Wieso ich jeden Abend auf dem Sofa sitze und vor mich hindenke, wie ich morgen früh Lust auf Tee haben werde, mir sogar schon überlege, welcher Tee es sein wird, wenn ich viel Zeit habe auch, aus welcher Tasse ich ihn trinken werde. Und am nächsten Morgen trinke ich erstmal gar nichts, weil ich, bevor ich nicht angemessen hektisch herumgerannt bin nichts zu mir nehmen kann und danach habe ich Lust auf Kaffee, nie auf Tee. Das werde ich so schnell nicht verstehen. Vielleicht ist das mit dem Tee so eine ähnliche irrige Annahme, wie wenn man sich abends denkt, dass man am nächsten Morgen sicherlich früh aufstehen und Sport treiben möchte. Oder sich in besonders ausgewählte Kleidung hüllen. Wo es doch schon Hochleistungssport ist, sich überhaupt pünktlich in irgendwelche angemessene Kleidung zu werfen.
Ich muss ein bisschen mehr schlafen.
Im Haushalt meiner Kindheit gab es einige Dinge im Überfluss, nämlich Messer, Spritzbeutel und Stielkämme. Messer- und Spritzbeutelmanager ist natürlich Papa N., Mama N. hingegen ist Stielkammlady No. 1. Stielkämme - also feine Plastikkämme mit einem sehr dünnen Metallstiel als Griff - hat sie überall: in jeder Handtasche (klappbar), in jedem Raum, neben jedem Spiegel, im Bad und ein paar im Vorrat. Und einer lag im Flur auf dem Schlüsselbrett neben der Tür, um rasch noch (mit dem Stiel) die Locken zu ordnen, bevor es rausgeht bzw. bei den Kindern rrrrrratsch (mit den Zinken, haha, Zinken), den Scheitel nachzuziehen, damit alles ordentlich ist. Und vier Spritzer LouLou, tschp tschp links, tschp tschp rechts, nur für Mama N., aber damit war sichergestellt, dass alle fluchtartig zügig die Wohnung verlassen.
Abseits des rrrrrratsch handhabte Papa N. den Stielkamm an den Kindern. An den Winter kann ich mich nicht erinnern, im Sommer war es so: barfuß auf dem Spielpatz, wenn man rennt, gerade auf Asphalt, bummst es so merkwürdig von der Ferse in den Kopf, man rennt, weil man zu Hause sein soll, wenn die Kirchturmuhr 6 schlägt, dann in die Badewanne, an den Zehen ist der Staub so lustig in die Hautfurchen eingedrungen, an den Knien weicht der Schorf auf, das Wasser ist hinterher trüb und dann sind natürlich auch die langen Haare verklettet. Die entwirrt Papa N. vor dem Fernseher, mit dem Stielkamm, in der Erinnerung läuft für immer "Ein Colt für alle Fälle" und es gibt Graubrot mit Banane und Käsewürfel und ein Glas Milch. Einmal Haare entwirren dauert relativ genau eine Folge lang.
Irgendwann bekam ich einen eigenen Stielkamm in 80er-Jahre-Pink, es müssen die späten 80er gewesen sein, das war nämlich anlässlich meiner Frisur, die aus toupiert und abrasiert bestand, aber Mama N. hatte den Grundsatz, ihre Kinder in allen ihren Interessen zu unterstützen, Hauptsache, die Frisur sitzt. Und dann fand noch irgendwann ein schwarzer Stielkamm den Weg zu mir, ich weiß nicht wie oder warum. Und jetzt habe ich ja auch ein Kind mit langen Haaren, die verkletten und die manchmal auch in absurde Frisuren angeordnet werden müssen, für Turnwettkämpfe, und um diese Frisuren herzustellen, konsultiere ich Youtube-Videos und verwende dann den Stielkamm.
Der schwarze Stielkamm verschwand jedoch irgendwann. Als wir aus Stockholm zurückkehrten, war er weg. Das war Ostern 2014. Ich war etwas unglücklich, nicht wegen des Verlustes an sich, sondern weil ich lieber den pinkfarbenen verloren hätte. Andererseits benötigt eben Mademoiselle den Stilkamm viel häufiger als ich, ich seit dem Haareabschneiden nämlich gar nicht mehr, und sie findet pink gut.
Nur war vor etwa zwei Wochen auch Pink verschwunden. Spurlos. Sehr mysteriös.
