Seit ich die Katzen habe, möchte einen Wasserkessel, weil - beides ist bekannt - ich jeden Tag koche und Katzen nicht gut hören. Die Katzen sollen nicht auf die Arbeitsplattein der Küche springen, was sich aber nicht so durchgesetzt hat. Der Kater hat sich sogar schon einmal die Pfoten an der Herdplatte verbrannt, aber ein Lerneffekt ist dadurch nicht eingetreten.
Während ich koche, ist es unproblematisch, dann bin ich anwesend und die Katzen springen nicht hoch. Aber wenn ich fertig bin, ist eine Platte meist noch recht heiß, so heiß, dass ich keinen Topf darauf stehen lassen will, sonst würde da was anbrennen. So dachte ich immer öfter, dass ich einen Wasserkessel möchte (oder einen Gasherd, aber Wasserkessel schien mir einfacher umzusetzen, wir haben nämlich gar keinen Gasanschluss). Den Wasserkessel könnte ich immer auf dem Herd stehen haben und bei Bedarf auf die heiße Platte schieben. Mit dem Wasser könnte ich ab und an die Blumen gießen, bevor was darin anfängt zu wachsen, oder auch mal eine Wärmflasche befüllen in diesem Sommer Zwanzichdreizehn.
Allerdings: alle Wasserkessel in Geschäften waren hässlich, und zwar sahen sie alle nach Alessi aus, auch wenn sie gar nicht von Alessi waren. Ich googelte also "Wasserkessel alt" und stieß auf das Angebot eines Kessels, der zu einem Topfset zu gehören scheint, aus dem ich in den 70er-Jahren von meiner Mutter bekocht wurde und von dem ich noch einen kleinen Topf und einen kleinen Topf mit einem langen Griff dran (wie heißt das, Stieltopf?) habe, die in Mademoiselles Kinderküche übergegangen sind bzw. manchmal als Blumenübertöpfe verwendet werden. So einen Kessel gab es da, den wollte ich, aber es war - wie nervig - eine Auktion. Dementsprechend wurden alle Wecker auf 10 Minuten vor Auktionsende gestellt, Mademoiselle in die Feinheiten des Bietens eingeweiht und der Kessel letztendlich nach viel Schnappatmung für einen einstelligen Eurobetrag erworben.
Hier ist er, und er passt perfekt:
26.6.2013 - der Tag, an dem ich völlig überraschend meine Liebe zu Paragraphen entdeckte. Vielleicht ist dies aber auch nur vorübergehend - noch besteht Hoffnung.
Aber § ist doch auch ein außerordentlich hübsches Zeichen!
Letztes Jahr gab es an Mademoiselles Schule ein Sommerfest, bei dem die Eltern den Kuchen für das Buffet mitbrachten, und ich bot mich an, die Zettel mit den Rückmeldungen, wer was mitbringt, einzusammeln und das Mitgebrachte so in etwa zu koordinieren. Damals hatte ich viel Spaß ob des einen oder anderen Brüllers wie "Ich bringe Kuchen mit und zwar: Nudelsalat".
Dieses Jahr war alles ganz harmlos, dann kam jedoch ein Zettel, den ich Frau Herzbruch zu interpretieren bat und wir kicherten ein bisschen:
Gestern kam dann ein zweiter Zettel, der den ersten noch fragwürdiger machte, und seitdem überlege ich, wie es nun genau dazu kommen ist:
Darauf, dass Wassermelone weder Gebäck noch Kuchen ist, wollen wir nicht eingehen, Wassermelone ist nämlich eine grandiose Idee und viel besser als Kuchen, von mir aus könnten noch viel mehr Leute Wassermelone mitbirngen. Und über Schreibfehler machen wir uns auch nicht lustig. Ansonsten müssen Sie dazu wissen: Sowohl "Schoko-Kokos-Schnitte" als auch "Wassermelone" sind auf Tipp-Ex geschrieben; unter Schoko-Kokos-Schnitte stand vorher Wassermelone, unter Wassermelone vorher, genau, Schoko-Kokos-Schnitte.
Ich stelle mir das so vor: die Mutter (der durchgestrichene Vorname ist weiblich) hat offensichtlich zwei Kinder. Sie hat die Kinder gefragt, was sie mitbringen möchten, eins wollte Wassermelone, eines Schoko-Kokos-Schnitten. Dann hat die Mutter das auf den Zetteln notiert, ohne zu beachten, welcher Zettel von welchem Kind ist. Ist ja auch egal.
