In meinem Vierersitz in der S-Bahn mit mir zwei Herren, Anzug, mittleres Alter.
Herr 1: Haste heute früher Feierabend?
Herr 2: Ja, wegen Halloween.
Herr 1: Macht ihr da was zu Hause?
Herr 2: Nee, aber die Nachbarskinder. Da ist mein Sohn auch eingeladen. Da geht der aber nicht hin, das wollen wir nicht, dass er da um die Häuser zieht und um Süßigkeiten bettelt. Der kann in zwei Wochen Martinslieder singen. Das kommt doch alles aus dem Amerikanischen, reiner Kommerz, wie - ähm, wie heißt es nochmal, äh...
Herr 1: Äh, ich weiß, was Du meinst, Muttertag?
Frau N (souffliert leise): Valentinstag
Herr 2: Nee, Valentinstag. Muttertag gehört zu uns, aber Valentinstag kommt auch von den Amis.
(kurze Nachdenkpause für alle)
Herr 1: Also wieso gehste denn jetzt heute früher?
Herr 2: Na wegen Halloween! Ich muss dann mit meinem Sohn woanders hin, sonst gibt das Stress mit dem, wenn der nicht mit den Freunden raus darf!
Herr 1: Achso. Und wo geht Ihr hin? Zoo?
Herr 2: Nee. Viel zu kalt. Ich dachte, wir gehen zu - Burger King.
Frau N: (steigt mit schlimmstem Lachanfall der Welt eine Station zu früh aus)
Heute vor zig Jahren:
Wir waren in der Stadt, Klamotten vom Trödelgeld kaufen.
Ich war auf einem Elternabend und es war überhaupt nicht schlimm. Waren auch keine nervigen Eltern da. Die meisten Fragen habe ich selbst gestellt, nämlich insgesamt eine, und nach einer guten Stunde war der Spuk vorbei. Gab sogar ein paar interessante Informationen.
Da, nehmt das!
Heute vor zig Jahren:
Wir stehen um 6 auf und verkaufen Trödel und nehmen total viel Geld ein.
Zimt sieht jetzt aus wie Pfirsich. Vielleicht. Glaubte ich heute für etwa 30 Minuten. Und das kam so:
Ich ging heute für die Kollegen Dessert kaufen, in einem Feinkostladen. Die Kollegen hatten "Milchreis" bestellt - das Sortiment des Ladens ist mehr oder weniger fix (nur montags kein Club-Sandwich, wie ich erfuhr), also kein Problem. Im Regal wurde tatsächlich gerade der Milchreis eingeräumt (ich war früh dran), allerdings hatten alle Milchreistöpfchen unten noch etwas Gelbes drin. Meine Frage, ob dies der einzige Milchreis sei, wurde mit "Jo!" beantwortet. Meine zweite Frage, ob es an manchen Tagen wohl noch anderen Milchreis gäbe, wurde mit "Nee!" beantwortet. Ich fragte sicherheitshalber zusätzlich noch, ob, wenn mir jemand sagt, ich soll von eben diesem Feinkostladen Milchreis mitbringen, wohl ausschließlich der vorhandene gemeint sein kann, der mit Obst unten drin, und erfuhr: Da ist gar kein Obst untendrin. Das ist Zimt!
Ich wagte zu wiedersprechen. Zimt ist doch nicht pfirsichgelb, stückig und feuchtglänzend. Zimt ist das Pulver obendrauf! Die Verkäuferin tippte auf den Deckel und sagte: "Hier steht es doch. Zutaten: entrahmte Milch, Reis, Sahne, Zimt. Wenn da noch was anderes drin wäre, müsste das ja draufstehen." Noch einmal zeigte ich verbissen auf den gestückelten Pfirsich, der das untere Viertel des Bechers füllte. "Zimt!", sagte die Verkäuferin.
