Dass die Mücken dieses Jahr viel schlimmer sind, sagt sie, und zieht sich den Rock bis zur Unterwäsche hoch. Oder Schnaken. Mit einer Freundin saß sie beim Kaffee und wurde so zerstochen, trotz Autan! Lappen mit Wasser und Essig hat sie draufgelegt, aber schlafen kann sie nicht, weil es nachts so juckt. Die Wärme kriegt man auch nicht aus der Wohnung, auch wenn alle Fenster auf sind, auf Durchzug, aber kein Lüftchen regt sich.
Ihr Sohn in Australien hat jetzt 12 Grad. Dabei denkt man doch, da wäre es viel wärmer. 13 Jahre ist er und für die Schulferien dort im Urlaub, bei Oma und Opa. Eigentlich wollte sie mit, aber die andere Oma und die Uroma sind krank geworden, und einer muss ja einkaufen. Die wohnen jetzt so lange bei ihr, das Zimmer vom Sohn ist ja frei. Und die Tante ist statt dessen mitgefahren, ein komisches Gefühl ist es trotzdem. Aber er ist ja gut in der Schule und hat sich so sehr drauf gefreut, Oma und Opa haben Goldene Hochzeit und ein Geburtstag ist auch noch, der Lehrer hat auch gesagt, das kann sie ihm zutrauen.
Aber die Hitze! Und wenn es dann kühler wird, so wie heute, geht ihr Kreislauf runter. Deshalb hat sie sich eben eine Brezel gekauft. Und die Zitronenröllchen. Die gibt es bei Wollwert, auch in Himbeer und Kirsch, aber Zitrone erfrischt am besten. Dann geht es wieder, mit dem Kreislauf.
Exakt 6 Minuten haben Mademoiselle und ich an der Haltestelle neben der (bis dahin) Unbekannten auf den Bus gewartet. Ich weiß auch nicht. Sicherlich bin ich überdurchschnittlich viel "im Volk" unterwegs, allein durch die ÖPNV-Nutzung. Aber ich scheine zusätzlich noch eine besonders ansprechbare Außenwirkung spazieren zu tragen.
Unter der Vielzahl an Dingen, die ich alle noch vor dem Urlaub erledigen möchte, aber keines davon zu einem bestimmten Zeitpunkt, alles auch nichts wirklich Wichtiges, etwa ein Post-Ident, der Erwerb von Bio-Fleisch (ungeahnt umfangreicher Prozess - Huhn nur in ungeraden Wochen mit 14 Tagen Vorlauffrist!), Superduperverpackung für einen Gutschein herstellen, diesen vorab erwerben, Putzfrau mit Besuch koordinieren und dergleichen mehr, stand auch der Punkt "Augenbrauen zupfen lassen" auf meiner nicht vorhandenen Liste. Dies sollte die Frau machen, die das immer so gut kann und die in dieser grünen pc-Kosmetikkette zu finden ist.
Soweit, so gut, ich ging da also hin, die Frau war da, noch eine Kollegin, sonst keiner, auch kein Kunde, und ich fragte: "Haben Sie gerade Zeit, mir die Augenbrauen zu zupfen?"
Stille. Beide sahen mich wortlos an.
Ich wiederholte mein Begehr.
Ob ich einen Termin habe, wurde gefragt. Nein, den hatte ich nicht. Sonst hätte ich ja auch nicht gefragt, ob sie Zeit hätte sondern wäre wohl selbstverständlich davon ausgegangen. Irgendwann vor ein paar Monaten war mir bei dem Versuch, einen Termin auszumachen, übrigens mitgeteilt worden, man würde keine Termine mehr machen - was ich äußerst ungünstig fand, weil ich doch feste Termine und Listen und sowas so beruhigend finde. Das allerletzte sagte ich nicht, das andere schon.
Ja, das sei wohl Weihnachten gewesen, da mache man keine Termine.
Meine Neugier sprang hervor: warum macht man in der Weihnachtszeit keine Termine?? Das sei immer so.
Mit "immerso" habe ich bekanntlich ein wenig meine Probleme, andererseits fühlte ich mich natürlich auch wieder in Eile, und die Eile-Marotte gewann gegen die Immerso-Marotte weshalb ich nicht weiter in die Tiefen der weihnachtszeitlichen Terminvergabe drang, sondern meine Frage, ob sie denn nun wohl meine Augenbrauen zupfen könne, noch ein drittes Mal stellte.
Ich hätte ja keinen Termin. Die Kollegin sei gerade ja auch beschäftigt. (Das stimmt, sie ordnete alle Fläschchen mit dem Etikett nach vorn und linear ausgerichtet in den Regalen an). Ich müsse einen Termin vereinbaren. Nein, jetzt nicht hier. Das ginge nur telefonisch.