(Pause für Zwischenrufe aus dem Publikum)
Genau. Wenn Sie zwei Kinder haben, oder mit zwei Kindern auch nur jemals zu tun hatten, wissen Sie natürlich, dass das keinesfalls egal ist. Das richtige Essen muss auf dem richtigen Zettel stehen, sonst ist alles komplett falsch und eine Katastrophe. Frau B. hatte also keine ruhige Minute mehr, nachdem der Irrtum einem Kind aufgefallen war - vermutlich dem Viertklässler, der vielleicht sogar eingelenkt hätte, wenn nicht auch die Erstklässlerin davon Wind bekommen und ein Theater abgezogen hätte, gegen das Zeter und Mordio Waisenkinder sind. Entnervt nahm die Mutter also Tipp-Ex und korrigierte ihren Fehler. Dabei übersah sie jedoch, auch an der Stelle die Änderung vorzunehmen, an der der Mann ins Spiel kommt. Es ist also noch schlüssig, dass der Mann die Wassermelone bringt. Frau B. muss ja auch arbeiten, ich kann mich enorm gut in Frau B. hineinversetzen, wie sie von der Arbeit kam und schon wieder einen nervigen Elternbrief zum Ausfüllen vorfand, sich freute, dass ein Kind Wassermelone wollte weil man die nicht noch vorbereiten muss, die Freude dann aber sogleich durch den auf die Zettelverwechslung folgenden Eklat ausgelöscht wurde. Frau B. durchwühlte die Schubladen nach Tipp-Ex, sackte ermattet auf dem Küchenstuhl zusammen und dachte: der Mann soll die Melone schleppen!
Was ich aber bei meinem sehr logischen, nachvollziehbaren und absolut wahrscheinlichen Szenario nun gar nicht verstehe: Wie kommen die Brezeln ins Spiel? Gibt es etwa noch ein drittes Kind und der Zettel mit "Brezeln - mein Mann bringt die Schoko-Kokos-Schnitten" kommt morgen?!
Man fühlt sich ein bisschen so, als wäre man in einem Ferienhaus: überall Gepäck und Spielzeug und Bettzeug, keiner hat was an den Füßen, leere Flaschen türmen sich im Flur und der Kühlschrank muss dringend leergegessen werden. Zwischendrin hat man schlimme Lachanfälle oder wird von jemandem schlimm gedisst (und hat deshalb dann schlimme Lachanfälle).
Hoffentlich vergesse ich morgen nicht, ins Büro zu gehen.
Von heute gäbe es sehr viel zu erzählen, aber das Allerlustigste war, als Frau Herzbruch und ich im Auto saßen, das Navi sagte "rechts abbiegen", Frau Herzbruch bog auf eine 1-A-Rechtsabbiegerspur und bog rechts ab und machte kurz vor dem Acker, der 20 m weiter begann, eine Vollbremsung.
Und alle total verwirrt. Nochmal zurückgeschaut: eindeutig Rechtabbiegerspur inklusive Pfeil auf dem Boden. Nochmal nach vorn geschaut: eindeutig Acker.
Aufgeklärt hat sich das bisher nicht.
Manchmal ist es so unglaublich einfach.
Heute Nachmittag z.B. - ich kam gerade vom Feld und verkochte 6 kg Erdbeern zu Marmelade, parallel dazu kochte ich Spaghetti Bolognese und parallel dazu buk ich dem Kind einen Pfannkuchen und fütterte die Katzen (und falls ich dabei irgendwas verwechselt habe, hat es niemand gemerkt, was ein Glück), da klingelt das Telefon und gleichzeitig klingelte das Firmenhandy und gleichzeitig klingelte es an der Tür. Während ich also mit einem Handy unter dem Ohr, einem Telefon in der einen und zwei Kochlöffeln in der anderen Hand die Tür öffnete, wollten die Katzen abhauen, die ich also mit den Knien einklemmte. Und dann sagte ich zu dem Stromanbieter-Haustürgeschäftmann, der vor der Tür stand, einfach nur: "Sorry, aber es passt gerade leider echt nicht."
Und dann ging er, einfach so.
Der Witz dabei ist: gerade eine Stunde vorher hatte ich mir überlegt, dass ich den Stromanbieter wechseln möchte.
Auch neu ist, dass ich bei "diesen Temperaturen" nun nicht mehr unbeweglich verharre und flach atme, sondern Aktivitätsschübe erleide. Heute z.B. habe ich Marmelade gekocht, zwei Tortenböden gebacken, 3 Ladungen Wäsche aufgehängt, 4 Ladungen Wäsche gefaltet und zwar alles relativ zeitgleich zwischen 17 und 20 Uhr. Dann war mir sehr warm.
