Auf geht's.
Die absolut beste Idee war es, Mademoiselle zu Weihnachten ein Crêpes-Eisen zu schenken. Es war eher ein Nachgedanke, sie wünscht sich das seit mehreren Jahren, ich habe mehrere Jahre wegen "nicht noch ein Ding, das herumsteht", abgelehnt, doch seit einiger Zeit schon isst sie auf allen Märkten, Festen etc. ausschließlich eine Sache nämlich: Crêpes. Und seit dieses Jahr Weihnachtsmarkt war, klingelte im Büro zuverlässig jeden Nachmittag gegen 15 Uhr das Handy mit der Frage: "Könntest Du mir auf dem Rückweg einen Crêpe mit Apfelmus-Zimt-Zucker...?!"
Also Spontankauf und Überraschungsgeschenk und es ist so, dass 11jährige mit diesem Ding ganz alleine umgehen können. Teig zubereiten ist ja auch keine Kunst, man sitzt als Eltern also herum, verspürt einen gewissen Appetit und ruft - ach, es reicht schon fast, wenn man es nur denkt - "Crêpes" und dann kommt die Gegenfrage "mit was". Zimt-Zucker ist ja mein Favorit, wobei ich Kinderschokolade auch nicht schlecht finde. Apfelmus ist geschmacklich prima, aber die Konsistens stört mich. Nutella mag ich nicht. Herr N. bevorzugt die herzhaften Varianten. All das liefert das Kind an die Couch.
Heute: Musik
Auf dem fast völlig leeren Supermarktparkplatz:
Frau N: (spielt neben dem Auto Scrabble auf dem Handy)
Autofrau: (hupt ein paar Mal energisch)
Frau N: (hüpft vor Schreck hoch, spielt dann weiter)
Autofrau: (hupt)
Frau N: (macht Fensterkurbelbewegung)
Autofrau: (macht Fenster runter)
Frau N: Was ist mit Ihnen?!
Autofrau: Ich will da parken.
Frau N: Der ganze Parkplatz ist leer und Sie wollen ausgerechnet hier parken wo ich stehe?
Autofrau: Ich parke immer dort.
Frau N: Parken Sie heute doch mal woanders.
Autofrau: Sie können ja woanders auf Ihr Handy glotzen.
Frau N: Dann fahren Sie mich doch um, wenn's so wichtig ist.
Autofrau: (gibt Gas)
Frau N: (springt konsterniert zur Seite ins Blumenbeet)
Eieiei, lange nicht mehr so verschätzt. Das muss an diesem Entspannen liegen.
Sie müssen mir mal auf die Sprünge helfen, wie Sie das machen mit diesem Entspannen, denn ich entspanne jetzt mittlerweile seit etwa 55 Stunden und, ganz ehrlich, so langsam geht mir die Puste aus. Ausgeschlafen bin ich schon, 2 Nächte mit 7,5 Stunden statt knapp 5 reichen völlig aus, ich stehe also morgens auf und gehe vom Bett zur Couch, dort sitze ich ordnungsgemäß und trinke Kaffee, ich denke, soweit liege ich richtig. Und dann lese ich, Bücher zum Beispiel, ich hab in den letzten 55 Stunden drei Bücher gelesen, das ist mehr als von Oktober bis Dezember, ich lese auch im Internet, der Feedreader ist leer und ich hab sogar alle Mails durch, inklusive Spam. Auch Fernsehen hab ich schon geschaut und manchmal richte ich das Wort an Herrn N. und er brummt nonverbal oder an Mademoiselle und sie sagt "was ist denn jetzt schon wieder", denn Mademoiselle liest bzw. schreibt seit 55 Stunden und Herr N. schaut seit 55 Stunden eine Serie. Die Katzen liegen auf mir, stundenlang, wenn ich mich bewege, schauen sie missbilligend. Einmal am Tag gehe ich duschen, mehrfach hole ich neuen Kaffee, ab und zu döse ich ein bisschen weg und in meinen Tagträumen renoviere ich die Wohnung, schmiede Pläne, wie der Monsterbaum je wieder aus dem Wohnzimmer transportiert werden könnte (evtl. die Putzfrau, die konnte ja auch das Wurfzelt zusammenlegen?) oder tausche mindestens das Silikon am Badewannenrand aus.