Manchmal passiert es mir, dass ich einem ganz offensichtlichen Sachverhalt gegenüberstehe, der für jeden sonnenklar ist. Wenn dann aber eine Person kommt und diesen kategorisch ausschließt, werde ich unsicher. Viel unsicherer als bei Punkten, die von vornherein strittig sind. Man behauptet schließlich nicht, ein Pfirsich sei Zimt, wenn man es nicht wirklich tausendprozentig weiß. Ich kaufte also den Milchreis mit der minimalen unterschwelligen Erwartung, dass es sich bei dem unteren Viertel eindeutiger Pfirsichstücke tatsächlich um Zimt handeln könnte. Ein neue Sorte eventuell, wir sind schließlich im Feinkostladen. Oder vielleicht habe ich in Bezug auf Zimt in den letzten Jahrzehnten etwas Wesentliches missverstanden. Egal, wie auch immer, ein bisschen glaubte ich der Frau.
Aber tja, was dann? Herbe Enttäuschung. Es war Pfirsich. Wie langweilig!
Heute vor zig Jahren:
Morgens erklärt die Projektlehrerin mir mein Horoskop und sagt, dass Leute mit so Konstellationen wie ich meistens einen schwierigen Charakter haben.
Danach hole ich mir ein neues T-Shirt. Nachmittags gehen wir zu Ah (zur Mutter) und Danni ist auch schon da. Um 19 Uhr gingen wir zur KJG. Wir sind dank unserer Beziehungen noch reingekommen. Die Marienkäfer waren da, sie laberten uns zu, dass nämlich Ah ein Milchbubi ist. Stefan raucht wieder und kann uns was besorgen und fragt, ob ich mit ihm zusammen sein will. Will ich nicht. Er geht pogen und bricht sich einen Zahn ab. Dann sind noch diverse Leute aus der Schule und aus der Stadt auf der KJG.
Das Katzennetz hängt jetzt, zumindest provisorisch. Man wird mit Häkchen und einem Spannseil noch etwas nacharbeiten müssen, aber die plötzliche Dunkelheit verhinderte alle weiteren Maßnahmen. Was ich festgestellt habe: Es macht mir weiterhin so gut wie gar nichts aus, in größeren Höhen herumzuturnen (aktuelles Beispiel: ganz oben auf einer großen Leiter, die an der Brüstung eines Balkons im 2. Stock steht). Ein bisschen unwohl wird mir aber durch die Reaktion der Leiterhalter, weniger durch das, was sie sagen, als durch die Sprechweise, die eine Mischung aus nervös und kompetent-krisensituationsadäquat ist. Aber bestimmt ist das gut. Bestimmt bin ich einfach total empathisch oder so.
Im nächsten Schritt fuhren wir in einen großen, dunklen Wald.
Was Sie hier sehen, ist ein Faszinosum. Sie sehen meinen Schuh, aber nicht an meinem Fuß. Es ergab sich somit für mich die einmalige Gelegenheit "Ey, mein Schuh ist auf!" zu bemerken und damit gleichzeitig eine Handlungsaufforderung auszudrücken, mich aber nicht im Bereich der Unverschämtheit zu bewegen.
Der Wald war wirklich enorm dunkel und die Taschenlampe, wie Frau Herzbruch bemerkte, nun eben auch nicht gerade eine Maglite. Tatsächlich war es eine rosafarbene Kindertaschenlampe, die Schaufel hingegen war absolut industrial size. Trotz übergroßer Schüppe war es aber an mir, nach etwa einem Kilometer zu bemerken: "Das war kein guter Plan." "Sag das nochmal," erwiderte Frau Herzbruch. "Das war kein guter Plan.", sagte ich. Frau Herzbruch: "Ich freue mich, dass Du das sagst." Solche Gespräche führe ich ja ansonsten nur im Büro.
Wir planten also um. Lassen Sie es sich gesagt sein - wenn im Fernsehen Leute mal so eben eine Leiche verbuddeln, dann ist das irgendwie gestellt und da gerade frischer Mutterboden locker aufgeschüttet oder so. Stellen Sie sich das mal alles nicht zu einfach vor! Wenn Sie tatsächlich mal wen zu beseitigen haben sollten, ist 'Loch im Wald' graben vermutlich die mit Abstand schlechteste Wahl, die Sie treffen können. Probieren Sie lieber etwas aus in Richtung Neubaugebiet, wo gerade Betonpfeiler gegossen werden.
Wenn es ein Loch im Waldboden sein muss, hilft Ihnen quasi nur archäologische Auslandserfahrung in Verbindung mit absoluter Zielorientierung, sprich: Sie müssten uns buchen. Allein, wir hätten keine Lust. Wir sind froh, jetzt wieder über Eck am Küchentisch zu sitzen und uns den dazwischen stehenden Stuhl als Fußablage aufzuteilen.
