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    Samstag, 21. November 2015
    Blogging November - 1482

    Heute finden zwei Premieren statt.

    Zum einen gehe ich gleich in einen Club. Ich war überhaupt noch nie in einem Club, glaube ich jedenfalls, wobei es auch möglich ist, dass ich schonmal in einem war und mich nicht erinnern kann. Wenn ich mich noch aufraffen kann, um solche Uhrzeiten geh ich ja normal gar nicht mehr aus dem Haus. Außer zum Kraulschwimmen. Nunja.

    Zeitgleich - also exakt zeitgleich, nämlich von meinem viel zu späten Weggehen bis zum noch späteren Wiederkommen - hat Mademoiselle zum ersten Mal mit zwei Freunden sturmfreie Bude. Mit Chips und so.

    Mal sehen, wer mehr Spaß hat.

    Samstag, 21. November 2015
    Blogging November - 1481

    Möglicherweise habe ich schon einmal erwähnt, dass Spiele für mich ziemlich ernst sind. Kurze Nebenbemerkung: mir scheint, ich verwende ich letzter Zeit häufig das Wort ernst/Ernst, oder zumindest gefühlt häufig, Zahlenmaterial zu meiner Verwendungshäufigkeit habe ich natürlich nicht erhoben, aber jedes Mal frage ich mich, ob es wohl groß oder klein geschrieben wird. Ich habe das jetzt nachgeschlagen, eigentlich hätte man (ich) es wissen müssen, es ist nämlich ganz und gar logisch, wenn Sie auch unsicher sind, schauen Sie hier, dann wissen Sie auch Bescheid. Bescheid groß, das muss ich nicht nachschlagen. Ganz sicher nicht! Sonst würde es auch schwierig, sonst hätten wir so eine Situation wie die, in der man immer wieder von der Wohnungstür zurückrennt, um zu schauen, ob man den Herd ausgeschaltet hat. Stellen Sie sich das mal vor, wenn ich mich hier bei jedem Wort erst vergewissere, ob ich es auch richtig geschrieben habe, und dann evtl. zweimal, um auch noch sicherzugehen, dass ich beim ersten Mal richtig geschaut habe. Und das, wo ich sowieso jetzt gerade in wenigen Minuten fertig sein muss. Früher hatte ich ja Frau Grasdackel, die mich gerne auf Rechtschreibfehler hingewiesen hat, Frau Grasdackel bitte zu Posting 1481!

    Egal, zurück zum Ernst des Spiels. Das erste Spiel, das mich nachts nicht schlafen ließ, war "Gianna Sisters", das spielte ich auf dem C64, ein Jump'n'Run-Spiel mit einem Mädchen, das mit dem Kopf Steine zerdeppern kann, auf Eulen springt und Diamanten sammelt. Ich war dieses Mädchen im Schlaf. Ich war aber auch saugut in diesem Spiel. Es war nur etwas anstrengend, weil ich bei der Eulenspringerei mit dem Bein immer gegen die Wand donnerte oder mich bei den Stößen mit dem Kopf am Schreibtisch, der direkt hinter dem Kopfende meines Bettes stand, stieß. Morgen war ich wie gerädert.

    Bald hatte ich Gianna Sisters aber durch und spielte Cosmo, ebenfalls auf dem C64, ein komisches froschartiges außerirdisches Wesen mit Saugnäpfen an den Händen. Cosmo war ich nicht selbst, aber er tauchte in meinen Träumen auf und war ständig irgendwo festgesaugnapft, wo ich gerade hingreifen wollte. Überall waren dann diese Frösche plötzlich, auch viele Nächte lang, aber besser als überall Ameisen auf dem Boden oder überall halbtote Marder auf der Landstraße, das hatte ich auch schon, dann lieber außerirdische Saugnapffrösche.

    Nicht, dass das Problem jetzt auf die Unterhaltungselektronik geschoben wird. Die nächste Sammlung an miesen Nächten bereitete mir die Siedler von Catan. Täglich 8 Stunden mit einer Freundin gespielt, während wir eigentlich unsere Magisterarbeiten schreiben sollten bzw. wollten bzw. es die einzige logische Alternative erschien. Niemand, den ich kenne, spielt so schlimm gut wie diese Freundin und so absolut erbarmungslos. Im Traum redete ich mir den Mund fusselig um Lehm oder Getreide, unternahm weite Reisen zwecks Beschaffung dieser Rohstoffe und lief mir generell die Füße wund nur um hinterher doch nichts zustande zu bringen weil sie mir immer einen Schritt voraus war. 6 Monate hat man ja für eine Magisterarbeit damals gehabt, ich glaube, ich habe in diesen 6 Monaten nicht ein einziges Spiel gewonnen. Sehr traumatisch.