Für heute wurde ich gerettet, aber Sie sehen, die Situation wird langsam ernst.
In ihrer ganzen Pracht hat sie natürlich einen eigenen Eintrag verdient:
Also große Freundin der Winkekatzen hab ich mir sogar ein Emoticon für diese überlegt, vielleicht gab es das schon vorher, aber in dem Fall war es mir nicht bekannt, also habe ich es mir ausgedacht und verwende es anlassbezogen. Allerdings ist es so geheim, dass ich es hier nicht aufschreiben kann. Das ist kein Scherz, es scheint sonderzeichenbedingt technisch nicht möglich zu sein. Es bleibt Ihnen also nichts anderes übrig, als sich mit meinem Wort zu begnügen.
Liebe Sandorndiva, noch einmal ganz herzlichen Dank! Das Kätzchen kommt im Januar ins Büro und während Telefonkonferenzen werden wir uns unablässig aber tiefenentspannt gegenseitig zuwinken.
Schwester N: Kann ich was helfen?
Frau N: Mach doch schonmal Besteck auf den Tisch.
Schwester N: (kramt in der Besteckschublade) (tuschelt mit Mama N) Wir könnten dir nächstes Weihnachten ja mal so ein Besteckset schenken.
Frau N: Hä? Was ist das jetzt, passiv-aggressiv vor dem Bratapfel? Ich hab doch tausend Besteckdingse.
Mama N: Aber die sind ja alle unterschiedlich.
Frau N: Schmeckt das dann anders?
Mama N: Das Auge isst mit!
Frau N: Dann bringt euch doch nächstes Jahr eure silbernen Löffelchen von zu Hause mit.
Schwester N: So Besteck für Erwachsene.
Frau N: Achso.
Schwester N: Magst du denn eher schwer oder eher filigran? Eher eher schlicht oder eher verziert?
Frau N: Leicht und schlicht.
Schwester N: (hält Laptop hin) So etwas?
Frau N: Ja, das ist schön - schenkt das doch nächstes Jahr Herrn N.
Mama N: Wieso Herrn N.?
Frau N: Weil der nie Wünsche hat, ich schon, ich wünsche mir doch dauernd was. Wartemal, ich frag ihn, ob es ihm gefällt. (rennt mit Laptop weg).
(kurz später)
Frau N: Ja, das findet er gut, aber weißt du was, ich kaufe das jetzt einfach sofort.
Schwester N: Wieso kaufst du jetzt Besteck?!
Frau N: Wieso nicht?
Mama N: Du kannst doch jetzt nicht einfach Besteck kaufen.
Frau N: Ihr habt gesagt, ich brauche Erwachsenenbesteck, ich kaufe Erwachsenenbesteck.
Schwester N: Du kannst jetzt nicht einfach Besteck kaufen, schau dich doch erstmal um, vielleicht findest du eins, das dir noch besser gefällt!
Frau N: Neee, das mache ich nie, das ist mir dann zu viel, gibt ja tausend Bestecke, dieses hier ist super, hast du gut ausgesucht, bestell mal, meine Karte ist da irgendwo in der Tasche.
Schwester N: Ich hab das nicht ausgesucht, das war nur der erste Klick!
Frau N: Der erste Klick und ein Volltreffer, ist doch schön, gib den Laptop ich bestelle.
Mama N: Ist das von WMF? Oder von Rosenthal?
Frau N: Weiß ich nicht, mir egal.
Mama N: Denk doch mal nach, sowas hat man viele Jahre!
Frau N: Hab schon fertig gedacht.
Schwester N: Aber das sind nur jeweils 6 Teile.
Frau N: Ich kaufe zwei Sets.
Papa N: Was für einen Schliff haben die Messer denn?
Frau N: Weiß nicht, wieso?
Papa N: Früher konnte man Wellenschliff nicht nachschleifen lassen, aber heute schon.
Frau N: Dann ist es also egal?
Papa N: Ja.
Frau N: Ah. (sucht die Kreditkarte) - Moment! Da sind keine Kuchengabeln dabei.
