Neulich kaufte ich morgens Feinkost ein - Schafkäsecreme, Oliven, verschiedene Gemüsepasten und eingelegtes Zeugs. Und zwar auf dem Wochenmarkt bei einem Wagen von Boz*kurt.
Frau N: Und dann noch von der Auberginencreme...
Älterer Herr, plötzlich von schräg hinten: Ich will mal den Kurt sprechen.
Alle: (häh?)
Älterer Herr: Den Kurt! Ist der heute da?
Verkäufer: Tut mir leid, hier gibt es keinen Kurt.
Älterer Herr: Klar gibt es den!
Verkäuferin: Ich kenne auch keinen Kurt. Hier arbeitet kein Kurt.
Älterer Herr: Dooooooooch. Den Kurt will ich mal sprechen. Den Boz Kurt. [Anmerkung: wir befinden uns nahe der bayerischen Grenze].
Frau N: (bricht vor unterdrücktem Lachen fast zusammen)
Verkäufer: Boz*kurt?
Älterer Herr: Den Boz Kurt! Kurt Boz!
Verkäufer: Nein, nein, es gibt keinen Kurz Boz. Das ist Boz*kurt, einfach so.
Älterer Herr: Dass das Euer Boss ist weiß ich.
Verkäufer: Aber...
Älterer Herr: Jetzt hol den Kurt her!!!
Verkäuferin: Worum geht es denn überhaupt?
Älterer Herr: Das bespreche ich mit dem Kurt.
Verkäuferin: Wissen Sie was, ich gebe Ihnen die Telefonnummer von unserer Zentrale. Und dazu bekommen Sie etwas von der Schafskäsecreme, ich pack Ihnen was ein.
Älterer Herr: Och, das ist aber nett, ja, danke. (geht weg - über die Schulter:) Und grüßt den Kurt schön von mir!
Kunstturnen für Mädchen ist übrigens auch eine ziemlich merkwürdige Geschichte. Da wird tatsächlich vorher abgesprochen, welche Art von Frisur die Turnerin haben muss, was bedeutet, dass die Mutter, die als Frisur nur "halt irgendwie offen" oder "halt irgendwie zusammen" kennt, einen Abend lang Youtube-Videos zum Flechten diverser Zopfarten schaut. Immerhin konnte diese Mutter dann am nächsten Tag in nur etwa 40 Minuten zwei Zöpfe von ganz oben an geflochten und von vorn nach hinten fabrizieren, die auch nicht in der Turnhallte wieder aufgelöst und neu geflochten wurden. So ging es nämlich den Frisuren, mit denen etwa 5 von 12 Mädchen kamen. Es ging dann zu, wie Frau Herzbruch mir das vom Dressurreiten erzählt hatte, wo man morgens um 4 aufstehen muss um dem Pferd vor dem Wettkamp den Schweif und die Mähne zu flechten - ganz genauso wurden die Mädchen durch eine Art Frisierboxengasse geschleust, Bändchen farblich auf den Turnanzug abgestimmt und Klämmerchen hier und Spängchen da. Am Ende ordentlich Haarspray drüber und das alles für etwa 90 Sekunden am Spannbarren!
Die Aufführung an sich war dann schon recht klasse, aber als danach die Eltern-Kind-Turngruppe ihre gefühlt halbstündige Aufführung hatte, sind wir alle einvernehmlich geflohen.
Ich vermisse Herrn Igel I und II.
In der Bahn erzählte mir die Freundin, wie sie doppelt gestraft sei - nicht nur ist sie im Kindergarten zum Adventsbasteln einbestellt, sondern auch in der Grundschule. Oder, um das Spannungsverhältnis, in dem sich diese Frau befindet, einmal ganz konkret darzustellen: sie muss Zweige und Deko (als Spende) in beide Einrichtungen mitbringen, dann dort daraus im Beisein anderer Eltern und vieler Kinder ein hübsches Gesteck oder einen Kranz binden, dieser wird auf dem Basar am kommenden Samstag verkauft. Aber damit ist es noch nicht getan: natürlich erwarten die Kinder von ihr, dass sie das Gesteck, das sie selbst gebastelt haben, dann auf eben diesem Basar käuflich erwirbt. Vermutlich während der eigenen Schicht am Stand. Also nicht nur doppelt basteln, sondern auch noch dreimal spenden.
Wir blickten eine Weile versonnen aus dem Fenster an die vorbeiziehenden Wände des S-Bahn-Tunnels, also uns die ältere Dame gegenüber unterbrach:
Die Freundin solle beim Basteln daran denken, dass der Advent so kurz wäre dieses Jahr. Deshalb habe er nämlich nur drei Sonntage. Und sie habe schon in den Läden gesehen, dass das bei den Kränzen überhaupt nicht berücksichtigt würde.
