• Privatbloggen an: novemberregen @ gmail.com
  • | Twitter: @novemberregen
    Samstag, 5. Dezember 2015
    Blogging November - 1487 (WmdedgT 12/2015)

    (Was WmdedgT ist und die anderen finden Sie hier).

    Der letzte WmdedgT in diesem Jahr fällt auf meinen vermutlich ruhigsten Tag 2015 überhaupt, oder zumindest soweit ich mich erinnern kann.

    Um 8 Uhr wachte ich neben Mademoiselle auf der Schlafcouch in meinem alten Kinderzimmer von den Kirchenglocken auf. Ich knallte das Fenster zu, Mademoiselle und ich meckerten über den Lärm und beschlossen dann, uns ein wenig zu sammeln, es ist nämlich bei Mama N. und Papa N. nicht möglich, aufzustehen und erstmal langsam zu machen und in den Tag zu finden, nein: sobald man die Tür öffnet, prasselt Gespräch auf einen ein. Kaffee oder Tee? Rührei oder Spiegelei? Hast du gut geschlafen? War euch kalt? Soll ich die Brötchen schon aufbacken? Ich muss dir gleich mal was am Laptop zeigen! Was wünschst du dir eigentlich zu Weihnachten?

    Etwas Sammeln also, dann Badezimmer und Frühstück, dann: Weihnachtsbäckerei. Schleichend hat sich die Weihnachtsbäckerei über die letzten Jahre nicht reduziert, aber umorganisiert. Vor ein paar Jahren wurde noch von Sonnenaufgang bis mindestens Einbruch der Dunkelheit gebacken, mittlerweile planen wir, zum Mittagessen fertig zu sein, Papa N. backt ausgleichend in den letzten Novemberwochen schon einmal vor, aber die langen Backstubentage sind ihm zu anstrengend geworden. Besinnlich können wir nämlich noch immer nicht.

    Ich bekomme dieses Jahr eine Spezialaufgabe: ein Freund von Papa N. möchte seinem Enkelkind ein Knusperhäuschen bauen, ist aber am Bausatz gescheitert. Die Papierstücke sind mittlerweile nicht mehr vollständig, es wird also jemand gesucht, der inmitten des Backwahns den passenden Giebel zu den vorhandenen Seitenwänden konstruiert und einen Kamin entwirft sowie den Lebkuchenteig entsprechend zuschneidet. Das ist meine Aufgabe, es klappt ganz gut außer dass Papa N und ich in einen Disput bezüglich der Teigstärke des Daches geraten: ich finde, nicht zu dünn, sonst biegt es sich durch, er findet nicht zu dick, sonst wird es zu schwer und die Seitenwände werden instabil. Natürlich wird am Ende gemacht, was Papa N. will, er ist der Bäckermeister.

    Gegen Mittag ist fertig gebacken, am freigeräumten Küchentisch gibt es Spaghetti Bolognese, überall in der Wohnung stehen nun Bleche mit Plätzchen, auf denen die verschiedensten Glasturen trocknen. Nach einer angemessenen Ruhephase - die Familie liegt verteilt auf Sofas, Betten und der Küchenbank - beginnt der Einpackmarathon, dann Zuckergussentfernung von allen Möbeln und Personen, dann entspanntes Herumsitzen.

    3152 Schritte, Stand 21:23 Uhr. Und ich wüsste nicht, wo ich heute noch hingehen sollte.

    Samstag, 5. Dezember 2015
    Blogging November - 1486

    Als ich heute Einkaufen war - in dem Supermarkt, in dem früher immer die total verrückten Verkäuferinnen waren, aber seit der Renovierung nicht mehr - fiel mir ein, dass am Wochenende wohl Nikolaus ist.

    Nikolaus, herrje, da braucht man ja irgendwas für in den Stiefel vor der Tür. Und Nikolaus, herrje, ich bin ja am Wochenende bei Papa und Mama N., zwecks Weihnachtsbäckerei, da müssen die beiden natürlich auch etwas in ihre Schuhe bekommen, das Kind wird nämlich darauf bestehen, dass sie die geputzt rausstellen, und dass dann am nächsten Morgen nichts drin ist, geht natürlich nicht.