    Die nächste Episode geschah mit New Super Mario Bros., gespielt auf dem Nintendo. Das Level mit den Pilzen, ich glaube, Level 3 in Welt 1 ist das (bzw. ich bin mir absolut sicher, das habe ich jetzt nicht nachgeschaut, falls Sie irgendann mal bei Günther Jauch sind und was über Super Mario Bros gefragt werden, rufen Sie auf jeden Fall mich an, ich weiß alles!). Die Pilze sind hoch in der Luft und verhalten sich wie riesige Trampoline, man kann diesen kleinen roten Klempner gar nicht richtig steuern, ständig fliegt er ganz hoch in die Luft und wenn man Pech hat, klemmt man ihn versehentlich zwischen Pilztrampolin und irgendwas obendrüber ein und er dotzt mit 320 bpm auf und ab, das bereitet mir körperliche Schmerzen, auch wenn Mario selbst unbeschadet daraus hervorgeht. Im Traum - ich kann mich im Traum normalerweise auf die üblichen Arten fortbewegen und zusätzlich auch fliegen, wobei es wichtig ist, an Straßenecken, vorzugsweise an Ampeln / Straßenlaternen senkrecht zu starten und dann dem Straßenverlauf in der Luft zu folgen, Ordnung muss sein - waren plötzlich auch überall Pilztrampoline, bzw. die ganze Welt war ein Pilztrampolin geworden, alles federte und dotzte, das waren sehr unglückliche Nächte für mich, bis ich alle Welten durchgespielt und restlos alle Münzen gesammelt hatte, vorher konnte ich nämlich nicht aufhören.

    Dann kam CandyCrush. Ständig platzende Bonbons im Traum. An Candycrush habe ich mir ein Überbein am Handgelenk erspielt, da war ich ernsthaft verärgert, also von heute auf morgen kalter Entzug. Die Träume hielten noch ein paar Wochen an, das Überbein hat sich zurückgebildet.

    Interessanterweise hab ich noch nicht von herumfliegenden Buchstaben geträumt, obwohlich ja wirklich seit fast einem Jahr exzessiv Scrabble (also: Wordfeud) spiele. Es wäre zu hoffen gewesen, dass es einfach eine Erscheinung zunehmender Reife (bei mir, nicht dass da ein Missverständnis auftritt, die reife Person bin ich!) ist. Hätte ich darüber nachgedacht, hätte ich mir das sicher so erkärt.

    Heute Nachmittag döste ich aber auf der Couch kurz weg, ich träumte nicht Spezielles, irgendwas von Koffer auspacken und irgendwo hingehen. Soweit alles harmlos, nur: der gesamte Traum hatte eine Hintergrundmusterung, wie eine Tapete, nur eben auch draußen. So ein feines, fast transparentes Bild, das sich über alles legt. Dieses Bild war: ein Backgammonspielfeld.

    Jetzt ist es so: Bei allen anderen Spielen trat dieser Effekt erst auf, als ich sie schon so halbwegs gemeistert hatte. Leider ist das bei Backgammon nicht der Fall, ich habe gerade zuverlässig verstanden, in welche Richtung ich ziehen muss, ohne, dass ich es jedes Mal nachschauen müsste. Das wird noch interessant.

    Donnerstag, 19. November 2015
    Blogging November - 1480

    Ich bin in einem weiteren kleinen Selbstexperiment zu der Erkenntnis gelangt, dass Kinder vermutlich gut für die Gesundheit sind.

    Mademoiselle ist seit Montag auf Klassenfahrt. An den vergangen 4 Tagen habe ich insgesamt 44 Stunden im Büro verbracht. An 3 Abenden bin ich ausgegangen, an 2 davon habe ich zu viel getrunken. Selbstgekochtes Essen gab es gar nicht, die Gemüsekiste ist abbestellt, das Brot schimmlig.

    Heute der allergrößte Faux-pas: kein Bier mehr im Haus und der Pizzabringdienst hat nur Becks. Jetzt trinke ich abgelaufenes Radler.

    Mittwoch, 18. November 2015
    Blogging November - 1479

    Das Gute am länger Arbeiten ist die Aussicht bei Dämmerung.