Heute vor zig Jahren:
Wir gehen zur Karl-Fete. Auf der Treppe werden wir von zwei prolligen Mädchen empfangen, beide so ca. 13 Jahre alt. Sie heißen Danni und Nicole-mit-Betonung-auf-dem-i. Auf der nächsten Treppe kommt uns Ah entgegen und umarmt und überschwänglich, schmeißt sich auf die Knie und umarmt unsere Beine und sagt er sei so froh dass wir ihm nicht mehr böse sind. Dann haut er auf den Docs-Kappen rum und freut sich sichtlich, dass die mit Stahl sind. Dann geht er an uns vorbei nach unten. Wir gehen hoch. Er fragt, ob wir nicht kommen und wir sagen, wir hätten gedacht, endlich mal wieder rein zu dürfen. Wir dürfen und er kommt sogar mit, serviert uns Getränke und dann sind die Prollmädchen wieder da und haben noch einen kleinen Prolljungen mitgebracht namens Klausi. Es stellt sich einiges heraus: Danni behauptet, sie ist 15 und Nicole-mit-Betonung-auf-dem-i 14 aber das muss gelogen sein denn dann wären die ja fast so alt wie wir. Danni ist mit Ah zusammen. Wir erzählen mit Ah über Pe2 und Oh und was wir so gemacht haben und versuchen, die drei Kinder so gut wie möglich zu ignorieren.
Um ca. 20 Uhr gingen wir zum Bus, weil Danni dringend nach Hause wollte um einen Film aufzunehmen, nämlich: La Boum. Am Bus kotzt Danni auf den Boden und legt sich hin, wir müssen sie also nach Hause bringen. Die Eltern wollen sie nicht rein lassen, also bringen wir sie zu ihrer „Omma“. Ah fragt, ob wir nicht eigentlich bald Geburtstag hätten und sagt, wenn wir mit ihm feiern, gibt er einen Kasten aus. Wir sagen zu unter der Bedingung, dass die Kinder nicht dabei sind. Danni fragt Pe, ob sie mit dem Klausi zusammen sein will. Sie will nicht. Wir liefern Danni bei der Omma ab und gehen dann zur Mutter vom Ah und hören Musik. Plötzlich klingelt es und Danni und Klausi stehen wieder vor der Tür. Ah rennt runter um sie zu verscheuchen, als er nicht zurückommt rennen wir hinterher und sehen, wie Ah und Klausi irgendwen verprügeln. Wir greifen sofort ein und schubsen Klausi und Ah in den Hauseingang und lassen sie nicht mehr raus und der Typ flieht auf einem Fahrrad, Ah sagt, der hätte Schuhe angehabt die er nicht anhaben darf und wir sagen Ah, dass er ein Arsch ist und wir ihm absolut verbieten, Leute zu verprügeln, völlig egal weshalb. Dann setzten wir uns vors Kino bis Pe vorschlug, woandershin zu gehen und was zu trinken zu holen. Wir, also Pe, Ah und ich rennen einfach weg und lassen Danni und Klausi zurück und holen uns am Kiosk eine Flasche Sekt. Dann fahren wir zum Karl. Ah und ich schlafen im Bus und später auch beim Karl, Pe unterhält sich mit Karl über das Leben an sich und weckt mich um Mitternacht, damit wir nach Hause gehen.
Dringlicher Service-Hinweis:
Wenn man den Tag über mindestens bei fünf Gelegenheiten erwähnt, dass kein Grund zur Eile besteht, weil die Uhr umgestellt wird und in der Nacht eine Stunde mehr zur Verfügung steht, so dass man die Zeit locker wieder aufholen kann - dann geht das am Ende des Tages überraschenderweise nicht so wirklich auf.
Heute vor zig Jahren:
Nachmittags ruft Ah an und läd uns zu einer Fete beim Karl ein.
Nach dem Frühstück zum Schneider, dann ein Strumpfhoseneinkaufsbummel, dann in den Pralinenladen. Um halb 12 im Büro gelandet. Mittagspause von Viertel nach 1 bis halb vier. Zurück am Arbeitsplatz nichts zu tun gefunden und nach zwei Stunden wieder gegangen.
