• Privatbloggen an: novemberregen @ gmail.com
  • | Twitter: @novemberregen
    Sonntag, 14. Januar 2007
    Sommer

    Heute sangen die Vögelchen durch das gekippte Küchenfenster und die Sonne schien in so einem Winkel hinein, wie ich es kenne, von früher, ganz unzusammenhängend mit dem Hier und Jetzt:

    Es ist ein warmer Sommerabend und ich renne barfuß die Straße entlang, vom Spielplatz nach Hause, der Asphalt ist warm an den Fußsohlen, wenn er kühler wurde wussten wir immer, der Sommer geht zu Ende, aber jetzt ist er noch warm und beim Laufen macht der Aufprall der Fersen auf dem Asphalt "bumm-bumm" im Kiefer, die Haare sind vom Schwimmen und der Sonne verklettet, Papa wird sie nach dem Baden auskämmen, in der Brust ist ein trockener Reizhusten von zu viel geschlucktem Wasser und zu viel Sonne. Ich laufe nach Hause, die Kirchturmuhr schlägt acht, ich recke mich an die Klingel, drehe mich noch einmal zum Spielplatz um der unter den Kastanien in der Abendsonne liegt, dann summt es, die Tür geht auf, bumm-bumm über den kühlen Steinboden und dann bumm-bumm die ebenfalls kühlen Treppen hoch bis ich den Teppich unter den Füßen fühle.

    Eine Umarmung und ein Glas Wasser in der Küche, Mama hat schon das Badewasser eingelassen, Papa sitzt im Wohnzimmer und sieht fern. Husch in die Badewanne mit riesigem Schaumberg, die Beine sind braun und unter dem Schorf am Knie, den ich abknibbele, ist die Haut lustig weiß, ich tauche unter und kratze den Sand vom Strandbad von der Kopfhaut. Mama bringt mir ein Käsebrot und eine geschnibbelte Banane an die Badewanne und erst als die Finger und Zehen schrumpelig sind, klettere ich heraus und lasse mich von Mama trocken rubbeln. Schnell in den Schlafanzug und auf Papas Schoß im Wohnzimmer, die Sonne scheint noch durch die helle Jalousie und während Papa mit einem Kamm die Haare entklettet drehe und winde ich mich um immer wieder einen Blick auf den Fernseher zu erhaschen, auf Mama in der Küche, auf die umherlaufenden großen Schwestern.

    Hier bricht die Erinnerung ab, aber sie hinterlässt ein tiefes Glücksgefühl, kitzelt einen kleinen Hoffnungsfunken hervor, hier doch gerade einen Teil meiner Mitte entdeckt zu haben und hinterlässt die feste Überzeugung, dass jegliches Chaos, jegliches Zweifeln, jegliche Verirrungen mir eigentlich, tief im Grunde meines Herzens, nichts, aber auch gar nichts anhaben können.

    November seit 6848 Tagen

    Letzter Regen: 05. Dezember 2024, 22:54 Uhr