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    Freitag, 16. September 2022
    Puh

    Heute will ich mich nicht beklagen, denn das Hauptziel des gesamten Tagesablaufes wurde erreicht: Mama N. nach erfolgreichem Eingriff aus dem Krankenhaus wieder mit nach Hause nehmen. Das war das einzige wichtige.

    Alles drum herum löste sich irgendwie auf - meine beruflichen Termine zum Beispiel kippten wegen verzögertem Zeitablauf einer nach dem anderen und letztendlich saß ich erst um 21 Uhr im Zug. Normal ziehe ich es vor, im Zug zu schweigen, schließlich sind da viele Leute, heute war ich aber die Mitfahrerin des Grauens, weil mir nichts anderes übrig blieb, als aus dem Zug mit der Autoversicherung zu telefonieren und Dinge zu klären, diverse berufliche Telefonate zu führen, neue Pflege- und Medikationsanweisungen innerhalb der Familie weiterzugeben und noch ein paar private Termine umzuorganisieren, die wegen des unvorhergesehenen Ablaufs der letzten Tage jetzt so nicht mehr klappen werden. Hätte ich auf Zugreisen so eine Mitfahrerin, würde ich mich wirklich fragen, ob die ihr Leben nicht irgendwie so organisieren kann, dass sie den ganzen Scheiß außerhalb eines öffentlichen Verkehrsmittels regelt.

    Ansonsten habe ich ziemliche Schmerzen im Oberschenkel, ob von 12 Stunden am Bett sitzen oder von einmal kurz beherzt auf der Treppe ausrutschen weiß ich nicht, gehe aber davon aus, sie werden einfach übe Nacht wieder verschwinden. Morgen erhole ich mich ja im Büro (nur kurz vorher in der Autowerkstatt vorbei), am Abend habe ich glaube ich gar nichts vor, da kann ich dann gucken, welche Lebensmittel alle durch meine Abwesenheit, naja, das wäre zu viel gesagt, eher während meiner Abwesenheit verdorben sind. Ich fürchte, der Rest vom Geburtstagkuchen. Den könnt ich jetzt noch essen, aber die Enttäuschung, falls er doch schlecht geworden ist, möchte ich heute nicht mehr ertragen, deshalb gehe ich einfach ins Bett. Also sobald ich mich aufraffen kann, dann noch die Reisetasche ausgepackt habe und die Waschmaschine programmiert habe.


    Überrascht und enttäuscht

    Sie werden es nicht glauben, aber der Tag heute war ebenfalls und auf andere Weise genauso scheiße wie der gestern. Und auch dieses Mal begann er ganz harmlos, nur mit einer - geplanten - hohen Ereignisdichte. Nämlich insgesamt 5 Besprechungen zu grundverschiedenen Themen aber alle irgendwie umfangreich und mit zahlreichen Folgearbeiten, dann Transfer nach Hause, dort noch eine Online-Veranstaltung bis 20:30 Uhr und dann war geplant, ins Auto vor der Tür zu steigen und zu den Eltern zu fahren, denn Mama N. hat morgen noch einmal einen Krankenhaustermin.

    Bis 20:30 verlief alles wie am Schnürchen, das Auto stand gepackt vor der Tür, es gab noch kurz ein heftiges Unwetter und als ich dann ins Auto einstieg, war die Kupplung weg. Also weg halt. Sie wissen ja, ich bin keine begeisterte Autofahrerin. Ich war kurz verwirrt und dachte, möglicherweise habe ich irgendwas in Bezug auf Autofahren vergessen zwischen 18:45 Uhr (als ich den Wagen vor der Tür geparkt hatte) und 20:30 Uhr (der geplanten Weiterfahrt). Ich googelte also "Pedale Auto Kupplung wo" und wurde bestätigt, dass sie eigentlich da sein sollte, wo mein Fuß sie nicht mehr fand. Ich stieg aus - es war ja mittlerweile stockdunkel - und leuchtet mit der Handykamera in den Fußraum. Das Kupplungspedal war nicht weg aber ganz eingedrückt, ich konnte es leicht hinausziehen, genauso leicht ließ es sich aber auch wieder eindrücken. Das erschien mir alles sehr schlecht. Starten konnte ich das Fahrzeug so nicht, selbst wenn wäre es sicher keine gute Idee gewesen, damit auf die Autobahn zu fahren. Wtf??

    Ich war kurz handlungsunfähig, rief erst Schanuf und dann Cucinacasalinga an und ich weiß nicht mehr genau, wie die genauen Gesprächsabläufe waren, ich lief währendessen mehrfach um das Auto herum, dann nach oben, um den Leuten, denen der Parkplatz vor der Tür gehört, einen Zettel zu schreiben, dann nach unten, um mich anderweitig fortzubewegen, dann wieder nach oben, weil ich meine Tasche im Auto hatte und das war abgeschlossen und mittlerweile der Schlüssel verlegt, dann nach unten, wobei ich in einer Wasserpfütze im Treppenhaus ausrutschte und hinfiel (es hatte durch alle Fenster hineingeregnet), dann wieder nach oben, um mich umzuziehen und wieder nach unten, es war also alles sehr bewegt aber um 21:17 Uhr saß ich im Zug nach Frankfurt, kam dort um 21:33 an und saß um 21:35 im verspäteten Zug von irgendwann viel früher nach Düsseldorf, Ankunft dort 23:01.

    Das ging alles sehr verwirrend schnell, das ist einerseits schön aber andererseits bin ich in noch nie dagewesenem Maße überrascht und enttäusch in Bezug auf den Ablauf des Tages. Das geht besser. Man möge sich bemühen!