Wir behalfen uns mit dem Opa-Kamm. Der Opa-Kamm ist ein uralter Kamm, den mein Opa immer in der Hosentasche trug. Oder Hemdtasche, ich weiß nicht genau, denn ich habe diesen Opa nie kennengelernt, er starb ein paar Tage vor meiner Geburt. Niemand ist in meiner Familie esoterisch veranlagt, aber alle behaupten, dieser Opa wäre teilweise in mir wieder da, besonders seine, ähm, Temperamentsausbrüche, und ich soll ihm auch sehr ähnlich sehen. Also bekam ich irgendwann den Opa-Kamm als Erbstück und ich holte ihn hervor, als Schwarz und Pink verschwunden waren, um das Kind zu frisieren. Nur machte mich das etwas nervös, zum einen möchte ich den Opa-Kamm nicht auch noch verlieren, zum anderen steckt er in einer rötlich-braunen Hülle, die, sobald sie mit Feuchtigkeit in Berührung kommt, alles um sich herum knallrot verfärbt.
Vorgestern ging das Kind spät zu Bett, wusch vorher noch die Haare, ich kämmte ihre Haare mit dem Opa-Kamm aus, die Ablage ums Waschbecken war rot verfärbt und später beim Zähneputzen überlegte ich mir, dass es nicht sein kann, dass Schwarz und Pink weg sind. Gesucht hatte ich aber schon hundertmal, also dachte ich, ich probiere es mit Nachdenken. Dementsprechend stand ich vor dem Spiegel, unbeweglich (so kann ich am besten denken), die Zahnbürste in der Hand, Schaum tropfte mir aus dem Mund, dachte nach und kam zu dem Schluss: Pink wird im Stifteköcher neben der Kaffeemaschine in der Küche sein. An dieser Stelle scheitele ich nämlich immer Mademoiselle, natürlich habe ich dabei Kamm mit Stift verwechselt und ihn dort hineingestopft. Es konnte gar nicht anders sein.
Ich ging also in die Küche, um Pink aus dem Stiftekköcher zurück ins Bad zu transferieren, nur: ich hatte falsch gedacht. Pink war dort nicht. Verärgert über meine minderwertige Denkleistung ging ich schlafen.
Am nächsten Morgen wachte ich auf. Irgendwie hatte ich mir im Schlaf einen Fingernagel eingerissen. Ich griff im Bad in meinen Kulturbeutel, tastete nach der Nagelfeile und rammte mir dabei irgendwas unter einen anderen Nagel. Als ich das Irgendwas hervorzog sah ich: es war Schwarz. Kurz setzte ich mich auf den Badewannenrand, um zu reflektieren: Völlig unmöglich, Schwarz war seit über einem Jahr weg, in dieser Zeit hatte ich den Kulturbeutel nicht nur in mindestens drei europäischen Ländern verwendet, sondern sogar auch zweimal zum Waschen komplett leer geräumt. Wirklich, absolut ausgeschlossen, die Chance, dass Schwarz darin ist, weit unter Null. Aber der Realität sind Wahrscheinlichkeiten scheißegal. Schwarz war wieder da.
Ich stand vom Badewannenrand auf und sah aus dem Augenwinkel etwas Rosarötliches unter dem Waschtisch liegen. Vermutlich ein Katzenbällchen. Ich stieß mit dem Fuß danach und das Ding piekte mit in den Zeh. Es war Pink. Pink lag unter dem Waschtisch. Unter dem ich neulich noch aufgewischt hatte, weil ich ja den Abfluss wegen irgendwas auseinanderschrauben musste. Und die Putzfrau war seit dem Verschwinden von Pink mindestens zweimal dagewesen, und die ist gründlich. Kann alles überhaupt nicht sein.
Diese Geschichte hat keine Pointe. Ich beobachte Schwarz und Pink jetzt sehr genau. Pink liegt bislang regungslos auf der Dose mit den Haargummis. Schwarz ist ein Stück die Wand emporgeklettert und hat sich hinter der kleinen Zahnputzsanduhr von Mademoiselle verfangen, die dort an den Fliesen angebracht ist. Ich denke, das deutet auf einen erneuten Fluchtversuch hin.
Ich bin ja sehr viel entspannter geworden in den letzten Jahren. So weit, dass ich noch unter der Dusche stehe, wenn der Besuch kommt, bin ich aber lange nicht.
Allerdings hatte ich heute noch nasse Haare.
