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    Samstag, 22. Juli 2017
    Bodmin Moor: Hurler Stone Circles und Golitha Falls (nachreicht)

    Aufgeweckt um kurz nach 6 von einem kugelrunden huhnartigen Getier, das im Sonnenschein auf der Wiese schnarrendes Geschrei absondert.



    (Man sieht es auf dem Bild nicht gut, es sitzt hinten auf der zweiten Wiese ziemlich rechts. "Fasan", meint die Hausherrin.)

    Frühstück gibt es in der Farmhausküche - alle Gäste sitzen gemeinsam um einen großen Tisch, während die Hausherrin das Frühstück an einem großen blauen Aga zubereitet. Ein passender Schraubenzieher für die Orthese wird auch gefunden und obwohl sich das Bein noch nicht ganz auf 90° beugen lässt (das kommt schon noch - war bei der letzten Umstellung auch zunächst so) wird alles schlagartig viel besser: ich kann jetzt ganz normal gehen, auch mit größeren Schritten, und nicht allzu hohe Treppenstufen wieder mit beiden Beinen laufen. Und normal ins Auto einsteigen. Und eben normal auf einem Stuhl sitzen. Hachja.

    Weil das Wetter schön ist, fahren wir heute ins Bodmin Moor (da war bisher immer nur Regen/Nebel, wenn wir daran vorbeikamen). Zunächst zu den Hurler Stone Circles - das sind nochmal Steinkreise, ähnlich wie Stonehenge, und auch hier weiß niemand, wozu sie gut waren, man vermutet, zu etwas Sakralem.



    Außerdem gibt es viele frisch geschorene Schafe und windschiefe Bäume und Wolken und allgemein halt Landschaft.





    Und den obligatorischen Westwindbaum, normalerweise ist er einsam auf Bildern, hier in Schafbegleitung.



    Die nächste Station sind die Golitha Falls, ein Naturschutzgebeit am Fluss Fowey (spricht man: Foi). Von einem Parkplatz aus gibt es zwei verschiedene Wege, einen "Easy Access"-Weg, der einen Rundgang am Fluss bietet, und einen "Path" zu den Falls an sich, also Wasserfällen, wobei damit keine spektakulären niagarafallartigen Dinge gemeint sind sondern eher so ein britisch-zurückhaltendes Dahinrauschen über bemooste Steinstufen. Der "Path" ist allerdings an mehreren Stellen überschwemmt, so dass wir teilweise einfach so am Ufer über die Steine müssen oder durch den Wald und auch ab und an mal auf Steinen oder Baumstämmen das Wasser kreuzen.





    Zwischendurch kommt auch mal Regen, ein richtiger Sturzbach, endlich kann ich meine mitgeführten Regenponchos zum Einsatz bringen! Bis sie aus ihrer Hülle herausgefummelt und übergestülpt sind, ist der Regen allerdings schon wieder vorbei.

    Durch die nicht begehbaren Wege und den entsprechenden Hindernisparcours sind wir statt der üblichen 30 Minuten zweieinhalb Stunden unterwegs und müssen uns danach erstmal stärken - praktischerweise gibt es direkt auf dem Parkplatz eine Grillbude.

    Gutes Essen findet man oft an unerwarteten Orten - hier gab es tatsächlich das bisher beste Essen in Cornwall überhaup, nämlich Sauerteigbrote mit gegrilltem Fleisch (Rind oder Bacon und so), Salaten/Sprossen/Gemüse/Tomaten, gegrillten Maiskolben etc. Dauerte etwas, weil es eben frisch gegrillt wurde und war total lecker. Kaffee und Kuchen nahmen wir dann auch noch mit und das war ebenso gut. Man kann dort nur bar oder per Paypal zahlen, diese Kombination habe ich vorher auch noch nirgendwo erlebt.

    Die Familie wollte nun überraschenderweise nicht zum nächsten hübschen Ort und dort nochmal zweieinhalb Stunden durch eine Schlucht wandern sondern auf einem Bett liegen und ausruhen. Ts. Aber gut, so haben wir es gemacht, mit frischem Tee aus der Unterkunft und dem gekauften Kuchen. Also stornierte ich schnell das geplante Abendessen an der Schlucht und reservierte statt dessen im Nachbarort der Unterkunft, den man auch zu Fuß erreichen kann, so dass es später noch einen kleinen Spaziergang gab.

    Und dann wieder sehr gutes Essen!





    Und dann ein weiterer kleiner Spaziergang nach Hause und dann schlafen. Ich bin sehr gespannt, ob beim schlafen 30 Grad mehr an Beweglichkeit auch einen Unterschied machen! Und auf das Unwetter, das heute Nacht kommen soll, bin ich auch gespannt. Es pfeift schon ganz schön draußen.

