Man kann lange darüber nachdenken, wann bei einem Blind Date der beste Zeitpunkt ist, die bedeutungsschweren Worte "Übrigens - Kaffee später geht nicht." zu äußern. Gleich am Anfang? "Bist Du soundso? Ah - übrigens: Kaffee geht nicht!" Oder am Ende, wenn man schon vor der Haustür steht? Oder irgendwann mittendrin, quasi zusammenhanglos - "Moment, hat nix damit zu tun aber ich muss noch was sagen: Kaffee geht nicht!"? Es ist schwierig.
Schwierig auch die Frage, wie lange ein zurückliegendes Ereignis überhaupt noch berichtenswert ist. Aber dann gibt es natürlich Ereignisse, über die man sich auch im Nachhinein noch immer wieder ausschütten möchte vor lachen, solche die etwa mit den an einen irritieren Kellner gerichteten Worten "Äh - Sie haben nicht zufällig eine Reservierung für 4 Personen auf den Namen Herzbruch?" Nein, hatte er nicht, bot aber an wir könnten schauen, ob die Herrschaften schon da sind, was ich ihm als schwierig erklärte, weil wir die Herrschaften ja nicht kannten. Dann bitte zwei Bier. Er brachte mir nur eins - war sich wohl nicht sicher, ob die durchs Lokal streunende Begleitung zu der merkwürdigen Verabredung zurückkehren würde.
Wenn so ein Ereignis dann mit den Worten "Oh, hier an der Ecke wurde ich mal verhaftet! Aber das erzähl ich beim nächsten Mal." endet, das Gegenüber dann gleich mit "Ich wurde mal in Dingens und Dingens und Dingens verhaftet, aber das erzähl ich auch beim nächsten Mal" kontert ist klar, dass vermutlich auch das Dazwischen nicht langweilig war. Aber gutes Essen soll man nicht aufwärmen.
Nur Travel Pussy wollte ich noch googeln, denn 3 Euro war mir meine Neugierde diesbezüglich dann doch nicht wert.
Heute auf dem Fahrrad (die genauen Zusammenhänge führen zu weit, aber wir wissen: ich fahre offensiv!) fiel mir auf, dass ich beim Ave Maria früher, so im Grundschulalter, immer etwas falsch verstanden habe. Und zwar, gleich im zweiten Halbsatz: "voll der Wahnsinn".
Klingt ja auch cooler.
Nach 3 Monaten habe ich mich heute einem weiteren Friseurtest unterzogen - es passte gerade so gut, denn es war Zeit, ein 50%-Gutschein und ein freier Termin vorhanden. Zwar konnte niemand aus meinem Bekanntenkreis mit Erfahrungen mit dem Salon aufwarten, aber die Internetrecherche ergab nicht durchweg Entmutigendes.
Die angestellten Damen waren in kurze, ballonartige Rüschenkleider gewandet, die sie grellgelben und pinkfarbenen Vogel Sträußen gleichen ließen und waren zunächst mal fürs Waschen zuständig. Der Meister selbst, der mich - wenn ich saß - um etwa einen halben Kopf überragte, gehörte zu den Jammerern seiner Zunft. Haben Sie sicher auch schon erlebt: zunächst wird eine Strähne hochgehalten, kritisch beäugt und gefragt: "wer hat das denn beim letzten Mal geschnitten?". Nach der Absprache, was gemacht werden soll, folgt ein stummer, aber ausdrucksstark-schwerer Blick und dann die Worte: "Sie haben sehr feines/schweres/widerspenstiges/sprödes/empfindliches/schütteres/viel (1-2 Optionen auszuwählen) Haar. Ich finde mein Haar absolut normal, angenehm und unkompliziert, verstehe aber, dass diese Taktik der Erhöhung des eigenen Arbeitsproduktes dient: Je schwieriger der Fall vorab dargestellt wird, umso höher ist im Nachhinein der fertige - selbstverständlich immer gelungene und absolut passende - Schnitt zu preisen. Ich habe also Verständnis und antworte stets "Jaja".
Der gute Mann seufzte noch ein bisschen und schnitt dann wie im Comic: schnipp-schnipp-schnipp - die Haare flogen nach allen Seiten, brrrrrrrrrrp, zapp, fertich. Föhnen macht der gelbe Vogel Strauß. Mit einer Menge Bürsten und der Frage, ob sie mir die einzelnen Schritte für zu Hause erklären soll. Nein danke, ich habe nämlich überhaupt keine einzige Rundbürste zu Hause. Außerdem hatte schon der Vogel Strauß Probleme, die Bürsten überhaupt wieder aus den Haaren zu kriegen. Zwischenzeitlich hatte ich mehr Haare als Kopf, quasi ein mindestens 30cm hoch aufgetürmtes (Straußen?-)Nest aus Haar. Der kleine Meister griff nochmal ein, schnalzte die Bürsten mit einer Handgelenksdrehung elegant heraus, verscheuchte den Vogel Strauß, grabbelte mit den Händen wüst in der Frisur und machte mit den Fingern einen Scheitel, brrrrrp, zapp, fertich.
