6.
Ich mag keine Softdrinks.
Wenn ich Durst habe, trinke ich Wasser. Ansonsten mag ich noch Kaffee, Schwarztee und Alkohol. Ganz manchmal habe ich einen Jieper auf Cola light. Warum gerade light, weiß ich nicht, es ist aber so.
Säfte gehen gar nicht. Bei Säften habe ich immer das Gefühl, ich würde irgendwas Organisches aufsaugen. Auf Details gehe ich lieber nicht ein, Säfte finde ich jedenfalls ekelhaft. Deshalb trinke ich auch normalerweise keine Cocktails (außer, ich habe vorher ausreichend anderes getrunken, so dass ich das mit dem Organischen vergessen habe). Long Island Iced Tea trinke ich natürlich, wenn ich mich mutig fühle frage ich, ob man ihn mir evtl. mit Cola light zubereiten könnte.
Große Ausnahme von der Saftsache: Frau Herzbruch ist es in den drei Jahren Mitwohnen gelungen, mich auf Sekt mit O-Saft einzuschwören. Allerdings kann man das noch nicht generalisiert sagen, es muss nämlich Rosé-Sekt sein und der Saft muss Fruchtfleisch haben und ist idealerweise Blutorangensaft.
Wenn ich sage, ich trinke Wasser, meine ich Wasser mit Kohlensäure. So viel wie möglich und ich muss davon nie rülpsen. Das Trinken von Leitungswasser kann ich als pragmatischer Mensch gutheißen. Den Kauf von stillem Wasser halte ich für suspekt. Heimlich verachte ich aber ganz besonders die Menschen, die Mineralwasser "medium" trinken. Es fällt mir kein einziger Grund ein, aus dem das gut sein könnte. Außer natürlich persönlicher Geschmack. Ein äußerst merkwürdiger persönlicher Geschmack würde ich sagen.
5.
Ich habe ein komplett ungetrübtes Verhältnis zu meinen Eltern und Geschwistern.
Natürlich finden wir uns gegenseitig etwas anstrengend, wenn wir länger zusammen sind. Aber das halte ich für komplett normal, das liegt einfach daran, dass alle erwachsen sind und sich auf ihre eigenen Art im Leben eingerichtet haben. Wenn sich z. B. ein Wochenende lang fünf Personen eine Küche teilen sollen, die alle gewohnt sind, beim Kochen den Ton anzugeben, läuft das nicht reibungslos ab. Aber so generell gesehen ist das wirklich alles entspannt und schön und wir sprechen und zwar nicht täglich und häufig auch nicht wöchentlich, aber immer, wenn wir voneinander hören, freuen wir uns.
4.
Ich nutze sehr bewusst Geruchssinn und Gehör.
Zum einen beim Kochen und Backen - viele Leute stellen ja eine Uhr, um zu erfahren, wann ihre Nudeln fertig sind oder der Kuchen. Ich finde, man riecht das. Bei Nudeln sieht man es natürlich auch (bei Kuchen nicht unbedingt, der kann ja durchaus außen fertig sein und innen noch roh). Und bei Reis hört man es, wenn das Wasser verkocht ist. Ich benutze so gut wie nie eine Uhr beim Kochen, nur, wenn ich irgendwas komplett anderes machen gehe, zum Beispiel auf dem Balkon Pflanzen umtopfen, dann stelle ich mir einen Wecker auf eine mir passend erscheinende Zeit, damit ich mich nicht verfranse. Aber wenn ich in der Küche bleibe, nie. Auch Frau Herzbruchs Schmorbraten rettete ich neulich durch ein beherztes "Ich rieche jetzt SEHR VIELE RÖSTAROMEN!!!"
Ich rieche, wenn Herr N. oder Mademoiselle krank werden. Und ich höre und rieche, wie spät es ungefähr ist (unterschiedliche Geräusche und Gerüche von der Straße), sowieso trage ich ja auch nie eine Uhr. Schon in der Schule und Uni nicht - bei Klasuren merkte ich, dass es Zeit war, fertig zu werden, wenn ein Großteil der anderen nervös wurde.
Im Straßenverkehr hilft das Gehör viel - ob z.B. ein Auto um die Ecke biegt, wenn ich an der Ampel stehe, oder ob eines hinter mir ist, wenn ich auf dem Rad die Spur wechseln möchte. (Ich schaue schon auch noch, aber das Hören ist mir fast wichtiger.) An der Uni war ich dafür bekannt, durch geschlossene Türen zu hören, ob drinnen ein Overhead-Projektor läuft (= noch ein Seminar stattfindet).