    Sonst eher so nix.

    Montag, 16. November 2015
    Blogging November - 1477

    Es ist ein Problem aufgetreten und zwar: ich bin schon gbetrunken.

    Leider kann ich die Tasten jetzt nicht mehr gut treffen. Sie müssen entschuldigen.

    Montag, 16. November 2015
    Blogging November - 1476

    Heute habe ich eigentlich den ganzen Tag damit verbracht, Wäsche zusammenzulegen und in Schränke zu räumen und dabei war ich etwas angestrengt. Mademoiselle saß derweil zufrieden auf der Couch.

    Den gesamten Abend zerrte dann Mademoiselle Unmengen an Wäsche aus Schränken hervor, packte sie in einen Koffer und war dabei etwas angestrengt. Währenddessen saß ich zufrieden auf der Couch.

    Dann gingen wir beide ins Bett.

    Die Katzen beobachteten das und ich schwöre: die halten uns für verrückt. Vermutlich sogar zu Recht.

    Samstag, 14. November 2015
    Blogging November - 1475

    Wenn man sich an einem Samstag den Wecker auf 8 stellt, muss das schon einen guten Grund haben. Meiner war: ein kulinarischer Spaziergang durch Offenbach.

    Wir starteten in einer deutsch-türkischen Bäckerei Cavus, die von 6 Brüdern betrieben wird und ins ganze Rhein-Maingebiet liefert. Hier ist sozusagen der Werksverkauf und neben dem klassichen Sortiment an Brötchen, Sahnetorten und Kreppeln gibt es Börek, Baklava, türkisches Gebäck, Sesamringe und Unmengen an Fladenbroten. Als Snack gab es hier einen Sesamring.

    Direkt neben dieser Bäckerei ist ein großer türkischer Supermarkt mit viel frischem Obst und Gemüse, Kräutern, die ich sonst immer nur auf dem Wochenmarkt finde alle Hülsenfrüche dieser Welt und ansonsten allen Zutaten, die ich schon immer für die Otto-Lenghi-Gerichte mühsam zusammengesucht habe. Ich kannte den Supermarkt (noch als Bayram-Markt, jetzt heißt er anders und ich konnte mir nicht merken, wie) zwar schon, er hat nämlich im Sommer die besten Wassermelonen, aber die kann man gleich draußen kaufen, deshalb hatte ich ihn noch nie von innen gesehen. Sehr einladende Fleischtheke, nebendran auch ein Fischgeschäft.

    Gegenüber ist die Mevlana-Moschee. Mademoiselles evangelischer Kindergarten hat mit dieser Moschee einiges zusammen unternommen wie z.B. gemeinsame Gottesdienste, Feiern und Besuche, daher kenne ich die Moschee schon. Es gibt dort auch ein kleines Restaurant, das täglich zwei Suppen, ein Mittagsgericht und diverse Snacks und Beilagen, Döner und Desserts führt. Wir probieren verschieden belegtes Pide.

    Der nächste Stopp ist ein Geschäft für kroatische Spezialitäten und Geschenkartikel von Trgovina Ivkovic, den es seit 52 Jahren gibt. Im Sortiment unter anderem Mademoiselles heißgeliebte Lane-Biscuits und diverse andere Süßigkeiten, die sie oft aus der Grundschule mitgebracht hat. Und viele verschiedene Schnäpse, sehr viel eingelegtes Gemüse und hervorragende Kartoffelwurst in scharf und nicht scharf. Faszinert war ich von der Auslage: Heiligendevotionalien (u. a. Kaffeetassen mit Jesusgesicht mit verblüffend großer Nase, daneben Plastikblumen (soweit noch nachvollziehbar), dann jedoch eine Winkekatze, Arbeitsschuhe und Nemo. Hm hm.

    Vor lauter Staunen verlieren wir fast die Gruppe, die wenige Häuser weiter in einen Hinterhof abgebogen ist. Dort liegt die Mozzarella-Fabrik L'Abbate, die seit über 40 Jahren Mozzarella, Scamorza und Ricotta herstellt und über 100 andere Käsesorten verkauft. Ein Geheimtipp sind die Mozarella-Platten, die man allerdings vorbestellen muss. Dann kann man sie belegen, rollen und in Scheiben schneiden, das sieht seh hübsch aus. Wer samstags kommt, muss ziemlich lange Schlange stehen. Wir probieren Mozzarella-Spießchen und süßen Ricotta mit Pistazienraspeln und Schokostreußeln. Sehr, sehr köstlich.