Ging alles sehr schnell. Der Kaffee war gut. Beim Waschen saß man in einem Massagesessel. Geh ich vielleicht wieder hin.
Ich bin am Wochenende allein. Also, so ganz allein. Bevor Sie jetzt das große Gähnen kriegen - grob überschlagen ist es das erste Wochenende seit 5 Jahren, das ich komplett allein verbringe (solche ohne Mann und Kind gab es durchaus, aber da war ich verreist oder hatte Besuch).
Dieser Umstand muss natürlich enorm ausgenutzt werden, und zuerst einmal dachte ich an ganz viel Sport. Also mindestens 2x normalen Sport, dann noch 1x Laufen, vielleicht eine kleine Radtour, bei schönem Wetter natürlich noch Schwimmen und, ach ja, den Hochseilgarten wollte ich ausprobieren.
Ich hatte ja schon leise Zweifel, ob das überhaupt alles in ein Wochenende passt. Aber nun hat sich das Problem quasi von selbst erledigt. Nun hab ich mir nämlich die Hand gebrochen zerquetscht halb abgehackt ein klein wenig geklemmt, und so wie es sich heute anfühlt, scheint Klettern, Radfahren und der normale Sport schonmal nicht in Frage zu kommen. Und Schwimmen höchstens mit den Beinen.
Na also. Ist ja gut, wenn sich Dinge von selbst regeln und man sich nicht so kümmern muss. Vielleicht überbrücke ich einfach bei Frühstück im Cafe mit Zeitung und Mittagessen (Steak oder Sushi) mit Buch den Tag bis zu der Uhrzeit, zu der man mit jemandem Bier trinken gehen kann.
Oder ich schlafe einfach rund um die Uhr. Mal sehen, ob ich das noch kann.
14:00: Ich hole Mademoiselle vom Kindergarten ab. Wir gehen in den nächstgelegenen Supermarkt und beschließen gleich am Eingang, spontan eine Packung Eis mitzunehmen. Ich sage: "Wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis".
14:05: Mademoiselle sagt zu der Frau an der Käsetheke "Wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis".
14:07: Mademoiselle sagt zu der Frau an der Wursttheke "Wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis".
14:10: Mademoiselle sagt zum Mann an der Kasse "Wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis".
14:15: Wir fahren mit dem Fahrrad schnell nach Hause, damit das Eis nicht schmilzt.
14:20: Mademoiselle quengelt nach einer Trinkpause. Ich lehne ab mit den Worten "Wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis."
14:25: Wir stehen im Hof und diskutieren, warum das Fahrrad nicht mehr quietscht. Ich habe es repariert. Mademoiselle findet das doof, denn es klang wie eine kleine Maus und nun klingt es nicht mehr wie eine kleine Maus. Ich sage: "Egal, wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis".
14:27: Wir sichten die Post und diskutieren die ethische Fragestellung, ob man, wenn man verstehntlich zwei Gutscheine geschickt bekommen hat, auch zwei verwenden darf. Ich sage: "Egal jetzt, wir müssen schnell machen, sonst schmilzt das Eis".
14:29: Mademoiselle ist ein Hase, ich bin ein Fuchs der sie die Treppe hochjagt.
14:30: Ankunft beim Eisfach. Entspannung
14:31: Wir stellen eine Martinslaterne (!) fertig. Wir laufen Hand in Hand durch die Wohnung und singen Martinslieder
14:35: Mademoiselle ist nun ein Häschen, ich führe das Häschen an der Leine spazieren, wir fliehen vor einem Falken.
14:40: Wir sind nun Tiefseefische. Mademoiselle trägt eine Laterne vor sich her, ich eine Taschenlampe. Die Wohnung muss entsprechend verdunkelt werden. Wir ziehen mit der Beleuchtung durch die Wohnung auf der Suche nach "Beute".
15:00: Der kleinere Tiefseefisch kann jetzt zaubern und entdeckt geheime Zauberbücher in den Regalen.
15:10 Der kleinere Tiefseefisch wäre jetzt ein Mädchen, das zaubern kann und sich Haselnussschokolade herbeizaubert. (Entsprechend muss diese aus dem Schrank geholt werden.)