    Freitag, 21. Juli 2017

    Tintagel - Boscastle - Sheviock (nachgereicht)

    (Mobilnetz geht doch ganz ok und ich kann ja dank Abschaffung der Roaminggebühren - die EU wird heute ins Abendgebet eingeschlossen - mit dem Handy einen Hotspot für den Laptop machen, ohne dabei zu verarmen!)

    Weiterreisetag. Drei Nächte an einem Ort ist okay, vier wäre vielleicht entspannter. Fünf zu viel. Zwei zu wenig. Einmal noch nachgereicht: das Frühstück mit dem Hog's Pudding. Hog's Pudding ist die runde Scheibe unter der Tomate.



    Wir fahren nach Tintagel, gemeinläufig sagt man, dort habe König Artus mit den Rittern der Tafelrunde gelebt, was historisch allerdings nicht hinkommt (und sowieso waren die Ritter der Tafelrunde ja ständig auf Quests unterwegs, aber das nur nebenbei).

    Tintagel ist heute ein kleiner, sehr touristischer Ort mit den üblichen kleinen Läden für Souvenirs, Silberschmuck und Süßwaren. Ich versuche in solchen Orten immer, mir vorzustellen, wie es vor 80 Jahren war. Als es noch nicht üblich war, so viel umherzureisen und die Bewohner diesen kleinen Ort an der Küste eher für sich hatten. Vielleicht abends sagten, "so, ich gehe heute noch kurz schwimmen" - "wo gehst du?" - "ach, an der Höhle unter der Ruine". Und dann war man dort ganz allein, vielleicht kam mal wer vorbei auf dem Weg nachzuschauen, ob das Ruderboot auch richtig festgezurrt ist und sonst nichts. Und heute sind da überall Fremde, am Strand, am Schloss, in den Straßen, überall, den ganzen Tag. Hm.

    Also Tintagel - eine Ruine, oben auf den Klippen. Erstmal muss man hinkommen, es geht ziemlich steil bergab an den Fuß der Klippe, bis dahin gäbe es auch einen Landrover-Service für die fußlahmen, aber Bein.v2 verhält sich ja ganz ordentlich, also laufen wir. Vom Fuße der Klippe aus geht es dann hoch, viele, viele Stufen, teils Holz, teils Fels.



    (Ja, genau da muss man hoch, es führt kein Weg daran vorbei. Und eben vorher auf der anderen Seite der Klippe runter, aber da ist ein breiter Weg.)

    An Tagen, an denen es besonders windig ist, ist der Aufstieg nicht möglich, also die Ruine geschlossen. Am Tag vorher war das noch der Fall, heute haben wir Glück. Und oben ist halt eine Ruine.



    Und schöne Aussicht und sehr, sehr viel Wind, so viel, dass wir - halt oben auf einer Klippe - ordentlich Respekt davor bekommen, es ist ja auch nichts mit Geländern oder so abgesichert, nur stehen immer mal ein paar Fuß vor dem Abgrund Schilder mit der Aufschrift "sheer drop".









    Als wir die Ruine ausreichend besichtigt haben und die zig Stufen wieder hinuntergelaufen sind, hat Bein.v2 erstmal fertig und ich beschließe, für den Weg bergauf den Landrover-Service in Anspruch zu nehmen. Mademoiselle und Herr N. wollen dann auch lieber Landrover fahren. Sowieso hat Herr N. seit zwei Tagen auch "Knie", allerdings ist dieses Feld in der Familie ja so sicher besetzt, dass er davon nur wenig spricht. Im Landrover sind außer uns hauptsächlich Personen mit Hunden - können Hunde nicht gut bergauf gehen?

    Wieder im Dorf angekommen ist noch etwas Zeit bis zum Ablauf der Parkuhr. Das mit der Parkuhr ist so eine Sache. Viele nehmen nämlich keine Kreditkarten und so richtet sich die Dauer unseres kulturellen Erlebens nach der Verfügbarkeit von Kleingeld im Portemonnaie. Und mit Kleingeld bin ich etwas speziell - das möchte ich in Fremdwährungen einfach nicht haben, das ist mir zu anstrengend, erstens macht es die Geldbörse schwer und hässlich und zweitens liegt es nach dem Urlaub überall in der Wohnung herum und nervt jedes einzelne Mal, wenn es mir in die Hände fällt, aber wegwerfen will ich es auch nicht, schon gar nicht Pfund, weil ich nach Großbritannien ja ständig reise. Also gebe ich Kleingeld einfach immer so schnell wie möglich aus, meist als Trinkgeld aber auch gerne für Dinge wie Honig oder Seife aus Souvenirläden - Sachen also, die ich mir sonst nie, bzw. nicht zu diesen Preisen, kaufen würde. Einfach damit das nervige Kleingeld weg ist. Und am Parkautomaten fehlt es dann.

