Aufzug zum Büro. "Damit sorgen Sie jetzt für Ordnung da oben, was?" Mittlerweile lächelte ich nur noch müde. Kann man nicht einfach mal unbehelligt mit einem Stock durch die Stadt laufen?

    Im Büro selbst nahm niemand Notiz vom Stock. Man kennt mich dort. Auch die Kollegin, mit der ich einen Termin wahrnahm, von dem aus ich gleich wieder nach Hause fuhr, zuckte mit keiner Wimper, als ich den Stock mit ins Auto schleppte. Dezent verblieb er während des Termins auch dort - was gar nicht nötig gewesen wäre: neben dem Tisch, an dem unsere Besprechung stattfand, lagen gleich drei ähnliche Stöcke, die ich natürlich sofort fachmännisch untersuchte. Die Gastgeberin ließ entschuldigend wissen, viele Leute mit Kindern kämen nach Waldspaziergängen ins Restaurant, man würde der Stockflut kaum noch Herr, ständig fände sich irgendwo noch irgendein Stock, egal wie sehr man aufgeräumt habe. Ich nickte verständnisvoll.

    Nachmittags in der Drogerie Nummer sieben, ein älterer Herr: "Mein Enkelchen hat auch immer solche Stöcke, wir haben eine ganze Sammlung!"

    Nummer acht, im Supermarkt: "Kann ich den für meine Tomaten haben?" - "Gute Frau, ich schleppe seit 7:50 Uhr diesen Stock mittels fünf Verkehrsmitteln durch drei Städte. Den gebe ich jetzt nicht mehr her!"

    Nummer neun, der Busfahrer des teilweise defekten Busses, der jedem einzelnen Fahrgast "Diese Bus hat eine Fehler, Aussteigen und Einsteigen daher nur vorne möglich, keine Möglichkeit, hinten aussteigen oder einsteigen, ich bitte um Entschuldigung aber wir fahren gleich in Hof an der Hebestraße und bekommen eine blitzneue Bus mit Möglichkeit, hinten einzusteigen und auszusteigen und auch vorne. Machen Sie keine Sorgen, die Bremse geht, haha, ich bringe Sie alle gut nach Hause oder auch zu anderen Ort, wie Sie es wollen" zurief. Jedem. Einzelnen. "Hören Sie, Sie, auch mit dem Stock geht es nur vorne einsteigen und aussteigen, diese Bus hat eine Fehler..." Und als wir im Hof an der Hebestraße in den blitzneuen Bus umgestiegen waren, erkundigte er sich per Lautsprecher, ob alle drin seien und nichts vergessen, Einkaufstasche-Laptop-Handy - auch der schöne große Stock?!

    Stolz präsentierte ich den Stock bei Abholung den Kind. Mit Hinter-dem-Rücken-Hervorziehen und tadaaa!

    Mademoiselle: "Und was soll das bitteschön sein?!"

    Frau N: "Dein Stock!"

    Mademoiselle: "Was für ein Stock??"

    Frau N: "DER STOCK VON HEUTE MORGEN, DER WICHTIGE STOCK, AN DEM DAS SCHICKSAL DER WELT HÄNGT!!"

    Mademoiselle: "Ach ja. Stimmt. Den müssen wir zerstören."

    Sprach es, zerbrach den Stock in drei Stücke, warf ihn händereibend ins Gebüsch und hopste davon - höchst zufrieden mit sich selbst, Welt gerettet.




    Heute vor zig Jahren:

    Wir sind in die Stadt gefahren, um Pe ein T-Shirt u kaufen. Auf dem Weg zur U-Bahn lästern wir die ganze Zeit über Illy. Auf der Rolltreppe dreht sich Pe um und da steht Illy direkt hinter ihr. Sie erinnert uns daran, dass Gina und sie uns etwas gesagt hätten. Wir sagen, dass wir uns auch daran erinnern. Illy ist diesmal in Begleitung eines Mädchens mit Prollpony und auch vielen Pickeln.

    Illy: Wir haben Euch doch was gesagt!

    Pe: Ja, aber uns interessiert nicht, was du sagst.

    Ich: Außer die blöden Geschichten, die ihr euch immer ausdenkt, die sind witzig.

    Illy: Ihr glaub ja wohl nicht, dass euch irgendwer ernst nimmt, und mit so einem Shirt dürft ihr sowieso nicht rumlaufen.

    Ich: Sagt wer?

    Pe: Komm, lass die doch.

    (Illy folgt „unauffällig“)

    Ich, mich umdrehend: Geh weg. Kusch, kusch!

    Illy, drohend: Wir ham halt n HALS auf euch. Das ist jetzt so!

    Ich: Meinetwegen.

    Illy: Jetzt geht mal schnell.

    Ich, noch stehend: Sofort.

    Illy: Ja, dann geh auch!

    Ich: Nach dir.

    Illy: Willste was??


    Pe nahm dann das Gespräch in die Hand weil sie von mir einen Bockigkeitsanfall befürchtete. Pe versuchte mit Illy vernünftig zu reden worum es überhaupt geht und was überhaupt los ist, so dass am Ende Pe und ich uns noch gestritten haben weil ich finde, dass es nichts bringt, mit denen vernünftig zu reden und Pe sich aufgeregt hat dass ich meine Sturheitsanfälle immer noch nicht im Griff habe.

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