In Wirklichkeit mache ich das alles nämlich nur, weil ich so gerne dusche. Ich dusche so gern, dass es schon absurd ist. Eigentlich würde ich jedes Mal, wenn ich mir die Hände wasche, am liebsten gleich duschen, einfach weil es so schön ist, und ich mache es nur aus Vernunftnicht. Nach Marmelade-und-Tortenböden-Backen bei über 30 Grad ist duschen aber natürlich legitim, auch wenn man eigentlich schon hatte.
In meinem Elternhaus gab es gar keine Dusche. Wie haben wir das gemacht? Ich habe Erinnerungen an reichliches Baden in der Kindheit, genau gesagt dass ich immer irgendwie aus der Badewanne wieder raus sollte, wenn ich doch noch gar nicht wollte. In einer Badewanne kann man natürlich auch duschen, das mache ich heutzutage, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch bin, aber es gibt dort keinen und gab nie einen Duschvorhang, was das Untefangen verkompliziert. Mein Vater duscht auch mindestens täglich, er schafft das, ohne das Bad unter Wasser zu setzen und wir haben schon oft überlegt, wie das kommt. Die favorisierte Theorie dabei ist, dass mein Vater zum einen keine Haare hat, die man ausspülen müsste, deshalb geht alles viel schneller und allein die Zeit, in der Wasser fließt, ist schon deutlich reduziert, damit natürlich auch das Spritzwasser. Zweitens glaube ich auch, dass Wasser an Frauenkörpern anders abprallt als an Männerkörpern. Leider wird diese Theorie durch meinen Schwager - männlich und mit wenig Haar - maßgeblich geschwächt, denn er setzt das Bad noch viel mehr unter Wasser als ich. Aber: er ist auch viel größer als Papa N. und ich! Es kann damit zusammenhängen, Fallhöhe, logisch. Soviel also zu dieser Thematik, was ich eigentlich nur belegen wollte ist, dass ich in Bezug auf Duschen etwas nachzuholen habe, es ist also auch in dieser Hinsicht völlig okay, wenn ich mehrmals täglich dusche.
Nebenbei - ich bin ja mal ins Fitness-Studio gegangen. Eigentlich auch nur wegen der schönen Duschen dort.
Der Status quo ist also: ich habe Erdbeermarmelade, Erdbeerkuchen UND ich habe zweimal geduscht. Das nenne ich einen erfolgreichen Tag!
Die Wohnung dunkel und kühl gehalten, Schwimmen gegangen und Wassermelone gegessen. Alles richtig gemacht also.
Jetzt hitzefrei.
Ich habe das große Glück, einen sehr schönen Weg zur Arbeit zu haben. Nunja, nicht, wenn ich mit der S-Bahn fahre, dann ist er so wie vermutlich viele Arbeitswege: in die S-Bahn-Station eintauchen, 20 Minuten Tunnel, aus der Station auftauchen, fertig. Aber wenn ich mit dem Rad fahre. Der Weg beträgt knapp 9 km, von denen etwa 7 km direkt am Flussufer entlang gehen. Ich fahre von zu Hause einmal quer durch die Innenstadt, dann durch den Hafen, dann eben die 7 km Fluss, dann über eine Brücke, durch eine lange Straßenschlucht und bin am Rapunzelturm.
Heute gab es auf dem schönen Weg ein Ereignis, und zwar wird etwa auf halber Strecke seit längerem eine Brücke gebaut. Wie man Brücken genau baut, weiß ich natürlich nicht, aber heute musste etwas mit Wasser und mit Schweißen an der Stelle genau über dem Radweg gemacht werden, weshalb zwei Brückenbauarbeiter den Weg sperrten. Ich war die erste, die auf dieses Hindernis stieß. "Nur kurz", hieß es, und ich fragte den Brückenbauarbeiter, was denn da gemacht werde. "Ich habe nicht die Sprache", sagte er. "Mit Feuer und Wasser!" - Ich schaute nach oben und sah im Stahlgerüst Holzteile, die anscheinend irgendwie gewässert oder gesäubert wurden, jedenfalls spritzte Wasser mit ziemlich viel Wucht hindurch, und an anderer Stelle stoben Funken. "Vielleicht Schienen? Oder ein Gerüst?" fragte ich. "Vielleicht!" sagte der Brückenbauarbeiter und rieb sich die Hände.
Mittlerweile - wir standen dort nun geschätzt zwei Minuten - hatte sich eine ständig weiter wachsende Traube Menschen, sämtlich in Bürobekleidung und größtenteils mit diverser Technik im Gepäck, an beiden Seiten der Brücke versammelt und wurde zunehmend angespannt. "Das ist doch nur Wasser..." murrten die einen, "Unverschämtheit!" die anderen. "Feuer und Wasser ja!" sagte der Brückenbauarbeiter. "Nur kurz!"
