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    Mittwoch, 8. April 2020

    Frau Fragmente sitzt an ihrem Home-Office-Esstisch und bloggt, ich sitze an meinem Home-Office-Schreibtisch und blogge über Frau Fragmente. Ich habe beim Schreiben dieses Satzes schon 3 unterschiedliche Fehler gemacht (keine Tippfehler, Sprachfehler) und vier Mal statt e eine 3 geschrieben und weiß nun daher, dass ich vermutlich in den nächsten 24 Stunden einen Migräneanfall bekommen werden, auch wenn es mir im Moment absolut blendend geht. Das Gehirn ist ein faszinierendes Ding.

    Frau Fragmente sieht heute, hm, ich kann es nur uncharmant sagen: ein wenig vom Tag zerrauft aus. Ich weiß nicht warum, ich habe vergessen, es in unserem einleitenden Gespräch zu erfragen. Ich habe noch nichtmals gefragt, wie es ihr geht. Entschuldigend möchte ich anfügen, dass das daran liegt, dass ich nebenher noch Pizza backen musste, es ging sich zeitlich nicht anders aus. Und dabei gab es Verzögerungen, weil ich bemerkte, dass der Thunfisch aus ist und nun muss ich doch noch einmal einkaufen vor dem übernächsten Wochenende. Ich habe mir überlegt, dass ich das morgen früh mache, vor der Arbeit, ich werde dann so tun, als ginge ich zur Arbeit, ich zeihe mich also an, gehe zu Hause los, erst zur Packstation, dann zum Briefkasten, dann zum Supermarkt, dann zurück nach Hause an den Schreibtisch. So, als wäre ich zur Arbeit gegangen halt. Ich finde das eine hervorragende Idee, habe das Fragmente vorhin auch schon erzählt, sie sah mich längere Zeit an und schwieg. Ich dachte erst, das Bild wäre eingefroren, aber dann sah ich, dass sie blinzelte.

    Gerade fällt mir auf, dass ich Fragmente heute von der anderen Seite sehe als sonst. Vielleicht sieht sie gar nicht zerrauft aus sondern das ist nur ihre zerraufte Seite und die andere ist die zackig-professionell-schicke. Vielleicht habe ich das nur noch nicht bemerkt. Sie trägt heute auch nicht die Kette, die sie sonst immer trägt und eine Brille, die mir nicht vertraut ist. Man weiß echt doch immer viel weniger über die Leute, als man denkt.

    Neues in der Fragmente'schen Wohnung ist heute für mich nicht zu entdecken. Auch die Spülmaschine ist nicht im Blickfeld (evtl. hat sie deshalb die Kamera umgestellt?). Das Bücherregal kenne ich schon aus der Frontalansicht so gut wie auswendig, ich schaue mal gerade, ob sich irgendwas nennswert verändert hat: hm hm hm. Nein, ich denke nicht. Kein Blick auf den Schreibtisch möglich heute, im Hintergrund noch ein Stuhl, der Esstischstuhl, den Frau Fragmente beiseite geschoben hat, um statt dessen einen Schreibtischstuhl dorthin zu schieben. Sie haben keine Ahnung, wie viel ich über Schreibtischstühle gesprochen, ich gebe zu: diskutiert habe in den letzten Wochen. Über anderes Mobiliar auch. Ich bin irgendwann dazu übergegangen diese Gespräche abzukürzen, indem ich sage "Die Schwierigkeiten der Situation sind verstanden, ich kann dir anbieten, wieder vom Büro aus zu arbeiten."

    Huh, vom Balkon kommt jetzt frische Luft hinein aber mittlerweile riecht sie eindeutig nach Frühling, nach Pflanzen, nach Erde, nach lauwarmer Luft. Ich vermisse die Flugzeuge, die sonst alle paar Sekunden hier über das Haus fliegen und im Anflug wie Glühwürmchen aussehen.

    Bei Frau Fragmente hingegen scheint es warm zu sein (ich kann auch nicht sehen, ob die Balkontür offen steht), sie hat gerade mit einem lauten Rumms ihre Jacke (also so ein Oberbekleidungsjäckchen) ausgezogen und irgendwo hingeworfen. Offenbar hat sie sich in Wallung geschrieben, wir dürfen gespannt sein.