Als ich meinen ersten Arbeitstag im Rapunzelturm hatte, betrat ich das Büro des (zukünftigen) Lieblinskollegen und sagte statt Gruß und Vorstellung "Poly Swing Haargel rote Dose, und sagen Sie, haben Sie hier im Raum irgendwo ein Brot mit Kresse drauf versteckt?!" - Es war natürlich so. Und wir wurden dann auch sehr schnell bekannt. Heute wurde im Rapunzelturm die Decke geöffnet, weil ich darauf bestand, an einer Stelle im Gang "Tümpel" zu riechen. Ich möchte darauf hinweisen, das sich nicht darauf bestand, dass die Decke geöffnet wird, ich wollte das mit dem Tümpel nur gesagt haben. Sie müssen sich das so vorstellen - es gibt eine doppelte Decke (wegen der ganzen Technik), die obere begrenzt den Raum so richtig, zum anderen Stockwerk, die untere darunter ist etwas kleiner, am Rand sind immer so 5 cm Luft. Zwischen diesen Decken sammelt sich bei einem Defekt das Wasser erst einmal, und wenn dort genug Wasser ist, tröpfelt es entweder langsam und stetig über den Rand, oder eine Deckenplatte senkt sich ab und es gibt einen Wasserfall. Natürlich ist das schlimm und doof, wegen des Schadens, aber es ist schon wirklich auch ziemlich lustig, wenn da jemand plötzlich nass aus seinem Büro kommt oder man kommt irgendwo rein und da regnet es. Das ist so herrlich absurd und ja auch nicht gefährlich. Als ich hingegen neulich mal schmorende Elektorleitung roch, da bestand ich darauf, dass die Decke geöffnet wird, und was fand man? Zwei innen dezent kokelnde Deckenlampen. Meine Nase hat daher im Büro ein gewisses Standing.
3.
Ich lese keine Krimis mehr.
Bis vor einigen Jahren las ich sehr gerne Krimis. Ich gruselte mich dabei nicht sondern fühlte mich besonders wohl und geborgen: die Sachen, die im Buch passierten, geschahen ja nicht in meinem Leben und der starke Kontrast ließ meine Wirklichkeit umso angenehmer erscheinen.
Ich habe keine Ahnung warum, aber seit ich schwanger war kann ich keine Krimis mehr lesen. Ich will das einfach alles gar nicht wissen. Ich fühle mich unwohl dabei, die Bilder lassen mich nicht los, es ist, als würden mir Ängste und Sorgen direkt in den Kopf injiziert. Ich bin sozusagen memmig geworden.
Ich ging lange davon aus, dass diese Phase auch wieder vorbeigeht. Mittlerweile geht es aber schon über 9 Jahre so, weshalb es an der Zeit ist, das Bücherregal auszusortieren.
Eine weitere Nebenwirkung der Schwangerschaft war übrigens, dass ich nicht mehr absolut schwindelfrei bin. Höhen sind nach wie vor kein Problem, aber Drehbewegungen gehen überhaupt nicht mehr. Drehplatten auf Spielplätzen und aus Trichterrutschen im Schwimmbad verlasse ich daher immer recht blass um die Nase und mir wird sogar schon leicht übel, wenn ich mich zu schnell auf dem Bürostuhl drehe.
2.
Ich lese Bücher nicht chronologisch (d.h. vorn anfangen und Seite für Seite bis zum Ende lesen) und finde das auch nicht schlimm.
Es ist so: ich beginne ein Buch vorn. Ich lese und nach 10 bis 30 Seiten reißt mich das Buch mit. Oder auch nicht, dann lese ich es aber nicht weiter. Meistens ist es zunächst mal die Geschichte, die in mir irgendetwas bewegt - dass ich Geschichten mag, hatten wir ja schon beim Fernsehen.
Manchmal wird mir die Geschichte aber zu spannend- also, eigentlich immer, wenn sie mich interessiert. Ich sehe komplett ein, dass es nötig ist, längere Handlungsstränge vorzubereiten, auszuarbeiten, Hintergründe zu schildern. Ich finde es sogar sehr gut, eine Handlung geschickt aufzubauen. Nur möchte ich persönlich das alles nicht abwarten, es macht mich nervös und ich kann dann nicht mehr so in Ruhe und entspannt lesen, wie ich es eigentlich will. Ich blättere also vor. Ob nur bis zum Ende einer Szene oder bis ganz zum Ende wechselt natürlich je nach Buch, meistens sind es Passagen, meistens mache ich das mehrmals (nämlich immer, wenn wieder etwas Spannendes anfängt). Habe ich das Ergebnis gefunden, blättere ich zufrieden wieder zurück und lese alles ganz in Ruhe. Sollten sich Autoren daran stören, dass ich ihr Werk nicht in der angedachten Reihenfolge lese, mögen sich mit dem Gedanken trösten, dass ich es tue, um hinterher ihren Stil und ihre Ausführungen ganz besonders genießen zu können. Sowieso lese ich einige Bücher auch mehrmals. Da kennt man dann auch das Ende schon. Das macht überhaupt nichts.