Aber der Adventskalender habe doch immer 24 Türchen, wagte ich einzuwenden.
Sie würde ja auch nicht über den Kalender sprechen, sondern über den Kranz, belehrte mich die ältere Dame. Und dieser Advent habe nämlich nur drei Sonntage. Deshalb dürfe es auch nur drei Kerzen geben.
Ich hob gerade an zu erklären, dass vielleicht nur drei Sonntage im Dezember lägen, aber deshalb doch etc., aber die Freundin winkte ab. Es sei ihr nur recht, drei Kerzen seien weniger Arbeit als vier, und die Dame sei herzlich eingeladen, am Samstag zum Basar in der Gemeinde zu kommen und sich einen dreikerzigen Kranz zu kaufen.
Ich bin gespannt, ob die das machen. Die Freundin den Kranz und die Dame den Adventsbasarbesuch. Man kann nie wissen!
Seit gestern Abend, ziemlich exakt 22:40 Uhr, hatte ich eine merkwürdige Muskelverspannung im Halsbereich, aber so weit oben, dass ich erst dachte, es seien Ohrenschmerzen. Ein dicker Wollschal und Cola-Rum boten kurzfristige Besserung, über Nacht wurde aber alles sehr ungünstig. Heute morgen hatte ich also einen ausgewachsenen steifen Hals, der sich nach oben zu Kopschmerz und nach unten zu Rückenschmerz auszudehnen bestrebte.
Dann war ich aber ja mit Mademoiselle zu einem Kindergeburtstag in der Eissporthalle eingeladen. Ich schleppte mich dorthin (mental gesehen - körperlich wurde ich chauffiert), und zu meinem großen Erstaunen war ich nach dem ersten Glühwein des Jahres schon so sehr weniger indisponiert, dass ich mich sogar aufs Eis wagte. Ein klassischer Fall von Dutch courarage. Am Eislaufen fand ich Gefallen,und begab mich erst ein paar Stunden später wieder zu den übrigen Erwachsenen auf den festen Boden zurück.
So weit, so gut. Der Hals ist fast wie neu. Dafür habe ich jetzt akut, und ganz ganz schlimm Fuß, und zwar links genauso wie rechts. Ob ich von der Couch noch ins Bett humpeln können werde, ist komplett offen. Vielleicht muss ich mich auch bäuchlings über das Parkett ziehen.
Es ist ja häufig so: an manchen Tagen erlebt man keine dollen Dinger, aber hätte endlos Zeit, sie aufzuschreiben. Und an anderen jagt eine Geschichte die andere, allein: man kommt zu nix. Erinnern Sie mich bitte, dass ich Ihnen bei Gelegenheit noch von Boss Kurt erzähle.
Lustig waren heute die beiden jungen Frauen in der Bahn. Die eine mit lila Fingernägeln, gelbem Glitzerschal und pinkfarbenem iPhone, die andere mit rosa Fingernägeln, weißem Glitzerschal und lila iPhone. Die eine hatte gerade Geburtstag, die andere hat bald, und sie zeigten sich gegenseitig Bilder ihrer Freunde und Freundinnen um zu erklären, warum sie wen nicht einladen.
Die C. wird nicht eingelade, weil sie sich so einen komischen Pony geschnitten hat, voll peinlich. Und der M. nicht, weil der gar keinen kennt von den anderen. Die T. und den P. nicht, weil die jetzt zusammen sind, frische Pärchen auf Parties sind blöd. Die A. und die D. kennt lila Fingernagel von der Arbeit, und von der Arbeit will sie keinen einladen. R. kann aber auch nicht kommen, denn R. ist immer noch mit D. befreundet, obwohl rosa Fingernagel sich doch schon vor Wochen mit D. zerstritten hat. Und M. ist so doof geworden! Und B, die war bei rosa Fingernagel mit einem Geschenk am Geburstag, völlig unangekündigt. Was soll denn sowas? Die wird auch nicht eingeladen. Und der G. natürlich auch nicht, der war ja bis neulich mit der Z. zusammen und die Z. ist doch das letzte. Und so weiter.
Als sie das Alphabet ein paar Mal rauf und runter waren, schwiegen sie ein Weilchen und schauten depressiv verstimmt vor sich hin. Es sei doch Scheiße, dass man überhaupt keine Leute kennen würde, mit denen man Geburtstag feiern könne.
Dann bin ich ganz schnell eine Station zu früh ausgestiegen, um nicht vor unterdrücktem Lachen zusammenzubrechen.