15:12 Das kleine Tiefseefischmädchen wäre jetzt in der Zauberschule und die Schokolade sein Pausenbrot.
15:35 Wir sind jetzt keine Tiefseefische mehr. Ich mache Quiche-Teig. Mademoiselle kündigt an, dass wir in 8min Plankton sein werden.
15:40 Mir wird zugerufen, dass ich nun Frau Müller-Riebensehl bin. Mademoiselle sitzt am Schreibtisch und schreibt.
15:41 Es wird angekündigt, dass in 10min die Schule anfängt.
15:43 Schultaschen werden gepackt. Ich erlaube nicht, dass der Quiche-Teig eingepackt wird.
15:50 Mademoiselle schaukelt. Ich verräume die Einkäufe. Während ich unsere Tätigkeitenliste notiere, isst Mademoiselle gut 1/3 des Quicheteigs.
15:55 Vorlesen
16:30 Der Gemüsemann kommt und bringt die restlichen Zutaten für die Quiche. Mademoiselle hört die Hexe Lilli im Dinoland und malt dabei Dinobilder. Ich brate Lachs und schnippele Frühlingszwiebeln.
16:37 Mir fällt auf, dass ich kein Mittagessen hatte und ich esse kurz vor dem Verhungern vom frisch gekauften Käse mit den frisch gelieferten Weintrauben.
16:45 Ich räume den kompletten Kühlschrank um in dem Bestreben, der Quicheform, der mitgelieferten "Mini"-Wassermelone und einem riesigen Salatkopf gleichzeitig Kühlung zukommen zu lassen. Ich beschließe, dass es zur Quiche Salat geben muss.
16:49 Ich googlele "Lachs braten Eiweiß tritt aus", finde das Ergebnis unbedrohlich aber lehrreich und lasse den Lachs für die Quiche abkühlen.
16:56 Ich schmeiße die Waschmaschine an, räume auf, hole Milch, wässere den Kaktus, den mir der Seemann geschenkt hat und dichte zwei weitere Blumenkästen mit Kaugummi ab.
16:57 Ich füttere die Schnecken, halte die Mülltüte falschherum und putze den Küchenboden.
17:09 Ich gehe meinem Aufräumzwang nach und rühre die Quiche zusammen. Mademoiselle hat fertig gemalt und ist beleidigt, weil ich ihr verbiete, die Küchenstühle mit Aufklebern zu verzieren.
17:15 Mademoiselle surft auf der Sandmännchen-Seite. Ich hole die Quiche wieder aus dem Ofen, weil ich das Würzen vergessen habe. Ich hole die Quiche nochmal aus dem Ofen, weil ich den Lachs vergessen habe.
17:30 Mademoiselle zeigt mir was sie auf der Sandmännchen-Seite herausgefunden hat.
17:45 Mademoiselle wäscht, rupft und schleudert Salat. Ich mache das Dressing. Mademoiselle kocht sich Nudeln, weil sie keine Quiche mag.
18:10 Wir warten auf die Quiche, die Nudeln und Hr. N. Mademoiselle turnt derweil an der Reckstange und ich mache Wäschesachen.
18:15 Enter Herr N. aka Schubia Wanzhaar. Ich verhexe noch rasch die Erwachsenenschrift so dass man sie nicht sieht und gehe zum Sport.
19:30 pünktlich zur Gute-Nacht-Geschichte zurück.
20:00 Abendessen
20:15 Zeug wegräumen
20:30 Kinderbett neu beziehen und schlafendes Kind umziehen
20:55 Blick in die Firmenmailbox
21:00 Tag fertig. Couch.
Dass die Mücken dieses Jahr viel schlimmer sind, sagt sie, und zieht sich den Rock bis zur Unterwäsche hoch. Oder Schnaken. Mit einer Freundin saß sie beim Kaffee und wurde so zerstochen, trotz Autan! Lappen mit Wasser und Essig hat sie draufgelegt, aber schlafen kann sie nicht, weil es nachts so juckt. Die Wärme kriegt man auch nicht aus der Wohnung, auch wenn alle Fenster auf sind, auf Durchzug, aber kein Lüftchen regt sich.