    Über Fragmente sehe ich übrigens in einem kleinen Videofenster mich selbst. Da schaue ich heute recht oft hin, ich habe nämlich frisch geschnittene Haare. Gestern kam eine Haarschere an, die ich bei Amazon bestellt habe, und heute schnitt Mademoiselle mir die Haare. Es ist erstaunlich gutgeworden - ich hatte insgesamt nur geringe Sorge, die Frisur war nämlich so herausgewachsen, dass es nicht mehr viel schlechter werden konnte, aber hatte eher mit einem Ergebnis gerechnet, das durchaus tolerabel aber ein bisschen lustig ist. Statt dessen habe ich eine völlig tadellose Frisur, die ich mir nur im Nacken etwas stärker durchgestuft und angeschrägt gewünscht hätte, aber das kriegen auch oft die Friseure nicht so hin, wie ich will. Ich bin wirklich sehr beeindruckt. Und zufrieden. Eine der Hauptsorgen des Lockdowns habe ich heute für mich gelöst.

    Es ist wirklich schade, dass ich nicht mehr über Frau Fragmente berichten kann heute. Ihre Haare sind auch sehr lang geworden. Sitzen aber noch gut, man darf sicher dazu sagen, dass sie auch einen dankbaren Schnitt hat, einen ganz leicht asymmetrischen Bob. Den kann man gut etwas wachsen lassen, ohne dass es gleich wild aussieht. Ich habe ja einen Undercut, das sieht schnell mal so aus, als habe man auf dem Kopf ein kleines, felliges Nagetier versteckt und mit dem längeren Haupthaar zu verdecken versucht. Unschöne Situation. Sehr interessiert beobachte ich ja auch PolitikerInnen in Bezug auf ihre Frisuren, wobei mein Interesse nachließ, als mir auf Twitter jemand sagte, die würden schon für ihre Auftritte noch gepudert und so und Maskenbildner könnten auch mal eben kurz nachschneiden. Seitdem schaue ich mehr die Leute in meinen Videokonferenzen daraufhin an. Wie machen die das wohl, war hat auch eine Fünfzehneinhalbjährige mit einem überraschenden Händchen für Kurzhaarschnitte daheim? Auch in dieser Hinsicht werde ich sicher noch viel lernen in der nächsten Zeit.

    Mittwoch, 8. April 2020

    Eine der besten Ideen der letzten Zeit war die "regelmäßig-unregelmäßige" Verabredung mit zwei Freundinnen zum Erledigen von privatem Papierkram. Heute war der dritte Termin, jeder dauerte bisher so ca. zwei bis zweieinhalb Stunden. Wir treffen uns (in eine Google-Hangout) und dann nimmt sich jeder ein paar Papier vom "Stapel des Grauens" und erledigt sie halt. Bei Unschlüssigkeit zur Vorgehensweise wird einfach in die Runde gefragt und man erhält sofort eine qualifizierte Antwort wie "Wegwerfen!", "Anrufen!", "Mailen!". Und so geschieht es.

    Mein Akutstapel (also der, in dem Dinge sind, bei denen es noch auffällt, wenn man nicht reagiert) ist jetzt schon weg. Heute habe ich daher erstmals DIE KISTE geöffnet - es handelt sich dabei um einen Pappkarton mit den ungefähren Dimensionen 100x60x20 cm und darin ist das Papierzeug der letzten 1,5 Jahre, darunter hoffentlich nicht allzu viel, das zu bearbeiten wäre, aber einiges dann doch, einiges muss kontrollierte werden, anderes muss abgelegt werden und wieder weiteres brauche ich für die Steuererklärungen 2018 und 2019 (und evtl. auch 2017, mal sehen).

    Trotz DER KISTE bin ich aber schon jetzt entspannt. Ich kann jeden Tag an den Briefkasten gehen, ohne sofort angestrengt zu sein, denn ich lege die Post einfach um den Stapel und bearbeite sie zum nächsten - ja bereits vereinbarten - Termin. Mails ebenso, Rechnungen auch, was das Kind aus der Schule (wenn sie mal wieder stattfindet) und von den Vereinen mitbringt auch. So spukt es nicht mehr in meinem Kopf herum als "ich kann es heute Abend wirklich nicht erledigen denn ich bin so erschöpft aber ich habe Angst, ich vergesse es".

    Alles ist unter Kontrolle. Beste Idee des Jahres bisher!