    Also fuhr ich als erstes den Gang mit den weihnachtlichen Schokoladenutensilien an, dabei dachte ich nach. Ich dachte ungefähr: Das Kind isst so Schokoladenzeug sowieso nicht, neulich hat sich noch jemand über die Osterhasen in der Küche lustig gemacht und die Halloweenschüssel steht auch noch herum, also am besten irgendwas, das sie wirklich mag, Traubenzucker oder Gummibärchen, aber das ist nicht nikolausartig, ich könnte den Schuh mit Mandarinen und Nüssen auffüllen, aber es ist albern, Mandarinen und Nüsse nach Düsseldorf zu transportieren, meine Eltern haben sowas doch sowieso da, außerdem isst Mademoiselle die Mandarinen auch nicht mehr, weil sie neulich an einem Nachmittag zwei Netze auf einmal gegessen und seitdem keinen Appetit mehr darauf hat, und die Nüsse würde sie von mir geknackt und filetiert haben wollen, das ist mir zu anstrengend und wenn wir sie nicht essen, schießen die Katzen sie durch die Wohnung. Vielleicht einen kleinen Kinderschokoladenweihnachtsmann, das mag sie ganz gern. Ich mag das auch gern, für mich kann ich auch so einen kaufen. Für mich könnte ich auch Mozarkugeln oder Trüffelpralinen kaufen, auch wenn ich akut mehr Appetit auf Kartoffelchips habe. Oder auf einen Smoothie mit Minze, aber nicht mit Gemüse. Minze und Kiwi wäre gut. Aber ich muss mich ja jetzt um Nikolaus kümmern. Für Mama N. Mon Chérie, das ist gesetzt, das isst sie immer, aber wenig, also eine kleine Packung. Hm, auf der kleinen Packung steht "Vielen Dank", das ist jetzt aber unpraktisch. Vielleicht doch die große. Oder den kleinen Riegel, der an der Kasse liegt. Aber der ist schon sehr klein. Erstmal schau ich nach Papa N. Der mag Geleefrüchte, wie blöd, dass ich die nicht in dem Laden neben dem Büro gekauft habe, da sind sie am allerbesten, es hätte ja auch mal wer sagen können, dass Nikolaus ist! Andererseits isst das Kind ihm die sowieso immer weg. Vielleicht kaufe ich ihm lieber Schumacher Alt, das gibt es aber nur an dem Kiosk weit weg, und dann muss er das Leergut dahin bringen, das ist ihm eigentlich zu weit, und einfach stehenlassen bis ich das nächste Mal komme, das will er nicht. Vielleicht könnte er es sofort trinken, während ich noch da bin, dann kann ich die leere Flasche noch wegbringen, aber das wird er nicht wollen, bzw. dann will er mir etwas abgeben und das will ich wieder nicht, vielleicht doch die Geleefrüchte. Und was ist mit Schwester N., die mag diese rosa Dinger, die sind hier nicht, die mag auch Schokolinsen, aber die sehen so billig aus, vielleicht mag sie auch After Eight Sticks, ach nein, die mag sie nicht, weil sie ja keine Bitterschokolade mag. Vielleicht kommt sie auch gar nicht? Aber wenn sie kommt wird es dann auch Nikolausfrühstück geben. Natürlich gibt es Frühstück in jedem Fall, aber es wird auch immer irgendwie benannt. Im Zweifel: Sonntagsfrühstück. Oder: Familienfrühstück. Oder, wenn viele Kinder da sind: Schwesternfrühstück. Dieses Wochenende werden wir Geburtstagsfrühstück (meiner, nachgeholt) haben, nämlich Samstag, und Sonntag dann wohl Nikolausfrühstück. So viel ist sicher. Und dann wäre es doch schön, wenn so kleine Nikoläuse auf den Tellern säßen, aber jetzt gibt es hier unendlich viele verschiedene kleine Nikoläuse oder Engel der Bären, wieso eigentlich Bären, das ergibt doch gar keinen Sinn. Und alle sind zu 5. gepackt, dabei sind wir doch 6, dann hab ich entweder einen zu wenig, das wäre ok, ich brauche keinen, aber es ist nicht stimmungsvoll, oder ich habe 4 zu viel, ich kann es nicht leiden, wenn Sachen zu viel sind. Achso, wir sind ja doch nur 5. Und hier sind noch Nikoläuse, die irgendwie anders aussehen, nicht rot-weiß sondern grün mit Sonnenbrillen, die finde ich gerade witzig, aber wie werde ich sie Sonntagmorgen finden, ich hab doch gerade neulich festsgestellt, dass ich Dinge morgens ganz anders finde als abends, zum Beispiel auch den Gedanken, noch eine Stunde wach zu bleiben oder noch ein Bier zu trinken, da denke ich abends immer, dass ich morgens bestimmt noch eine Stunde wachgeblieben und ein Bier getrunken haben wollen würde, aber morgens ist es dann ganz anders, enorm verwirrend ist das. Gibt ja Leute, die schreiben Briefe an ihr Ich vor 30 Jahren, dass alles gut wird, vielleicht sollte ich morgens mal einen Brief an mein Abend-Ich schreiben, dass alles furchtbar wird und ich schlafen gehen soll.

