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    Mittwoch, 17. Juli 2013
    Blogging November - 602

    Heute im Palmengarten gab es eine Situation, die nur auf einer kompletten Fehleinschätzung durch Frau Herzbruch beruhen konnte.

    Es war so: Frau Herzbruch war bereits mit den Kindern auf dem Wasserspielplatz, als ich frisch aus dem klimatisierten Rapunzelturm hinzustieß. Die Kinder plantschen fröhlich im Wasser, Frau Herzbruch saß mit sprechendem Gesichtsausdruck auf einem Mäuerchen. Sie hasste. Und zur Begrüßung sagte sie etwas wie "Als Du Wasserspielplatz sagtest, hatte ich vergessen, dass hinter Wasser noch der zweite Teil des Kompositums kommt und jetzt ist es ja so, dass ich nie auf Spielplätze gehe, weil ich mich dann immer so ärgern muss!" Natürlich erkundigte ich mich sofort mitfühlend, was vorgefallen sei, und Frau Herzbruch verwies auf eine Sitzbank, auf der eine Tasche stand. Zu jeder Seite der Bank war ein Buggy geparkt, Menschen saßen weder auf der Bank noch im Buggy. Ich erfuhr, dass zwei Japanerinnen diese Bank mittels der Tasche für sich reserviert, aber seit mehreren Stunden dort nicht gesessen hätten. Frau Herzbruch wollte lieber auf der Bank sitzen als auf dem Mäuerchen, wollte sich aber nicht streiten.

    Während ich noch überlegte, ob ich das sehr bequeme, schattige Mäuerchen überhaupt aus empathischen Gründen gegen eine nur halbschattige Sitzbank eintauschen wollen würde, fuhr eine Bimmelbahn vor, Ona Herzbruch wollte Bahn fahren, es war alles sehr spontan und wir hatten massig Gepäck, im selben Moment kam Herr N. an, ich rannte zur Bahn und besprach mit dem Fahrer, wann die Bahn das nächste Mal kommt und da wurde ich signifikant vom Bahnfahrer angeschwindelt, er sagte nämlich etwas wie "um Viertel vor Sechs fahr ich nochmal, aber nur noch hin, nicht mehr zurück!", so dass wir uns alle sehr beeilten, die Kinder einzusammeln und in die Bahn zu hechten, Herrn N. mit Gepäck zurückließen, zahlten, zweimal den Waggon und dreimal das Abteil wechselten. Danach war die Bimmelbahnfahrt komplett uninteressant und später fuhr die Bahn noch etwa hundert Mal hin und her, auch noch nach Viertel vor Sechs, aber das nur nebenbei.

    Von der Bahn zurück war das Mäuerchen besetzt. Die Bank war aber immer noch - bis auf die Tasche - frei, so dass ich mich natürlich auf die Bank setzte. Dann musste ich einen kurzen Moment angestrengt arbeiten, ich habe bald Urlaub und ein paar Sachen sind noch mit Zeitverschiebung zu klären, ich war also kurz, aber intensiv, geistig abwesend. Als ich wieder zu mir kam, sah ich mich um, vermisste Frau Herzbruch und fragte mich, wo sie wohl sei. Da fielen mir die Japanerinnen wieder ein. Wo waren die eigentlich? Hatten Sie Frau Herzbruch verschleppt? Frau Herzbruch hatte im Zuge ihrer Bahnktirade erwähnt, körperlich wären die Taschenbesistzerinnen uns keinesfalls gewachsen, dass sie es verbal mit uns aufnehmen könnten, hielt ich für außerordentlich zweifelhaft, aber ich hatte die Japanerinnen ja noch gar nicht gesehen, vielleicht waren es auch gar keine, sondern walkürenhafte Däninnen? Oder noch schlimmer, liegenreservierungserprobte Mallorcadeutsche? Ob es doch zu körperlichen Auseinandersetzungen kommen würde oder möglicherweise schon gekommen war? War asiatische Kampkunst im Spiel? Aber das konnte ja alles gar nicht sein. Es ist nichts Streitwürdiges dabei, sich auf einem Spielplatz auf eine Bank zu setzen, auf der eine Tasche steht. Zusätzlich ist es auch überhaupt nicht akzeptiert, auf auf Spielplätzen Bänke zu reservieren, in deren Nähe man danach Stunden am Stück überhaupt nicht kommt. Es konnte sich also nur um ein Missverständnis handeln.

    Als ich mich derart beruhigt hatte, kam Frau Herzbruch auch schon zurück, setzte sich neben mich auf die Bank und zeigte mir die zwölf anwesenden wasserspielenden Kleinkinder namens "Paula". Später tauchten tatsächlich auch zwei Japanerinnen auf, denen die Buggys und die Tasche gehörten. Sie begannen aber keinen Streit - warum hätten sie das auch tun sollen. Es war ja alles ganz normal. Frau Herzbruch, die neben der Tasche saß, behauptete im Nachhinein allerdings, die Damen wären auffällig unhöflich gewesen, die eine habe andauernd stark geseufzt und sie unter anderem auch angerempelt, ohne sich zu entschuldigen. Vielleicht hatte sie Zahnschmerzen oder war einfach etwas grobmotorisch? Ich kann mir jedenfalls nach wie vor nicht vorstellen, dass das in irgendeiner Weise mit dem Reservierungsversuch einer Bank in Zusammenhang gestanden haben könnte. Wie absurd wäre das denn?

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