Ich bin verwundert. Denn dreimal bin ich in dieser Woche - und es ist ja erst Mittwoch - schon völlig unerwartet umarmt worden. Ich bin generell von mir aus nicht so der Umarmer. Das ist einfach nicht meine natürliche Reaktion, ich bin auch nicht Küsschen links/Küsschen rechts. Ich bin eher Hallo und vielleicht ein Händedruck. Tatsächlich glauben viele Leute, die mich näher kennen, dass ich es nicht leiden kann, wenn man mich im Alltag anfasst. Ich bin mir nicht sicher, wie dieser Eindruck entstanden ist, und es trifft auch nicht zu - ich habe nichts gegen Berührungen, würde sie nur nicht initiieren. Ich bin manchmal ganz fasziniert davon, wie Personen sich anfühlen oder wie sie von Nahem riechen. Trotzdem bemühe ich mich nicht, diese Annahme zu korrigieren - etwas zu viel Distanz halte ich generell immer für besser als etwas zu viel Nähe.
Die erste Umarmung kam gestern von einem ehemaligen Mitarbeiter, der zurückkommen wird. Da kann man sich mal freuen, mögen Sie denken, aber: eigentlich nicht. Wir konnten uns nie leiden. Umso irritierender, dass der mir um den Hals fällt. Immerhin roch sein Aftershave gut.
Dann heute auf offener Straße die Nachbarin von ganz unten. Dort ist eine "betreutes Wohnen"-WG und die Damen nehmen häufig Pakete für mich an, was ich sehr nett finde. Weiter geht der Kontakt aber nicht. Heute kam ich mit Mademoiselle von der Schule, wir begegneten einer von "ganz unten", ich grüßte und dann umarmte sie mich. Sie fühlte sich in ihrer dicken Daunenjacke merkwürdig zerbrechlich und flatterig an, wie ein kleines Vögelchen.
Und keine Stunde später dann der Gemüsemann. Den hatte ich tatsächlich schon fast ein Jahr nicht gesehen, weil wir immer unterwegs sind, wenn er kommt, und er die Kiste dann in die Garage stellt. Heute war er spät dran, ich lief ihm im Hof über den Weg, zapp: schon wieder umarmt. Wobei das der einzige war, bei dem ich es irgenwie natürlich fand, weil ich mich auch sehr freute, ihm mal wieder zu begegnen. Der Gemüsemann war etwas kratzig und roch nach meinem Kürbiskernbrot, das er gerade in der Hand hielt.
Ist das wohl die Jahreszeit, dass alle Leute so kuschlig werden?
Am Wochenende war übrigens Weihnachtsbäckerei. Die Sache verlief verhältnismäßig ruhig, was wesentlich dran lag, dass niemand aufstehen durfte. Papa N. ist nicht mehr so gut zu Fuß und ordnete deshalb an, den gesamten Küchenplatz für sich zu brauchen, um keine unnötigen Wege um andere Leute herumgehen zu müssen. Deshalb mussten Frau, Kinder und Enkelkind 5 Stunden aufgereiht auf der Bank ausharren. Es war auch zu beobachten, dass Papa N. erstaunlich viele sehr, sehr große Plätzchen machte. Hatte man früher noch die kleinen Backoplaten, um der Kinderschar möglichst viele Plätzchen mit möglichst wenig finanzieller Belastung angedeihen lassen zu können, gab es dieses Mal die großen Backoplaten und die "Marzipanhäppchen" sind ausgewachsene Marzipanbrote geworden. Damit es etwas schneller geht, vielleicht. Pausen waren auch verboten.
Das Highlight hatten wir, als Mademoiselle "In der Weihnachtsbäckerei" anstimmte, Schwester N. die zweite Stimme übernahm und ich mit je einer Zuckerstreuseldose in der Hand Percussion machte. Mama N. schlug auf ein Zeichen hin an bestimmten Stelllen effektvoll mit dem Löffel gegen ihre Kaffeetasse nur Papa N. buk unbeirrt weiter, aber ich schwöre, er stach die Plätzchen im Takt aus.
Zu einem kleinen Eklat kam es ganz am Ende der Backaktion. In den letzten Jahren haben alle Beteiligten außer mir immer zig Tütchen zum verschenken und teilweise auch Kistchen zum verschicken gepackt. Dieses Jahr war ich gerade dabei, mir im Bad den Zuckerguss von sämtlichen freiliegenden Körperstellen zu schrubben, als die Verteilung stattfand. Als ich in die Küche zurückkehrte, sah eigentlich noch alles genau so aus wie vorher. Ich versuchte die Familie zu motivieren, nun endlich ihre Kisten und Tüten zu packen, aber sie behaupteten allen Ernstes, sie seien schon fertig. Sie würden das mit dem Verteilen nicht mehr machen, ich könne den Rest mitnehmen.
So reiste ich also mit einem ganzen Kofferraum voller Weihnachtsgebäck wieder nach Hause. Naja. Es gibt Schlimmeres.