Angesichts der vorzubereitenden Feierlichkeiten bin ich recht beschäftigt heute. Kleiner Tipp: wenn man ganz bestimmte Speisen zubereiten möchte, die man aber meist nur einmal im Jahr kocht, lohnt es sich, vor dem Einkauf der Zutaten schon einmal ins Rezept zu schauen. Manchmal erinnert man sich gar nicht so detailliert, wie man eigentlich dachte. Jetzt gibt es also Essen "in the style of". Schaumermal.
Besonders hervorheben möchte ich aber die Leistung des Wetters, das auf dem Balkon exakt die Temperatur in meinem Kühlschrank reproduziert hat. Also 5 Grad. Ich habe jetzt also einen begehbaren Kühlschrank. Für Bier!
Mit nicht geringem Stolz verkünde ich: ich habe heute endlich eine sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für das Feature "Migräneanfall" gefunden. Und zwar kann man, wenn das sowieso gerade läuft, auch noch rasch zum Augenbrauenzupfen gehen. Auf diese minimale Unannehmlichkeit kommt es dann nämlich wirklich nicht mehr an.
Ein Blogthema ist für heute gewünscht, bei dem die Emotionen nicht so hochkochen. Ja, ich denke, das hat seine Berechtigung, schließlich ist bald Advent, da wollen wir alle etwas ruhiger machen, das ist ungefähr wie abends um 21 Uhr, wenn ich Mademoiselle sage, dass jetzt doch langsam Nachtruhe einkehren sollte und sie gleich bereit ist, den Basketball in der Wohnung nur noch ganz leise zu dribbeln.
Wir befassen uns also heute mit Küchenfertigkeiten, nämlich: Eiweiß schlagen. Das Wichtigste ist da gleich schon gesagt. Man braucht Eiweiß und man muss es schlagen.
Aber was passiert eigentlich beim Eiweiß-Schlagen? Zum einen bringen wir durch das Aufschlagen Luft in das Eiweiß und zum anderen bringen wir die Proteine durcheinander, die dadurch die Chance haben sich anders - fester - anzuordnen. Dadurch umschließen sie die hineingeschlagene Luft, es bilden sich also Bläschen. In der Folge wird das Eiweiß zum einen fester (nicht mehr flüssig eben) und zum anderen voluminöser (durch die Luft). Zwischen den proteinumschlossenen Luftbläschen ist Wasser. Ich hoffe, ich habe das richtig erklärt, Chemie ist nun wahrlich nicht mein Fachgebiet.
Man kann Eischnee tatsächlich auch noch mit etwas Wasser strecken, damit es mehr wird - er bleibt dann aber weicher. Ohne Wasser wird er bei ordenlichem Schlagen so fest, dass man mit einem Messer hineinschneiden kann und der Schnitt sichtbar bleibt (nur für einige Zeit - Eischnee fällt natürlich irgendwann auch wieder zusammen und lässt sich dann nicht neu aufschlagen. Man kann nicht endlos mit den Proteinen herumfuchsen!).
Man kann auch Salz (oder andere Säure, Zitronensaft z.B.) hinzufügen, dann schlägt sich der Eischnee schneller auf, sagt man. Habe ich aber nie überprüft und kenne auch die Hintergründe nicht. Möglicherweise lesen ChemikerInnen mit und können das erläutern. Ich würde fast vermuten, dass das was mit Gerinnung zu tun hat, aber das ist ein Schuss ins Blaue. Häufig wird ein hohes Rührgefäß empfohlen, auch da habe ich aber keine Vergleiche angestellt, ich nehm immer dasselbe Dings. Möglicherweise können die Bläschen aber an schmalen Wänden besser hochklettern, das kann schon sein.