    Dienstag, 7. April 2020

    Ich hätte vorher auf die Idee kommen sollen, dass ich bei Telefonkonferenzen, bei denen ich nur zuhören muss, auch spazieren gehen kann. So lief ich heute eine Stunde lang durch die Stadt.

    Vielleicht kann ich auf diese Weise auch Podcasts und Hörbücher hören?

    Montag, 6. April 2020
    WmdedgT 4/2020

    (Alles dazu hier bei Frau Brüllen.)

    Zum ersten Mal wachte ich heute um kurz nach 6 Uhr morgens auf, weil die Wohnungstür ins Schloss fiel. Herr N. lag neben mir, also stand ich auf, schaute mich um und bemerkte, dass das Kind die Wohnung unbefugt verlassen hatte. Bzw. unbefugt natürlich eigentlich nicht, mit fünfzehneinhalb darf man ja durchaus allein aus der Wohnung, nur überraschend, denn wo geht man denn um 6 Uhr sonntagsmorgens hin? Und das noch während Corona? Ich war verwirrt. Die Verwirrung löste sich aber auf, weil das wohlerzogenene Kind an strategischen Stellen in der Wohnung (Küchenblock, Bett, Flur vor der Wohungstür) sowie auf einem Handy Nachrichten zu seinem Verbleib hinterlassen hatte, die mir schlüssig erschienen. Also ging ich wieder schlafen.

    Das nächste Mal wachte ich um 10 Uhr auf, vom Wecker, das Kind war auch schon zurück, schnell duschen und frühstücken, schon wieder Eile, Eile, denn um 11:15 Uhr war Gesangsstunde. Meine Stimme ist zur Zeit ganz gut, das ist erwähnenswert, weil sie ja mehrere Wochen lang durch die Erkältung im Januar arg in Mitleidenschaft gezogen war. Ganz okay ist es noch immer nicht, die Höhen sind etwas heiser, dafür die Tiefen voller als vorher. Wir werden das beobachten. Der Gesangslehrer wünscht sich als nächstes Projekt "Speechless", den Song aus dem Aladdin-Film (den ich natürlich nicht gesehen habe, ich habe ja nie was gesehen).

    Im Anschluss fuhr ich mit M Dinge mit dem Auto erledigen, dann war es auch schon Zeit, Kuchen zu backen. Die Bananen mussten weg, es gab also Bananenbrot, das ja eigentlich Bananenkuchen ist, ich bin jedes mal etwas enttäuscht, weil ich Bananenbrot eigentlich viel besser fände als Bananenkuchen. Dieses Mal hatte ich noch nicht einmal Dinkelmehl, das war nicht zu bekommen. Ich nahm also Weizenmehl, ersetzte die Hälfte durch Haferflocken und ließ die Hälfte Zucker weg, damit es nicht ganz so kuchig würde. Dann noch Walnüsse hinein, mit dem Ergebnis war ich zufrieden.

    Nun war die Zeit gekommen, ein Buch zu lesen! Endlich, endlich, endlich. Ich saß dabei im Lesesessel, die Beine hochgelegt, nahm das Buch, begann zu lesen - und schlief ein. Am Buch lag das nicht. Ich hoffe wirklich, diese ständige Schlaferei lässt wieder nach. Das geht nicht, dass ich nun auch beim Lesen sofort einschlafe, es reicht völlig aus, dass mir das bei Fernsehen und Hörbüchern passiert, weitere Einschränkungen in dieser Hinsicht sind inakzeptabel!

    Nach einer guten Stunde, um kurz vor 4, wachte ich wieder auf und um 4 war ich zum digitalen Kaffee&Kuchen verabredet. Währenddessen genossen die Katzen die warme Sonne auf dem Balkon, schauen Sie hier:





    Ich glaube, das ging so etwa bis 19 Uhr, also nahtloser Übergang von Kaffee&Kuchen zum Abendessen. Nebenher überlegte ich, was es nächste Woche bis einschließlich Dienstag nach Ostern zu Essen geben solle, denn "das Internet" hatte mich darauf aufmerksam gemacht, ich solle weder Donnerstag noch Samstag einkaufen gehen, weil das alle täten. Seufz, seufz. Mittwoch werde ich auch nicht einkaufen können, da habe ich schon zu viele andere Termine, also bleiben Montag und Dienstag und ich mache es nun einfach gleich morgen, daher musste nun der Plan und der Einkaufszettel her, sehr anstrengend alles. Aber jetzt ist es geschafft und ich werde dann bis zum 14. April nicht mehr über Einkäufe nachdenken müssen, das hat natürlich viel Schönes! Und ab dem 14. April habe ich eine Woche Urlaub und dann auch sicher Energie, um neu nachzudenken und neu einzukaufen.