    Die übrige Kleingeldkulturzeit verbringen wir jedenfalls damit, noch das Old Post Office in Tintagel anzuschauen, ein Haus von Dreizehnhundertirgendwas, das von außen aussieht wie eine Hobbithöhle.



    Vielleicht erinnert es mich aber auch nur daran, weil drinnen ein Mann auf einer Laute spielt und dazu so ähnlich singt wie die Zwerge im Hobbitfilm.

    Weiter geht es. Die weniger touristischen Dörfer oben an der kornischen Nordküste erinnern mich auch schon wieder an Filme, nämlich an Godric's Hollow aus Harry Potter. Und sie sind alle sehr idyllisch und enorm sauber. So sauber, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass da jemand wohnt. Kein Krümel liegt auf der Straße. Menschen sieht man selten. In einem Dorf sind die einzigen Menschen, die wir sehen - eine ältere Frau und eine jüngere - damit beschäftigt, Unkraut aus den Gehwegsfugen zu kratzen. Hinter jeder Ecke sind weitere schöne Dörfer mit Steinhäuschen, buten Blumen, dichten Hecken, schlafenden Katzen. Ich fotografiere gar nichts, weil ich sonst ALLES fotografieren müsste.

    In Boscastle schauen wir noch das Museum of Witchcraft and Magic an. Es gibt dort verschiedene Bereiche, einen zum Bespiel zu Magie mit poppets (ich weiß das deutsche Wort nicht - Puppen in die man Nadeln steckt und so), heilende Magie, Historisches, Hexenverfolgung, eine ganze Aleister-Crowley-Ecke, Fruchtbarkeitsmagie, Tränke, Tarot, Wahrsagung und so weiter. Ich bin gegen alles religiöse/esoterische immun, aber es war außerordentlich faszinierend und gleichzeitig befremdlich. Ich wäre gern viel länger dort geblieben und hätte mir alles ganz genau angeschaut, auch die zahlreichen Artikel gelesen, alle Exponate genau betrachtet, aber mir taten mittlerweile die Füße weh (und den anderen auch, das lag nicht an Bein.v2).

    Ganz am Ende des Museumsrundgangs gab es noch einen Schrein. Wem der gewidmet war weiß ich nicht so recht, ich glaube grob dem Universum an sich, jedenfalls konnte man sich dort besinnen oder auch Wünsche anbringen oder Zettel zum Gedenken an jemanden anbringen. Da musste ich dann echt lachen, denn bei den Gedenkzetteln waren ungefähr gleich viele Menschen wie Katzen vertreten.

    Dann in die nächste Unterkunft. Diese liegt auf einer kleinen Halbinsel, die touristisch wenig erschlossen ist. "Forgotten Cornwall" nennt sich die Ecke, wobei unsere Gastgeberin gleich darauf hinweist: "It has not been forgotten - it has never been discovered!"

    Der Ort ist winzig, die (einzige) Straße in diesem Ort vielleicht eine halbe Meile lang, wir müssen an der Telefonzelle abbiegen und sollen sehr langsam fahren, sonst könnten wir die Einfahrt verpassen. Das wissen wir alles. Wir fahren sehr langsam, noch langsamer, schauen links und rechts und sind dann am Ende des Ortes, ohne die Telefonzelle oder die Einfahrt gesehen zu haben. Im zweiten Anlauf klappt es dann aber und wir finden die Unterkunft - dieses Mal ein altes Farmhaus aus dem 14. Jahrhundert.



    Der Rest des Abends ist dann etwas anstrengender als geplant. Zunächst darf ich heute die Orthese auf 90° umstellen, worauf ich mich auch schon länger freue, denn - immer vorausgesetzt, das Bein lässt sich dann tatsächlich auch beugen - könnte ich dann wieder ordentlich auf Stühlen und Bänken sitzen, ohne immer ein Bein vor mir ausgestreckt zu haben. Und durch die Bewegungseinschränkung krampfen seit ein paar Tagen auch die Muskeln immer mal wieder . Der Schraubenzieher, den ich extra dafür mitgenommen habe, greift die Schraube aber nicht so richtig, nach einigem Hin und Her gebe ich das auf und hoffe, morgen von der Gastgeberin einen anderen Schraubenzieher ausleihen zu können.