Schwester N: Kuchengabeln?
Frau N: Keine Kuchengabeln. Dann nicht. Vorbei!
Schwester N: Es gibt bestimmt auch so ein Set mit Kuchengabeln.
Frau N: Kann sein, aber das hier nicht, ich wollte genau das genau jetzt zweimal kaufen.
Schwester N: Schau doch einfach mal in Ruhe.
Frau N: Nee, ich will nicht schauen. Das Zeitfenster für Besteckkauf hat sich auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Dann Bratapfel.
So this is Christmas.
Bei uns wird sehr traditionell mit viel Essen, bergeweise Geschenken und Musik gefeiert. Dieses Jah unter einem Monsterbaum, vielleicht bauen wir uns alle noch ein Baumhaus rein, mal sehen. Zusätzlich wünscht sich Mama N. jedes Jahr ein Gedicht, dieses Jahr bin ich mit ihrer Wahl sehr zufrieden, nämlich das Weihnachtslied, chemisch gereinigt. Wer es vorträgt ist noch unklar, vielleicht der Laptop, wir haben ja schließlich 2015.
Wenn dann noch bitte die Sanddorndiva kurz vortreten könnte - die Dame ist nämlich Mrs Sherlock Holmes und hat mir ganz pseudonym ein Geschenk geschickt. Ich habe so eine gewisse Vermutung, was darin sein könnte, geöffnet wird es aber natürlich erst zur Bescherung. Auf jeden Fall schon einmal ganz herzlichen Dank!
So. Dann machen Sie jetzt mal alle, wie Sie meinen, Hauptsache es geht Ihnen gut.
Letztes Jahr an meinem Geburtstag war ich unschlüssig, was für Kuchen ich ins Büro mitbringen sollte und sah dann im Internet irgendwo Waffelbecherkuchen. Sofort war ich entflammt, Waffelbecherkuchen, total hübsch und angemessen albern für einen Bankenturm, die wollte ich machen. Ich stürmte in den Supermarkt meines Vertrauens, fand aber nirgendwo Waffelbecher, die kleine Eistruhe, an der sie sonst immer standen, war im November verblüffenderweise nicht vor Ort, statt dessen tummelten sich dort Schokoweihnachtsmänner. Einen Supermarkt nach dem anderen klapperte ich ab und wurde immer nervöser, schließlich fragte ich irgendwo einen Verkäufer und der sagte: "Natürlich stehen die beim Eierlikör."
Achso, beim Eierlikör natürlich, ja, stand auch auf der Packung, dass man die für Eierlikör verwenden kann, 16 Becher sind in einer Packung, ich kaufte 10 Packungen weil ja Waffelbecherkuchen so toll sind und ich die ab jetzt für immer bei jedem Anlass machen wollte.
Ein paar Tage später hatte ich 4 Packungen Waffelbecher verbraucht und wusste: ich will garantiert in meinem ganzen Leben nie wieder Waffelbecherkuchen machen. Erstens das Gefummele mit dem Sprizbeutel, um den Teig hineinzubekommen, trotzdem haben sie oft Schlagseite oder sind kopflastig und kippen beim Anrichten ständig um, Unordnung wohin man schaut, und dann die Arbeit mit dem Überziehen und verzieren, ja, lasst die Leute im Internet ruhig Waffelbecherkuchen machen und hübsche Fotos von aufgeräumten Küchen und angeordneten Becherchen posten, aber ich selbst mit absoluter Sicherheit nie wieder, Scheißzeug.
Ich legte die übrigen Becherpackungen unter die Nudeln. Vor ungefähr einer Woche fielen sie mir in die Hände, weil die Nudeln alle waren. Haltbar noch bis Jahresende, also entweder statt Weihachtsplätzchen Waffelbecherkuchen (natürlich nicht – nie wieder!) oder aber 96 Becherchen Eierlikör, bis Jahresende, also so 5-6 Stück pro Tag – auch schwierig, aber wahrscheinlicher als Waffelbecherkuchen.