    Gute Nacht.

    Dienstag, 13. September 2022
    Scheißtag

    Zunächst lief alles nach Plan, Sie wissen schon, das mit dem richtigen Wochentag, Verkehrsmittel und mit den Blumen. Das kommt wir allerdings vor, als sei es schon 100 Jahre her, zwischendrin musste nämlich Mama N. wieder ins Krankenhaus (Ergebnis noch unklar, sie darf über Nacht nach Hause, muss aber für weitere Untersuchungen morgen wiederkommen), was dazu führte, dass ich seit 14 Uhr nur regele, organisiere, telefoniere, nachfrage, anordne - naja, eigentlich genau dasselbe, was ich sonst auch im Büro mache aber wenn es um etwas geht, das einen emotional betrifft, ist es halt etwas anderes. Da fällt mir auf: vielleicht finden manche Personen ihren Bürojob so anstrengend, weil er sie emotional betrifft? Darüber muss ich nachdenken. Wenn ich irgendwann mal Nerven dazu habe.

    A propros Nerven, ich habe nun festgestellt, dass es mir nach 2 Jahren elterlichem Ausnahmezustand jetzt final nicht mehr gelingt, ausreichend Energie aufzubringen, um mich verrückt zu machen. Es reicht nur noch für ein unwohles Gefühl im Magen und ein Sorgendrücken auf den Schultern, aber nicht mehr für das große hektische Umherrennen und gedankliche Planen aller möglichen Optionen. Einfach nur noch eins nach dem anderen. Ob das gut ist oder schlecht, dass es zu mehr Aufregung nicht mehr reicht, kann ich gar nicht sagen. Auch darüber würde ich nachdenken, wenn ich irgendwann mal Nerven habe - also vielleicht, vielleicht habe ich dann auch keinen Bock darauf.

    Am Ende habe ich den Tag dann wieder in seinen richtigen Rahmen zurückgepresst: ich habe mich erinnert, mit dem Rad heimzufahren (und es sogar wiedergefunden!!) und ich habe das geplante Essen gekocht, Glasnudelsalat mit Chinakohl und Erdnusssoße. Vielleicht habe ich dabei irgendwas falsch gemacht, ich habe ja eine Kochbox für 3 Personen bestellt aber die Menge an Glasnudelsalat mit Chinakohl und Erdnusssoße, die in der Küche steht, reicht locker für 10 Personen. Das wird meinen Ansatz, möglichst kein Essen wegzuwerfen, nochmal ganz neu auf die Probe stellen.

    Heute habe ich übrigens noch nichts weggeworfen. Ich habe ein Brötchen zu viel eingekauft aber hoffe noch, das morgen zu frühstücken. Und der Geburtstagkuchen nähert sich end-of-life aber ich habe jetzt so viel Salat gegessen, dass kein Kuchen mehr passt. Vielleicht frühstücke ich morgen statt dem übrigen Brötchen auch Kuchen und mache abends aus dem dann harten Brötchen Arme Ritter oder, falls der Tag mir dann schon wieder um die Ohren geflogen ist, warte ich einfach noch und mache Semmelbrösel - nee, mache ich nicht, das krümelt mir zu sehr aber ich rede mir jetzt ein, ich würde das so machen und wenn es so weit ist, habe ich mein Projekt des nicht-wegwerfens vielleicht schon längst vergessen, weil wieder eine Milliarde andere Dinge dazwischen gekommen sind. Auch egal.

    Dienstag, 13. September 2022
    mittwöchlich

    Wieso ist Montag, mir ist eigentlich sehr mittwöchlich heute. Ich schlief zu spät ein, dann schlief ich zu lang, dann verfuhr ich mich mit dem Rad auf dem Weg zur Arbeit. Ehrlich. Das liegt daran, dass in den letzten zwei Jahren zwischen meiner Wohnung und dem Main diverse Fahrradstraßen eingerichtet wurden, ich habe nun also ganz neue (kürzere, bessere) Fahrmöglichkeiten und die haben mich so abgelenkt, dass ich mich verirrt habe, immerhin fand ich so einen Kiosk für meine Hermes-Rücksendung aber konnte mir keine Blumen für's Büro mehr kaufen. Vielleicht morgen, auf dem Hinweg, da fahre ich nämlich Bahn denn: ich habe das Rad am Büro vergessen. Ich hatte halt zwei Jahre keins, dann war Pandemie, dann war ich im Urlaub und dann hatte ich Corona, da kann man schonmal vergessen, mit dem Rad da zu sein, ich habe auch das Auto schonmal im Büro (in der Tiefgarage) vergessen, ist ja auch egal, ich fahre halt morgen mit der Bahn hin und mit dem Rad zurück und auf dem Hinweg kaufe ich Blumen. Das muss ich mir jetzt nur noch 10 Stunden lang merken.

    Mein Projekt, weniger Lebensmittel wegzuwerfen, schreitet gut voran. Ich habe heute morgen in den Kühlschrank geschaut, zwei verdächtige Pflaumen entdeckt und einfach sofort aufgegessen. Als ich abends Brot gekauft habe, habe ich es sofort in Scheiben schneiden lassen und eingefroren. Dafür passt jetzt wirklich nichts mehr in den Eisschrank, das muss ich mir merken, es muss nun erst gegessen werden, bevor wieder eingekauft wird, das ist aber ja auch okay, ich esse viel lieber als einzukaufen.