    Denn jetzt ist es auch höchste Zeit, zum Essen aufzubrechen, es ist ja reserviert in einem weiteren kleinen, nahegelegenen Ort an der Küste. Auf dem (verschlungenen) Weg dahin schaltet sich das Handy samt Navi aber immer wieder aus, dann sind wir schon zu spät dran und dann geraten wir in eine sehr steil (also wirklich sehr steil, 17% Gefälle) nach unten führende Straße, die sich auf halber Strecke wegen eines Baugerüsts als nicht für uns befahrbar erweist. Auch nicht mit eingeklappten Seitenspiegeln. Leider gar nicht. Wenden ist ebenfalls unmöglich, also rückwärts wieder hoch, es ist alles sehr aufregend, leider auch für das Auto, das sehr faucht und hinterher sehr stinkt und dann löst sich die Kupplung auch noch nicht mehr richtig.

    Wir stellen es also auf dem allernächsten Parkplatz ab, suchen das Restaurant zu Fuß (das Handy schaltet sich wieder einfach aus), kommen eine halbe Stunde zu spät an aber das ist immerhin kein Problem. Nur habe ich jetzt sowieso keinen Hunger mehr, weil mir "kaputtes Auto irgendwo im Nichts (und nur Münzen für den Parkplatz bis 23:10 Uhr)" im Magen liegt. Das Essen war aber, so sagt man mir, sehr gut.

    Zwei Stunden später hat sich das Auto auf dem Parkplatz zum Glück wieder gefangen, vielleicht durch die Abkühlung, ich weiß sowas nicht. Jedenfalls schnurrt es wieder wie ein Kätzchen und piepst immer mal wieder unvermittelt vor sich hin, weil es denkt, wir fahren wogegen - das tut es halt schon seit einer guten Woche weil hier die Straßen einfach so sind, dass man immer fast wogegen fährt, aber das gehört so, es ist eben nicht mehr Platz.

    Dann kommt allerdings noch Nebel. So richtig dichter Seenebel, durch den mir klar wurde, wieso in der Mitte der Straße reflektierende Punkte angebracht sind, denn ernsthaft hätten wir dem Straßenverlauf sonst nicht folgen können, man kann keine fünf Meter weit sehen. Für den Rückweg brauchen wir also noch viel länger als für den Hinweg. Vor der Haustür angekommen hopsen dort ganz, ganz viele Babyfrösche herum.

    Dann habe ich sofort geschlafen und wilde Träume gehabt von Vodoo-Puppen und Katzen und kaputten Autos und Nebel und von dem Jugendlichen, der momentan bei Tintagel vermisst wird und zuletzt dort auf den Klippen gesehen wurde. Mannmannmann.

    Mittwoch, 19. Juli 2017
    Trebah Garden - Kynance Cove - (beinahe) Mullion (nachgereicht)

    In Cornwall gibt es unzählige Gartenanlagen und ich bin zwar keine ausgewiesene Pflanzenkennerin, aber einen davon wollte ich mir schon ansehen. Nur welchen? Ich hielt es praktisch: unter den am nächsten gelegenen den, der bei der Google-Bildersuche auf mich am schönsten wirkt.

    Das war der Trebah Garden, ein subtropischer Garten in einer Schlucht.





    Durch die Schlucht läuft auch Wasser, das an verschiedenen Stellen dann zu Teichen aufgestaut wird.

    Hier ein Teich mit Kois:



    Hier halt ein anderer Teich:



    Besonders fasziniert haben mich die Mammutblätter (Gunnera), die so groß waren, dass ich das Kind locker darin hätte einwickeln können.



    Unten am Ende der Schlucht (und damit am Ende des Gartens) lag ein kleiner Kiesstrand, an dem es Picknickbänke und einen kleinen Kiosk mit Eis, Kaffee und Gebäck gab.



    Das kornische Eis schmeckt ganz ausgezeichnet.

    Als wir uns auf den Rückweg machten, begann es zu gewittern. Gewitter am Meer, sehr aufregend, nur etwas inopportun, weil wir als nächstes doch noch mehr Landschaft anschauen wollten. Die anzuschauende Landschaft lag aber auf der anderen Seite der Halbinsel Lizard, auf der wir uns befanden, also fuhren wir in der Hoffnung, dass das Wetter dort anders ist, einfach hin.

    Das Wetter war dann auch anders.

    Das ist der Blick auf Kynance Cove - die Bucht, die wir uns anschauen wollten - von oben vom Parkplatz.



    Die Frau, die das Parkticket ausstellte, erklärte uns noch, wo man bei Flut genau entlanggehen muss, aber wir hörten schon gar nicht mehr richtig zu und folgten wie die Lemminge den anderen Personen Richtung türkisfarbenes Wasser.



    Der Weg war nun nicht gerade abenteuerlich, wurde aber schon öfters so schmal, dass man keine zwei Füße nebeneinandersetzen konnte, ab und an musste man über Steine klettern, einmal über einen kleinen Wasserlauf hüpfen und sowieso war überall Geröll. Sehr aufregend für Bein.v2! Oben bleiben war aber keine Option, ich meine, schauen Sie sich das einmal an!