Tatsächlich fände ich es gut, wenn mir auch in Gesprächen oder bei der Vermittlung von Lernstoff immer zuerst das Ergebnis genannt würde. Bei (gutem) Lernstoff ist das meiner Ansicht nach so, der beginnt mit "In dieser Lektion erarbeiten wir xy, dies geschieht in (z.B.) 5 Schritten, und zwar (1, 2, 3, 4, 5)."
Beruflich ziehe ich es seit einiger Zeit recht erfolgreich durch, mir bei Gesprächen über problematische Situationen zuerst den kritischen Punkt nennen zu lassen und danach, wie es dazu kam. Dann kann ich auch alles viel besser verstehen und eher nachfragen, wenn mir etwas nicht schlüssig erscheint.
Manchmal werde ich in der S-Bahn von Fremden angesprochen, wenn ich im Buch vorblättere. Meist mit einem "Na, na! Nicht vorblättern!" und einem etwas selbstgerechten Gesichtsausdruck. Ich frage dann warum, regelmäßig ist die Antwort: "Das macht man nicht". Daraufhin schaue ich die Leute dann mit leicht gehobenen Augenbrauen sehr lange an, in der Hoffnung, dass sie sich überlegen, was man wirklich nicht macht (z.B. sich einmischen, wie Fremde ein Buch lesesn) und was total egal ist. Ob sie das tun, weiß ich nicht, das Gespräch geht dann nicht mehr weiter, die Leute gucken irgendwann weg und versuchen, mich nicht mehr zu beachten.
1.
Ich sehe nicht fern.
Häufig sagt man das etwas kokettierend oder um eine gewisse Geisteshaltung zu demonstrieren. Das ist bei mir nicht der Fall. Ich habe nichts gegen Fernsehen. Im Gegenteil - ich finde es gemütlich, wenn andere Leute fernsehen. Ich schalte das GErät auch manchmal ein, wenn ich allein zu Hause bin (oder mit schlafendem Kind), obwohl ich mir nichts anschaue, denn denn ich brauche häufig einen Taktgeber. Bin ich in der Küche, ist das das Radio, bin ich im Wohnzimmer, ist das eher das Fernsehen, weil ich das Radio immer verdächtige, abends unvermittelt Jazz zu spielen, und das kann ich nicht leiden. Weitere gute Aspekte des Fernsehgerätes sind, dass das Kind besser schläft, wenn ein Geräusch in der Wohnung ist und ich muss dann auch nicht überlegen, ob ich gerade meinen Tinnitus höre oder ob beim Nachbarn die Wäsche schleudert.
Ich schaue auch keine DVDs an. Der Grund ist einfach, dass es das falsche Medium für mich ist. Ich interessiere mich für Geschichten. Jetzt ist es aber so, dass Filme normal 2 Stunden dauern, selten mal länger. Das reicht mir für eine Geschichte nicht, das ist mir nicht genug ausgearbeitet. Ich weiß dann nicht genug über die Personen, über den Hintergrund, vor dem die Geschichte spielt, es ist mir schlichtweg zu sehr gerafft. Es reißt mich also nicht mit.
Zweitens bin ich nicht bereit, mich auf die Geschwindigkeit von Fernsehsendungen einzulassen. Manchmal würde ich über Stellen gern noch länger nachdenken, dann geht es aber schon weiter. Das lässt sich natürlich mit DVDs und der Fernbedienung alles regulieren, meist ist es aber bei Mitguckern nicht akzeptiert zu sagen "komm lass und die Szene vorspulen, das interessiert mich nicht" oder "ich möchte jetzt ca. 37 Minuten anhalten und sacken lassen". Und sowieso ist das dann alles mit Aktion verbunden; ich müsste mir erst einmal bewusst werden, was ich gerade will und es umsetzen. Dazu habe ich keine Lust.
Mit Unterhaltungssendungen und Komik kann ich wenig anfangen, da werden ja keine Geschichten erzählt. Talkshows, bei denen mich das Thema interessiert gingen theoretisch, die laufen ja in Echtzeit. Meist verliere ich aber die Geduld, wenn jemand etwas Falsches oder Schlechtes sagt und man kann nicht eingreifen, weil man ja nicht mitreden kann.
Selten gehe ich ins Kino. Ich habe daran durchaus Spaß, fühle mich aber hinterher, als wäre ich im Schleudergang der Waschmaschine gewesen.