Ich habe noch gar nicht erzählt das sich am Donnerstag mein persönliches kulinarisches Dschungelcamp erlebte. Gut, verwunderlich ist das nicht, zum einen musste ich das Erlebte erst einmal verarbeiten und ausreichend Abstand für eine Verschriftlichung gewinnen und zum anderen passierte ja auch reichlich Anderes.
Jedenfalls hatte ich am Donnerstag einen Termin nachmittags an einem Ort, der für eine Bürofeierlichkeit in Frage käme, und daher ausführlich besichtigt werden musste. Tatsächlich waren es mehrere zusammengehörende Orte, man fuhr also auch ein bisschen hin und her und die ganze Sache nahm mehrere Stunden in Anspruch, weshalb die Einladung zu einem kleinen Imbiss am Ende naheliegend war. Dieser Imbiss fand in einer Bar mit gedämpftem Licht vor prasselndem Kaminfeuer statt und bestand aus verschiedenen sehr appetitlichen Häppchen - kleine Teigbeutelchen und -täschchen mit Füllung, Spießchen, Chutneys und Dips und dazu ein paar Gläschen mit sehr fein geschnittenen Gemüsesticks in rot, orange, gelb und grün.
Jetzt muss man wissen: ich esse enorm gern Gurke. Das Grüne identifizierte ich also im Schummerlicht sofort als Gurke und nahm davon. Es war aber gar keine Gurke, sondern Staudensellerie. Und dazu muss man nun wissen, dass ich Staudensellerie für so ziemlich das Ekelhafteste unter dem halte, was in diesen Breiten als normales Lebensmittel angesehen wird. Dicht gefolgt von Räucherfischcreme, aber das nur nebenbei.
Nun war es aber eben ein Geschäftstermin, ich saß ganz in der Ecke in einem tiefen plüschigen Sofadings, da kann man schlecht unvermittelt mit staudensellerievollem Mund "schmuschmarausch" murmeln und verschwinden, genausowenig kann man alles einfach auf den Teller zurückspucken und eine richtige Serviette gab es nicht, nur so Cocktailserviettchen. Da hilft nur Schlucken. Und zwar möglichst schnell, bevor sich der Geschmack vollends im Mund ausgebreitet hat. Gut, dass ich so entscheidungsfreudig bin.
Schlecht allerdings, dass ich Gurke so unendlich gern mag, dass ich nicht sofort aufgeben konnte. In so einem Rohkostgläschen muss doch irgendwo Gurke dabei sein? Möchten Sie raten, wie oft ich es noch ausprobiert habe? Ich bin jetzt sehr gut darin, Gemüsesticks nach nur einmaligem Abbeißen im Ganzen die Kehle hinuntergleiten zu lassen. Außerdem gelernt: Hartnäckigkeit zahlt sich nicht immer aus.
Was ich nach wie vor nicht gut verstehe: ich kann nur unter Druck richtig einparken.
Ganz generell gesagt bin ich kein Einparkgenie. Das hängt mit mehreren Faktoren zusammen, der wesentliche ist vermutlich, dass ich nur selten Auto fahre. Im Schnitt, würde ich sagen, dreimal im Monat. Zweitens hängt es damit zusammen, dass mir gutes räumliches Auffassungsvermögen nicht einfach so zufällt, ich muss mich dafür konzentrieren. Dazu bin ich häufig nicht so wirklich motiviert, weil der Einparkvorgang ans ich ja auch sehr uninteressant ist, weshalb ich mich sehr gerne in eine Parklücke einweisen lasse, notfalls auch von Fremden, das ist mir total egal.
Manchmal geht das aber nicht und meist ist die Situation gerade dann zusätzlich dringend. Zum Beispiel in der Führerscheinprüfung. Oder heute, wenn der sehr knappe, aber einzige Parkplatz in der ganzen Stadt ausgerechnet an einer viel befahrenen zweispurigen Straße liegt, deren linke Spur aber durch eine Baustelle blockiert ist und gleichzeitig das Kind schon miristschlecht hat und sich prophylaktisch meine Handtasche vor den Mund hält. Komischerweise parke ich in solchen Situationen derart gekonnt rückwärts ein, als würde ich von morgens bis abends nie irgendwas anderes machen.
Ich besitze also durchaus die Fähigkeit, einzuparken wie ein Profi. Es muss nur ausreichend Druck aufgebaut werden. Vielleicht sollte man für Autofahrer solche CDs entwickeln, oder besser noch das Navi könnte kurz vor Erreichen des Ziels auf ein Stressprogramm umschalten, GSG-9-trainingmäßig, das Personen wie mir den Puls auf 180 bringt und damit die richtige Einparkstimmung erzeugt. Das ist vielleicht noch eine Marktlücke.