    Außerdem ist das kleine weiße Häuschen da unten ein Café.

    Unten angekommen sah es dann so aus:





    Und im Café gab es Cream Tea.



    Die ganze Zeit fragte ich mich, wie das Café wohl seine Ware bekommt. Ob das tatsächlich den Hügel hinunter zu Fuß herangeschafft wird. Oder vielleicht doch eher per Boot in die Bucht. Das erschien mir schlüssiger. Wie allerdings die ganzen Leute in Flipflops und mit Säuglingen auf dem Arm hergefunden hatten, war mir unerklärlich. Unterwegs hatten alle eher festes Schuhwerk getragen und hatten in der Hand maximal Wanderstock und Fotoapparat. Das klärte sich dann später, als ich zur Toilette ging. Denn hinter der Toilette war der Pfad für "easy access" ausgeschildert. Ein breiter halbbefestigter Weg, locker mit Jeep oder Kinderwagen zu befahren. Den nahmen wir dann für zurück auch, denn mittlerweile hatte uns das Gewitter wieder eingeholt und um uns herum waren zwar alle tiefenentspannt, aber mir ist Gewitter auf einer Klippe nicht geheuer.

    Es war nun 16 Uhr, für 19 Uhr war in der Nähe Abendessen reserviert und bis dahin hätten wir einen weiteren kleinen Ort - Mullion - angeschaut. Niemand von uns hatte Lust, weitere drei Stunden herumzulaufen, es war auch schon wieder sonnig und Bein.v2 brauchte eh ein Päuschen. Weil ich Mullion aber doch gern sehen wollte, fuhren wir eben aus jeder Richtung einmal mit dem Auto durch (Stadtrundfahrt!). Schon schön.

    Dann sagte ich Tischreservierung ab und wir fuhren zurück, legten uns drei Stunden aufs Bett und gingen danach zu Fuß zum Hafen, aßen dort eine Pizza und machten noch einen kleinen Abendspaziergang.



    Die nächsten drei Tage reisen wir in eine Gegend die angeblich eine enorm schlechte bis nicht vorhandene Netzabdeckung hat. Falls Sie nichts von mir hören, bin ich also nicht unbedingt eine Klippe hinuntergefallen, sondern "nur" offline.

    Dienstag, 18. Juli 2017
    Cape Cornwall - Pothcurno Beach - Saint Michael's Mount (nachgereicht)

    Das Frühstück kam heute in der kornischen Variante daher, nämlich mit Hog's Pudding. Den Black Pudding beim englischen/schottischen Frühstück bestelle ich sonst immer ab, aber etwas Neues muss natürlich probiert werden. Hog's Pudding enthält Schweinefleisch, Fett, Innereien und Hafermehl, wird zu einer hellen Wurst geformt und dann in Scheiben geschnitten gebraten. Das war sehr lecker.

    Dann machten wir uns auf den Weg, um das Ende des Landes zu besichtigen. Das Reisebüro hatte vorgewarnt, das offizielle Land's End sei Touristennepp in Extremform. Sie schlugen vor, einfach auf eine Nachbarklippe zu fahren, nach Cape Cornwall nämlich, dort sei es nicht so überlaufen und sehr stimmungsvoll. Danach wollten wir uns dieses Mal richten und programmierten das Navi entsprechend.



    Sehen Sie hier die Straße? Nee, wir auch nicht, also meistens nicht. Ich wurde zunehmend unsicher, ob das mit dem Navi wohl alles so seine Richtigkeit hat - ich habe ja immer Angst mit etwas Deppigem in die Zeitung zu kommen. "German tourists brexit at Land's End" oder so etwas. Herr N. fluchte wie besessen, ich rezitierte gebetsmühlenartig "nicht so überlaufen - das hat das Reisebüro gesagt!". Hinter uns war noch ein Wagen mit einheimischem Kennzeichen, der Fahrer gab weder wilde Handzeichen noch richtete er grienend eine Kamera auf uns. Wir fuhren also weiter bis zu einer kleinen Grasfläche auf der ca. 3 Autos parken konnten. Unseres war das erste, das englische Fahrzeug hinter uns das zweite. Mehr kamen den Vormittag über nicht. Es war aber sehr, sehr schön dort.



    (Das kleine schwarze in der Mitte des Bildes oben ist wohl wer?)