    Schon wieder gehen wir fast verloren, finden die Gruppe aber noch in derselben Straße bei Suriashni, dem ersten indischen Geschäft, das es in Offenbach gab (Mitte der 90er) wieder. Es ist so klein, dass nicht alle hineinpassen. Im Fenster liegen Spitztüten mit Henna (für Tattoos), Kosmetik, Schmuck und Bollywood-Filme. Drinnen viele Gewürze, indische Fertiggerichte, Tees und Ingwer, kleine Chilis, Okraschoten. Und es riecht unglaublich gut, denn gerade werden für uns Samosas und Pakora zubereitet, mit Minzsauce.

    Die nächste Station ist ein kleiner italienischer Supermarkt, Macelleria & Salumeria da Angelo, mit viel Fleisch/Wurst und etwas Gemüse, Obst, Nudeln, Konserven. Und sehr hübschen runden Auberginen, die angeblich leckerer sind als die normalen, länglichen - das entnehme ich einem belauschten Gespräch zwischen zwei Kunden. Von hier eine weitere wichtige Information: das neue Olivenöl wird gerade gepresst und ist in ca. 2 Wochen verfügbar. Momentan kauft man noch das gelagerte. Was nicht schlecht ist, man muss nur wissen, was man will.

    Schräg gegenüber ist Il Pasticcino, eine italienische Pasticceria & Rosticceria. Dort gibt es unter anderem stadtbekannte Arancini, viele kleine köstliche Gebäckstückchen mit Cremes und Obst und allem und sehr guten Kaffee.

    Und neben Il Pasticcino befindet sich Naane Watan, ein afghanisches Geschäft für orientalische Lebensmittel, bekannt für seine Fladenbrote. Diese dünnen, afghanischen, die werden vor Ort gebacken, gerne auch auf Bestellung, und es gibt sie in verschiedenen Varianten: Vollkorn oder Weíßmehl, klein oder groß, mit Sesam oder ohne und so weiter. Dazu gibt es Säckeweise Reis, die Säcke haben einen Reißverschluss, darüber freue ich mich, weil es so schlau gedacht ist. Daneben viele Gewürze und Gewürzmischungen und Tee und sirupartige Dinge, ein Sirup aus Wurzeln, der gesund sein soll, Rosensirup und so etwas. Der Besitzer erklärt uns, wieso er so viele verschiedene Reissorten hat und berät diejenigen, die einen Sack kaufen wollen.

    Dann nehmen wir vom Afghanen Fladenbrot mit und gehen zurück zum Pasticcino, Kaffee holen, und da Angelo trägt eine riesige Platte mit Aufschnitt herbei: Mortadella, drei Sorten Schinken, zwei Sorten Salami. Das wird dann alles verzehrt.

    Als letzte Station sind wir auf dem Wochenmarkt, den natürlich jeder schon kennt. Dort trinken wir zum Abschluss einen Apfelwein, bzw. die, deren Integration noch nicht so vollständig gelungen ist (also unter anderem: ich) oder die, die verkatert sind und keinen Magen für Konteräppler haben, einen Süßen.

    Aber meine Güte, diese unglaubliche kulinarische (und kulturelle) Vielfalt direkt vor meiner Haustür - kein Laden weiter als 15 Minutee zu Fuß entfernt. Ich empfinde das als große Bereicherung. Und bin fast etwas traurig, dass meine Schränke so gut gefüllt sind, dass ich bis auf eine Tüte Maronen keine Einkäufe machen konnte. Demnächst muss hier viel gegessen werden, damit sich das ändert.

    Samstag, 14. November 2015
    Blogging November - 1474

    Heute geht es schon den ganzen Tag so: mir fällt etwas zum Schreiben ein, ich habe aber ich fahre gerade Auto / ich sitzte gerade in der Bahn und auf dem Handy schreibe ich nicht (dauert zu lang) / das Internet geht gerade nicht / ich kann mich nicht aufraffen. Sind dann alle äußerlichen Faktoren perfekt, also: Laptop und Internet vorhanden, dann fällt mir nichts mehr ein.

    Das bleibt dann jetzt halt so.