Mittlerweile war auch Mutter Schwan mit ihren drei Küken herbeigekommen, um die Arbeiten an vielleicht Gerüst oder Schienen zu betrachten. Die Karnickel auf der Wiese hingegen mümmelten völlig unberührt weiter vor sich hin.
"Dass Sie das hier im Berufsverkehr machen müssen!", sagte ein Mann mit Laptoptasche auf dem Gepäckträger. "Ja, muss ich auch Beruf machen", antwortete der Brückenbauarbeiter. "Als ob man das vergleichen könnte!" rief Laptopman. "Ich muss ins Büro! Das ist wohl etwas dringender!" "Bauen Sie größere Brücken?" fragte ich, aber in diesem Moment fuhr ein Radfahrer mit Schwung hinten in die Menschentraube, bremste mit quietschenden Reifen und schrie "Ihr Wichser! Das ist ein Radweg!!" - "Arschloch!" brüllte ein anderer, warf sein Rad auf die Wiese und es gab Gerangel. "Ist gleich fertig!" sagte der Brückenbauarbeiter.
"Ich fahr jetzt, ist doch nur Wasser!" rief eine Frau mit Dutt und Kostüm. "Feuer und Wasser", sagten einige Umstehenden. Die Frau fuhr um den Brückenbauarbeiter herum und unter der Brücke durch, von oben kam ein Funkenregen, wir rochen verschmortes Horn. "Jetzt fahren Sie schon!!" drängelte es von hinten. Ein Dutzend Radfahrer schlängelten sich um die Absperrung und fuhren durch den Regen unter der Brücke.
"Ist nicht gut! Doch nur kurz!", rief der Brückenbauarbeiter. Aber es war vergeblich. Von etwa fünfzig Leuten konnte nur ein Bruchteil noch etwas Zeit aufbringen, um in der morgendlichen Sommerluft am Flussufer den Schwänen, den Karnickeln und dem Bau von Schienen oder Gerüst, vielleicht, zuzuschauen. Die übrigen wollten keinesfalls auch nur eine weitere Minute Aufschub des Bürotages in Kauf nehmen und fuhren mit ihren Anzügen und Kostümen durch den Wasser- und Funkenregen.
"Alle irre", sagte ich zum Brückenbauarbeiter. "Irre?", sagte er fragend. "Verrückt", erklärte ich mit gängiger Geste. "Bekloppt. Haben einen Vogel." Wir schauten noch einen Moment Familie Schwan zu, ein paar weitere Radfahrer fuhren durch Feuer und Wasser. Der Brückenbauarbeiter stieß mich mit haarigem Unterarm an: "Alle irre, ja?!" Ich nickte. Er rieb sich die Hände.
Dann kam von oben das Signal. "Fertig", sagte der Brückenbauarbeiter und trat aus dem Weg.
Bekanntlich hasse ich Sommer. Das ist so und das wird sich auch nie ändern.
Abgesehen davon finde ich Sommer aber seit einigen Jahren zunehmend okay. Dieses Jahr ließ er bekanntlich lange auf sich warten, das kam mir entgegen, ist er mir doch sonst häufig insgesamt zu lang. Jetzt hat man bereits etwa 1/3 der kritischen Zeit geschafft, da kann man den Rest richtig genießen.
(Anmerkung: Mit ein Punkt, warum Sommer immer erträglicher wird, ist natürlich die veränderte Wohnlage. Wer in einer nicht isolierten Dachgeschosswohnung aufgewachsen ist, weiß, wovon ich spreche.)
Besonders toll finde ich an diesem Sommer, das alles so einfach geworden ist. Mit Mademoiselle, meine ich. Vor der Reise neulich schreib ich schon über die nach 8 Jahren wieder aufgetauchte Möglichkeit, mit Minimalgepäck zu verreisen. Und jetzt ist es wieder möglich, einfach "mal kurz schwimmen zu gehen". Ohne vorher mehrere Wanderrucksäcke zu bestücken. Man braucht genau nur 2x Badebekleidung, 2x Handtuch, die Busfahrkarte und einen 10-Euro-Schein. Ist man luxoriös unterwegs, darf am Handgelenk vom Kind noch die Taucherbrille baumeln. Mit diesem leichten Gepäck kann man um 18 Uhr in den Bus stürmen und zum Freibad fahren, dort eine Stunde schwimmen, dem Kind Pommes als Abendessen kaufen und dann irgendwann zurückfahren - feste Schlafenszeit ist nicht mehr sooo das absolute Konzept für 8-jährige. Im Sommer. Wenn man Schwimmen gehen kann.
Hauptsächlich deshalb - wegen dem Schwimmen - ist Sommer jetzt erst einmal okay. Zumindest für die nächsten 2-3 Wochen. Und dann ist er ja eh fast vorbei.