Plötzlich kam mir heute ein beunruhigender Gedanke.
Ich muss ausholen. Seit ungefähr ewig sage ich immer mal wieder "diese Woche wird noch sehr anstrengend aber dann wird es ruhiger. Hurra!" Der Teil vor dem "aber" tritt regelmäßig ein, ich bin also 50% hervorragend in Vorhersagen. Der Teil nach ab dem "aber" kam bisher jedoch nicht, ich würde jetzt daraus nicht folgern, dass ich 50% schlecht in Vorhersagen bin, "dann" ist schließlich eher ein relativer als ein absoluter Begriff, aber ich würde schon zugeben: das Zutreffen meiner Prognose lässt noch auf sich warten.
Mittlerweile bin ich einigermaßen zerfranst in den Randbereichen, also nicht immer außerordentlich konzentriert. Heute zum Beispiel verließ ich das Haus ungekämmt mit nassen Haaren, so wie sie nach Duschen und Trockenrubbeln halt so liegen. Ich hatte da einen wesentlichen Schritt meiner Morgenroutine vergessen. Dabei hatte ich sogar noch in den Spiegel geschaut und überprüft, ob die Schuhe wirklich zur Bluse passen und ob der Mantel insgesamt passt (ich hatte ihn länger nicht getragen) aber irgendwie war mir dabei wohl entfallen, auch mal meinen Kopf anzugucken. Ich bemerkte den Vorfall, weil mir auf dem Weg zum Bahnhof ungewohnt kühl um den Kopf war. Zum Glück habe ich immer eine Bürste dabei, konnte also noch auf der Straße entwirren (zum Zurückgehen war meine Tasche zu schwer, ich hasse schleppen und ich schleppte viel, eher gehe ich mit nassen Haaren ins Büro als eine schwere Tasche 3 Meter weiter als notwendig zu wuchten). Und im Büro gibt es einen Föhn. Unschön fand ich das alles trotzdem.
Anderes Symptom der Zerfranstheit: am letzten Wochenende war ich in Kassel, aus irgendeinem Grund - vielleicht, weil ich einen Augenblick länger am Tag nicht zu tun hatte als sonst, also insgesamt einen Augenblick lang - bemerkte, dass es schon Mitte eher Ende Oktober ist und ich ja Anfang November mit Frau Herzbruch verreise. Also in weniger als 2 Wochen. Das war mir total entfallen. Beinahe wären wir ja Eselwandern in der Uckermark gegangen, meine Güte, gut, dass wir den Plan noch geändert haben, ich hätte mich bei er ersten Schwierigkeit mit dem Esel einfach in die Uckermark mitten hinein gelegt und wäre da eingeschlafen für sehr lange, fortan als das Dornröschen der Uckermark bekannt, Frau Herzbruch hätte meine Familie informieren müssen, alles sehr unangenehm, wir fahren jetzt nach Prag, die Bahn erinnert regelmäßig an die Reise, da es den ursprünglichen Fahrplan nicht mehr gibt, im Kalender wird es auch am richtigen Tag aufploppen, also jedenfalls ist Frau Herzbruch ähnlich zerfranst wie ich, wir werden also viel Spaß haben und vielleicht jeden Abend getrennt aber über dasselbe bloggen, das finde ich dann interessant, wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein wird, das ist jetzt aber etwas viel antizipiert, vielleicht ziehen wir auch jede Nacht rotzbesoffen durch Prager Nachtclubs, wenn ich mit Frau Herzbruch unterwegs bin entwickeln die Dinge immer eine komplett unerwartete Dynamik.
So, jetzt habe ich genug ausgeholt und muss mich wieder an das eigentliche Thema erinnern, ach ja, ich wiederhole es für Sie, möglicherweise sind Sie auch zerfranst und unkonzentriert: der beunruhigende Gedanke.
An meinem letzten Geburtstag, vor knapp einem Jahr, habe ich Nagellack (mit etc., also alles, was man dazu benötigt) geschenkt bekommen und ein Live-Tutorial zur Anwendung und damals beschlossen, ab jetzt immer schön lackierte Nägel zu haben. Das ist mir gelungen. Völlig schleierhaft, wie ich das hinbekommen habe, ich vergesse teilweise, mir die Haare zu trocknen bevor ich aus dem Haus gehe und vergesse, wenn ich in den Spiegel schaue auch auf den Kopf zu gucken aber die Nägel sind tiptop. Vielleicht - das ist jetzt der Gedanke - geht die ganze Zeit, die ich sonst für Entspannung, lesen, plaudern, Haare trocknen, in den Spiegel gucken, gut und ausgewogen kochen, Sport, Pflanzenpflege und dergleichen übrig hatte, für die Fingernägel drauf??