    Abendliches Elterntelefonat, sie sind noch gut gelaunt, das ist schön, ich habe schon wieder vergessen, zu erzählen, dass mir ein Ostergeschenk für M eingefallen ist. Aber es sind ja noch ein paar Tage und ein paar Telefonate bis Ostern.

    Anschließend muss das Kind nochmal was ausliefern und sowieso auch das Auto umgesetzt werden, ich hatte es mittags versehentlich im Hof stehen lassen und da muss es bis morgen früh um 8 verschwinden - glaube ich, ich bin nicht sicher, ob die Firma im Hinterhaus derzeit arbeitet, darauf werde ich morgen von meinem Home Office aus mal achten.

    Mittlerweile - jetzt 22:48 Uhr - bin ich wieder auf dem Sofa angekommen, würde gern nochmal eine Runde Lesen probieren aber habe eine Ahnung, dass ich weiß, wie das endet.

    Sonntag, 5. April 2020

    Fast genauso wie antizipiert trug es sich zu. Nur schlief ich morgens schon bis 11:30 Uhr, der Resttag war dementsprechend kurz.

    Das Auf-dem-Sofa-Sitzen fand statt, das Frühstück ebenfalls, das Lesen auch, dann wollte ich eigentlich den Mittagsschlaf ausfallen lassen, es geschah aber so, dass der Mittagsschlaf stattfand und der Spaziergang entfiel.

    Verabredung, Elternanruf, alles erledigt, sogar noch ein Freundinnenanruf, dann ein später (22 Uhr) Spaziergang zum Briefkasten.

    Gleich gehe ich wieder schlafen.

    Samstag, 4. April 2020

    Als erstes mal werde ich morgen lang schlafen. Ich plane nicht, vor 10 Uhr aufzustehen. Dann werde ich 1-2 Stunden mit Kaffee auf dem Sofa sitzen und den Kreislauf langsam hochfahren lassen. Brötchen zum späten Frühstück, danach werde ich ein Buch lesen.

    Am Nachmittag gehe ich spazieren und mache einen Mittagsschlaf - in welcher Reihenfolge entscheide ich spontan. Fest steht, dass ich zum Mittagsschlaf einfach so wegdämmern werde, weil ich versuchen werde, entspannt fernzusehen, was mir aber nicht gelingten wird, denn ich schlafe ja ein. Vielleicht wechsle ich nach dem ersten Einschlafen und Hochschrecken ins Bett.

    Um 17 Uhr habe ich eine Verabredung, danach mache ich Abendessen. Dabei rufe ich meine Eltern an und nach dem Abendessen werde ich auf dem Sofa, bzw. im Sessel, weiterlesen, bis ich wieder müde bin.

    Freitag, 3. April 2020

    Heute Morgen verschlafen, alle waren schon wach nur ich nicht und ich habe einfacht nichts gehört.

    Dieses Wochenende werde ich ein Wochenende haben, ich schwör!

    Donnerstag, 2. April 2020

    Frau Fragmente sitzt an ihrem Esstisch-jetzt-Homeoffice-Tisch und bloggt, ich sitze an meinem Schreibtisch-jetzt-Homeoffice-Tisch und blogge über Frau Fragmente. Ich sehe sie heute von der anderen Seite, sie hat die Kamera umgestellt, um mir "eine neue Perspektive zu eröffnen" und was ich als erstes sehe, ist die offene Spülmaschine. Ich werde weiter nichts dazu sagen.

    In der Küche ist aber auch noch ein Dings, das grün leuchtet. Was mag es sein? Es ist an der Mikrowelle oder neben der Mikrowelle, das Bild ist etwas pixelig, vielleicht ist es die Uhr an der Mikrowelle und wenn ja, hat Fragmente sie auf Sommerzeit umgestellt? Ich kann es nicht erkennen. Ein Korb ist noch in der Küche zu sehen und eine Zwiebel glaube ich, ein Glas mit irgendwas (Pesto? Marmelade) und ansonsten ist die Küche aufgeräumt, sie ist weiß und wirkt auf die Entfernung sehr sauber.