    Also so ungefähr dachte ich. Zwischendurch spielte ich, um die Reizüberflutung in den Griff zu bekommen, ein paar Züge Wordfeud, dabei fiel mir auf, dass ich gegen eine Unmenge an Personen spiele und nur bei sehr, sehr wenigen weiß, wo der Anknüpfpunkt ist, also ob sie Blogleser sind oder persönlich bekannt oder zufällig mit mir spielen. Wollen diese ganzen Spielerinnen und Spieler, selbst das weiß ich ja teilweise nicht, sich nicht mal outen? Sowieso die, gegen die ich immer so hoch verliere, dass ich Angst habe, sie werden meiner bald überdrüssig? Wie auch immer, das Denken und Spielen dauerte nicht lang, aber schon so etwa vier bis fünf Minuten, in dieser Zeit stand ich da und machte immer mal kurz einen Ausfallschritt, zuckte zurück, runzelte die Stirn, fuchtelte mit den Händen, murmelte Wortfetzen, ließ den Blick schweifen, wischte übers Handy.

    Vor dem Weihnachtssortiment stand ein älterer Herr mit seiner (vermutlich) Frau und er sprach mich an:

    Herr: Stehe ich Ihnen im Weg - möchten Sie hier hin?

    Frau N: Ou - ich habe ehrlich gesagt nicht die geringste Ahnung, was ich überhaupt möchte! Bitte ignorieren Sie mich einfach.

    Herr - zu seiner (vermutlich) Frau: Siehst du, Inge - das hab ich ja in den letzten 50 Jahren von dir nicht gehört, dabei ist das bei euch Frauen doch immer genau so!

    Zwei etwas jüngere Herren, die bis dahin unbemerkt hinter dem Weihnachtsmannpappaufsteller gestanden hatten (oder darunter im Staub herumgekrochen waren, was weiß ich) traten hervor und applaudierten.

    Donnerstag, 3. Dezember 2015
    Blogging November - 1485

    Verursacht durch zu langsames Denken in einem Entscheidungsprozess nahm ich heute morgen um 6 Uhr an einer Telefonkonferenz teil. War eigentlich nicht so schlimm, das Fitnessdingsi behauptet sowieso, ich wäre schon seit 4:54 Uhr wach gewesen. Daran kann ich mich überhaupt nicht erinnern, aber das heißt ja bekanntlich nichts, ich kann mich ja auch nicht erinnern, morgens 5000 Schritte in der Wohnung herumzurennen. Jedenfalls machte es mir fast gar nichts aus, um 6 Uhr morgens einen halbstündigen Monolog über die Größe von geschredderten Papierfetzchen sowie die Richtung des Schredderns anzuhören.

    Vielleicht war das alles aber auch in der Stunde, in der das Dingsi sagte, ich wäre schon wach, obwohl ich es noch gar nicht war. Vielleicht war das alles nur ein Alptraum.

    Mittwoch, 2. Dezember 2015
    Blogging November - 1484

    Unter anderem habe ich zum Geburtstag so ein Fitness-Dingsi bekommen, das man als Armband anlegt, eher vielleicht als Armbanduhr, es zeigt nämlich auch die Uhrzeit an. Und ist blau, das macht es generell schon einmal gut.