    Einen Mantel habe ich heute allerdings gekauft. Frau Herzbruch ist schuld, sie schrieb mir, um sich selbst abzulenken, lenkte aber dann mich ab weil ich gerade ein kleines Nachmittagstief hatte und keine Süßigkeiten, um das auszugleichen, da traf mich ihre Nachricht mit Bild von einem Mantel mit Hahnentrittmuster, in dem sie mich sah, also eigentlich sich, aber sie wollte keinen kaufen, also sah sie mich darin, ich sah mich darin auch, aber sah auch, dass der Mantel für mich zu kurze Ärmel hat. Das Modell, das ihn trug, hatte Arme bis etwa Beginn der Oberschenkel und die Ärmel gingen bis zu den Handgelenken, meine Arme gehen tendenzielle orangutanhaft bis zu den Kniekehlen, also nicht ganz aber schon eher als nur bis zur Hüfte, ich brauche lange Ärmel. Gleich im selben Fenster wie der schicke Hahnentrittmantel wurde mir aber ein fragwürdiger textmarkerblauer Kunstfellmantel empfohlen, Oversize, Ärmel definitiv lang. Den habe ich jetzt bestellt. Ich fahre ja jetzt immer Rad, also wenn ich daran denke, da muss ich einen kuschligen Mantel haben und gut sichtbar sein, so ein dezenter Business-Wollmantel in schwarz taugt da nicht.

    Eigentlich wollte ich ja heute über was aus der täglichen unverbindlichen Blogcontentvorschlagliste schreiben aber ups, da sind gar keine aktuellen Vorschläge mehr drin. Schade. Nächstes Jahr fange ich die wieder von vorne an, also ab 23. April.

    Sonntag, 11. September 2022
    Mittel

    Es wird ja nun wieder gebloggt und hier mit verkünde ich: der Tag war mittel.

    Die Nacht auch: die junge Erwachsene kam spät, Herr N ging früh, dazwischen störte mich ein Zehnagel, den ich kurz feilen musste und weil kein doofer Sommer ist schläft der Kater wieder auf mir, daran muss ich mich in den Bewegungsabläufen erst wieder gewöhnen.

    Ich wachte also mit mittlerer Motivation für den neuen Tag auf, dachte, ich schlafe noch eine Runde, damit sich das bessert und wachte dann gegen 11 Uhr auf mit dem Gefühl, schon die Hälfte von ALLEM verpasst zu haben und dass sich jetzt auch NICHTS mehr loht außer im Sessel zu sitzen und zu lesen und dann auf dem Sofa zu liegen und zu lesen. Dabei schiebe ich einen ganzen Berg an Erledigungen vor mir her, die man so für die neue Woche halt am Wochenende macht (Wäsche, Tasche aufräumen und so), machte mich gegen 19:30 Uhr immerhin auf aus dem Haus, um das Auto in die Garage umzuparken und den Kofferraum halb leerzuräumen, schleppte das alles hoch, so dass ich jetzt auch noch Einkäufe verräumen auf meiner gedanklichen Liste hab, es ist alles wirklich nur mittel angenehm.

    Im Auto waren Sachen, die ich für den Winter eingekauft habe und jetzt weiß ich erstmal nicht, was ich damit machen soll. Man muss ja alles immer irgendwo aufbewahren. Ich habe zusätzlich zu der bereits im Haushalt vorhandenen Heizdecke noch zwei weitere gekauft, die müssen jetzt irgendwohin aber sind zum Glück in praktischen kleinen Taschen und passen hinten in den Kleiderschrank. Und ich habe ein paar Stumpenkerzen und Feuerzeug und Streicholzschachtel gekauft sowie zwei Taschenlampen mit Batterie. Sowas gibt es hier im Haushalt normalerweise alles nicht. Ich nutze zwar häufig Taschenlampen aber sie sind natürlich alle mit Akku und USB-C-Anschluss, Kerzen nutze ich nicht, weil ich weder den Geruch mag noch das Flackern und sowieso ist offenes Feuer in geschlossenen Räumen mir suspekt, ich mache nur für den Adventskranz eine Ausnahme. Mir hat jetzt aber oft genug jemand eingeredet, dass es diesen Winter vielleicht mit dem Strom nicht immer durchgehend klappt und dann würde ich im Schein der batteriebetriebenen Taschenlampe halt ein Buch nach dem anderen aus dem Bücherregal nochmal lesen so symbolisch oder als Challenge (über die ich aber mangels Strom nicht hier berichten könnte, aber halt im Schein einer Stumpenkerze Notizen mit Stift auf Papier (Druckerpapier ist im Haushalt vorhanden!) machen) - und könnte sie danach alle wegwerfen, das hätte viele Vorteile (insbesondere, weil ich mehr Platz für Schuhe brauche). Wo war ich. Achja und mit den Streichhölzern könnte ich den Grill anzünden, falls da der Zünder mal nicht geht, das passiert manchmal nach Regen, wobei es aber ja nie regnet, ach was weiß ich. Was ich jedenfalls nicht weiß: wo ich diesen neuen Krempel nun aufbewahren soll. In meinem Haushalt hat alles einen Platz, Sie wissen ja, ich bin extrem effizienzgetrieben und möchte daher in meinem Leben nichts suchen. Ich bin geneigt, alles einfach in eine Kiste zu packen und unter das Gästebett zu schieben, halt mit dem Risiko verbunden, dass ich diese Kiste völlig vergesse und in ein paar Jahren zufällig wieder hervorziehe, wenn ich die in den nächsten nervigen Sommern durch Hitze schmelzenden Kerzen mit den auslaufenden Batterien zu einer ekligen Masse verbunden haben und dann kann ich nicht einfach alles wegwerfen (was okay wäre, ich habe billig gekauft) sondern muss mir noch Gedanken über ordentliche Beseitigung des Batteriemülls machen - das nervt mich alles sehr. Andererseits wird dieses Problem des Wiederfindens und der Wachs-Batterie-Angelegenheit ja erst noch entstehen, that day is not today!

