Gestern ging ich gegen 2 Uhr ziemlich alkoholisiert schlafen (kein alkoholfreies Bier gestern - es ist immer gut, mal einen anderen Standpunkt einzunehmen...) und wachte gegen 7 Uhr auf, lag im Bett, schaute aus dem Fenster und wusste plötzlich ganz genau, was ich meinem Freund bei der Kita-Verwaltung schreiben werde. Es war ein sehr schlichter Brief, keine Spitzfindigkeiten, schnörkellos und nicht unfreundlich, trotzdem drückte er genau das aus, was ich noch sagen wollte. Nichts würde ich lieber tun, als den genauen Wortlaut mit Ihnen zu teilen, aber - Sie wissen schon, was jetzt kommt, jeder kennt das: hochzufrieden und entspannt drehte ich mich um, schlief wieder ein, und beim nächsten Aufwachen um 10 war alles weg.
Die Geisteshaltung, mit der man nach einer durchzechten kurzen Nacht aufwacht, ist natürlich auch eine spezielle, sie hat etwas gemein mit vielleicht Phasen enormer Müdigkeit oder mit äußerst brisanten Situationen, nämlich: Tacheles. Eine Reduktion auf das Wesentliche. Keiner hat den Nerv, sich eine der vielfältigen Masken aufzusetzen, mit diesen oder jenen eventuell sogar fremden Federn geschmückt, sich in Ausführungen oder Spitzfindigkeiten zu ergehen und Spielchen zu spielen. Es ist etwas zu erledigen, meine Güte, lasst es uns machen, alle Eitelkeiten fallen ab und ein beinharter Kern bleibt übrig, der, um den es eigentlich ging - und der ist oft erstaunlich klein. Und wenn die Verschleierungsaktionen und Nebelbomben aus dem Raum sind, sehen wir plötzlich die Türen, von denen wir vorher nicht ahnten.
Manchmal kann man das sehen, in Gesprächen, wenn man plötzlich auf eine Ebene kommt, auf der man sich versteht und die Fassaden fallen. Es ist wie eine Schranke, die sich langsam öffnet (wobei das eigentlich ein falsches Bild ist - im Gesicht geht die Mauer nach unten weg, nicht nach oben, meine ich zu sehen, es ist also eher ein absenkbarer Poller, egal). Das sind die Momente, die zu Freundschaften führen. Meist geschieht das spontan und etwa synchron auf beiden Seiten. Gelegentlich ist das auch steuerbar, das kenne ich aus dem beruflichen Kontext, dort sind es schwierige Gespräche, manchmal mit Personen, die ein deutliches Machtgefälle spüren oder aus irgenwelchen Gründen eingeschüchtert sind und, ja, mauern, und so gibt es kein Weiterkommen und schon gar keine Lösung. Dann kann man die eigene Deckung fallen lassen, quasi dem anderen die geladene Knarre in die Hand geben (falls wir dramatisch werden wollen) und dann nochmal neu sprechen, und auch da gibt es dann plötzlich mehrere gangbare Wege, die vorher vermauert waren. Das eine Problem dabei ist, dass das auch nach Hinten losgehen kann, es gehört Vertrauen dazu - in die andere Person, aber natürlich auch in die eigene vorhergegangene Arbeit, durch die man hoffentlich - sonst hat man jetzt ein Problem - eine gemeinsame Basis geschaffen hat, die dazu führt, jetzt eben nicht abgeschossen zu werden, und idealerweise auch in die eigene Integrität, die so beschaffen sein sollte, dass man sich im Fall des Falles wieder aufrappeln kann. Das andere Problem ist viel banaler: das Ganze ist sauanstrengend.
Insofern: schön, wenn dieser innere Mauerfall im Schlaf stattfindet. Schade, wenn man das Ergebnis sofort wieder vergisst.