    Viele Erkenntnisse konnte ich noch nicht sammeln - eventuell hat die Kraulschwimmpartnerin schon mehr, sie hat mich nämlich damit befreundet und sagt, ich habe meine Daten nicht eingeschränkt, leider konnte und kann ich mich darum aber nicht kümmern, weil ich mit ihr gerade ein, hm, instruktives Backgammonspiel erlebt habe und mich seit ungefähr Runde 4 zwecks Vermeidung des absoluten Kontrollverlusts mental an meinen Safe Place (den mit den Entchen) begeben habe.

    Zwei Dinge habe ich aber schon herausgefunden und die sind geradezu verblüffend:

    1. - Wenn ich morgens das Haus verlasse bin ich schon 5000 Schritte gegangen. Wie das kommt, kann ich mir nicht erklären, die Wohnung ist zwar geräumig, aber doch nicht palastartig. Es verstärkt ein bisschen das Bild von einem großen Eichhörnchen auf Speed, das ich manchmal von mir habe.

    2. - Mein Puls ist tagsüber im Büro deutlich niedriger als nachts, wenn ich im Bett liege. Auch das kann ich mir nicht erklären, außer vielleicht als eine über die Jahre antrainierte Bewältigungsstrategie.

    Mittwoch, 2. Dezember 2015
    Blogging November - 1483

    Zu meinem großen Bedauern muss ich mitteilen, dass mir heute leider überhaupt nichts Aufregendes begegnet ist. Obwohl ich mir alle Mühe gegeben habe. Im Büro habe ich sogar auf die Frage einer Person, ob sie mich mal 5 Minuten anschreien dürfe, mittelmäßig enthusiastisch mit "ja klar" geantwortet und gerade eben den Wäscheberg des Jahrhunderts zusammengelegt in der Hoffnung, dabei noch etwas zu erleben, worüber ich zumindest jammern könnte - die meisten Unfälle passieren schließlich im Haushalt. Aber: nichts.

    Mehr kann ich nicht tun.

    Montag, 30. November 2015
    Blogging November - 1482

    Wieso ich jeden Abend auf dem Sofa sitze und vor mich hindenke, wie ich morgen früh Lust auf Tee haben werde, mir sogar schon überlege, welcher Tee es sein wird, wenn ich viel Zeit habe auch, aus welcher Tasse ich ihn trinken werde. Und am nächsten Morgen trinke ich erstmal gar nichts, weil ich, bevor ich nicht angemessen hektisch herumgerannt bin nichts zu mir nehmen kann und danach habe ich Lust auf Kaffee, nie auf Tee. Das werde ich so schnell nicht verstehen. Vielleicht ist das mit dem Tee so eine ähnliche irrige Annahme, wie wenn man sich abends denkt, dass man am nächsten Morgen sicherlich früh aufstehen und Sport treiben möchte. Oder sich in besonders ausgewählte Kleidung hüllen. Wo es doch schon Hochleistungssport ist, sich überhaupt pünktlich in irgendwelche angemessene Kleidung zu werfen.

    Ich muss ein bisschen mehr schlafen.

    Montag, 30. November 2015
    Blogging November - 1481

    Im Haushalt meiner Kindheit gab es einige Dinge im Überfluss, nämlich Messer, Spritzbeutel und Stielkämme. Messer- und Spritzbeutelmanager ist natürlich Papa N., Mama N. hingegen ist Stielkammlady No. 1. Stielkämme - also feine Plastikkämme mit einem sehr dünnen Metallstiel als Griff - hat sie überall: in jeder Handtasche (klappbar), in jedem Raum, neben jedem Spiegel, im Bad und ein paar im Vorrat. Und einer lag im Flur auf dem Schlüsselbrett neben der Tür, um rasch noch (mit dem Stiel) die Locken zu ordnen, bevor es rausgeht bzw. bei den Kindern rrrrrratsch (mit den Zinken, haha, Zinken), den Scheitel nachzuziehen, damit alles ordentlich ist. Und vier Spritzer LouLou, tschp tschp links, tschp tschp rechts, nur für Mama N., aber damit war sichergestellt, dass alle fluchtartig zügig die Wohnung verlassen.