Im Regen spaziert, in der Bäckerei etwas gekauft und mit der Verkäuferin über Walnuss-Sahnetorten mit Marzipandach gesprochen. Bei der Abkürzung durchs Einkaufszentrum in einem Krimskramsladen gelandet und erst nach unbestimmter, aber langer Zeit daraus wieder aufgetaucht, ohne etwas zu kaufen. In den Supermarkt gegangen für einen Bagel und Champignon-Brotaufstrich. Mich im Schuladen mit vielen Stiefeln um mich herum wiedergefunden, obwohl ich doch gar keine Stiefel brauche. Wieder gegangen und ein Outlet, das ich bisher noch nie betreten habe, besichtigt. Lange Zeit an einer Straßenecke gestanden und fasziniert beobachtet, wie im Dunkeln die nassen Blätter eines Baumes im Licht einer dahinterstehenden Straßenlaterne funkeln. Wie aus einem Traum aufgewacht und durchnässt und frierend nach Hause gelaufen.
Zu Hause wartet heute keiner. Kein Mann, kein Kind, kein Tier. Würde ich die Nacht vor dem glitzernden Baum verbringen, das würde keinen stören. Nie war ich so allein in den letzten drei Jahren.
Es ist unglaublich, auf wie viele grundverschiedene Arten ein einzelner Mensch glücklich sein kann.
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes. Ah will sich heute mit uns treffen aber wir haben keine Lust.
Schlafen. Fast eine Woche lang konnte ich nicht richtig schlafen. Bevor ich krank werde, habe ich immer ein bis zwei schlaflose Nächte - ich erkäre mir das so, dass Immunsystem und Stoffwechsel dann auf Hochtouren laufen, um Viren, Bakterien etc. doch noch rechtzeitig zu besiegen, und daher der Körper zu aufgedreht zum Schlafen ist. Das ist normal. In den Nächten danach hätte ich aber eigentlich gut schlafen müssen, was zunächst durch das Kind und dann durch die ständig laufende Nase verhindert wurde - ich schlafe auf dem Bauch. Wie soll das gehen, wenn dauernd was aus der Nase läuft? Da ertrinkt man ja mitten in der Nacht in einer Rotzpfütze!
Jetzt hole ich das alles nach. Letzte Nacht schlief ich wie ein Stein. Im Büro zog ich mich am späteren Vormittag für eine halbe Stunde in den Liegeraum zu einem Schläfchen zurück. Ich ging früher heim, powernappte schon einmal in der S-Bahn, um dann zu Hause nochmal drei Stunden tief und fest auf der Couch zu schlafen.
Und jetzt geht es gleich weiter. Das Kind kehrt erst am Wochenende zurück, bis dahin wird hier geschlafen, als gäbe es kein morgen.
Gute Nacht!
Heute vor zig Jahren:
Nichts besonderes.
Die Erkältung ist nun in einem Stadium, in dem sie sich ganz gut ignorieren lässt, ABER: ich bin minus zig Sinne. Das finde ich anstrengend.
Beispiel: heute morgen bekam ich Weihnachtsstimmung. Ich radelte durch die Dunkelheit und die Lichter leuchteten und es war alles wie Stille Nacht (nur ohne Schnee), ganz, ganz leise. Tatsächlich war um mich herum Großstadtberufsverkehr, aber ich hab ja die Ohren dicht. Da war mir weihnachtlich, das ist okay, aber ich konnte weder das Surren des Rades hören noch, ob der Dynamo eingeschaltet ist und ich Licht habe. Und auch nicht, ob von hinten ein Auto kommt.
Noch ein Beispiel: Am Montag brannte Frau Herzbruch und mir beim Kochen der Kürbis an und wir entdeckten es nur ganz zufällig, an der Farbe. Denn erstens konnten wir nicht hören, wie die Kochflüssigkeit verblubberte, und zweitens konnten wir nicht riechen, wie der Geruch sich veränderte. Da wir aber ja zusätzlich das Verbrannte auch nicht schmecken konnten, war alles in Ordnung.
