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    Mittwoch, 31. Mai 2017
    Unzusammenhängende Überlegungen

    Neulich saß ich mit einem Freund zusammen, der mir sagte, man müsse doch eigentlich das Navigieren im Auto ohne Navi wieder üben, das sei eine verlorene Kulturtechnik seit es Navis gäbe. Und ich mir dachte und auch sagte, dass ich das nicht so sehe, dass ich denke, zum einen kann ich jederzeit eine Straßenkarte lesen und verwenden, das Wissen ist nicht verloren aber zum anderen sehe ich nicht, warum ich es mir umständlich machen sollte. Wenn, dann wäre es doch wichtiger, wieder zu erlernen, anhand der Gestirne zu navigieren. Denn wenn das Internet mal weg ist, ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass ich gerade eine Straßenkarte zur Hand habe. Und auch von der Ästhetik her schlägt ein Blick in den Himmel die Falk-Faltpläne doch um Längen. Und dann waren wir beim Schreiben, dass alle nur noch per Tasten schreiben oder per Wisch oder am Ende sogar Spracheingabe oder, am Allerschlimmsten auf der Welt, Sprachnachricht. Und wer kann noch per Hand schreiben? Naja, jeder natürlich, jeder kann ja per Hand schreiben, tut nur niemand so sonderlich gern. Und wo ist jetzt der Wert, ausgerechnet gepflegt per Hand auf Papier zu schreiben im Vergleich zu, sagen wird, in Stein meißeln. Auch eine verlorene Kulturtechnik, dieses in Stein meißeln.

    Auch neulich war es, dass Mademoiselle aufräumte und aussortierte. Auch Bücher. Zum Beispiel die ganzen Astrid-Lindgren-Bücher. Natürlich war ich angemessen entsetzt, vielleicht hatte ich sogar fast Tränen in den Augen, als ich Ronja Räubertochter auf dem aussortierten Stapel sah, war ja immerhin noch meine Ausgabe von früher. Und dann dachte ich einen Moment nach, und ja, genau das. Das ist meine Ausgabe von früher. Das ist meine Erinnerung, nicht die von M. Die hat ihre eigenen Erinnerungen, denn die ist nicht ich. Das ist, glaube ich, sehr wichtig zu verstehen. Ich habe früher im Bett Michel aus Lönneberga vorgelesen bekommen, wieder und wieder. M hat auch Michel aus Lönneberga vorgelesen bekommen, einmal glaube ich, und monate- bis jahrelang Harry Potter. Harry Potter steht auch noch im Bücherregal. Es ist alles gut und richtig so.

    Und ebenfalls neulich sagte mir eine Freundin, sie habe jetzt dann doch mal Medienregeln einführen müssen weil ihr Kind wirklich nichts anders mehr tue. Zum Thema Kinder und Medien habe ich ja schon alles gesagt, was es meiner Meinung nach zu sagen gibt. Nur vielleicht eins noch, schließlich ist mein Kind mittlerweile zwei Jahre älter, fast kein Kind mehr sondern eine Jugendliche und dershalb hat sich meine Einschätzung etwas zurechtgerückt. Und so möchte ich jetzt mit allem Nachdruck sagen: ich halte es für eine Vernachlässigung der Erziehungsverantwortung, Kinder nicht von Anfang an zu befähigen, an unserem mediengeprägten Alltag teilnehmen zu lassen. Genau das, was im letzten Absatz des verlinkten Textes steht, beobachte ich jetzt nämlich. Nur: das Fenster schließt sich nicht mit 14, sondern eher schon mit 12/13 und wenn Eltern ihrem Kind bis dahin vermittelt haben, dass sie es generell eher ablehnen, wenn es aufs Handy oder Tablet oder was auch immer schaut, wird es sie da vermutlich nicht mehr als Ansprechpartner für Fragen und Probleme ansehen. Kümmern sollen die Eltern sich, meine Güte, das ist ihre Aufgabe, und zwar nicht mit stumpfen Zeitregeln sondern - wenn es nicht mit echtem Interesse geht -
    dann zumindest mit Zugewandtheit und der Anerkennung, dass das Kind eben ein eigener Mensch mit eigenen Interessen ist.

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