    Das erinnert mich daran, dass ich gerade mein Bad geputzt habe. Das habe ich seit etwa 15 Jahren nicht mehr gemacht und ich habe es nicht vermisst, werde das auch zukünftig nicht vermissen, die Tätigkeit hat mich rundum unzufrieden zurückgelassen. Aber egal, jetzt ist es sauber und jetzt läuft die Waschmaschine und auch die Spülmaschine und es ist ja eigentlich alles gut.

    Frau Fragmente hat das Kerzensortiment auf der Fensterbank des Fensters, das ich noch nie bewusst live gesehen habe, aufgestockt. Am Ende Stimmungs- oder Duftkerzen. Man weiß doch wirklich nie so viel über die Leute, wie man denkt.

    Frau Fragmente wird heute über einen bunten Strauße an Themen schreiben. Sie hatte auf Twitter gefragt, worüber sie bloggen könnte, und wählt nicht eine der Antworten aus, sondern bedient alle Interessen. Sehr geschickt. Mich wollte sie auch sofort vereinnahmen, trug mir Themen an, "das wäre doch auch mal interessant, wenn Du darüber schreiben würdest, nicht wahr?" sagte sie motivierend. Wir werden sehen.

    Zum einen wird Frau Fragmente heute überlegen, was sie eigentlich beruflich macht. Das sei ihr gar nicht so ganz klar, findet sie, sie wüsste nur, dass sie immer irgendwas macht und dafür auch Anerkennung erfährt, aber was ihre Rolle eigentlich ist, ist ihr unklar. Mir ist das hingegen relativ klar. Ich sehe Frau Fragmente als Business Enabler. Sie sorgt dafür, dass andere Leute möglichst störungsfrei ihrer Arbeit nachgehen können. Ob diese Störungen technischer, menschlicher oder fachlicher Natur sind ist dabei egal. Bei den Mitarbeitern behebt sie diese Störungen eher laufend, reaktiv, wenn sie ihr auffallen oder thematisiert werden und von ihren Chefs übernimmt sie störende Themen in Form von (teilweise antizipativen) Projekten. Ich finde das ganz eindeutig und auch logisch. Ich könnte auch besser arbeiten, wenn Frau Fragmente mir Störungen aus dem Weg räumen würde. Bin gespannt, ob sie das selbst auch noch erkennt, oder ob sie sich auf eine ganz falsche Fährte begibt, was ihre Arbeit betrifft.

    Ich selbst bekomme in meine berufliche Tätigkeit wieder etwas mehr Ruhe hinein. Es ist immer noch mehr als 100%, aber nicht mehr viel drüber. Die Corona-Krise verursacht nur noch ungefähr 1/3 Mehrbeit (und davon das meist im Bereich "Verzögerungen durch veränderte Abläufe und schlechtere Infrastruktur), jetzt ist aber natürlich viel anderes liegen geblieben und teilweise dringend geworden. Ich denke - und hoffe - das wird in den nächsten Tagen bis Wochen noch ein wenig abflachen. Ich würde gern mal wieder ein Buch lesen.

    Sowieso bin ich zunehmend genervt, und zwar (neben der Frisur) besonders vom Sprachgebrauch. Ich gehe mittlerweile an die Decke, wenn ich irgendwo "aufgrund der aktuellen Situation" oder "wegen der derzeitigen Umstände" lese und wünsche mir das etwas konkreter. Sowieso scheint mir Corona derzeit ein Grund für absolut alles zu sein, besonders auch für eigene Deppig- und Schludrigkeiten. So hörte ich heute z.B., dass jemand seine Online-Gehaltsabrechnung "in der aktuellen Lage" nicht abrufen könne und ich sie ihm daher bitte zuschicken sollte. Jemand anders konnte sich mit mir "aufgrund des aktuellen Geschehens" weder wie vereinbart zum Telefonat treffen noch vorher absagen. Ich fragte natürlich in beiden Fällen mit abnehmender Besorgnis genau nach und darf verraten: es handelte sich um ganz normale schlechte Organisation und nicht um eine Viruserkrankung. Ganz generell befürchte ich aber, wenn ich mich so umschaue, dass Corona nicht nur die Lunge sondern sehr oft auf den Kopf befällt und sich in jeden Gedanken frisst. Niemand hat mehr interessante Themen. Auch deshalb würde ich gerne mal wieder einfach ein Buch lesen.