    Dann fuhren wir weiter an ein anderes Stück Küste, um das Minack Theatre anzuschen - ein in Fels gehauenes Freilichttheater direkt am / über dem Meer. Sehr enge und kurvige Gässchen ging es hinauf, dann gab es einen Parkplatz und auf dem Parkplatz diese Aussicht:



    (Google hat auch noch ein Panoramabild erstellt, das ich - trotz des offensichtlichen Bruchs in der Mitte - auch sehr hübsch finde:)



    Wir schauten alle drei hinunter, dann schauten wir uns alle drei an, dann stiegen wir umgehend wieder ins Auto und fuhren hinunter zum Strand und gingen Schwimmen statt ins Theater. Ich schickte erst Herrn N und Mademoiselle vor, um die Lage zu sondieren, also insbesondere, ob sich der Aufwand für mich lohnt. Herr N befand, das Wasser wäre sehr kalt und die Brandung sehr stark, er sah Probleme mit Bein.v2. Das Wasser war dann aber doch zu verlockend. Und gar nicht so kalt, 18 Grad hatte es, das stand irgendwo.



    Hinein ging es auch ganz gut, nur etwas schneller als geplant, es geht auf Muschelsand recht zügig bergab und die Brandung war wirklich sehr stark, so dass ich mich nicht auf den Beinen halten konnte und mich einfach hineinwarf. Das war sehr, sehr toll. Ich plantschte mit Mademoiselle etwa eine halbe Stunde herum, weit herausschwimmen war wegen der Wellen nicht möglich und zusätzlich kann Bein.v2 im Exoskelett noch keine Schwimmbewegungen ausführen. Aber was gibt es Besseres, als sich einfach auf den Wellen treiben zu lassen?

    Irgendwann musste ich mich aber doch der Frage stellen, wie ich nun wieder an Land kommen könnte. Zur Not rückwärts auf dem Hintern hochrutschen, das geht natürlich immer, aber ich erhoffte es mir eleganter. Bis ins brusthohe Wasser tastete ich mich hervor, dann nahm Mademoiselle meine Hand und wir warteten auf eine gute Welle mit dem Plan, den Schwung dieser auszunutzen um einfach aufrecht die Steigung hinaufzugehen. Die Welle kam, aber war etwas wuchtiger als gedacht, sie spülte uns die Steigung hinauf aber so schnell, dass ich letztendlich sehr schwungvoll mit drei großen Sätzen einbeinig auf dem gesunden Bein bis auf den trockenen Sand hüpfte. Mademoiselles Hand bewahrte mich davor, dort dann nach vorne auf die Nase umzukippen. Ob es elegant aussah, weiß ich nicht, aber es war sehr einfach und der Lifeguard gab mir aus seinem Liegestuhl ein Thumbs-up.

    Weiter fuhren wir zum St. Michael's Mount. Der ist das kornische Pendant zum Mont Saint Michel in der Bretagne.



    Bei Ebbe ist er über einen Steinpfad (der bei Flut eben unter Wasser ist) zu Fuß erreichbar, das hatte mich interessiert, also hatte ich den Gezeitenkalender konsultiert und den Besuch auf den Nachmittag gelegt. Als wir ankamen, stand das Wasser noch über kniehoch auf dem Pfad, also spazierten wir noch etwas am Strand und aßen Eis, bis es sich auf knöchelhoch zurückgezogen hatte, und gingen dann zur Insel hinüber.



    Drüben angekommen huschten wir dann von Schattenplatz zu Schattenplatz, Mademoiselle und Herr N stöberten in einem Geschenkeladen, in der Zeit fand ich einen Sitzplatz in einer schattigen Holzhütte mit diversen Senioren und Hunden und alle gemeinsam stöhnten wir über die Sonne und die Hitze. Herr N und Mademoiselle kamen dazu, niemand von uns hatte so richtig Lust, aus dieser Hütte hinauszugehen um in der Sonne den Hügel hinaufzulaufen und Gebäude anzuschauen. Als wir uns das eingestanden hatten, drehten wir einfach wieder um, über den Steinpfad durchs Meer und ins klimatisierte Auto und dann in die Unterkunft und unter die Dusche.

    Abendessen gab es am "Hausstrand" in einem Lokal, das sowohl Reisebüro als auch Gastgeber empfohlen hatten, aber ich fand es gar nicht so toll. Es war sehr modern mit Stühlen aus Plastik und kantinenartigen Tischen, sehr laut, dazu noch Musik, das Essen war ebenfalls moderne englische Küche und völlig okay, aber die Preise auch recht modern.



    Deshalb sparten wir uns ein Dessert oder einen Digestif und gingen "nach Hause", von Sonne und Strand und Herumlaufen waren wir sowieso alle ziemlich müde.

    Montag, 17. Juli 2017
    Cornwall: Godrevy / Portreath Heritage Coast - Pendennis Castle - Falmouth (nachgereicht)

    Heute war ich zum ersten Mal vor dem Wecker wach und genoss es dann, einfach noch eine Stunde im Bett zu liegen und nur auf die Geräusche von draußen (Möwen, später Klappern vorn Geschirr und leise Stimmen) zu lauschen.