    Wo war ich, das klang jetzt alles sehr negativ, auch im Auto war aber meine Drogerieproduktelieferung und Waschmittel, Spülmaschinentabs, Zahnpasta, neue Zahnbürsten, Tampons und Filter für den Katzenbrunnen sind nun wieder im Haushalt vorhanden und ich muss mich nicht kümmern, das ist schön, also insgesamt auch die Autoangelegenheit eine Sache mit zwei Seiten, einer guten und einer lästigen und damit alles mittel (das Auto möchte übrigens bei Gelegenheit gewartet werden, teilte es mir beim Einschalten mit. Ich könnte schwören, dass neulich erst TÜV war und was mit Reifen sowieso, das Ding hält einen ganz schön beschäftigt.)

    Ich lese jetzt weiter mein Buch, das ist auch so mittel.

    (Heute leider weggeworfen: 1/4 Schale Frischkäse, war verschimmelt und 1/2 Tafel Schokolade, abgelaufen, grau, roch ranzig)

    Samstag, 10. September 2022
    Summer is over, yip yip yip!

    Als ich sagte, dass jetzt vermutlich 11 lästige Sommerwochen folgen, war ich zu optimistisch, es waren 12 denn diese Jahr wurde der Rekord an "Sommertagen in Folge" hier im Frankfurter Raum gebrochen. Sehr unangenehm. Aber jetzt ist es vorerst vorbei und ich kann wieder 9 Monate leben.

    Nachdem ich erst einmal eine Nacht gut geschlafen habe (es regnete sogar!!) war ich voller Ideen: räumte unter dem Gästebett auf, sortierte den Vorratsschrank um, ging Kaffeetrinken und fuhr mit dem abonnierten Rad herum, alles ganz wunderbar, zumal ich dabei richtige Kleidung, also Jeans, Shirt, Jäckchen, Turnschuhe, tragen konnte ohne den Hitzetod zu sterben. Alles daran war gut.

    Und dann hatte ich gleich einen neuen Plan. Ich möchte nämlich möglichst keine Lebensmittel mehr wegwerfen, natürlich möchte ich auch keine verdorbenen Lebensmittel essen, daher muss ich einen Schritt vorher ansetzen und dafür sorgen, dass in meiner Obhut keine Lebensmittel mehr end-of-life gehen. Langzeitvorräte (Mehl, Nudeln, Konserven. Reis etc.) sind dabei gut unter Kontrolle, ich habe eher ein Problem mit den Sachen im Kühlschrank, im Obst- und Gemüsekorb und möglicherweise mit Snacks, also Knabberkram und Süßwaren, das weiß ich nicht genau, weil ich sie irgendwann vor ein paar Monate mal oben in den Schrank gelegt habe und dann keine Lust mehr hatte, hochzusteigen, statt dessen habe ich ab und an mal etwas neu gekauft und sofort gegessen. Morgen werde ich mir einen Überblick verschaffen, also vermutlich zunächst einmal viel wegwerfen, aber dann hoffentlich nur noch ganz wenig. Natürlich lasse ich Sie an der Entwicklung teilhaben.

    Heute habe ich Gemüsebolognese gemacht und dabei im letzten Moment noch 2 Paprika, 1 Aubergine, 1 Zucchini und ein paar angedetschte Tomaten verwertet. Nicht mehr geschafft hat es eine halbe Schlangengurke und ein halber Becher Naturjoghurt.

    Jetzt werde ich noch aufopferungsvoll einen Rest Geburtstagskuchen essen, bevor der schlecht wird.

    Montag, 5. September 2022
    WmdedgT 9/2022

    (Alles zu WmdedgT bei Frau Brüllen.)

    Himmel, ich habe allen Ernstes das Blogpasswort vergessen und dann halt, wie ich es immer überall mache, "Passwort vergessen" angeklickt und meine Mailadresse angegeben und dann kamen aber die Passwörter zu einem ganz anderen Blog. Das ich möglicherweise auch schreibe? Das werde ich später herausfinden, erst muss ich mich erholen, ich konnte mich mit einem anderen Gerät einloggen, auf dem das Passwort in einem Manager ist, der wohl auf dem Gerät gespeichert ist und nicht in einer Cloud, in der Cloud ist nämlich das Falsche. Ist das alles aufregend.

    Bis gerade war der Tag aber eher gemächlich. Hier in Hessen war heute Schulanfang, also herrschte Ordnung und Routine, Weckerklingeln um 7 Uhr, alle aus dem Haus um 8 Uhr, das klingt auf den ersten Blick nicht so entspannt aber ich finde es ja immer lässig, wenn ich einfach nicht nachdenken muss.

    Auf dem Weg ins Büro hielt ich noch im Supermarkt an und kaufte bunte Rosen - ich habe im Büro immer einen Blumenstrauß, lange ließ ich ihn liefern aber die Lieferung tat ihm nicht so richtig gut, er hielt meist nur 4 Tage durch, ich arbeite aber ja 5 Tage pro Woche, die Supermarktblumen schaffen 5 Tage und länger. Im Büro vereinte ich also die bunten Rosen aus dem Pennymarkt mit den noch schönen restlichen Gerberae (Gerberas?) von letzter Woche aus dem Rewe und rückte sie in meinen arrangierten Videokonferenzhintergrund.