    Tippelditipp macht Frau Fragmente, und neben ihr liegt ein Stift, so wie wir sie im Büro haben. Faber Castell Finepen blau. Ob sie den vor zig Jahren mitgehen lassen hat? Natürlich ganz sicher nicht. Und oh, da sehe ich gerade, sie hat auch ein ergonomisches Mauspad aber hat es falsch herum da liegen? Wie kommt das? Der Fidget-Spinner liegt auch wieder da, sie hat ein Glas mit Cola (light vermute ich) auf einer kleinen gelben Serviette und unter ihrem großen Bildschirm ist noch ein Dings, eine Art Kästchen, vielleicht ein Kurzzeitwecker? Dann wäre da ein Kurzzeitwecker zusätzlich zu der umgedrehten Sanduhr, ich schrieb letztes Mal über sie, dieses Mal wurde sie nicht umgedreht, was möglicherweise damit zusammenhing, dass wir einen ruckeligen Start hatten heute: Frau Fragmente war schon um 20 Uhr mit ihrem Tagwerk fertig, ich (wegen Bad putzen) aber erst um 21 Uhr, schaltet pünktlich das Hangout am Privatrechner, hatte aber die Webcam noch am Arbeitsrechner, Frau Fragmente verlangte dann nach Zoom statt Hangout, Zoom muss ich aber am Arbeitsrechner einrichten, ich wechselte also die Geräte, erinnerte mich dann, dass ich bereits Host in einem anderen Meeting war, bei dem ich aber nicht wirklich präsent sein musste, assignte daher dort einen anderen Host, eröffnete das neue Meeting mit Frau Fragmente am Arbeitsrechner, konnte ihr den Link aber weder über Twitter noch über Whatsapp schicken (weil beides nicht auf dem Arbeitsrechner installiert), schickte es mir selbst an die private Mailadresse und von da weiter an Frau Fragmente, loggte mich am Privatrechner im Meeting ein und machte meine private Mailadresse im Fragmentemeeting zum Host, loggte mich aus dem Arbeitsaccount wieder aus, kroch unter den Tisch um das heruntergefallene Webcam-Kabel zu suchen, steckte alles um - zapp, 6 Minuten vergangen. Vielleicht hat Frau Fragmente deshalb die Sanduhr nicht umgedreht. Die Zeit ist aber jetzt, würde ich sagen, um.

    Mittwoch, 1. April 2020

    Ich bin noch nicht dahinter gekommen, was das virtuelle Homeoffice mit @cucinacasalinga so überaus angenehm macht, also mal von der angenehmen Person abgesehen. Ich glaube, es hat damit zu tun, dass ich mich allein zu schnell in Dingen verliere, zu tief abtauche, zu sehr in den Sog gerate. Ich habe sozusagen das Gegenteil eines Konzentrationsproblems: ich komme aus dem Flow nicht mehr raus, bzw. erst, wenn ich ausgelutscht umfalle. Ich brauche ein bisschen Leben um mich herum, wenn ich für mich zu Hause Sachen erledige, höre ich öfters Radio, aber das geht beruflich nicht, weil ich so viel telefoniere. Jemand auf einem kleinen Bildschirm, der selbst auch telefoniert, Papiere zur Hand nimmt, die Brille auf- und absetzt, ab und zu aufsteht und weggeht und wiederkommt, das alles mit abgeschaltetem Ton, funktioniert für mich offensichtlich auch sehr gut.

    Dienstag, 31. März 2020

    Ich wollte heute eine kleine Liste von 10 Personen abtelefonieren und habe es nur bis zu Nummer 6 geschafft, weil wirklich sobald ich ein Gespräch beendet hatte, mein Telefon wieder geklingelt hat. Gut, vier geplante Telefontermine hatte ich auch, aber die lagen über den Tag verteilt, ich war sicher, ich könnte halt zwischendrin mal 10 Leute anrufen. Konnte ich aber nicht. Brrmmm, brrrrm - oder so, ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie das Telefonklingeln am Computer sich anhört? Verblüffend, das fällt mir gerade erst auf. Ich muss da morgen mal drauf achten.

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