    Als alle wach waren, betrachteten wir die Lage, insbesondere das Wetter: wolkig aber trocken. Und das Bein.v2: einsatzbereit. Und da wir alle eher Lust auf Natur hatten, strichen wir das Programm ein bisschen zusammen und beschlossen den Großteil des Tages einfach an der Küste (Strand, Klippen, South Western Coastal Path) zu verbringen und danach ganz nah an der neuen Unterkunft noch ein Schloss zu besichtigen und sonst nix.

    Wir fuhren also nach Godrevy, parkten dort das Auto und kletterten die Böschung zum Strand hinunter. Es hätte auch Treppen gegeben - das sah ich aber erst ungefähr zwei Stunden später. Da war ich schon längst hinuntergekrabbelt und hatte dabei auch einmal völlig vergessen, dass ich das Bein ja gar nicht richtig beugen kann (die Orthese verhindert das aus genau dem Grund: dass man zum Vergessen neigt) und mich dementsprechend mit der Nase voran in die Böschung (Bild unten) gelegt. Die bestand aber nur aus Sand und Blumen und war weich, ich hätte glatt liegen bleiben können, nur war ich ja gar nicht müde.



    Unten taten wir, was man halt am Meer so tut: mit den Füßen im Wasser herumlaufen, Steine aufheben, Muscheln aufheben, durch den Sand herumlaufen, auf Felsen klettern, viele Fotos machen.






    Schwimmen wurde in Erwägung gezogen, dann aber doch wieder verworfen. Von mir hauptsächlich, weil ich natürlich mit Orthese schwimmen müsste, das geht durchaus, dann ist das Ding aber nass, und da noch 2 Stunden Autofahrt vor uns lagen, befüchtete ich mangelnden Komfort. Warum die anderen beiden Familienmitglieder nicht schwimmen gingen, weiß ich nicht. Herrn N war es vermutlich zu kalt, der ist ja eher ein Sonnenkind. Und Mademoiselle war so sehr mit Felsenklettern und vor sich hinmurmeln und Dinge ins Handy sprechen beschäftigt, dass sie zum Schwimmen gar keine Zeit gehabt hätte. Ein andermal.


    Nach etwa zwei Stunden kletterten wir die Böschung wieder hoch bzw. hatte ich, wie gesagt, am anderen Ende der Bucht nun Treppenstufen entdeckt, die mir den Aufstieg erleichterten. Oben angekommen gingen wir dann ein Stück den South Western Coastal Path entlang.





    Wir kamen zu einer Bucht kamen, in der Seehunde lagen. Die sind offenbar etwas schreckhaft und rennen, wenn man zu laute Geräusche macht, so schnell ins Wasser, dass sie sich dabei verletzen können (das war auf einem weiteren Schild erklärt).



    Hier in der Bucht war einer, sieht man auf dem Foto aber nicht, müssen Sie so glauben.



    Mittlerweile nieselregnete es und wir waren auch alle hungrig und als wir uns umdrehten sahen wir, dass wir offenbar eine kleine Landzunge umrundet hatten und nun genau auf der gegenüberliegenden Seite vom Parkplatz standen. Ein Zeichen. Wir stiegen ins Auto und fuhren weiter mit dem Plan, unterwegs für Tee und Gebäck anzuhalten.

    Dieses Mal war der Weg aber viel kürzer als auf meinem Zettel stand und so kamen wir schon am nächsten Ziel - Pendennis Castle - an, bevor es zu Tee und Gebäck kam.



    Pendennis Castle gehörte zu einer Kette an Forts, von denen aus die Küste unter Henry VIII gegen die Franzosen und Spanier verteidigt wurde. Was innen drin ist, habe ich mir nicht so genau angeschaut, Bein.v2 war mittlerweile etwas angeschlagen. Ich bin stattdessen auf den höchsten zugänglichen Punkt der Burganlagen geklettert und habe mich dort umgeschaut: sehr schöne Aussicht, über Falmouth, den Hafen, Strände, die Mündung des Flusses Fal, Segelbotte, Fähren, große Schiffe und so weiter. Es war bedeckt aber warm und schon sehr komfortabel, da herumzusitzen und immer mal wieder ein Foto zu machen.



    Am frühen Abend hatten wir alle genug gesehen, Herr N und Mademoiselle hatten auch Hunger, mit "Abendessen um 8" konnte ich sie aber, wie geplant, vorerst ruhigstellen.

    Wir fuhren in die neue Unterkunft, direkt in Falmouth, wenige Minuten zu Fuß vom Strand entfernt.