Da denkt man, man könne richtig ausschlafen, weil das Kind außerhäusig nächtigt. Und dann springt einen um 6 Uhr der Kater schwer verliebt an, um 15 Minuten vor 7 klingelt das Telefon und um 8 Uhr der Wecker von Herrn N.
Heute Nacht werden die Katzen ausgesperrt und sämtliche Geräte abgeschaltet. Und der Wecker von Herrn N., dessen Aus-Taste ich nie finde, kommt unter den Wäschestapel im Gästezimmer. Und da ich das nun aufgeschrieben habe, werde ich ihn sogar zeitnah wiederfinden, ohne in die Verlegenheit zu kommen, die ganze Wohnung aufräumen zu müssen.
Gute Nacht.
Hummer mit Avocado, Zitrone und Apfelsektgelee
Rücken vom Reh mit Shiitake-Birne und Serviettenknödeln
Papillon mit Rotwein, Risone, Holunderbeere
Crème brûlée, weiße Schokolade, Macha Orange.
Ein Abend, der sich gelohnt hat.
Was mir bisher nie passiert ist, seit einigen Wochen aber pötzlich recht häufig, ist:
Jemand sagt - in beruflichem oder privatem Kontext - dass es ab sofort eine neue Regel / einen neuen Ablauf / ein neues Programm gibt, und zwar soundso.
Ich denke kurz nach, bin dann absolut davon überzeugt, dass ich dagegen bin und mir nicht vorstellen kann, mich jemals damit anzufreunden. Ich bringe Argumente dafür vor. Mehr oder weniger deutlich lasse ich durchklingen, dass man diese Neuerung haben kann, es aber höchst zweifelhaft ist, dass man mich dabei haben kann.
Das Gegenüber reagiert dann meist verdutzt aber nicht komplett ablehnend. Man kommt mir entgegen, auf dem ganzen Weg oder mindestens auf dem halben. Dennoch rege ich insgeheim noch einen halben Tag oder länger unglaublich über diese Neuerung auf.
Soweit, so gut. Das kann man ja so machen.
Danach aber dann folgendes: Ich überlege, warum ich mich so ärgere. Ich weiß es nicht. Ich überdenke die Neuerung noch einmal ganz in Ruhe und finde, dass sie zwar nicht perfekt ist, es aber durchaus gute Gründe für sie gibt. Ich mache mir klar, dass diese Neuerung nicht angestrebt wird, um mich zu ärgern, sondern um eine gute Regelung für etwas zu haben - jemand hat sich Gedanken gemacht und etwas vorgeschlagen, was natürlich noch nicht perfekt ist, das man aber durchaus verwenden kann und vielleicht noch etwas anpassen, so dass es dann wirklich ziemlich gut ist.
In der Folge gehe ich also zu der Person von ganz am Anfang und sage: "Ähm, ich habe nochmal überlegt..."
Das muss unbedingt wieder aufhören. Man macht sich ja komplett lächerlich!
Manchmal erlebe ich ja auch Dinge, die in meiner eigentlichen Realität gar nicht stattfinden. Erstaunlicherweise nicht, wenn ich besonders gestresst bin und man annehmen könnte, dass das Gehirn jetzt aus Selbstschutz erst einmal abtaucht. Im Gegenteil. Das passiert meist in einem Zustand relativer Entspannung, bei Routinetätigkeiten. Sie kennen das sicher: man geht gerade zur S-Bahn - einen Weg, den man täglich 2x geht, 5x pro Woche, 46 Wochen pro Jahr. Da braucht es keine großen gedanklichen Kapazitäten. Und schwupps: landet man plötzlich ein Verkehrsflugzeug not oder ist als Agentin eingesetzt, um eine gefährliche Person auszuschalten oder hat in dem Haushaltswarenladen, den man in einem Parallelleben offenbar besitzt, gerade ein ausführliches Beratungsgespräch über Eierkocher geführt. Dann kommt man wieder zu sich, sitzt bereits in der S-Bahn ohne jede Erinnerung, wie man dorthingekommen ist, und spürt gerade noch das Kabel des Eierkochers in der Hand und reibt sich den Daumen, den man sich am Deckel geklemmt hat und rückt die nicht vorhandene Armbanduhr gerade, auf die man geklopft hat während man auf 7, nicht 6,5 Minuten bestand.
Ich bin mir sicher, das ist alles völlig normal. Sollten Sie allerdings wieder Erwarten in nächster Zeit eine Ausgabe von "Wer wird Millionär" sehen, bei der ich dabei bin und mich aus unerklärlichen Gründen weigere, meinen Beruf zu nennen ("Ich möchte mich von Ihnen nicht auf meine Erwerbsarbeit reduzieren lassen, Herr Jauch!"), würde ich mich über einen kurzen Hinweis freuen.