Sowieso, riechen und schmecken. Wenn ich erkältet bin, riecht Zigarettenrauch für mich nach Räucherfisch (ich lehne Räucherfisch strikt ab, seit ich einmal in Begleitung von Räucherfisch auf einer hochsommerlichen Autobahnfahrt lange im Stau stand). Mein Erdbeerduschgel riecht nach saurem Hundekot. Bananen riechen nach Erde. Mango riecht nach Putzmittel. Mein Parfum riecht nach Nagellackentferner und der Rotwein nach Essig - gut, der steht schon eine Weile, das gilt nicht.
Dennoch: Ich befinde mich in einer olfaktorisch-gustatorischen Realitätsverschiebung und höre zusätzlich noch schlecht.
Immerhin, ansonsten geht es mir gut.
Heute vor zig Jahren:
Anfang der Projektwoche. Aus Gründen, die keiner kennt, bin ich in ein Astrologie-Projekt eingeteilt worden...
Uni hat sich auch nicht so sehr verändert in den letzten 10 Jahren. Gut, auch bei mir hat sich nicht verändert, dass ich erst eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn aufwache und in eine gewisse Eile gerate, aber ich bin ja auch krank. Und musste auch noch inoffiziell fahren, ich mag nicht sagen "schwarzfahren", denn ich habe ja eine Jahreskarte, nur lag die zu Hause - ich bin krank, das passiert sowas, ich war schon stolz, dass ich an den Haustürschlüssel gedacht habe, aber Geldbörse, meine Güte - wurde also auch von niemand anderem genutzt, war nur eben bei der Fahrt nicht dabei. Ich habe das Beförderungsentgelt entrichtet und war Eigentümer einer Fahrkarte, nur eben nicht Besitzer, wobei es auch keinen anderen Besitzer gab, zwischen mir und der Fahrkarte war sozusagen nur das Naheverhältnis gestört, oder: Ich hatte einen gültigen Fahrausweis, nur halt gerade nicht da. Sie sehen, es beschäftigt mich immer noch enorm, ich hätte es der Kontrolle natürlich auch (natürlich erfolglos) exakt so erklärt, es kam aber keine, umso besser, auf dem Rückweg habe ich dann ein Ticket gekauft, um nicht länger über diesen Sachverhalt nachdenken zu müssen, mein Seelenfrieden ist mir € 4,10 wert (sagt mal, RMV, seid ihr eigentlich noch von dieser Welt, € 4,10 für 5 Stationen S-Bahn???!). Gut, wir können fortfahren. (€ 4,10!!!! Alle irre!!)
Ich würde übrigens anregen, dass irgendwelche reichen Mäzene, naja, also Absolventen, die es sich leisten können und ihre Universität in sentimentaler Erinnerung behalten - naja, gut, wer sollte das sein... - also falls es so Leute gäbe, könnten sie ja Patenschaften für Räume übernehmen und dort dafür sorgen, dass die Tische und Stühle mal instand gesetzt werden und das Linoleum korrekt befestigt. Das würde zur Lernatmosphäre beitragen. [Das war subtile Kritik.]
Jedenfalls: Die Studenten haben sich auch gar nicht verändert, ich war konstant damit beschäftigt, meine Kommilitonentypen von früher im Seminarraum von Frau Herzbruch wiederzufinden. Es gab die Mädchen mit so Kettchen und Spängchen, es gab die Mädchen, die um 14 Uhr aussehen wie frisch aus dem Bett gefallen, es gab den Seniorstudenten, es gab eine mit Hennahaaren und Notizen in pinkfarbener und lila Tinte, es gab die Cliquenhühner und die Einzelgänger und die Austauschstudenten, alles wie immer. Mich selbst habe ich auch gefunden, Frau Herzbruch sagte später, diese Studentin sei ihr aufgefallen, weil sie mal ein Tier mit in die Veranstaltung brachte, sich aber nicht meldete, als zur Erläuterung eines Beispiels gefragt wurde, ob jemand zufällig ein solches Tier besäße. Das könnte wirklich ich sein, ich habe auch nie gern auf Offensichtliches nochmal hingewiesen.
Mit der Lehre an sich hatte ich viel Spaß, es war allerdings ein bisschen wie Perlen vor die Säue, denn die Studentenschaft befand sich noch am Anfang der Ausbildung und konnte den subtilen Linguistenscherzen der Vortragenden nicht folgen. Ich schon, jetzt nicht aus spezieller Cleverness sondern schlicht, weil ich dasselbe auch mal studiert habe.