Wenn der Eischnee nicht fest wird, liege es meist daran, dass irgendeine Verunreinigung drinnen ist und zwar meistens Fett. Fett am Schneebesen oder in der Schüssel oder Reste vom Eigelb (im Eigelb - da wage ich mich jetzt auf sehr dünnes Eis bezüglich meines naturwissenschaftlichen Hintergrundwissens - sind glaube ich die Lecithine schuld, die wirken wie Tenside, also: auch keine Spülireste in der Schüssel lassen. Dann klappt das auch nicht und alles fällt zusammen. Weshalb ja auch Fruchtfliegen in der Falle ersaufen, wenn man den Tropfen Spüli nicht vergisst, weil die Oberflächenspannung des Wassers verringert wird. Vergisst man den Tropfen, hat man keine Fruchtfliegenfalle mehr, sondern eine Fruchtfliegenzucht. Ich habe schon - ganz entfernt natürlich - von Leuten gehört, denen das passiert sein soll. Jedenfalls: Hängt alles zusammen: Eischnee, Fruchtfliegen, Apfelkuchen, Zombieapokalypyse. Sie werden gleich sehen!). Die Proteine können sich dann nicht mehr richtig aneinanderlegen, das Fett verhindert das, die Struktur wird also instabil, die Bläschen stapeln sich nicht gut. Das leuchtet ja ein. Ich seh die proteinumschlossenen Luftbläschen regelrecht vor mir, wie sie verzweifelt von einander abrutschen, weil die Butter vom Kuchen sie glitschig gemacht hat.
Wenn der Eischnee fertig ist, können aber natürlich fetthaltige Sachen dazu, die Bläschen hängen dann ja schon aufeinander, alles gut. Nur zu sehr rühren darf man nicht, mechanisch kann man das doch wieder kaputtrühren.
Sie brauchen übrigens nicht unbedingt ein elektrisches Rührgerät dafür. Das kriegt man auch so hin, es dauert gar nicht lang. Bei der Weihnachtsbäckerei hat Papa N. den Kindern immer jedem eine Schüssel mit Eiweiß und Schneebesen gegeben und dann wurde um die Wette geschlagen. Dasselbe auch oft bei Sahne. Sollte also die Zombieapokalypse eintreten und es gibt keinen Strom mehr, können Sie mit ihrem Apfelkuchen frohen Mutes bei mir vorbeikommen, ich krieg die Sahne auch unelektrisch steif. Es ist ein beruhigendes Gefühl, für solche Fälle gewappnet zu sein.
Gespräch in der S-Bahn:
Die D: Was wünschst Du Dir eigentlich zum Geburtstag?
Frau N: Neee, Du brauchst mir nichts schenken. Lass uns einfach ein Bier zusammen trinken!
Die D: Ich bestehe aber darauf, Dir etwas zu schenken! Also, was wünschst Du Dir?
Frau N: Dann schenk mir irgendwas, das sich verbraucht. Damit liegt man nie falsch, entweder freu ich mich dann, wenn ich es bekomme, oder wenn es aufgebraucht ist.
Die D: (hebt die Augenbraue)
Frau N: Oder Blumen.
Die D: Die fressen doch die Katzen.
Frau N: Ich lasse die im Büro und erfreue mich dort daran.
Die D: Ich möchte Dir aber etwas schenken, worüber Du Dich richtig freust!
Frau N: Ich freue mich richtig, wenn ich mir darüber jetzt nicht den Kopf zerbrechen muss!
Die D: Gut, ich gebe Dir noch bis Samstag, schick mir dann eine Nachricht.
Frau N: (seufzt)
Samstagmittag bis -nacht, per Mail:
Frau N: Hi D., ich habe überlegt und hab ein paar Sachen aufgeschrieben, über die ich mich freuen würde. Link ist hier, vielleicht ist was für Dich dabei.
Die D: Hab geschaut - warum wünschst Du Dir das denn?!
Frau N: Weil mich das interessiert.
Die D: Das hat Dich aber doch bisher nicht interessiert!
Frau N: Jetzt interessiert es mich aber.
Die D: Das musst Du mir genauer erklären!
Frau N: (ruft entnervt die D. an, Mailbox, brüllt auf die Mailbox): ICH INTERESSIERE MICH IMMER MAL FÜR ANDERE SACHEN UND JETZT EBEN DAFÜR SCHENK MIR DAS ODER LASS ES ABER HÖR AUF MICH ZU NERVEN!!
Die D (ruft zurück): Bist Du betrunken?
Frau N: JA!!!
Die D: Ich spreche nicht mehr mit Dir, wenn Du betrunken bist.
Frau N: Ich spreche nicht mehr mit Dir, wenn ich nüchtern bin, das halte ich nicht aus!
Die D: Wir brechen das Gespräch jetzt ab. (legt auf)
Heute Morgen, per WhatsApp
Die D: Geht es Dir wieder besser als letzte Nacht?
Frau N: Eigentlich geht es mir akut deutlich schlechter als letzte Nacht.
Die D: Das hast Du verdient!