    Hätte ich mir sparen können, kurz darauf ging nämlich ein Server in die Knie und das Re-Routing ging nicht so, wie es sollte (was Folgen nach sich zieht, also sozusagen "Learnings"), so dass ich um 12:45 Uhr zu einer Mittagessenverabredung mit Fragmente aufbrach, ohne nennenswert irgendwas getan zu haben.

    Es gab Pizza und alkoholfreies Bier (für mich), Pizza und Limonade für Fragmente, ich schaffte meine Pizza nicht und nahm den Rest mit zurück ins Büro, die IT war sehr dankbar.

    Immer noch sehr unerfreulich warmes Wetter aber unter der Wärme liegt jetzt eine gewisse kühle Schärfe, es ist absehbar, dass diese Zumutung bald ein Ende findet, also kann ich auch schon einmal wieder bloggen, obwohl die Temperatur noch über 25 Grad liegt. Deutlich über 25!

    Den Nachmittag verbrachte ich mit drei neuen Mitarbeitern, freute mich über einen weiteren unterschriebenen Arbeitsvertrag und erinnerte alle möglichen Leute an alles mögliche, was sie hätten tun sollen aber nicht getan hatten. Weshalb ich dann auch nicht weiterkam und gegen 17:30 Uhr das Büro verließ.

    Heimfahrt mit der S-Bahn, beim Aussteigen fuhr mich auf dem Bahnsteig jemand mit einem eScooter fast um und brüllte mich an, ich solle nicht aufs scheiß Handy starren, ich brüllte zurück dass er sich mit seinem scheiß Scooter vom Bahnsteig verpissen solle, er brüllte "was willst du" und ich brüllte "dass du verschwindest" und dann fuhr er davon. Auf dem weiteren Heimweg überlegte ich, dass ich morgen den Fahrradhelm mitnehme, um in der Mittagspause ein Rad anzumieten und in nächster Zeit ins Büro radzufahren. Ich kam noch am Haus mit den Hühnern vorbei, stellte mich an den Zaun und sprach ein wenig mit ihnen, der Hahn kommt dann immer und macht sich wichtig, das ist sehr niedlich und die Hühner wühlen im Staub herum und sehen froh aus, das ist auch sehr niedlich.

    Zu Hause angekommen gab es sofort zig Dinge zu tun: Zeug für ebay-Kleinanzeigenabholer*innen an die Tür stellen, Leergut für Flaschenpost an die Tür stellen, M erklären, wie sie bei Ihrem Bankbesuch später diese Woche vorgehen sollte, Katzen kraulen, Waschmaschine starten. Das Abendessen kochte Herr N., ein Glück, sonst wäre alles anstrengend gewesen.

    Jetzt gibt es zum Dessert noch ein Eis und ich werde ein Buch lesen, bis ich müde bin und hoffentlich dran denken, kurz vor dem Einschlafen noch Zink einzunehmen. Meine Hausärztin hat mir nämlich für nach der Coronainfektion Vitamin D, Vitamin B und Zink überreicht, ab Tag 2 bekam ich von Zink aber genauso Magenschmerzen und Übelkeit wie von Eisen, so dass ich es jetzt - genau wie Eisen - einfach nachts nehme und dann schlafe, dann merke ich von Magenschmerzen und Übelkeit nämlich nichts.

    Donnerstag, 28. Juli 2022
    Schönheitsoperationen

    Heute werde ich nach Schönheitsoperationen gefragt. An Menschen, nehme ich an. Obwohl es das ja auch an Tieren gibt, ist aber meines Wissens in Deutschland verboten.

    Ich kenne einige Personen (meistens Frauen, aber nicht nur), die sich etwas verschönern lassen haben, ich selbst habe das bisher nicht gemacht und glaube, das wird auch nicht passieren. Weil ich nicht so der optische Typ bin, ich sehe Schönheit nicht so richtig. Mein Fokus liegt immer mehr auf dem Praktischen. Das zieht sich durch alle Bereiche, meine Wohnung ist zum Beispiel so eingerichtet, wie es mir gut taugt. Ich habe keine Designsachen, oder vielleicht auch doch, aber dann weiß ich es nicht und habe sie nicht gekauft, weil sie schön sind sondern weil ich sie passend und praktisch fand.

    Ich mag zum Beispiel eckige Tische, weil die sich (für mich) besser in eckige Räume einfügen und ich mag keine Tische aus Glas wegen des Geräuschs, das sie machen, wenn man etwas daraufstellt und wegen Putzaufwand, ich mag keine Ledersofas auch wieder wegen des Geräuschs und wegen der Haptik, wenn es warm ist, ich mag glatte Böden wegen des Gefühls beim Barfußgehen und so weiter. Ich hänge nicht an Gegenständen, es gibt keinen speziellen, den ich bei einem Feuer aus der Wohnung retten würde, ich würde einfach alles neu kaufen und fände das überaus anstrengend und nervig und auch traurig, weil taugliche Dinge zerstört wurden, aber ich würde keinen Einzelteilen hinterhertrauern.

    Dasselbe gilt für Kleidung, ich möchte Kleidung, die mir am Körper angenehm ist und nicht spannt oder drückt oder nervig schlabbert, die Farben sollen mich nicht stressen, Taschen sollen vorhanden sein, der Stoff angenehm und gerne bin ich auch zur Umgebung passend gekleidet aber halt so, dass es mir auch noch passt. Ich trage keine Schuhe, in denen mir die Füße weh tun und nichts, in dem ich mich nicht gut bewegen kann, auch nicht, wenn es hübsch aussieht und mir hervorragend steht.