Bei der Verteilung der Arbeitsaufgaben wurde es schwierig. Bis nächste Woche einen Vortrag vorbereiten? Ohgottogott! Ein Thema nehmen, das man jetzt nicht unter den persönlichen Favoriten gehabt hätte? Umhimmelswillen! Aus Sicht von ein paar Jahren Berufserfahrung, in denen man sich ständig einen präsentationsfähigen Überblick über Sachverhalte, deren Existenz man weder erahnt noch erhofft hätte verschaffen muss, und zwar nicht bis nächste Woche sondern bis allerspätestens morgen, war das schon auch amüsant.
Ich bin etwas traurig, dass ich das alles nicht weiter verfolgen kann. Aber sicher wird mir davon erzählt. Ansonsten muss ich mir vielleicht dienstags ab und an Urlaub nehmen.
Heute vor zig Jahren:
Nachmittags sind wir bei mir und schreiben ins Tagebuch.
Der Versuch, ein Paket mit einer Rücksendung loszuwerden. Das Paket: fertig adressiert und frankiert. Ich: schlimm verschnupft mit Kopf wie nach drei Tagen Party und Bronchienpfeifen. Die Post: mit Riesenbaustelle und Staub und Presslufthammer vor der Tür sowie überfüllt.
Packstation: „Scannen Sie den ersten Code.“
Frau N: (scannt ersten Code)
Packstation: „Der Code wurde nicht erkannt. Scannen Sie den Code erneut.“
Frau N: (scannt den Code erneut)
Packstation: „DIESES GERÄT IST ZUR ZEIT AUSSER BETRIEB“
Frau N: (wartet eine Weile, schnauft und geht in den Schalterraum)
Ca. 50 Leute in einer Schlange, als letzte eine böse kleine Oma.
Böse kleine Oma: „Vor Ihnen kommen noch drei andere Leute. Ich halte für die frei.“
Frau N: (hebt die Augenbrauen)
Böse kleine Oma: „Wir müssen alle hier warten, Sie auch, Sie sind jetzt letzte!“
Frau N. (runzelt die Stirn)
BKO: „Da müssen Sie gar nicht rummeckern! Sie müssen jetzt eben warten!“
Frau N: (dreht sich um und geht weg)
BKO: „Weggehen hilft Ihnen auch nicht, dann können Sie nichts verschicken!“
Im Ausgang steht die Packstation.
Packstation: „Scannen Sie den zweiten Code.“
Frau N: (kneift ein Auge zu. Scannt den zweiten Code)
Packstation: „Der Code wurde nicht erkannt. Scannen Sie den Code erneut.“
Frau N: (kneift beide Augen zu. Scannt den Code erneut, öffnet Augen)
Packstation: "DIESES GERÄT IST ZUR ZEIT AUSSER BETRIEB"
Frau N: (wartet eine Weile, grunzt, geht zurück in den Schalterraum)
Ca. 49 Leute in der Schlange, als letzte die böse kleine Oma.
BKO: „Sehen Sie! Sie müssen doch anstehen!“
Frau N: (guckt weg und klackert mit den Absätzen)
BKO: „Da hilft Ihnen auch ihre schicke Strumpfhose nicht!“
Frau N, durch die verstopfte Nase, äußerst irritiert: „Hunnh??!“
BKO: „Da müssen Sie anstehen, auch mit Röckchen. Sie denken sicher, da lässt Sie wer vor. Aber das macht hier keiner! Alle müssen hier warten‼ Sie auch!“ (stupst mit dem runzligen Zeigefinger)
Frau N, heiser: „Orrrr!“ (dreht sich um und geht weg)
Böse kleine Oma: „Gehen Sie nur eine Rauchen. Gleich müssen Sie noch länger anstehen! Und sie kriegen Lungenkrebs!“
Im Ausgang:
Packstation: „Wählen Sie die Fachgröße. M oder S.“
Frau N: (tippt mehrfach und extra fest auf das ausgegraute Feld XL)
Frau N: (seufzt)
Frau N: (tippt auf M)
Packstation: (öffnet Fach)
Frau N: (rammt XXL-Paket in M Fach)
Packstation: „Konnten Sie das Paket einlegen?“
Frau N, verschleimt: „Oooohhhhja, und ob‼“ (drückt ja)
Fremder Mann in neugebildeter Packstationwarteschlange: (guckt fragend)
Packstation: „Möchten Sie einen Einlieferungsbeleg?“
Frau N, röchelnd: „Da kannste drauf wetten‼“ (drückt ja)
Fremder Mann: (vergrößert den Abstand ein paar Schritte)
Frau N: Entreißt der Packstation den Einlieferungsbeleg und geht in den Schalterraum.
