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    Donnerstag, 11. Juni 2020

    Frau Fragmente sitzt in ihrem Schlafzimmer am Schreibtisch und bloggt, ich sitze in meinem Büro und blogge über Frau Fragmente. Eigentlich hatte ich vor, den ganzen Eintrag heute in der dritten Person von mir zu schreiben, aber dann war es in echt nicht so witzig wie in meinem Kopf. Und wie ich heute schon jemandem mailte: Aufwand und Nutzen müssen sich die Waage halten. Was man anderen anweist, muss man natürlich selbst auch machen. Bzw. nicht immer. Aber das ist ein anderes Thema. Auch ein spannendes natürlich.

    Es gibt lauter spannende Themen heute. Noch eins wäre eines, das ich Frau Fragmente offenbar zu Beginn ihrer Berufstätigkeit verklickert habe. Ich konnte mich null erinnern aber sie hat es mir vorhin berichtet und ich lauschte mit meiner ungeteilten Aufmerksamkeit. Schlaue Idee, erzähle ich vielleicht ein andermal oder vielleicht tut sie das ja auch.

    Was mich eigentlich heute umtreibt ist die Frage: warum wird so wenig gefragt. Ich stelle das in allen möglichen Sachverhalten fest, gerade aber auch beruflich. Inderaktuellensituation, die eben viel Unsicherheit bringt und dann wir ganz viel spekuliert statt gefragt.

    Ich habe neulich überlegt, ob man ein Unternehmen völlig transparent machen könnte, also in der Art, dass jede/r Zugriff auf alles hat (Lesezugriff natürlich nur). Auf das komplette Buchhaltungsssytem, auf die gesamte Kommunikation, einfach auf alles. Mir würde das sehr gut gefallen, zum einen natürlich, weil ich ja total neugierig bin, zum anderen aber auch, weil ich dann immer sagen könnte "na guck dir halt die Details und Zusammenhänge an und komm dann nochmal mit einer Meinung wieder".

    Ich glaube, ich habe an meinem Standort etwa 80% Überblick über alles. Das ist schon recht viel. Etwa ein Jahr habe ich gebraucht - also neben meinen sonstigen Tätigkeiten - um die finanzielle Struktur zu verstehen. Als ich Anfang 2019 neu in meiner Position war, hatte ich ja mal jemanden um Hilfe gebeten und gefragt, was im Bereich Finanzen eigentlich so genau von mir erwartet würde. Die etwas spöttische Antwort war, dass ich "jede einzelne Bewegung in den Büchern" verstehen sollte. Und da ich recht kompetitiv auf Herausforderungen reagiere, hatte ich somit ein paar Tage später alle Zugriffsrechte und habe angefangen, mich damit vertraut zu machen. Ich darf behaupten, dass ich alle Bewegungen im Jahr 2019 gesehen und verstanden habe.

    Hier sind wir dann aber auch gleich bei einer der Schwierigkeiten der völligen Transparenz: wer hat denn dafür die Zeit? Es kann ja nicht jede/r ein Jahr lang jeden Tag einen Zeitraum freiräumen, um Buchungen zu studieren, zumindest nicht, wenn das nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet gehört.

    Weltweit in meiner Organisation habe ich, schätze ich mal, 10% Überblick. Tendenz steigend, weil ich halt dauernd etwas frage und irgendwo reingucke. Die anderen machen das nicht so, das verstehe ich nicht, es ist doch alles so spannend! Genauso verstehe ich nicht, wieso nicht jede/r an den Videokonferenzen mit dem Chef von Allem teilnimmt. Natürlich sind nicht alle Einzelheiten spannend und er sagt selbst immer mal "sorry for being preachy" aber man will doch wissen, wer der Boss ist, wie der aussieht, wie er auf dem Stuhl zappelt, welche Mimik er hat und natürlich auch was er sagt. Ich finde immer, je mehr ich weiß, desto besser kann ich Zusammenhänge verstehen, mir Fragen beantworten, Probleme vorhersehen. Ich möchte im Grunde wirklich einfach alles wissen.

    Und deshalb wundere ich mich auch, wie wenig ich gefragt werde. Klar, ich kann nicht alles teilen, weil es eben keine völlig transparente Organisation ist, aber vieles natürlich doch, viele Zusammenhänge klarer machen, viele Linien verdeutlichen.

    Was mich auch noch wundert: viele Leute, die was wissen möchten, fragen jemanden, den sie gern fragen möchten. Aber nicht die Person, die mit ziemlicher Sicherheit die richtige Antwort hat.

    Nunja. Vielleicht ist das Ziel auch Gerede oder Gejammer und nicht Durchblick, was weiß ich schon.

    Frau Fragmente jedenfalls hat heute ein lustiges Zöpfchen. Außerdem trägt sie ein Nachthemd, das ich aber für ein Büro-Oberteil mit Perlenstickerei hielt. So ein schickes Nachthemd hätte ich auch mal gerne, ich trage immer übergroße T- und Sweatshirts mit Aufdrucken vom Techniktagebuch und alle haben Löcher an den Schultern, weil sich die Katzen da hineinkrallen, wenn ich sie herumtrage.

    Frau Fragmente hat heute übrigens auch eine unglaublich lange Blogliste. Zig Themen, ich wüsste echt gern, wann sie die Liste erstellt hat. Heute über den Tag? Aber war sie immer in der Nähe dieses Notizblocks? Oder hat sich sich nach dem Abendessen geordnet hingesetzt und "So. Jetzt schreibe ich meine Themenliste!" gesagt? Was macht Frau Fragmente, wenn wir nicht zuschauen?

    Vielleicht verrät sie es uns ja in ihrem Blogeintrag.

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