Frau N: Worum geht es bei unserem Gespräch?
Die D: Darum, was Du Dir nun wünscht!
Frau N: Weltfrieden.
Seitdem nichts mehr von der D. gehört. Vielleicht hätte ich es doch mit "oh, okay" probieren sollen.
Heute finden zwei Premieren statt.
Zum einen gehe ich gleich in einen Club. Ich war überhaupt noch nie in einem Club, glaube ich jedenfalls, wobei es auch möglich ist, dass ich schonmal in einem war und mich nicht erinnern kann. Wenn ich mich noch aufraffen kann, um solche Uhrzeiten geh ich ja normal gar nicht mehr aus dem Haus. Außer zum Kraulschwimmen. Nunja.
Zeitgleich - also exakt zeitgleich, nämlich von meinem viel zu späten Weggehen bis zum noch späteren Wiederkommen - hat Mademoiselle zum ersten Mal mit zwei Freunden sturmfreie Bude. Mit Chips und so.
Mal sehen, wer mehr Spaß hat.
Möglicherweise habe ich schon einmal erwähnt, dass Spiele für mich ziemlich ernst sind. Kurze Nebenbemerkung: mir scheint, ich verwende ich letzter Zeit häufig das Wort ernst/Ernst, oder zumindest gefühlt häufig, Zahlenmaterial zu meiner Verwendungshäufigkeit habe ich natürlich nicht erhoben, aber jedes Mal frage ich mich, ob es wohl groß oder klein geschrieben wird. Ich habe das jetzt nachgeschlagen, eigentlich hätte man (ich) es wissen müssen, es ist nämlich ganz und gar logisch, wenn Sie auch unsicher sind, schauen Sie hier, dann wissen Sie auch Bescheid. Bescheid groß, das muss ich nicht nachschlagen. Ganz sicher nicht! Sonst würde es auch schwierig, sonst hätten wir so eine Situation wie die, in der man immer wieder von der Wohnungstür zurückrennt, um zu schauen, ob man den Herd ausgeschaltet hat. Stellen Sie sich das mal vor, wenn ich mich hier bei jedem Wort erst vergewissere, ob ich es auch richtig geschrieben habe, und dann evtl. zweimal, um auch noch sicherzugehen, dass ich beim ersten Mal richtig geschaut habe. Und das, wo ich sowieso jetzt gerade in wenigen Minuten fertig sein muss. Früher hatte ich ja Frau Grasdackel, die mich gerne auf Rechtschreibfehler hingewiesen hat, Frau Grasdackel bitte zu Posting 1481!
Egal, zurück zum Ernst des Spiels. Das erste Spiel, das mich nachts nicht schlafen ließ, war "Gianna Sisters", das spielte ich auf dem C64, ein Jump'n'Run-Spiel mit einem Mädchen, das mit dem Kopf Steine zerdeppern kann, auf Eulen springt und Diamanten sammelt. Ich war dieses Mädchen im Schlaf. Ich war aber auch saugut in diesem Spiel. Es war nur etwas anstrengend, weil ich bei der Eulenspringerei mit dem Bein immer gegen die Wand donnerte oder mich bei den Stößen mit dem Kopf am Schreibtisch, der direkt hinter dem Kopfende meines Bettes stand, stieß. Morgen war ich wie gerädert.
Bald hatte ich Gianna Sisters aber durch und spielte Cosmo, ebenfalls auf dem C64, ein komisches froschartiges außerirdisches Wesen mit Saugnäpfen an den Händen. Cosmo war ich nicht selbst, aber er tauchte in meinen Träumen auf und war ständig irgendwo festgesaugnapft, wo ich gerade hingreifen wollte. Überall waren dann diese Frösche plötzlich, auch viele Nächte lang, aber besser als überall Ameisen auf dem Boden oder überall halbtote Marder auf der Landstraße, das hatte ich auch schon, dann lieber außerirdische Saugnapffrösche.
Nicht, dass das Problem jetzt auf die Unterhaltungselektronik geschoben wird. Die nächste Sammlung an miesen Nächten bereitete mir die Siedler von Catan. Täglich 8 Stunden mit einer Freundin gespielt, während wir eigentlich unsere Magisterarbeiten schreiben sollten bzw. wollten bzw. es die einzige logische Alternative erschien. Niemand, den ich kenne, spielt so schlimm gut wie diese Freundin und so absolut erbarmungslos. Im Traum redete ich mir den Mund fusselig um Lehm oder Getreide, unternahm weite Reisen zwecks Beschaffung dieser Rohstoffe und lief mir generell die Füße wund nur um hinterher doch nichts zustande zu bringen weil sie mir immer einen Schritt voraus war. 6 Monate hat man ja für eine Magisterarbeit damals gehabt, ich glaube, ich habe in diesen 6 Monaten nicht ein einziges Spiel gewonnen. Sehr traumatisch.