    Abseits des rrrrrratsch handhabte Papa N. den Stielkamm an den Kindern. An den Winter kann ich mich nicht erinnern, im Sommer war es so: barfuß auf dem Spielpatz, wenn man rennt, gerade auf Asphalt, bummst es so merkwürdig von der Ferse in den Kopf, man rennt, weil man zu Hause sein soll, wenn die Kirchturmuhr 6 schlägt, dann in die Badewanne, an den Zehen ist der Staub so lustig in die Hautfurchen eingedrungen, an den Knien weicht der Schorf auf, das Wasser ist hinterher trüb und dann sind natürlich auch die langen Haare verklettet. Die entwirrt Papa N. vor dem Fernseher, mit dem Stielkamm, in der Erinnerung läuft für immer "Ein Colt für alle Fälle" und es gibt Graubrot mit Banane und Käsewürfel und ein Glas Milch. Einmal Haare entwirren dauert relativ genau eine Folge lang.

    Irgendwann bekam ich einen eigenen Stielkamm in 80er-Jahre-Pink, es müssen die späten 80er gewesen sein, das war nämlich anlässlich meiner Frisur, die aus toupiert und abrasiert bestand, aber Mama N. hatte den Grundsatz, ihre Kinder in allen ihren Interessen zu unterstützen, Hauptsache, die Frisur sitzt. Und dann fand noch irgendwann ein schwarzer Stielkamm den Weg zu mir, ich weiß nicht wie oder warum. Und jetzt habe ich ja auch ein Kind mit langen Haaren, die verkletten und die manchmal auch in absurde Frisuren angeordnet werden müssen, für Turnwettkämpfe, und um diese Frisuren herzustellen, konsultiere ich Youtube-Videos und verwende dann den Stielkamm.

    Der schwarze Stielkamm verschwand jedoch irgendwann. Als wir aus Stockholm zurückkehrten, war er weg. Das war Ostern 2014. Ich war etwas unglücklich, nicht wegen des Verlustes an sich, sondern weil ich lieber den pinkfarbenen verloren hätte. Andererseits benötigt eben Mademoiselle den Stilkamm viel häufiger als ich, ich seit dem Haareabschneiden nämlich gar nicht mehr, und sie findet pink gut.

    Nur war vor etwa zwei Wochen auch Pink verschwunden. Spurlos. Sehr mysteriös.

    Wir behalfen uns mit dem Opa-Kamm. Der Opa-Kamm ist ein uralter Kamm, den mein Opa immer in der Hosentasche trug. Oder Hemdtasche, ich weiß nicht genau, denn ich habe diesen Opa nie kennengelernt, er starb ein paar Tage vor meiner Geburt. Niemand ist in meiner Familie esoterisch veranlagt, aber alle behaupten, dieser Opa wäre teilweise in mir wieder da, besonders seine, ähm, Temperamentsausbrüche, und ich soll ihm auch sehr ähnlich sehen. Also bekam ich irgendwann den Opa-Kamm als Erbstück und ich holte ihn hervor, als Schwarz und Pink verschwunden waren, um das Kind zu frisieren. Nur machte mich das etwas nervös, zum einen möchte ich den Opa-Kamm nicht auch noch verlieren, zum anderen steckt er in einer rötlich-braunen Hülle, die, sobald sie mit Feuchtigkeit in Berührung kommt, alles um sich herum knallrot verfärbt.

    Vorgestern ging das Kind spät zu Bett, wusch vorher noch die Haare, ich kämmte ihre Haare mit dem Opa-Kamm aus, die Ablage ums Waschbecken war rot verfärbt und später beim Zähneputzen überlegte ich mir, dass es nicht sein kann, dass Schwarz und Pink weg sind. Gesucht hatte ich aber schon hundertmal, also dachte ich, ich probiere es mit Nachdenken. Dementsprechend stand ich vor dem Spiegel, unbeweglich (so kann ich am besten denken), die Zahnbürste in der Hand, Schaum tropfte mir aus dem Mund, dachte nach und kam zu dem Schluss: Pink wird im Stifteköcher neben der Kaffeemaschine in der Küche sein. An dieser Stelle scheitele ich nämlich immer Mademoiselle, natürlich habe ich dabei Kamm mit Stift verwechselt und ihn dort hineingestopft. Es konnte gar nicht anders sein.