    (Immerhin: eben gerade noch rechtzeitig den Fernseher auf stumm geschaltet, damit Mademoiselle nicht gegen 23 Uhr noch in Aufregung gerät. Und vorhin im Auto schon das Radio abgedreht, weil ich dachte, um 20 Uhr müssen 11jährige keinen ausführlichsten Bericht über acht tote Babys hören. Mannmannmann.)

    Donnerstag, 12. November 2015
    Blogging November - 1473

    Tja, da hatte ich gedacht, ich könnte die Kraulschwimmkursberichte langsam outphasen, so dass niemand bemerkt, wenn wir Mitte Dezember nicht mehr hingehen. Aber dann fand die Kraulschwimmpartnerin den Ersatztext enttäuschend und das Postfach ist randvoll mit einer weiteren Beschwerdemail einer Leserin (oder eines Lesers, man weiß ja nie).

    Bevor ich dazu komme, jedoch noch ein Update zu meiner inneren Demaizièrisierung: wie Sie wissen, sind bei mir die Grenzen momentan dicht zu dem Zwecke, meinen Wortstrom zu stoppen. Heute Morgen am Bahnhof kam keine Bahn, ich lief ein wenig herum und hörte Musik und kam dann auf den Gedanken, dass Sitzen auch sehr nett sein könnte. Es war eine Bank frei, dicht vor der Bank standen jedoch Herren in Geschäftskleidung mit Trolleys. Also ging ich hin, sagte "darf ich?" und bewege meinen Hintern auf die Sitzfläche zu.

    "Aber hier sitzen wir!", sagte einer der Herren. So. Hinter meiner Grenze wurde es eng. Normal hätte ich "Sie schwindeln, weil: Sie stehen nämlich!" gesagt. Und dann "Und auch schon seit zwei Songs und der eine davon ist sogar ziemlich lang, ich hatte erst überlegt, ob er sich für Karaoke eignet, aber, wie gesagt: zu lang, da werden die anderen ja ungeduldig. Was schade ist, denn das ist ziemlich genau meine Stimmlage. Soll ich mal ansingen?" Während ich das sage, hätte ich mich hingesetzt. Es ist immer eine gute Strategie, die Leute durch Worte abzulenken während man Tatsachen schafft. Wichtig ist dabei, ihnen in die Augen zu schauen, nicht etwa auf die Bank, zu der man möchte, nein, immer Blickkontakt halten. Das machen Zauberer auch so.

    Nunja. Ich sagte "Oh, okay…" (zu "Entschuldigung" konnte ich mich nicht überwinden) und stand wieder auf. Ich denke, möglicherweise muss ich dieses Experiment vorzeitig abbrechen, es bekommt mir nicht gut. Hätte ich einen Fitness-Tracker, hätte ich mir das noch schönreden können, dass ich nun wieder am Bahnhof auf- und ablaufe und dadurch irgendeinen Contest gewinne. Aber ich habe ja keinen. Da scheitert das beste Reframing.

    Natürlich habe ich das alles jetzt nicht etwa geschrieben, um vom Kraulschwimmkurs abzulenken.

    Wir waren gestern nur zu zweit: die nette Frau und ich. "Das überrascht mich nicht!", sagte der Kraulschwimmlehrer verächtlich. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass er seit einigen Wochen auch ein Experiment an sich selbst durchführt, nur scheint es meinem völlig gegenläufig zu sein. Vielleicht ist das so, dass sich alles auf der Welt ausgleichen muss. Während ich ganz sanftmütig und duldsam bin, muss jemand anders die Panzerfaust raushängen lassen. Und das ist eben nun der Kraulschwimmlehrer und vielleicht bekommt ihm das gar nicht gut, so dass wir besser wieder tauschen sollten, also: wenn es schon einer machen muss.

    Nach dem Einschwimmen widmeten wir uns dem Rückenkraulen. Und zwar: Rückenkraulen mit Antippen in der Achsel. Der Kraulschwimmlehrer machte es auf dem Trockenen vor. "Das fühlt sich lustig an", sagte er. Zwei Bahnen.

    Dann Rückenkraulen mit Kraulabschlag und zwar in drei Varianten: einmal über dem Kopf gestreckt im Wasser, einmal unten in der Streckung neben dem Oberschenkel, einmal über dem Bauch in der Luft. Jeweils zwei Bahnen. "Bei über dem Bauch sauft ihr vermutlich ab", klang es vom Beckenrand. Stimmte aber gar nicht. Ätsch.