    Also, Schönheit ist für mich keine Priorität. Das gilt auch für Körper. Ich finde es super, wenn ein Körper für das tauglich ist, das man damit machen möchte, also besonders meiner. Wenn er mich unauffällig durch den Alltag transportiert, ohne dass es zu Schmerz oder Erschöpfung kommt, das ist ja ein ziemlicher Luxus. Da bin ich mit meinem Körper hochzufrieden, an 9 von 10 Tagen tut er das nämlich genau so, er macht einfach das, was notwendig ist, damit ich meinen Belangen nachgehen kann und am Abend funktioniert er noch genauso gut wie am Morgen. Das finde ich an ihm grandios und würde ihn gegen keinen anderen tauschen, auch wenn ihm ja neulich ein Zahn durch Knirschen abgebröckelt ist (da war ich wirklich ein bisschen beleidigt!) und er ab und zu Migräne produziert. Aber ansonsten alles tip-top. Das finde ich wirklich erstaunlich und der Gedanke, ob irgendwas an ihm hängt oder zu groß der zu klein ist oder ob die Augen wacher wirken könnten oder die Wangenknochen definierter und so weiter ist dann ganz und gar nachrangig, ehrlich gesagt hatte ich noch nie die Muße, mir darüber Gedanken zu machen. Objektiv betrachtet gäbe es bestimmt ganz viele Dinge, die man an meinem Körper schöner machen kann. Praktischer würde er dadurch aber vermutlich nicht und es würde mich Zeit, Gedankenaufwand und Geld kosten für ein Ergebnis, das mich nicht wirklich interessiert. Deshalb glaube ich, an mir wird keine Schönheitsoperation stattfinden. Ganz ausschließen möchte ich es aber nicht, ich ändere ja gerne mal meine Interessen und Prioritäten.

    Diejenigen, von denen ich weiß, dass sie eine Schönheitsoperation hatten, sind alle zufrieden mit dem Ergebnis. Ich glaube, es wurde auch gut gemacht. Wenn ich es nicht gesagt bekommen hätte, hätte ich von der Schönheitsoperation nichts geahnt sondern nur gedacht, dass die Person aber besonders frisch und gut aussieht derzeit, dass es dann dauerhaft so bleibt hätte mich vermutlich nicht irritiert, ich gucke da ehrlich gesagt nie so hin. Man muss mir auch immer sagen, wenn man zu- oder abgenommen hat und das positiv kommentiert (oder bedauert) haben möchte, mir fällt sowas einfach nicht auf. Das ist aber ja auch völlig okay, die Leute machen das alles ja nicht für mich sondern für sich selbst, ich muss das ja nicht bemerken, es ist völlig egal.

    Also, Schönheitsoperationen: ja, von mir aus aber an mir derzeit nicht, ich bin anderweitig beschäftigt.

    Dienstag, 26. Juli 2022
    Closure

    Mein Tag heute war gerahmt von der Rückgabe von Paketen. Mit einer großen Tasche zog ich morgens los, darin 2x DHL, 1x Hermes und 1x UPS. Alles liegt auf dem Weg zur S-Bahn, DHL hat immer auf (Packstation), Hermes hat fast immer auf (ein 23-h-Store), UPS hatte ich noch nie besucht, laut Internet war es aber 8 Uhr geöffnet.

    Laut Schild am Laden war UPS dann aber erst ab 9 Uhr geöffnet, also seufze ich schwer und ging weiter, gab erst DHL ab und dann Hermes. Also fast.

    Der Hermes-Code ließ sich nicht scannen, der 23-h-Store-Mensch sagte, ich solle ihm den Code mal auf dem Handy zeigen, dann ließe er sich manchmal besser scannen. Versehentlich scannte er dann aber den DHL-Code auf demselben Versandschein. Also musste nun auch irgendwie der DHL-Code auf das Paket. Zum Glück hatte der Laden einen Drucker, ich schickte den Versandschein also an den Händler, per Mail.

    Er kam aber nicht an. Wir versuchten das ein paar Mal, nichts. Als Alternative schickte ich die Mail an den Händler privat (also nicht an die Ladenadresse), das kam an seinem Handy an, die Weiterleitung an die Ladenadresse funktionierte aber auch von seinem Handy nicht. Also loggte er den Laden irgendwie aus und sich selbst ein, druckte dann den Versandschein, er kam auch raus aber nur mit dem Hermes-Code, nicht mit dem DHL-Code (was mir dann auch erklärte, warum nicht nicht gleich DHL verwendet hatte - hatte ich eben auf dem Schein nicht gesehen, weil es ja nicht mit ausgedruckt wurde).

    Unsere Diagnose lautete: falscher Druckbereich. Druckbereich einstellen half aber auch nicht, schließlich machte ich auf dem Handy einen Screenshot, schnitt den DHL-Code aus und schickte nur den als Bild. Das ging, endlich war das Paket fertig, das Ganze hatte etwa eine halbe Stunde gedauert, mittlerweile hätte auch fast UPS auf gehabt aber ich wollte nicht nochmal zurückgehen, zumal auf dem Weg zum Büro noch diverse UPS-Läden lagen, die um 9 Uhr öffneten.

    Die öffneten dann aber doch nicht, alle wegen Krankheit geschlossen und einer nicht mehr existent und einer mit defektem Scangerät. Nun gut, ich ging ins Büro mit dem Paket.