Ihr Sohn in Australien hat jetzt 12 Grad. Dabei denkt man doch, da wäre es viel wärmer. 13 Jahre ist er und für die Schulferien dort im Urlaub, bei Oma und Opa. Eigentlich wollte sie mit, aber die andere Oma und die Uroma sind krank geworden, und einer muss ja einkaufen. Die wohnen jetzt so lange bei ihr, das Zimmer vom Sohn ist ja frei. Und die Tante ist statt dessen mitgefahren, ein komisches Gefühl ist es trotzdem. Aber er ist ja gut in der Schule und hat sich so sehr drauf gefreut, Oma und Opa haben Goldene Hochzeit und ein Geburtstag ist auch noch, der Lehrer hat auch gesagt, das kann sie ihm zutrauen.
Aber die Hitze! Und wenn es dann kühler wird, so wie heute, geht ihr Kreislauf runter. Deshalb hat sie sich eben eine Brezel gekauft. Und die Zitronenröllchen. Die gibt es bei Wollwert, auch in Himbeer und Kirsch, aber Zitrone erfrischt am besten. Dann geht es wieder, mit dem Kreislauf.
Exakt 6 Minuten haben Mademoiselle und ich an der Haltestelle neben der (bis dahin) Unbekannten auf den Bus gewartet. Ich weiß auch nicht. Sicherlich bin ich überdurchschnittlich viel "im Volk" unterwegs, allein durch die ÖPNV-Nutzung. Aber ich scheine zusätzlich noch eine besonders ansprechbare Außenwirkung spazieren zu tragen.
Unter der Vielzahl an Dingen, die ich alle noch vor dem Urlaub erledigen möchte, aber keines davon zu einem bestimmten Zeitpunkt, alles auch nichts wirklich Wichtiges, etwa ein Post-Ident, der Erwerb von Bio-Fleisch (ungeahnt umfangreicher Prozess - Huhn nur in ungeraden Wochen mit 14 Tagen Vorlauffrist!), Superduperverpackung für einen Gutschein herstellen, diesen vorab erwerben, Putzfrau mit Besuch koordinieren und dergleichen mehr, stand auch der Punkt "Augenbrauen zupfen lassen" auf meiner nicht vorhandenen Liste. Dies sollte die Frau machen, die das immer so gut kann und die in dieser grünen pc-Kosmetikkette zu finden ist.
Soweit, so gut, ich ging da also hin, die Frau war da, noch eine Kollegin, sonst keiner, auch kein Kunde, und ich fragte: "Haben Sie gerade Zeit, mir die Augenbrauen zu zupfen?"
Stille. Beide sahen mich wortlos an.
Ich wiederholte mein Begehr.
Ob ich einen Termin habe, wurde gefragt. Nein, den hatte ich nicht. Sonst hätte ich ja auch nicht gefragt, ob sie Zeit hätte sondern wäre wohl selbstverständlich davon ausgegangen. Irgendwann vor ein paar Monaten war mir bei dem Versuch, einen Termin auszumachen, übrigens mitgeteilt worden, man würde keine Termine mehr machen - was ich äußerst ungünstig fand, weil ich doch feste Termine und Listen und sowas so beruhigend finde. Das allerletzte sagte ich nicht, das andere schon.
Ja, das sei wohl Weihnachten gewesen, da mache man keine Termine.
Meine Neugier sprang hervor: warum macht man in der Weihnachtszeit keine Termine?? Das sei immer so.
Mit "immerso" habe ich bekanntlich ein wenig meine Probleme, andererseits fühlte ich mich natürlich auch wieder in Eile, und die Eile-Marotte gewann gegen die Immerso-Marotte weshalb ich nicht weiter in die Tiefen der weihnachtszeitlichen Terminvergabe drang, sondern meine Frage, ob sie denn nun wohl meine Augenbrauen zupfen könne, noch ein drittes Mal stellte.
Ich hätte ja keinen Termin. Die Kollegin sei gerade ja auch beschäftigt. (Das stimmt, sie ordnete alle Fläschchen mit dem Etikett nach vorn und linear ausgerichtet in den Regalen an). Ich müsse einen Termin vereinbaren. Nein, jetzt nicht hier. Das ginge nur telefonisch.
Ich hatte heute einen sehr duldsamen Tag und war kein bisschen in Streitlaune. Und letztendlich - wer weiß das schon - wenn die Weihnachtszeit irgendwie anders ist, vielleicht werden die Termine dieses kleinen grünen Ladens ja vielleicht auch in einem weltweiten Callcenter vereinbart, was weiß ich schon, es war mir auch komplett egal. Gab ja auch noch genug andere Punkte, die ich erledigen konnte. Also nahm ich die Nummer zur Terminvereinbarung entgegen, verließ den Laden und dachte, ein paar Schritte weiter: ach - den Termin mach ich jetzt aber gleich, dann ist das abgehakt. Wählte die Nummer, sagte, ich wolle einen Termin zum Augenbrauenzupfen vereinbaren und hörte:
"Sie können jederzeit vorbeikommen - heute ist noch alles frei!"