Scheinbar völlig unzusammenhängend: gestern habe ich ja die neuen Devices für Papa und Mama N. eingerichtet, dabei entdeckte ich irgendwann, dass das Smartphone gar keine SD-Karte in sich drinnen hatte, sehr ungünstig, keine Zeit mehr zum Einkaufengehen, zähneknirschend bestellte ich bei Amazon Prime ohne wirkliche Hoffnung, dass das noch klappt und bereitete mich mental schon auf die Beschimpfungen der Schwestern ("was richtest du das auch alles erst zwei Tage vorher ein, hättest du dich auch mal eher mit befassen können, dann wäre das längst geregelt, lalala") vor.
Dann ging ich heute morgen zu Papa und Mama N. in deren Hotel frühstücken und heimlich das Hotel W-Lan auf den Geräten einrichten und machte mich anschließend auf den Weg ins Büro – anderer Weg, andere verrückte Menschen – ein paar Straßen weiter rief jemand "He, du – he, he… ich MUSS mit dir Kaffee trinken und Eier essen!"
Das war jetzt neu. Also, Kaffee trinken nicht, das war ja neulich schon, aber Eier essen noch überhaupt nie, also fragte ich reflexartig "Wieso Eier essen?!", so kamen wir ins Gespräch. Frühstücken wollte der Herr, er frühstückt immer mit Ei, ich erzählte, dass ich selbst gerade vom Frühstück komme und dabei sogar auch schon ein Ei verspeist hatte, wir sprachen kurz über Nutella und Schokocremes im Allgemeinen, drückten dann wechselseitiges Bedauern aus, dass es mit dem gemeinsamen Ei heute morgen nicht klappen würde, zumal ich heute auch noch Bürofrühstück hatte, drei Frühstücke an einem Tag sind selbst mir zu viel – doch da fiel mir ein: ich trage ja lösungsorientiert eine Flasche Eierlikör und drei Packungen Waffelbecher zu eben diesem Bürofrühstück! Und so machte ich ein Angebot zur Güte: nicht Kaffee und Ei, aber Eierlikör im Waffelbecher gleich hier auf der Straße. Der Herr war begeistert, ließ es sich nicht nehmen, auch noch Mokka aus dem Cafe gegenüber zu holen und das trotz seiner Sorge, ich könnte währenddessen weglaufen. Aber warum sollte ich das tun, ich spielte natürlich währenddessen Scrabble.
Dann tranken wir Mokka und Eierlikör und sprachen über Weihnachten und Geschenke, ich erwähnte, dass ich eigentlich alles so gut im Griff hatte bis es dann wegen einer fehlenden Speicherkarte ganz und gar anstrengend wurde, der Herr ließ sich das Handy zeigen und sagte: "Speicherkarte hab ich in meinem Laden. Empfehle 4 GB oder 8 GB, 4 läuft schneller." "Wie-wo-was Laden?!" sagte ich, "komm, wir gehen hin!" Wir standen tatsächlich die ganze Zeit direkt davor, ein bisschen zierte er sich, er würde erst um 10 Uhr öffnen, aber das schien mir nur pro forma, jedenfalls legte er wenig später auch gleich formvollendet die Karte auch ein und schaute, ob alles funktionierte, noch ein Becherchen Eierlikör, dann trennten sich unsere Wege, bevor ich ihn noch zu Heiligabend unter den Weihnachtsbaum einlud.
Fazit: Kaufen Sie Waffelbecher. Dieser Waffelbecherkuchen ist eine Zumutung, aber sonst sind die für so ziemlich alle Lebenslagen gut.
Heute quasi höchste Stufe der Digitalkonspiration: Papa und Mama N. bekommen "Devices" zu Weihnachten, die natürlich gebrauchsfertigt mit allen ihren geschätzten Anwendungen vorinstalliert und eingerichtet sein sollen. Nur bemerken die das ja, wenn ständig E-Mails mit Anmeldungen und Tests so kommen, daher musste ich warten, bis sie internetlos in einem Hotel übernachten und jetzt, jetzt ist meine Stunde - na, sagen wir: sind meine Stunden - gekommen und ich mache nichts anderes den ganzen Abend als auf einem iPad und einem Android Smartphone dies und das und jenes...
Erschießen Sie mich einfach.