    Dort dann den ganzen Tag Dinge getan, die nicht verschriftlicht werden, um 17:25 traf ich mich mit Fragmente und wir fuhren (sie fuhr mich) zum Badesee und lud mich zum Eintritt ein. Das Schwimmen war ganz wunderbar aber zu unserer großen Enttäuschung war der Laden mit Pommes und Naschtüte schon geschlossen, als wir aus dem Wasser kamen.

    Daher fuhr Fragmente später zu einem McDonald's an der Autobahnraststätte und ich lud sie zu Chicken Nuggets ein, dann fuhr sie mich zu einem noch geöffneten UPS-Store, an dem ich mein Paket problemlos abgeben konnte ("Ich nehme das Paket sehr gerne entgegen!", sagte der UPS-Mensch quasi begeistert) und aus dem Store brachte ich Fragmente noch eine Naschtüte mit.

    Es fühlt sich alles sehr nach Closure an.

    Montag, 25. Juli 2022
    Gibt es eine Liebingsfarbe?

    Nein, es gibt keine Lieblingsfarbe.

    Außer dem grau-blaugrau-graublau-blau-Gemisch von Wolken bei Sturm. Oder das Eisblau von Himmel im Winter, bei minus 10 Grad über Schnee, dessen Weiß dann auch meine Lieblingsfarbe ist. Dem satten Rot von Efeublättern im Herbst und dem frischen Rot von reifen Erdbeeren oder Tomaten. Das Gelb der Sonnenblumen mag ich auch sehr gern. Das Türkis des einen Badessees und das Dunkelgrün des anderen. Das Mattschwarz vom Fell des Katers. Das glänzende Schwwarz vom Fell der Katze. Ich mag auch das Orange wenn die Mandarinensaison beginnt.

    Manchmal bin ich sehr genervt von Farben. Zum Beispiel im Sommer, wenn viele Tage hintereinander die Sonne scheint und der Himmel blau ist über grünen Bäumen. Das langweilt mich dann sehr und ich versuche, das anders zu sehen, also nicht in der Bewertung sondern mit den Augen. Ich versuche mein Gehirn umzuprogrammieren, so dass es den Himmel zum Beispiel in Grün sieht und die Bäume in Weiß. Wenn man das länger übt, gelingt es manchmal, ist aber sauanstrengend. Haben Sie das schonmal ausprobiert? Wenn ich das so schreibe beschleicht mich der Gedanke, dass das vielleicht eine unübliche Vorgehensweise ist. Ich kam darauf, weil ich mich mal mit meiner Schwestern ausgetauscht hatte, wie sehr wir den Sommer hassen und was wir alles daran hassen unter anderem eben diesen langweiligen Himmel über dem aufdringlich hier-guck-ich-wachse-yeah-Juligewächs und weil ich ja bekanntlich immer schnell mit einer Lösung dabei bin, sagte ich, "dann müssen wir vielleicht unsere Gehirne umprogrammieren". Dann habe ich das begonnen. Habe gerade meiner Schwester eine Nachricht geschrieben, ob sie das eigentlich auch gemacht hat, also ihr Gehirn umprogrammiert. Die Antwort ist "Nein, du Spinnerin". Okay.

    Wo war ich. Nein, es gibt keine Lieblingsfarbe. Ich habe allgemein keine festgelegten Lieblingsdinge, ich bin kein fertiger Mensch und habe noch wechselnde Präferenzen und Ansichten, zum einen, weil ich noch nicht alles über das Leben weiß und zum anderen, weil das Leben sich auch ständig ändert und sich dann meine Prioritäten ändern. Auch in Bezug auf Farben.

    Montag, 25. Juli 2022
    Kampfkunst im Alltag?

    Die Frage des Tages (füllen Sie ruhig weitere in die täglicher unverbindliche Contentvorschlagliste!) ist, ob ich meine Kampfkunstkenntnisse schon einmal außerhalb der Sporthalle anwenden musste.

    Das "musste" gibt in meinen Ohren der Frage einen merkwürdigen Drall, es klingt so, als die Vorstellung ist, dass mich jemand auf der Straße angreift und ich dann wie eine geschulte Kampfmaschine Techniken und Abläufe anwende um aus einer mehrminütigen körperlichen Auseinandersetzung auf kurzer Distanz siegreich bis triumphierend hervorzugehen. Also so wie im Fernsehen.

    So ist das nicht. Das Bild muss ein ganz anderes sein, ich erkläre es gleich, aber: Ich habe, das was ich in der Sporthalle gelernt habe, schon sehr, sehr häufig im Alltag eingesetzt aber nur zweimal kam es dabei überhaupt zu Körperkontakt über einen einzige Berührung hinaus (und einer dieser Fälle war ein Irrtum, manche praktischen Scherze sind nicht ratsam, z.B. eine Freundin im dunklen Hausflur absichtlich zu erschrecken, das kann sehr weh tun).