    Ich ging also in die Küche, um Pink aus dem Stiftekköcher zurück ins Bad zu transferieren, nur: ich hatte falsch gedacht. Pink war dort nicht. Verärgert über meine minderwertige Denkleistung ging ich schlafen.

    Am nächsten Morgen wachte ich auf. Irgendwie hatte ich mir im Schlaf einen Fingernagel eingerissen. Ich griff im Bad in meinen Kulturbeutel, tastete nach der Nagelfeile und rammte mir dabei irgendwas unter einen anderen Nagel. Als ich das Irgendwas hervorzog sah ich: es war Schwarz. Kurz setzte ich mich auf den Badewannenrand, um zu reflektieren: Völlig unmöglich, Schwarz war seit über einem Jahr weg, in dieser Zeit hatte ich den Kulturbeutel nicht nur in mindestens drei europäischen Ländern verwendet, sondern sogar auch zweimal zum Waschen komplett leer geräumt. Wirklich, absolut ausgeschlossen, die Chance, dass Schwarz darin ist, weit unter Null. Aber der Realität sind Wahrscheinlichkeiten scheißegal. Schwarz war wieder da.

    Ich stand vom Badewannenrand auf und sah aus dem Augenwinkel etwas Rosarötliches unter dem Waschtisch liegen. Vermutlich ein Katzenbällchen. Ich stieß mit dem Fuß danach und das Ding piekte mit in den Zeh. Es war Pink. Pink lag unter dem Waschtisch. Unter dem ich neulich noch aufgewischt hatte, weil ich ja den Abfluss wegen irgendwas auseinanderschrauben musste. Und die Putzfrau war seit dem Verschwinden von Pink mindestens zweimal dagewesen, und die ist gründlich. Kann alles überhaupt nicht sein.

    Diese Geschichte hat keine Pointe. Ich beobachte Schwarz und Pink jetzt sehr genau. Pink liegt bislang regungslos auf der Dose mit den Haargummis. Schwarz ist ein Stück die Wand emporgeklettert und hat sich hinter der kleinen Zahnputzsanduhr von Mademoiselle verfangen, die dort an den Fliesen angebracht ist. Ich denke, das deutet auf einen erneuten Fluchtversuch hin.

    Samstag, 28. November 2015
    Blogging November - 1480

    Ich bin ja sehr viel entspannter geworden in den letzten Jahren. So weit, dass ich noch unter der Dusche stehe, wenn der Besuch kommt, bin ich aber lange nicht.

    Allerdings hatte ich heute noch nasse Haare.

    Freitag, 27. November 2015
    Blogging November - 1479

    Angesichts der vorzubereitenden Feierlichkeiten bin ich recht beschäftigt heute. Kleiner Tipp: wenn man ganz bestimmte Speisen zubereiten möchte, die man aber meist nur einmal im Jahr kocht, lohnt es sich, vor dem Einkauf der Zutaten schon einmal ins Rezept zu schauen. Manchmal erinnert man sich gar nicht so detailliert, wie man eigentlich dachte. Jetzt gibt es also Essen "in the style of". Schaumermal.

    Besonders hervorheben möchte ich aber die Leistung des Wetters, das auf dem Balkon exakt die Temperatur in meinem Kühlschrank reproduziert hat. Also 5 Grad. Ich habe jetzt also einen begehbaren Kühlschrank. Für Bier!

    Mittwoch, 25. November 2015
    Blogging November - 1485

    Mit nicht geringem Stolz verkünde ich: ich habe heute endlich eine sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für das Feature "Migräneanfall" gefunden. Und zwar kann man, wenn das sowieso gerade läuft, auch noch rasch zum Augenbrauenzupfen gehen. Auf diese minimale Unannehmlichkeit kommt es dann nämlich wirklich nicht mehr an.

    November seit 6819 Tagen

    Letzter Regen: 20. November 2024, 21:47 Uhr