Heute Morgen twitterte ich etwas übermütig "Heute Abend erzählen ich Ihnen, wie es dazu kam, dass mit letzte Nacht um 1 jemand einen Barhocker über den Schädel zog." Dabei übersah ich gleich drei Dinge: Erstens, dass sich Personen daraufhin tatsächlich um mich sorgen könnten (ts, was denken Sie eigentlich von mir??). Zweitens, dass es im Rahmen des Möglichen liegt, dass dieses Ereignis nicht das Aufregendste des Tage sein wird. Drittens, dass ich am Abend eventuell sehr erschöpft bin und nur noch sehr wenig Mitteilungsbedarf habe. All das trat ein.
Also, falls Sie sich gesorgt haben, bitte entschuldigen Sie, das sollte ein Witz sein, eine aufgebauschte Anekdote aus einem eher unspektakulären Alltag. Es war so:
Ich habe seit mehreren Tagen eine Fliege in der Wohnung, die mir unglaublich auf die Nerven geht, gerade nachts. Ständig umschwirrt sie mich und weckt mich beim Einschlafen wieder auf. So war es auch letzte Nacht, also wollte ich der Fliege eine Falle stellen: ich stand nochmal auf und schaltete in der Küche das Licht ein, auf dass sie dem Licht folge und in die Küche fliege. So geschah es.
In der Küche waren dann auch die Katzen (mit mir aufgestanden in der Hoffnung, etwas Leckeres zu bekommen). Die Katzen, fand ich, könnten jetzt mal ihrer Bestimmung nachkommen und die Fliege fressen. Sie machten aber keine Anstalten, träge lagen Sie herum. Nun muss man meinen Katzen einiges verzeihen, weil sie ja keine Katzenmama hatten, die sie ordnungsgemäß sozialisiert hätte. Manches an Katzenart haben sie einfach nicht gelernt, aber gestern nach um 1 dachte ich, es wäre nun an der Zeit, etwas dazuzulernen. Also führte ich den Katzen vor, wie sie die Fliege zu jagen haben. Mit den Händen, und ich machte auch Katzen-Jaggeräusche dazu. Meine Entscheidungssicherheit ist nachts um 1 nicht die allerbeste, was generell nicht schlimm ist, weil ich zu der Zeit normalerweise schlafe. Nur die Ausnahmen sind eben ein Problem.
Jedenfalls, ich konnte das Interesse der Katzen wecken, sie ahmten mich nach und waren im Jagdfieber. Ein paar Mal fingen sie die Fliege auch, benahmen sich dann aber doch wieder typisch katzig und, statt sie zu verspeisen, spielten sie mit ihr bis sie wieder davonflog. Ich verlor die Geduld. Es war ja nachts um 1 (jetzt eher schon halb 2)! Der Kater saß auf dem Barhocker, die Katze zwischen den Näpfen, beide beobachteten gespannt die Fliege, die an dem einen Bein vom Barhocker saß. Ich setzte mich auf den Boden, zeigte den Katzen die Fliege, machte aufmunternde Geräusche, keine Regung. Und dann hatte ich die Schnauze voll und schlug los, auf die Fliege natürlich, dabei auch auf das Bein vom Hocker, der Kater bekam einen Riesenschreck und sprang mit seinen gesamten 7 kg kraftvoll ab, der Hocker flog ein Stück, mir auf den Kopf, ich sah Sternchen und kippte zur Seite um, in das Katzenfutter, denn die Katze hatte sich auch erschreckt und beim davonrennen alle Näpfe umgeworfen. Es blutete nur ganz wenig, ich beschloss, alles weitere zu ignorieren und ins Bett zu gehen (bewährtes Verfahren), die Fliege habe ich seitdem nicht mehr gesehen.
So viel dazu.
Wieder aufgestanden um halb 7, im Büro um halb 9, guten Zeitplan gehabt, der vor den zwei freien Tagen morgen und übermorgen alles regelte, Mittagspause ausfallen lassen, gerade wollte ich zum Herzstück des Zeitplans kommen, als M anrief.
In der Straße, also vor unserem Haus, seien sehr viele Einsatzwagen: Feuerwehr, RTW, Polizei, mindestens 15 insgesamt. Die gesamte Straße abgesperrt. Es sei eben ein uniformierter Mensch an der Tür gewesen und habe gesagt, es gäbe keinen Grund zur Sorge, aber sie solle sich, nur für den Fall, doch bitte auf eine Evakuierung vorbereiten.
Das Problem waren - neben einer insgesamt überfordernden Situation für eine knapp 15jährige - natürlich die Katzen. Daher rief sie mich an. Und ich war in einer anderen Stadt, wenn alles maximal gut geht, dauert der Weg nach Hause 30 Minuten, aber eher länger.
Also rief ich Freundin C an, die zum Glück Urlaub hatte und zum Glück gerade zu Hause (nämlich: ein paar Straßen weiter) war und "ach, da sind die ganzen Wagen hingefahren!", sagte. Und die sofort aufbrach um zu helfen. C und das Kind packten die Katzen in Transportbehältnisse, dann ging das Kind weg, sich mit einer Freundin treffen, und C hielt die Stellung. Die Katzen brachen in der Zwischenzeit wieder aus ihren Transportbehältnissen aus, was aber nicht schlimm war, weil am Ende dann doch nicht evakuiert wurde. Als ich 35 Minuten später eintraf, war die Situation dann so: M war unterwegs, hatte aber in der Aufregung Handy und Schlüssel vergessen. C war bei uns zu Hause und bei den Katzen, durfte nun aber nicht mehr aus dem Haus. Ich stand vor dem Haus auf der Straße, aber eben auch vor der Absperrung, und durfte nicht rein.
Was soll man da machen? Ich wies C. auf den hervorragenden Zucchinikuchen hin, der auf dem Küchenblock steht und wir überlegten, wir ich wohl notfalls - also falls die Sperrung noch länger als zwei Stunden ginge - an meinen Koffer käme, denn dann fuhr mein Zug nach Kassel. Bestimmt hätte es sich arrangieren lassen: Von C. bis an die Haustür und dort von einem Uniformierten weiter bis zu mir. Aber es wurde dann doch nicht notwendig, um 15 Uhr wurde der Zugang zu allen Häusern bis auf das betroffene (es handelte sich um ein Gasleck) freigegeben. So konnte ich sogar noch mit C ein Stück Kuchen essen und M Handy und Schlüssel hinterherbringen und dann zur Augenbrauenzupföse gehen und dann erst zum Bahnhof und pünktlich in den Zug nach Kassel steigen. Eigentlich so eine simple Handlung, aber es fühlte sich an wie eine unglaubliche Leistung. Im Zug schlief ich sofort erstmal ein.
Als ich wieder aufwachte, hatte der Zug es irgendwie geschafft sich 20 Minuten zu verspäten, der Anschluss damit unerreichbar, aber das konnte mich nach dem ganzen bisher erlebten nicht mehr stressen, auch nicht, dass es in Kassel am Bahnhof keine Leihfarräder oder -roller gab.
Und wie ich mir die ganze Zeit gedacht hatte, wurde der Abend noch richtig gut, den verbrachte ich nämlich mit Herrn @heartcore in einem Biergarten, bei Bier und Wurst und Spreewaldgurken, die der Imbissmann in seinem eigenen Garten gezogen und selbst angemacht hat und er kommt nämlich aus dem Spreewald, aber das jetzt auch noch alles zu erzählen, ist mir wirklich zu anstrengend.