"Ah. Auch jetzt gleich?", fragte ich.
"Ja, selbstverständlich - wie lange brauchen Sie bis hierher?"
"Keine 5 Minuten" sagte ich, als ich mit Handy am Ohr den kleinen Laden wieder betrat.
"Ah.", sagte die Zupföse zu mir, und die Kollegin schaute stumm.
"Mh.", sagte ich.
Die Brauen wurden gezupft, ich bekam noch ein Duschgel und eine Stofftasche geschenkt, alles ist gut.
Gestern stieg ich aus der S-Bahn um sogleich beschwingt auf dem Fahrrad den Restheimweg anzutreten - allein, das Rad war nicht da.
In solchen Momenten ist meine erste Reaktion Zweifel - nicht an der Welt, sondern an mir. Ob ich überhaupt mit dem Rad gekommen bin. Ob ich es tatsächlich an dieser Stelle abgestellt hatte. Ob es wirklich der richtige Wochentag, das richtige Jahr, das richtige Leben ist. Insofern war ich ausgesprochen dankbar, am vermuteten (Ex-)Fahrradparkplatz das aufgebrochene Schloss und damit Klarheit zu finden.
Der nächste Gang führte mich (auf dem wenige Minuten zuvor auf der Rolltreppe abgebrochenen Absatz) zum Kindergarten und, weil das nicht wirklich gut ging, von dort dann barfuß nach Hause. Mannomann, kann so Asphalt im Sommer heiß werden, das hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung! Wir waren daher recht flott-tänzelnd unterwegs.
Recht flott war auch das Gesummsel für Polizei und Versicherung zusammengerafft und nebenher noch ein neuer-gebrauchter Fahrradkindersitz erklickt schließlich hatten wir dieses Schauspiel vor weniger als einem Jahr schon einmal. Den Fahrradhändler meines Vertrauens aufgesucht, dort den für demnächst vereinbarten Reparaturtermin für das nunmehr Ex-Fahrrad storniert und nach einem neuen-alten Rad gefragt. Der gute Mann konnte damit nicht dienen, wohl aber an die Konkurrenz verweisen die gerade am Morgen noch ein passendes Schnäppchen im Hof gehabt hätte.
Die Konkurrenz aufgesucht, das Schnäppchen als doppelt so teuer wie das Ex-Fahrrad aber dennoch im Rahmen des mitgeführten Bargeldes ausgemacht und von Mademoiselle noch etwas runterhandeln lassen ("Das können wir nicht kaufen, die Farbe ist voll doof!". "Wir brauchen aber eine blaue Klingel dazu!")
Im Stadtteilrevier die "immer da, immer nah"-Plakate im unbesetzten, kamerabweachten Eingangsraum studiert während der Freund und Helfer uns drei gut gesichterte Türen und Flure weiter ein klein wenig warten ließ. Geht halt alles nicht so schnell. Auch später immer ganz kurz davor gewesen, dem guten Mann zwecks Beschleunigung der Angelegenheit die Tastatur zu entreißen und die Eingaben mal rasch für ihn zu erledigen. Erfahren, dass die Spuren am Schloss auf ein sehr kleines Werkzeug und einen sehr langwierigen Prozess hinweisen. Möglicherweise wird die hartnäckige Person mit dem kleinem Werkzeug dann doch etwas enttäuscht sein, solche Mühe auf sich genommen zu haben für ein uralt-Fahrrad an dem ein Bremsklötzchen fehlt, beide Mäntel porös sind sowie das Licht kaputt und die Kette beim Schalten abspringt. Und möglicherweise entdeckt diese Person das erst bei hoher Geschwindigkeit auf einem Schotterweg. Das wäre fein!
Das neue-alte Fahrrad ist jedenfalls top und ich konnte mir heute morgen auf dem Arbeitsweg eine ganz neue Position unter den Berufs-Fahrradpendlern sichern. Wäre schön, wenn ich das etwas länger als ein Jahr behalten darf.
"Hexbücher" herstellen.
Und den Seepferdchen-Kurs psychologisch aufarbeiten.
(Wissen Sie noch, wie es klingt, wenn man Styropor schneidet??)
Die Sprüche, die man hören kann, wenn zwei Frauen ein gemeinsames Feierabendgetränk einnehmen und dabei zufällig eine Bohrmaschine mit sich führen - ich kenne sie nun alle. Und glauben Sie mir, es war nicht ein einziger Brüller dabei.