Die nächste Episode geschah mit New Super Mario Bros., gespielt auf dem Nintendo. Das Level mit den Pilzen, ich glaube, Level 3 in Welt 1 ist das (bzw. ich bin mir absolut sicher, das habe ich jetzt nicht nachgeschaut, falls Sie irgendann mal bei Günther Jauch sind und was über Super Mario Bros gefragt werden, rufen Sie auf jeden Fall mich an, ich weiß alles!). Die Pilze sind hoch in der Luft und verhalten sich wie riesige Trampoline, man kann diesen kleinen roten Klempner gar nicht richtig steuern, ständig fliegt er ganz hoch in die Luft und wenn man Pech hat, klemmt man ihn versehentlich zwischen Pilztrampolin und irgendwas obendrüber ein und er dotzt mit 320 bpm auf und ab, das bereitet mir körperliche Schmerzen, auch wenn Mario selbst unbeschadet daraus hervorgeht. Im Traum - ich kann mich im Traum normalerweise auf die üblichen Arten fortbewegen und zusätzlich auch fliegen, wobei es wichtig ist, an Straßenecken, vorzugsweise an Ampeln / Straßenlaternen senkrecht zu starten und dann dem Straßenverlauf in der Luft zu folgen, Ordnung muss sein - waren plötzlich auch überall Pilztrampoline, bzw. die ganze Welt war ein Pilztrampolin geworden, alles federte und dotzte, das waren sehr unglückliche Nächte für mich, bis ich alle Welten durchgespielt und restlos alle Münzen gesammelt hatte, vorher konnte ich nämlich nicht aufhören.
Dann kam CandyCrush. Ständig platzende Bonbons im Traum. An Candycrush habe ich mir ein Überbein am Handgelenk erspielt, da war ich ernsthaft verärgert, also von heute auf morgen kalter Entzug. Die Träume hielten noch ein paar Wochen an, das Überbein hat sich zurückgebildet.
Interessanterweise hab ich noch nicht von herumfliegenden Buchstaben geträumt, obwohlich ja wirklich seit fast einem Jahr exzessiv Scrabble (also: Wordfeud) spiele. Es wäre zu hoffen gewesen, dass es einfach eine Erscheinung zunehmender Reife (bei mir, nicht dass da ein Missverständnis auftritt, die reife Person bin ich!) ist. Hätte ich darüber nachgedacht, hätte ich mir das sicher so erkärt.
Heute Nachmittag döste ich aber auf der Couch kurz weg, ich träumte nicht Spezielles, irgendwas von Koffer auspacken und irgendwo hingehen. Soweit alles harmlos, nur: der gesamte Traum hatte eine Hintergrundmusterung, wie eine Tapete, nur eben auch draußen. So ein feines, fast transparentes Bild, das sich über alles legt. Dieses Bild war: ein Backgammonspielfeld.
Jetzt ist es so: Bei allen anderen Spielen trat dieser Effekt erst auf, als ich sie schon so halbwegs gemeistert hatte. Leider ist das bei Backgammon nicht der Fall, ich habe gerade zuverlässig verstanden, in welche Richtung ich ziehen muss, ohne, dass ich es jedes Mal nachschauen müsste. Das wird noch interessant.
Ich bin in einem weiteren kleinen Selbstexperiment zu der Erkenntnis gelangt, dass Kinder vermutlich gut für die Gesundheit sind.
Mademoiselle ist seit Montag auf Klassenfahrt. An den vergangen 4 Tagen habe ich insgesamt 44 Stunden im Büro verbracht. An 3 Abenden bin ich ausgegangen, an 2 davon habe ich zu viel getrunken. Selbstgekochtes Essen gab es gar nicht, die Gemüsekiste ist abbestellt, das Brot schimmlig.
Heute der allergrößte Faux-pas: kein Bier mehr im Haus und der Pizzabringdienst hat nur Becks. Jetzt trinke ich abgelaufenes Radler.