(Alles zu WmdedgT wie immer bei Frau Brüllen.)
Heute morgen um 7 Uhr wachte ich auf, ging eine Runde durch die Wohnung, streichelte die Katzen, nahm mir ein Buch und entschied dann, dass es keinerlei Grund gab, wach zu bleiben. Also kehrte ich ins Bett zurück und schlief weiter, bis gegen 11 Uhr der Wecker klingelte. Um 12 Uhr war ich nämlich mit Fragmente verabredet.
Wenige Minuten später kam eine Nachricht von Fragmente, dass sie sich um 15 Minuten verfrühen würde wegen geschlossener Autowaschanlage. Daher tat ich nichts mehr weiter als duschen, sonnencremen und Outdoor-Kleidung anlegen, wir wollten nämlich zu einem längeren Spaziergang in Natur aufbrechen, voraussichtlich bei Regen.
Zunächst fuhren wir aber ein mysteriöses Paket abholen, das in einem entlegeneren Paketshop auf mich wartete, das ich meines Wissens nicht bestellt hatte aber abholen konnte ich es auch nur mit Ausweisdokument. Die spannendsten Dinge hatte ich mir dazu ausgemalt! Gespannt öffnete ich bei Fragmente im Auto den Umschlag und es handelte sich um ein ü18-Produkt! Genauer gesagt um ein Spiel für die Playstation mit USK 18. Ich fragte per Nachricht bei M (u18!) an, ob sie das Spiel über mein Konto bestellt habe, die Antwort war negativ. Das ließ Herrn N. übrig, der auch geständig war und nun "The last of us" auf der Playstation spielt.
Fragmente und ich fuhren dann weiter in den Taunus. Zuerst wollten wir einkehren, in ein Ausflugslokal, in dem Fragmente schon häufiger war. Der Parkplatz war sehr voll, die Terrasse aber leer, ich ging hinein, um zu erfragen, ob es auch möglich sei, draußen zu sitzen. Der Kellner war von meiner Frage höchst empört und teilt mir mit, man habe nun wirklich nicht genug Personal, draußen einzudecken und es sei viel zu viel zu tun, sowieso sei es den Stammgästen zu kalt zum draußen sitzen. "Und auf neue Gäste legen Sie keinen Wert", stellte ich fest. Der Kellner sah mit einem leeren Blick knapp an mir vorbei.
Ich schilderte das Erlebnis Fragmente, sie war nicht überrascht und sagte "so kenne ich das Personal dort". Im Nachhinein bin ich überrascht, warum sie dort trotzdem weiter Essen gehen möchte, aber wie gesagt erst im Nachhinein, so dass ich es nicht erfragt habe. Wir fuhren dann eine Straße weiter in ein anderes Lokal, dort hatte man Zeit, die Terrasse zu bewirtschaften und es gab eine überraschend diverse Karte, die von Schnitzel über Steinofenpizza, vegane Bowl und russischen Salat hin zu Mezze reichte. Wir waren skeptisch, das Ehepaar am Tisch hinter mir, das unserem Gespräch interessiert folgte, versicherte aber, das Essen sei gut.
Das Ehepaar hatte Recht. Wir teilten uns als Vorspeise eine Mezze-Platte, dann hatte Fragmente Wiener Schnitzel mit Pommes und noch einen extra Salat (was die Bedienung in Verwirrung stürzte) und ich Spargel mit Salzkartoffeln an Schnitzel, später noch beide ein Kaffeegetränk, alles absolut einwandfrei.
Seit dem Vortag hatte ich ein Matschauge, zum Glück heute deutlich abgeklungen, aber noch sehr empfindlich, daher trug ich trotz komplett bedeckten Himmels Sonnenbrille und tropfte ungefähr jede Stunde ein Gel ins Auge. Als das Ehepaar hinter uns aufbrach, verabschiedeten sie sich freundlich und der Mann erkundigte sich noch "was ist denn mit Ihrem Auge?", ich antwortete genauso freundlich, wir tauschten uns noch über Spaziergänge aus und ich musste innerlich sehr lachen, weil mich seine superentspannte Art, in der er eine völlig fremde Person wegen eines Gesprächs, dessen Teil er nicht war und das ihn auch nichts anging über ihren Gesundheitszustand befragt, dabei mit keiner Faser seines Körpers und keinem Zucken seiner Haltung andeutet, dass es in irgendeiner Weise weniger als völlig normal sein könnte, seine Neugier zu befriedigen, diese Frage zu stellen und der Gedanke an mögliche Zurückweisung seine Welt nie gekreuzt hat, so sehr an den alten Oberchef und seine Frau erinnerte. Die hätten das ganz genauso gut sein können. Vermutlich sind sie befreundet.
Anschließend fuhren wir weiter zu einer 1000-jährigen Linde und während Fragmente das Schuhwerk wechselte, besichtigte ich Friedhof und Kirche. In der Kirche gab es Gummibärchen. Die Linde war möglicherweise einmal eine Gerichtslinde. Für mich ist es immer ein merkwürdiges Gefühl, wissentlich auf einem Stück Boden zu stehen, auf dem bedeutende Dinge vor sich gingen. Was eigentlich Quatsch ist, auf jedem Fitzel Boden fanden ja bereits Dinge statt, die für irgendwen bedeutsam waren, aber das ist mir nicht immer so bewusst, zum Glück, sonst würde ich vermutlich wahnsinnig.
Von der Linde aus brachen wir zu einem ca. 5 km langen Rundweg auf, sahen gleich am Anfang einen Rotmilan, im Verlauf viel schöne Natur und teilweise nette Tiere, manchmal aber auch tote Bäume und unangenehme Insekten. Es regnete nicht nennenswert. Fragmente lobte immer wieder die angenehme Stille, ich fand überhaupt nichts still, weil doch die Vögel ziemlich laut waren und ständig irgendwelche Blätter laut rauschten. Wir haben ein unterschiedliches Verständnis von Stille. Für mich ist es die Abwesenheit von Geräusch, für Fragmente die Abwesenheit von Zivilisationsgeräuschen. Fragmente schätzt ihre Art der Stille, ich habe zu beiden Arten von Stille keine Emotionen, wie sich Fragmente zu meiner Art von Stille verhält haben wir nicht besprochen. Das Gespräch über Geräusche endete, als ich sagte, mir sei neulich am Meer aufgefallen, dass das Meeresrauschen genauso klänge wie Autobahn und Violinista das doof von mir fand und Fragmente darauf antwortete, ich sei ein Mensch mit vielen Facetten und manche davon würden etwas Langmut erfordern.
Zurück am Auto hatte Fragmente kleine Wasserflaschen dabei, das war sehr schön. Auf der Rückfahrt setzte der Regen ein, auch sehr schön und zu Hause begann das Gewitter.
Ich ruhte für einen kurzen Moment im Sessel, hatte dann Gesangsstunde, probierte anschließend noch ein paar Sachen (stimmliche) allein aus, jetzt Sessel und Buch.