    Dann Rückenkraulen mit Entchen. "Hey, macht euch nicht lächerlich!", rief der Kraulschwimmlehrer, als wir unsere Entchen ins Wasser hielten, damit sie sich vollsaugen. Wasser in den Enten ist im Profikurs verboten. 4 Bahnen.

    "Dann fangen wir jetzt mal richtig an", hieß es um 21:30 Uhr. "Wir können heute ruhig ein paar Minuten länger machen." 8 Bahnen normal vorwärts kraulen. Ich glaube, das war der Zeitpunkt, zu dem ich gesagt hätte "jo, jetzt ist gut", aber dazu kam man nicht.

    Dann noch ein Geschwindigkeitsspielchen. Nochmal 8 Bahnen kraulen, immer auf dem Hinweg so schnell es geht, auf dem Rückweg langsam. Nach zwei Bahnen verschluckte ich mich fies - ich kann den Hals noch nicht komplett wieder nach links drehen, links ist aber sowieso meine schlechtere Seite und links ist die Seite, auf der auf dem Rückweg die Profis schwimmen und da kriegt man eher mal eine Welle in den Mund. "Was ist, warum drehst du nicht richtig raus?", meckerte der Kraulschwimlehrer vom Beckenrand. "Ich hab einen steifen Hals!", sagte ich. "Jaja, ich auch", sagte der Kraulschwimmlehrer. "Atme halt auf 4".

    "Ich glaub ich hab einen Krampf im Fuß", sagte die nette Frau nach Bahn 3. "Erzähl mir das auf der anderen Seite", sagte der Kraulschwimmlehrer und trabte die Länge des Beckens davon. Als wir dort ankamen, war er aber schon wieder weg. Also schwammen wir halt resiginiert die acht Bahnen fertig und dümpelten dann im flachen Wasser zu einer letzten Ansprache für den Tag die grob zusammengefasst lautete: Technisch alles gut, ab jetzt Strecke machen.

    Dann zwei Bahnen ausschwimmen. Als wir zur Dusche gingen, schallte uns "Ihr hättet beim Ausschwimmen auch ruhig noch ein paar Bahnen mehr machen können!" nach.

    Mittwoch, 11. November 2015
    Blogging November - 1472

    In meinem Rotkraut aus der Kantine war heute etwas, das ich zunächst für eine extraterrestrische Lebensform hielt. Es war dann keine, darüber war ich sehr froh, das hätte ja so einen Rummel gegeben, allein schon die ganzen Interviews, und außerdem hätten sich so viele ethische Fragen gestellt: wenn ich das melde (wem überhaupt?), würde dieses Lebewesen ja sicher in einem Forschungslabor landen und untersucht werden, dabei wäre wohl niemandem klar, ob es lebendig ist oder tot und was ihm Schmerzen psychischer oder physischer Art bereitet. Und ich hätte das alles verursacht. Aber hätte ich es verstecken können? Zu Hause eher nicht, da habe ich die Verantwortung für Mademoiselle, wer weiß, ob dieses Lebewesen gefährlich ist. Im Büro? Aber wo dort? In dem Schrank mit meiner kleinen Büroschuhsammlung, 12 Paare sind es mittlerweile, habe ich gestern zufällig festgestellt als ich auf der Suche nach einer Abschiedskarte war?

    Es begann schon gleich hinter meiner Schäfe zu pochen, so viel zu bedenken und heute Abend ist auch noch Kraulschwimmkurs. Dazu ganz nebenbei: die Kraulschwimmpartnerin ist heute nicht da. Geschäftsreise. Ich finde das ehrlich gesagt etwas verdächtig. Wir haben ja beide in Wirklichkeit überhaupt keine Lust, abends um 20 Uhr nochmal zum Schwimmen aufzubrechen. Letzte Woche stand das alles schon sehr auf der Kippe, diese Woche ist also "Geschäftsreise". Hm hm. Wie dem auch sei, ich gehe natürlich hin. Nicht, weil ich Lust hätte, aber weil ich sonst vielleicht verrückt werde. Ich darf über so etwas wie "gehe ich hin oder nicht" gar nicht anfangen, nachzudenken. Ich gehe einfach hin, sonst muss ich ja jeden Mittwoch die Lage neu auswerten und bewerten und zu einer Entscheidung finden, das ist wirklich nicht möglich, da bekomme ich Migräne. Es ist Kraulschwimmkurs, ich gehe hin, fertig.

