Gestern war ein Tag mit hoher Ereignisdichte
Ich verließ um 7:30 Uhr das Haus um zu einem Triathlon bestehend aus Büro – Kindergartenpicknick – Biertrinkerinverabredung aufzubrechen. Pikanterweise regnete es am Morgen noch in Strömen, so dass die erforderliche Picknickbekleidung nur eine sehr geringe Schnittmenge zur erforderlichen Bürobekleidung aufwies. Diesem Punkt beschloss ich jedoch, mich später am Tag zu widmen, so er denn akut werden sollte.
Tatsächlich gab es am Nachmittag strahlenden Sonnenschein und Würstchen, Brötchen, Ketchup und Kekse waren im Supermarkt schnell gekauft. Das Picknick fand auf einem Gelände mit ungeklärten Eigentumsverhältnissen statt, das im Rahmen einer Stadtteilinitiative von „wildem Müll“ gereinigt und die Vegetation zurechtgeschnitten wurde. Das Picknick sollte als Anstoß dienen, das Gelände wieder in das Stadtteilleben zu integrieren. Der Stadtteil, in dem sich Mademoiselles Kindergarten befindet, ist seit knapp 10 Jahren im Bund-Länder-Förderprogramm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - Soziale Stadt“ und die Veränderungen sind gerade in den letzten Jahren deutlich spür- und sichtbar. Trotzdem ist hier immer noch wirkliche Armut sichtbar. Über dem Gelände hing ein Transparent mit der Aufschrift „Picknick für alle“ und das Angebot wurde von vielen hungrigen Menschen angenommen.
Nach dem Picknick verbrachte ich genau 22 Minuten zu Hause, in denen es mir gelang, mich für die Biertrinkerinverabredung umzuziehen, die Wohnung grob aufzuräumen und eine Runde SuperMario gegen das Kind zu zocken.
Die Biertrinkerin hatte, was Essen und Trinken angeht, keinen guten Tag. Es gibt eine Lokalität, in der sie jedes Mal einen (berechtigten) Grund findet, sich zu ärgern, trotzdem lässt sie sich nicht davon abhalten, immer wieder dorthin zu gehen. So auch gestern nicht. Stark verkürzt verlief der Abend so: Wir bestellten Bier (sie) und Wasser (ich) und zwei Steaks – ich medium, sie gut durch. Ich bekam mein Wasser, wir bekamen das Essen, mein Steak war perfekt medium - und ihres auch. Sie ließ das Steak zurückgehen und fragte nach ihrem Bier, die Kellnerin verschwand auf der Suche nach beidem komplett von der Bildfläche und tauchte erst 20 Minuten später wieder auf, um am Tisch nachzufragen ob das Steak denn nun zur Zufriedenheit gewesen sei. Was wir leider nicht beurteilen konnten, da wir es ja nie wiedergesehen hatten. Daraufhin holte die Kellnerin das Steak von irgendwoher, es war durchgebraten aber mittlerweile kalt. Ob sie „noch etwas“ trinken wolle, wurde die Biertrinkerin gefragt, sie verneinte und bat statt dessen um den Geschäftsführer. Kurz darauf verließen wir das Lokal, ohne etwas bezahlen zu müssen, was aber nur für mich einen Gewinn darstellte, denn die Biertrinkerin hatte ja auch gar nichts bekommen. Sie bräuchte nun wirklich dringend ein Bier, ließ sie vernehmen, und am besten Nachos dazu. Eine Straßenecke weiter wurde genau dies angeboten. Wir bestellten zwei Pils und einmal die Nachos, aber bitte ohne Käse. Das ginge nicht, lautete die Auskunft der Servicekraft. Auf den Nachos sei immer Käse. Unsere konstruktiven Vorschläge, den Käse einfach wegzulassen und die Nachos, die ja ganz sicher aus der Tüte kämen und nicht in der Kneipenküche selbst produziert würden, schlicht in eine Schale zu füllen und zu servieren, wurde als nicht möglich abgewiesen. Das wolle sie dann nicht, sagte die Biertrinkerin. „Na dann einen schönen Abend noch“ patzte die Servicekraft und uns fiel erst geraume Zeit später auf, dass sie damit vermutlich meinte, uns auch kein Bier bringen zu wollen. Sicherheitshalber fragten wir nach. „Das war mir jetzt echt zu blöd!“ lautete die Antwort. Wenig später stand auf Wunsch der Biertrinkerin der Schichtleiter an unserem Tisch, Bier und Nachos (ohne Käse) auf Kosten des Hauses wurden offeriert, meine Begleiterin lehnte aber verstimmt ab und setzte sich trotzig in den direkt gegenüber liegenden Biergarten (lustigerweise – aber das sagte ich ihr nicht – vom selben Betreiber) und gab dieselbe Bestellung nochmal mit den Worten „ich brauche jetzt sowas von dringend ein Bier!!“ auf. Wir bekamen zwei Gläser, prosteten uns erleichtert zu, mein Pils schmeckte hervorragend, die Biertrinkerin veränderte jedoch ihren Gesichtsausdruck ins Unbeschreibliche. Sie knallte ihr Radler direkt wieder auf den Tisch, drückte der Bedienung Geld in die Hand und zerrte mich auf die Straße. Wie die Sache mit den Nachos ausgegangen wäre, kann ich daher leider nicht berichten.
In der Bahn teilte ich eine 4er-Sitzgruppe mit einem sehr betrunkenen Mann, der immer auf mich zu fallen drohte, einer skurril gekleideten älteren Dame, die mich und alle Vorbeikommenden nach Handy-Empfehlungen befragte und einer Asiatin, die mich um Tipps zum Kauf von „pidgeon milk“ im Rhein-Main-Gebiet bat. Das musste ich mir heute Morgen erst einmal ergoogeln und bin nun erleichtert, dass meine Hilfe zumindest nicht an mangelnder Sprachkompetenz scheiterte. Selbst wenn mir der Ausdruck geläufig gewesen wäre, hätte ich über Vertriebsstellen keinerlei Auskunft geben können.
Auf dem Restheimweg zu Fuß bemerkte ich, dass der ortsansässige Apple-Dealer eine Fußmatte mit der Aufschrift „iGude“ hat, was ich ganz und gar wundervoll finde.