    Nun die Erklärung. Was man bei Kampfsport, Selbstverteidigung, Kampfkunst als allererstes lernt, ist: sich selbst und Situationen einschätzen. Als nächstes lernt man dann, wie man sich in der Situation am besten verhält. Und in einer enormen Vielzahl an Situationsbewertungen ist das Ergebnis: abhauen. Sich aus der Situation nehmen. Je früher man das erkannt hat, desto einfacher geht es üblicherweise, man lernt daher, das eigene Bauchgefühl, das sich ja aus kleinen Wahrnehmungen speist, zu vertrauen und dann lernt man, wie Kampfsituationen wirklich sind, nämlich: sehr schlecht. Die allermeisten von uns haben ja das Glück, im Alltag nur wenig körperlicher Gewalt zu begegnen, es ist deshalb sehr hilfreich, dem in einem (so gut wie möglich, Verletzungen kommen vor) geschützten Raum zu begegnen, um ein realistisches Bild zu haben, was das überhaupt wirklich ist. Wie sehr es weh tut, wenn ein Schlag zum Beispiel in den Bauch oder ins Gesicht mal wirklich (oder auch nur halb) trifft, weil die Pratze verrutscht ist, das ist nicht wie im Fernsehen, wo dann jemand mal kurz eine Grimasse zieht und dann geht es weiter. Da geht erstmal nichts weiter, zumal einen das auch psychisch sehr aus der Fassung haut - die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person wie ich sich nach so einem Schlag kurzfristig wieder aufrappelt liegt bei Null. Auch die Erfahrung, einer komplett eskalierten Person mal ganz in echt gegenüberzustehen habe ich im Alltag - wie gesagt, zum Glück - normalerweise nicht, also gut, M als Kleinkind war manchmal so, aber Anfang 20jährige, die mich nochmal um 1,5 Köpfe überragen, begegnen mir in diesem Zustand eigentlich nie und auch da war es gut für mich, das mal gesehen zu haben, ich war nämlich starr vor irgendwie auch leicht ehrfürchtigem Schreck. Ich bilde mir seitdem nicht mehr ein, dass ich gegen einen jungen Mann in Rage in einer körperlichen Auseinandersetzung den Hauch einer Chance hätte.

    Was ich also gelernt habe und im Alltag häufig angewendet habe ist das Wissen, dass ein Kampf wenn es irgendwie geht vermieden werden muss. Ohne wenn und aber. Situation rechtzeitig erkennen, weggehen, wenn nötig wegrennen. Falls es aufgrund unglücklicher Umstände doch zu körperlicher Begegnung kommt, muss so schnell wie möglich so viel Schaden wie möglich zugefügt werden, denn auf die Länge hätte ich keine Chance, ebenso nicht, wenn es zu einem Kampf am Boden kommt und wenn die andere Person in irgendeiner Weise bewaffnet sein sollte schon gar nicht. Wie man das macht - also sich aus der Situation ziehen und wegrennen und/oder ganz schnell und effizient Schaden zufügen und dann wegrennen lernt man bei Selbstverteidigung. Wie gesagt: das Ziel im Alltag ist nie, einen Kampf zu gewinnen sondern die Situation zu verlassen.

    Also: angewendet habe ich meine Kenntnisse, aber in anderer Form als man beim Lesen der Frage auf den ersten Blick denkt. Ich habe (oft) Situationen als für mich nicht gut kalkulierbar wahrgenommen und sie verlassen, auch wenn sie auf andere ganz normal wirkten. Weil ich gelernt habe, mir diese Erlaubnis zu geben, auch wenn es komisch oder unhöflich wirkt, eben weil ich gelernt habe, was eine körperliche Auseinandersetzung bedeutet.

    Ich habe gelernt, mit der Stimme Aufmerksamkeit zu schaffen. Nicht zu hoffen, dass eine Situation, die ich nicht verlassen kann, glimpflich vorübergeht sondern sehr laut zu adressieren, was falsch läuft (sowas wie "LASSEN SIE SOFORT MEINEN ARM LOS. ICH VERBIETE IHNEN MICH ANZUFASSEN!" Ich habe auch gelernt, mich aus solchen simplen Situationen zu befreien, also: eine unerwünschte Hand (möglicherweise auch sehr schmerzhaft) selbst zu entfernen. Was davon ich einsetze, kommt auf die Situation an. Leute von Straßenständen, die mich am Arm halten, brülle ich eher an, Leuten in der Bahn, die eine Hand auf mein Bein legen, verdrehe ich eher einen Finger (und brülle sie dabei an).

    Situationen, die darüber hinausgehen, kommen selten vor. Solche beispielsweise, in denen sich jemand drohend immer weiter nähert. Stellen Sie sich das nicht als langes Palaver vor, wie gesagt, es geht nie darum bei irgendwelchen Irren Recht zu behalten sondern es geht darum, Vorfälle zu vermeiden. Bei langem Palaver in einer unübersichtlichen Situation wäre ich längst weggerannt. Aber es gibt Situationen, da geht das sehr schnell, plötzlich steuert eine komische Person unvermittelt geradewegs auf einen zu, weil sie betrunken, high, aggressiv oder eine Mischung davon oder noch irgendwas anderes ist. Dann gibt es verschiedene Bewegungen, die andere auf Abstand halten, mein Signature Move ist das Schubsen (Frau Herzbruch würde vermutlich sagen, mein Signature Move sei das Schlagen mit der Handtasche so herumgeschwungen wie ein Morgenstern, aber das habe ich in Wirklichkeit nur einmal gemacht, da war sie nur zufällig gerade dabei. Eigentlich schubse ich.) Ich kann enorm gut schubsen, ich habe in der Sporthalle Schubsten gelernt, da gibt es eine Technik und wer nicht damit rechnet, geschubst zu werden (die allerwenigsten tun das!) fliegt dann ein Stückchen. Dann hat man sich ein wenig Raum und Zeit geschaffen. Zum Abhauen.

    Tut mir leid, wenn das alles wenig heroisch klingt, aber so ist da halt. Geschichten in Filmen und Büchern vermitteln dazu ein falsches Bild. Echtes Kämpfen ist voller Angst und Schmerz. Als Hobby Kampfsport oder Kampfkunst zu betreiben ändert daran allenfalls, dass einem das bewusster ist.

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