Ich hatte heute einen sehr duldsamen Tag und war kein bisschen in Streitlaune. Und letztendlich - wer weiß das schon - wenn die Weihnachtszeit irgendwie anders ist, vielleicht werden die Termine dieses kleinen grünen Ladens ja vielleicht auch in einem weltweiten Callcenter vereinbart, was weiß ich schon, es war mir auch komplett egal. Gab ja auch noch genug andere Punkte, die ich erledigen konnte. Also nahm ich die Nummer zur Terminvereinbarung entgegen, verließ den Laden und dachte, ein paar Schritte weiter: ach - den Termin mach ich jetzt aber gleich, dann ist das abgehakt. Wählte die Nummer, sagte, ich wolle einen Termin zum Augenbrauenzupfen vereinbaren und hörte:
"Sie können jederzeit vorbeikommen - heute ist noch alles frei!"
"Ah. Auch jetzt gleich?", fragte ich.
"Ja, selbstverständlich - wie lange brauchen Sie bis hierher?"
"Keine 5 Minuten" sagte ich, als ich mit Handy am Ohr den kleinen Laden wieder betrat.
"Ah.", sagte die Zupföse zu mir, und die Kollegin schaute stumm.
"Mh.", sagte ich.
Die Brauen wurden gezupft, ich bekam noch ein Duschgel und eine Stofftasche geschenkt, alles ist gut.
Neue Spezialität aus dem Hause N.: gebackene Kartoffeln aus dem Topf.
Wir wissen nun: Die Batterie im Rauchmelder ist noch fit. Und ich kann ihn sogar ausschalten, wenn ich auf den Küchentisch die Klavierbank und darauf ein Kinderstühlchen stelle (Altbau, Sie wissen schon...). Und das Kind schläft wie ein Murmeltier.
Und mein Kreislauf ist jetzt auch wieder da.
Alles gut, sogar die Kartoffeln.
Gestern stieg ich aus der S-Bahn um sogleich beschwingt auf dem Fahrrad den Restheimweg anzutreten - allein, das Rad war nicht da.
In solchen Momenten ist meine erste Reaktion Zweifel - nicht an der Welt, sondern an mir. Ob ich überhaupt mit dem Rad gekommen bin. Ob ich es tatsächlich an dieser Stelle abgestellt hatte. Ob es wirklich der richtige Wochentag, das richtige Jahr, das richtige Leben ist. Insofern war ich ausgesprochen dankbar, am vermuteten (Ex-)Fahrradparkplatz das aufgebrochene Schloss und damit Klarheit zu finden.
Der nächste Gang führte mich (auf dem wenige Minuten zuvor auf der Rolltreppe abgebrochenen Absatz) zum Kindergarten und, weil das nicht wirklich gut ging, von dort dann barfuß nach Hause. Mannomann, kann so Asphalt im Sommer heiß werden, das hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung! Wir waren daher recht flott-tänzelnd unterwegs.
Recht flott war auch das Gesummsel für Polizei und Versicherung zusammengerafft und nebenher noch ein neuer-gebrauchter Fahrradkindersitz erklickt schließlich hatten wir dieses Schauspiel vor weniger als einem Jahr schon einmal. Den Fahrradhändler meines Vertrauens aufgesucht, dort den für demnächst vereinbarten Reparaturtermin für das nunmehr Ex-Fahrrad storniert und nach einem neuen-alten Rad gefragt. Der gute Mann konnte damit nicht dienen, wohl aber an die Konkurrenz verweisen die gerade am Morgen noch ein passendes Schnäppchen im Hof gehabt hätte.
Die Konkurrenz aufgesucht, das Schnäppchen als doppelt so teuer wie das Ex-Fahrrad aber dennoch im Rahmen des mitgeführten Bargeldes ausgemacht und von Mademoiselle noch etwas runterhandeln lassen ("Das können wir nicht kaufen, die Farbe ist voll doof!". "Wir brauchen aber eine blaue Klingel dazu!")