    Allerdings gibt es ja diese Leute aus dem Internet, die sagen, sie wären an irgendeinem Ort, an dem sie gar nicht sind. Neulich hat noch irgendeine Studentin als Experiment ihre gesamte Familie an der Nase herumgeführt und vorgegeben, sie würde in China oder sonstwo herumreisen, in Wirklichkeit war sie aber in ihrem WG-Zimmer, mehrere Wochen lang. Von den Leuten, die ein ganzes Leben vorspielen mal ganz abgesehen. Im Vergleich damit ist eine Vorspiegelung falscher Kraulschwimmkursteilnahme sicher eine lässliche Angelegenheit.

    Ich habe trotzdem heute schon öfter überlegt, die Kraulschwimmpartnerin per Whatsapp um ein Selfie zu bitten, vor dem Titelblatt einer großen Tageszeitung des Landes, in dem sie sich aufhält. Ich könnte linguistisches Interesse vortäuschen. Aber sie ist schlau, viel zu schlau, sicher würde sie irgendeine Lösung zur Aufrechterhaltung der Täuschung finden. Und sitzt in ihrer dunklen Wohnung (abgedunkelt für den Fall, dass ich mit dem Auto eine Kontrollrunde drehe) unter einer kuschligen Decke, isst irgendeinen köstlichen Salat, übt heimlich Karaoke-Songs und lacht sich ins Fäustchen, dass ich hinter Lollek und Bollek herplantsche. Denkt sie!

    Wie dem auch sei, es war alles nicht ganz so schlimm. Es war nämlich keine extraterrestrische Lebensform sondern ein Stück Plastik. Jetzt denken Sie: Boah, so ein Theater um ein Fitzel Plastik. Denken Sie aber mal nicht "Fitzel", denken Sie "zusammengezwirbelter Müllbeutel, ca. 25 Liter". Naja, ich will nicht übertreiben. Aber doch größer als ein durchschnittlicher Butterbrot- oder Kosmetikeimerbeutel. Irgendwie so zusammengezwirbelt, dass daraus eine Art Kraken mit vielen Beinen entstanden war, in rotkrautrot. Gar nicht mal so hässlich, ich war in doppelter Hinsicht froh, erstens ist Plastiktüte besser als Alien (wegen der ganzen Komplikationen!) und zweitens ist Plastiktüte im Rotkraut auch ganz ehrlich vom Ekelfaktor her besser als Fingernagel in Schwarzwälderkirsch, und das hatte ich ja bekanntlich auch schon.

    Nun müssen Sie wissen, dass ich mich gerade selbst einem kleinen Experiment unterziehe - selbst ist das etwas anderes, als wenn man ein Alien ist und auf einem fremden Planeten in ein Labor getragen wird. Und zwar dachte ich, ich probiere einfach mal aus, wie es ist, Leute nicht immer verbal niederzuknüppeln. Schon nach ein paar Tagen kann ich dazu berichten: es ist in erster Linie schwierig. Ständig muss man irgendwelche fuchsigen Antworten verschlucken und statt dessen "oh, okay!" sagen. Vielleicht habe ich auch deshalb heute etwas viele Worte in mir.

    Heute morgen hatte ich ja schon so eine Situation erlebt: Ich war im Starbucks - das ist jetzt unbedingt kein Grund, Belehrungen über Starbucks abzugeben, bzw. nicht ohne vorher meinen Artikel über den Latte-Faktor studiert zu haben, suchen Sie bitte selbst danach - und las, während ich auf meinen Lebkuchen-Latte wartete (übrigens nicht empfehlenswert. Ich nehme aber immer unterschiedliche Getränke, was einem Missverständnis geschuldet ist: da sind ja viele Mitarbeiter, die kennen mich alle, wenn ich komme sagt der Mitarbeiter ein Getränk. Ich hatte das immer als Vorschlag verstanden und zugestimmt, ich finde es ja gut, wenn andere initiativ sind, das passiert so furchtbar selten. Erst sehr, sehr spät wurde durch einen Zwischenfall klar, dass die Leute sich in Wirklichkeit zu erinnern versuchen, was ich nochmal immer trinke. Im Sinne des Servicegedankens. Was natürlich jedes Mal schwieriger wurde, wenn ich wieder einem anderen Mitarbeiter zu einem anderen Getränkevorschlag zustimmte. Heute war der Mitarbeiter da, mit dem damals der große Showdown hinsichtlich der Aufklärung des Sachverhaltes stattfand, seitdem macht er mir einfach immer irgendein Getränk seiner Wahl, heute eben: Lebkuchen-Latte.)

