Schwester N: Kann ich was helfen?
Frau N: Mach doch schonmal Besteck auf den Tisch.
Schwester N: (kramt in der Besteckschublade) (tuschelt mit Mama N) Wir könnten dir nächstes Weihnachten ja mal so ein Besteckset schenken.
Frau N: Hä? Was ist das jetzt, passiv-aggressiv vor dem Bratapfel? Ich hab doch tausend Besteckdingse.
Mama N: Aber die sind ja alle unterschiedlich.
Frau N: Schmeckt das dann anders?
Mama N: Das Auge isst mit!
Frau N: Dann bringt euch doch nächstes Jahr eure silbernen Löffelchen von zu Hause mit.
Schwester N: So Besteck für Erwachsene.
Frau N: Achso.
Schwester N: Magst du denn eher schwer oder eher filigran? Eher eher schlicht oder eher verziert?
Frau N: Leicht und schlicht.
Schwester N: (hält Laptop hin) So etwas?
Frau N: Ja, das ist schön - schenkt das doch nächstes Jahr Herrn N.
Mama N: Wieso Herrn N.?
Frau N: Weil der nie Wünsche hat, ich schon, ich wünsche mir doch dauernd was. Wartemal, ich frag ihn, ob es ihm gefällt. (rennt mit Laptop weg).
(kurz später)
Frau N: Ja, das findet er gut, aber weißt du was, ich kaufe das jetzt einfach sofort.
Schwester N: Wieso kaufst du jetzt Besteck?!
Frau N: Wieso nicht?
Mama N: Du kannst doch jetzt nicht einfach Besteck kaufen.
Frau N: Ihr habt gesagt, ich brauche Erwachsenenbesteck, ich kaufe Erwachsenenbesteck.
Schwester N: Du kannst jetzt nicht einfach Besteck kaufen, schau dich doch erstmal um, vielleicht findest du eins, das dir noch besser gefällt!
Frau N: Neee, das mache ich nie, das ist mir dann zu viel, gibt ja tausend Bestecke, dieses hier ist super, hast du gut ausgesucht, bestell mal, meine Karte ist da irgendwo in der Tasche.
Schwester N: Ich hab das nicht ausgesucht, das war nur der erste Klick!
Frau N: Der erste Klick und ein Volltreffer, ist doch schön, gib den Laptop ich bestelle.
Mama N: Ist das von WMF? Oder von Rosenthal?
Frau N: Weiß ich nicht, mir egal.
Mama N: Denk doch mal nach, sowas hat man viele Jahre!
Frau N: Hab schon fertig gedacht.
Schwester N: Aber das sind nur jeweils 6 Teile.
Frau N: Ich kaufe zwei Sets.
Papa N: Was für einen Schliff haben die Messer denn?
Frau N: Weiß nicht, wieso?
Papa N: Früher konnte man Wellenschliff nicht nachschleifen lassen, aber heute schon.
Frau N: Dann ist es also egal?
Papa N: Ja.
Frau N: Ah. (sucht die Kreditkarte) - Moment! Da sind keine Kuchengabeln dabei.
Schwester N: Kuchengabeln?
Frau N: Keine Kuchengabeln. Dann nicht. Vorbei!
Schwester N: Es gibt bestimmt auch so ein Set mit Kuchengabeln.
Frau N: Kann sein, aber das hier nicht, ich wollte genau das genau jetzt zweimal kaufen.
Schwester N: Schau doch einfach mal in Ruhe.
Frau N: Nee, ich will nicht schauen. Das Zeitfenster für Besteckkauf hat sich auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Dann Bratapfel.
Meine Methode ist, von passend erscheinendem Besteck erstmal eine Einzelgarnitur (heißt das bei Besteck so? Für eine Person halt) zu erwerben und diese dann eine Weile unter Realbedingungen zu testen. Zwischenergebnis: Das WMF Corvo hat die besten Löffel aller Zeiten, aber die Gabeln sind sehr schmal und die Messer unpraktisch. Das Auerhahn Silk hat fantastisch bequeme Messer und okaye Gabeln, aber die Löffel fühlen sich irgendwie scharfkantig an. Das Auerhahn Pinto gab's bei Kaufhof neulich für fast umsonst, und es ist erstaunlich brauchbar, vor allem die Gabel ist super, es wirkt halt nur irgendwie billig. Die Firma wurde inzwischen außerdem von WMF aufgekauft und abgewickelt. Das WMF Vision schließlich ist ein ganz guter Kompromiss aus allem, kein Besteckteil haut mich um aber alle sind sehr gefällig zu benutzen, aber es ist auch teuer. Hmm.
Im Ergebnis wird das bei mir vermutlich so ähnlich sein wie bei Ihnen: Die Einzelgarnituren werden einfach immer bunt gemischt, so dass niemand zwei gleiche Besteckserienteile hat und so immerhin Abwechslung herrscht. Und am Ende erbe ich das WMF Stockholm meiner Eltern, an das ich mich Jahrzehnte gewöhnen konnte...
Muss es denn ein Set sein? Ich habe ganz einfach Löffel gekauft, die mir gefallen, Messer, die schneiden, etc. Ob die nun "zusammenpassen", finde ich nebensächlich -- ich habe lieber das optimale Werkzeug für jede Aufgabe als um der Optik willen bei der Funktion Abstriche zu machen.
(Und bei den Teelöffeln ist jeder anders, keine Ahnung, wo die alle herkommen.)
Wie angedeutet nähere ich mich dieser Erkenntnis. Wobei einheitliche Optik schon schön wäre, das spielt für mich bei einem angenehmen Essen auch eine Rolle. Mein wesentlicher Gedanke war und ist, dass ich mit Werkzeug, welches ich voraussichtlich über Jahrzehnte täglich mehrmals in der Hand haben werde, gerne richtig zufrieden wäre und nicht immer wieder denken muss "naja, hmm, erfüllt seinen Zweck" oder "ist aber nützlich", sondern entweder gar nix oder "hach, toll".
Aber wenn man keine Zeit für solche Luxusprobleme hat, hat man viel mehr richtige Probleme, das will auch keiner.
(Das mit den Teelöffeln geht mir genauso. Scheint eine der universellen Haushaltskonstanten zu sein, so wie Kulis mit Werbeaufdruck die nicht mehr schreiben.)
Rewe hatte WMF Dinges für Treuepunkte.Zack. Hier.
So liebe ich das.
Und ich mag diese modernen Messer mit den kurzen, fippsigen Klingen nicht.