Im Stadtteilrevier die "immer da, immer nah"-Plakate im unbesetzten, kamerabweachten Eingangsraum studiert während der Freund und Helfer uns drei gut gesichterte Türen und Flure weiter ein klein wenig warten ließ. Geht halt alles nicht so schnell. Auch später immer ganz kurz davor gewesen, dem guten Mann zwecks Beschleunigung der Angelegenheit die Tastatur zu entreißen und die Eingaben mal rasch für ihn zu erledigen. Erfahren, dass die Spuren am Schloss auf ein sehr kleines Werkzeug und einen sehr langwierigen Prozess hinweisen. Möglicherweise wird die hartnäckige Person mit dem kleinem Werkzeug dann doch etwas enttäuscht sein, solche Mühe auf sich genommen zu haben für ein uralt-Fahrrad an dem ein Bremsklötzchen fehlt, beide Mäntel porös sind sowie das Licht kaputt und die Kette beim Schalten abspringt. Und möglicherweise entdeckt diese Person das erst bei hoher Geschwindigkeit auf einem Schotterweg. Das wäre fein!
Das neue-alte Fahrrad ist jedenfalls top und ich konnte mir heute morgen auf dem Arbeitsweg eine ganz neue Position unter den Berufs-Fahrradpendlern sichern. Wäre schön, wenn ich das etwas länger als ein Jahr behalten darf.
Planloser unstrukturierter Tag. Mann weg, Auto weg, Geldbörse leer. Immerhin die neue Technik bewältigt und mit dem Kind beim Frühstück DVD geguckt. Kind gebadet, Wäsche gewaschen, Wäsche aufgehängt, Betten überzogen, Küche aufgeräumt. Viel aus dem Fenster geguckt.
Ich würd ja jetzt in die Tiefsee-Ausstellung fahren (da kann man mit Karte zahlen, hab ich recherchiert). Aber das Kind kommt nicht in die Pötte.
Mal sehen, was heute noch so kommt.
Bierdurst.
"Hexbücher" herstellen.
Und den Seepferdchen-Kurs psychologisch aufarbeiten.
(Wissen Sie noch, wie es klingt, wenn man Styropor schneidet??)
Die Sprüche, die man hören kann, wenn zwei Frauen ein gemeinsames Feierabendgetränk einnehmen und dabei zufällig eine Bohrmaschine mit sich führen - ich kenne sie nun alle. Und glauben Sie mir, es war nicht ein einziger Brüller dabei.
Heute im Freibad schien - für etwa 10 Minuten - die Sonne. Das kennen wir ja noch gar nicht. Mademoiselle war auch gleich total irritiert und wollte nicht mehr weiterschwimmen.
(Noch 6x Seepferdchen-Kurs im Freibad. Es erscheint mir recht gesichert, dass danach eine Schönwetterperiode beginnt.)
Meine Überzeugung, HWS zu haben, zu einem geselligen Beisammensein getragen. Sofort auf Expertenrunde gestoßen die begeistert aaaaaahhh-alles-schon-gehabt das gibt Einlagen/Bioresonanztherapie/Rückenschulübungen-auf-einer-Schwimmnudel/Mikronährstoffe-für-130-Euro-das-Döschen ausrief. Spontan beschlossen, mir doch einfach nur den Kopf gestoßen zu haben.
Ein Olivenbrot serviert bekommen, in dem keine Oliven waren. Nachgefragt. Eigentlich seien Oliven darin. Nur jetzt irgendwie nicht. Ist eben so. Tja. Eigentlich bezahle ich auch immer, was ich bestellt habe. Nur jetzt irgendwie nicht. Ist eben so.
Einen Fragebogen ausgehändigt bekommen zu meinem Besuch in dieser Lokalität. Darin gefragt worden, ob ich zum Essen, Trinken oder Flirten anwesend sei. Mir im kritischen Abgleich mit den bisherigen Erfahrungen vor Augen geführt, dass Essen schon immer schlecht war, Trinken normaler Durchschnitt und kein Kästchen für "meine Begleiterin kommt nie in die Pötte daher müssen wir uns immer bei ihr ums Eck treffen" vorhanden. Keine Lust auf Flirt mit der Begleiterin gehabt. Kästchen gemalt und "Sonstiges: HWS" geschrieben. Und unter die Frage: "Welche Servicekraft findest Du am Besten, nicht nur heute sondern immer?" ganz wahrheitsgemäß "Keine ist gut." vermerkt.
Normal mache ich ja nicht in solche Fragebögen. Ich bin ganz grundsätzlich der Ansicht, meine Dienstleister sollten selbst in der Lage sein, ihren Service auf hohem Niveau zu halten. "Helfen Sie uns, unseren Service zu verbessern!" ist daher als Appell an mich völlig wirkungslos, selbst wenn unter der ersten Million Einsendern ein Messerblock verlost wird. Ich war aber gestern noch so sehr in Ankreuzlaune durch die Wahl neulich. Wobei auch da "Keine ist gut" hervorragend gepasst hätte.
Im Freibad heute war es übrigens super. Wollte ich nur gesagt haben.