    Jedenfalls, während ich wartete, las ich in der Zeitung, die dort auslag, und darin war ein Artikel über Starbucks (Vorsicht: Hasselhoff-Rekursion!), darin stand, dass in den USA (wo sonst) sich Personen über die diesjährigen Weihnachtsbecher bei Starbucks echauffieren. Diese sind nämlich sehr schlicht gehalten, rot mit Logo, kein sonstiges Zeugs drauf, wo früher immer Sternchen, Tannenbäume etc. waren. Und nun meinen offenbar Menschen, das käme dem Untergang des Abendlandes schon wieder gleich, überbordende political correctness, Verletzung des Rechts auf Rentier. Und um dem Laden dann mal so richtig eins auszuwischen, kaufen sie nicht etwa dort einfach nicht ein, nein, das nun nicht. Revolte darf nicht unbequem sein, also: jedenfalls nicht für einen selbst. Und so sagen sie zuckersüß zu den Barristas: "Schreib ma Merry Christmas auf den Becher!" Der oder die Barrista macht das dann, dann posten diese Leute ein Foto im Internet (vermutlich: auf Facebook) und haben gewonnen. Und ein bisschen die Welt (naja, das Abendland, aber das ja das einzige, das zählt) gerettet, mit überteuertem Kaffee in einem Pappbecher, auf den jemand mit Edding statt Mark mit C einen Weihnachtsgruß geschrieben hat.

    Jedenfalls, während ich da stand und auf den Kaffee wartete und las und mir dachte, so bekloppt sind die auch nur in den USA, kam tatsächlich einer rein und wollte auf seinen Becher "Frohe Weihnachten" geschrieben haben. Ich dachte erst, ich halluziniere, aber da war er, ein mittelalter Herr in brauner Cordhose und blauem Hemd und schwarzer Daunenweste, der vielleicht extra für diese Gelegenheit zum ersten Mal in seinem Leben einen Starbucks-Laden aufsuchte. Und schon da sagte ich nicht: "Haben Sie völlig den Verstand verloren?! Wenn ich auch mal grad den Stift haben darf, mal ich Ihnen gern noch was Hübsches auf die Stirn." sondern lächelte milde, nippte am Lebkuchenlatte und schüttelte mich kurz und unmerklich, um den Mitarbeiter nicht zu enttäuschen.

    Ich glaube, ich bin einen Moment abgeschwiffen, zurück zum Thema:

    Trotz meiner tiefenentspannten Prädisposition ging ich also zurück in die Kantine (vorher aß ich noch die Knödel auf) und sagte: "Entschuldigung, in meinem Essen war ein Stück Plastik." Die Kassiererin verdrehte die Augen und entriss mir die Packung mit einem beherzten "geben Sie mal her!", wohl in der festen Erwartung, dort eben einen Fitzel vorzufinden. Angesichts des Aliens blieb ihr Blick kurz starr. Dann schaute sie mich an und öffnete ein paar Mal den Mund, aber ohne Ton.

    "Ist doch nicht so schlimm", sagte ich ghandiesk. "Kann ja mal vorkommen. Besser als Fingernagel in Schwarzwälderkirsch." Die Kassiererin machte ein leises Würgegeräusch. "Das war nicht hier!!", beeilte ich mich hinterherzuschieben.

    So besprachen wir dann freundlichst dies und das - dass das Geld leider nicht zurückgebucht werden kann, weil ich mit einem Voucher gezahlt hatte, welche sonstigen Probleme es noch alle gibt derentwegen alles höchst schwierig ist, warum ich die Klöße gegessen habe und nicht sofort gekommen bin, wie schwer es die Kassiererin jetzt hat, meinetwegen, und ich blieb die ganze Zeit sehr, sehr freundlich. Bis die Kassiererin sagte: "Dann nehmen Sie sich jetzt am besten einfach eine neue Portion Rotkraut, dann ist das aus der Welt!". Da verfiel ich kurz in mein anderes Selbst. Aber wirklich nur ganz kurz. Es war dann nicht mehr so nett, aber effektiv.

    Nun. Ich muss schließen. Wer zum Kraulschwimmkurs will, muss sich jetzt vorbereiten, und sei es mental.

    November seit 7137 Tagen

    Letzter Regen: 05. Oktober 2025, 22:02 Uhr