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    Samstag, 16. Januar 2016
    Kind und Kabel

    Kinder finde ich umso interessanter, je älter sie werden. Wenn sie noch nicht sprechen können, sind sie für mich relativ schwierig in der Handhabung. Können sie sprechen, wird alles schlagartig viel besser, noch besser, wenn sie dann auch lesen und schreiben können. So richtig interessant und auch witzig finde ich aber den Zustand Pubertät. Mademoiselle ist dort wohl noch nicht so komplett zu verorten, ist eher in der Vorpubertät und mit dem ganzen Beziehungsdings hat sie noch nichts am Hut, aber mit der Abgrenzung und, oha, den Stimmungsschwankungen durchaus.

    Macht nichts, finde ich, es ist schon sehr spannend, wenn die Kinder so richtig eigene Menschen werden, die nicht mehr ständig gefallen wollen. Und auch ganz praktisch gesehen teile ich mit einem pubertierenden Kind ähnlichere Interessen als mit einem Kleinkind: ich lese lieber Romane als Pixibücher, ich sehe lieber Lets-Play-Videos als solche von singenden Zeichentrickdinosauriern und ich spiele lieber ernsthaft Canasta oder Carcassonne als das lustige Leiterspiel, bei dem ich das Kind am besten noch unauffällig gewinnen lassen muss (wobei ich natürlich noch unendlich viel mehr unter pädagogisch wertvollen kooperativen Spielen gelitten habe, bei denen die Gemeinschaftlichkeit im Vordergrund steht).

    Dennoch wird es in einem Punkt mit Mademoiselle seit etwas einem Jahr zunehmend schwierig, das will ich auch nicht verschweigen. Und zwar verschwinden ausnahmslos alle Ladekabel des Haushalts in irgendeinem schwarzen Loch, dass sich um das (vor)pubertierende Kind herum befindet. Ich weiß nicht, wie viele Ladekabel ich in den letzten 12 Monaten gekauft habe. Frau Herzbruch weiß es genauer, es sind nämlich immer Notfälle, so dass ich ihr Amazon-Prime-Konto verwende. Aber die Zahl dürfte 20 locker übersteigen. Dennoch haben wir auch jetzt nur noch genau zwei Stück und diese zwei müssen sich drei Telefone und zwei Kindle teilen. So etwas macht mich nervös.

    Ich habe schon einiges ausprobiert, um diesen Zustand zu beheben: Klare Ansagen (komplett erfolglos), ausführliche Erkärungen (stießen auf theoretisches Verständnis aber keine praktische Umsetzung des Verstandenen) und auch Farbcodierungen in der Art von "alle blauen Kabel sind meine, nimm ansonsten was du willst, aber wenn ich dich mit einem blauen erwische, dann...!"

    Das "dann" blieb auch immer unausgefüllt, da man bekanntlich nie drohen darf, ohne zur Umsetzung bereit zu sein. Und was soll ich drohen, dann ziehst du aus, dann zieh ich aus, dann ziehen wir alle aufs Land? Das will ja keiner hier. "...dann krieg ich echt schlechte Laune!" war also die maximale Drohung, und - glauben Sie mir - niemand in diesem Haushalt möchte, dass ich echt schlechte Laune kriege. Aber: bei Vorpubertierenden sticht das Bedürfnis nach vollem Akku das Bedürnis nach familiärer Harmonie.

    Sie sind jetzt halt richtige Menschen.

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