Ca. 48 Leute in der Schlange, als letzte die böse kleine Oma.
Frau N, hält BKO den Beleg vor die Nase: „Ätsch!“ (niest)
BKO: „Wo ist Ihr Paket?“
Frau N, hustend-lachend: „Da drin!“ (zeigt auf Packstation)
BKO: „Das wird nicht ankommen, das sag ich Ihnen!“
Frau N: (zieht die Nase hoch, zuckt mit den Schultern und geht)
BKO ruft hinterher: „Und außerdem sind Sie krank!“
Damit hat sie Recht. Das Paket hingegen ist aber laut Sendungsverfolgung schon auf dem Zustellfahrzeug.
Heute vor zig Jahren:
Gegen 15 Uhr rufe ich Ah an und beschwere mich darüber, dass er nicht da war. Es tut ihm natürlich alles sehr leid aber wir werden das Gefühl nicht los, verarscht zu werden. Als Trost läd er uns zum Fernsehen bei sich ein.
Als wir um 19 Uhr bei der Mutter eintreffen, wird uns die Tür nicht geöffnet. Obwohl wir uns schon auf dem ganzen Weg bei einem Bier überlegt hatten, was in diesem Fall zu tun wäre, waren wir ratlos. Wir taten, was wir für diesen Fall verabredet hatten, d.h. wir holten uns ne Martini und setzten uns in den Park. Vorher trafen wir nervenderweise noch drei Leute aus unserer Klasse. Nachdem wir die Martini geteilt hatten, sangen wir und gingen auf Fetensuche. Wir fanden aber keine und kletterten deshalb am Klettergerüst in so Plastikaussichtskörbe, die total genial waren. Wir blieben darin, bis wir aufs Klo mussten. Danach konnten wir nicht mehr hochklettern und gingen zur S-Bahn und zur Disco. In der S-Bahn diskutierten Pe und ich irgendwas sehr gestenreich und dabei schlug ich ihr versehentlich die Martini-Flasche vors Auge.
Wir setzten uns an der Disco an der Straßenbahn auf so eine Mauer und wer kam? Der andere Marienkäfer (Stefan). Nachdem uns klar war, dass er Stefan war, ließen wir uns von ihm zulabern. Wir fragten ihn außerdem über alle Leute aus, über den gefährlichen Marienkäfer Dre, über Jana, über Ah. Er erzählte uns alles das nochmal, was uns schon der Rolf sagte, ansonsten erfuhren wir noch, dass der Rolf zu Hause eine Deutschlandfahne mit Hakenkreuz hat, das Jana dann durchgestrichen hat und dazu brüllte, sie würde Skins hassen und dass der Ah Jana zusammgeschlagen hat, dass wer in die Disco geht den Stefan (und den Rolf) kennen MUSS und dass der Schlüsseldienst-Skin zum Dre-Marienkäfer gesagt hat: „Also, das hat keinen Sinn. Ich hau dir in die Fresse und du spürst nichts, du hast mir in die Fresse und ich spür nichts. Machen wir lieber auf Freundschaft.“ Sehr Wilder Westen.
Außerdem gibts noch einen Dre-Freund namens Elefant, auch Avantgarde. Und außerdem hat Stefan sich in England zugesoffen und gibt zu viel Geld aus und ist mehr als der Rolf die Disco-Legende. (Er kennt wirklich viele Leute da).
Dann erzählt er uns nochmal, wie auf der KJG damals, dass die Polizei ihn mal festgenommen hat und er ne Blubber dabei hatte und dass er Technischer Zeichner ist und bla bla bla...
Wir gehen etwas früher, als wir müssten, nach Hause und ich schlafe bei Pe.