    Hier wurden wir mit Tee und Lemon Cake empfangen, es musste also niemand verhungern. Die Unterkunft ist dieses Mal ein etwas größeres Haus, weniger familiär aber das stört mich nicht. Dafür sehr gut organisiert, die Koffer wurden schon in die Zimmer getragen, während wir noch im Garten Tee tranken und dann gab es von den Gastgebern eine Einführung zur Benutzung des Hauses, Stadplan, Broschüren, Wlan-Passowrtund so weiter. Den Weg zu unserer Abendessenreservierung in einem Fischrestaurant auf einem Felsen am Meer konnten wir uns auch gleich erklären lassen: es gibt einen Schleichweg am Strand entlang, dann durch die Hecken, dann einen anderen Strand entlang und dann ist man schon da.



    Wir sollten nur zurückkommen, bevor es ganz dunkel ist, denn der Weg ist nicht beleuchtet und wir könnten die Klippen hinunterfallen, wurde uns fürsorglich mitgeteilt. Das haben wir dann auch gerade noch so geschafft.

    Sonntag, 16. Juli 2017
    Dartmoor: Buckfast Abbey - Haytor Rocks - Widecombe-in-the-Moor - Princetown (nachgereicht)

    Heute wurde der Wunsch des Kindes umgesetzt, das Dartmoor zu sehen.

    Zunächst fuhren wir Buckfast Abbey an, eine noch aktive Benediktinerabtei. Mit der historischen Bedeutung und so weiter habe ich mich nicht befasst, weil ich so sehr damit beschäftigt war, die tollen Pflanzen zu bewundern: uralte Bäume, schöne Hecken, blühende Blumen, riesiges anderes Gewächs. Keine Ahnung, wie das alles heißt, aber es war toll. Dazwischen Wasserläufe, Statuen und so weiter. Und niemand dort außer uns.





    Nur, warum wir irgendwie keinen Eingang in die Kirche an sich fanden, hat mich gewundert. Das klärte sich dann etwas später: das Navi hatte uns in den Privatbereich der Abteil gelotst, ich hatte also die ganze Zeit die Pflanzen der Mönche bewundert und nicht den öffentlichen Bereich. Den schauten wir dann auch noch an, auch hübsch aber kein Vergleich. Danke Google.



    Weiter ging es, jetzt richtig in die Landschaft, die Straßen waren teilweise so eng, dass die Hecken an beiden Seiten das Auto entlangstreiften. Ab und an kam wer entgegen, dann musste einer von beiden bis zu einer der seltenen dafür vorgesehenen Buchten oder sonst halt bis zur letzten Kreuzung zurücksetzen. Meist taten das sehr versiert die Einheimischen. Trafen zwei Touristenfahrzeuge aufeinander, dauerte es länger.

    Der nächste Stop war an den Haytor Rocks. Das ist ein Hügel mit Felsteil obendrauf, man kann den Hügel hinaufgehen und dann die Felsen erklettern. Den Hügel machte ich mit, diesen hier, hinten sieht man klein den Parkplatz.



    Auf die Kletterei habe ich dann lieber verzichtet, weil ich zu diesem Zeitpunkt schon gelernt hatte: hoch geht mit Bein.v2 so gut wie alles, runter ist es jedoch deutlich problematischer. Also lieber nicht. Die Aussicht vom Hügel war auch schon schön.



    Und ich hatte sowieso Schnappatmung, weil ich das vorausgerannte Kind natürlich, wie sollte es anders sein, ganz, ganz oben auf der Felsspitze entdeckte.



    Weiter ging es, diverse Wildponys kreuzten unseren Weg, standen auch mal einfach auf der Straße herum, ein paar Fohlen waren auch dabei und sowieso auch überall Schafe.



    In Widecombe-in-the-Moor hielten wir wieder an, hauptsächlich, weil ich den Namen des Ortes schön fand und ihn deshalb sehen wollte. Dort gab es dann auch Cornish Cream Tea, es war warm und sonnig, wir konnten draußen sitzen.



    Und als letzte Station mit Abendessen stand Princetown auf dem Programm, denn dort gibt es (neben einem Gefängnis und einer Kirche und einem Visitor Center) das Gebäude des ehemaligen Duchy Hotels, in dem Sir Arthur Conan Doyle die Inspiration fand, The Hound of the Baskervilles zu schreiben. Deshalb wollte Mademoiselle dort hin und deshalb hatte ich dort in einem Pub auch für das Abendessen reserviert.

    In Princetown ist das Wetter meist anders als im restlichen Dartmoor, und zwar laut unseren Gastgebern zu rund 90% Regen und Nebel. So war es auch bei unserem Besuch. Der Nebel machte das ganze recht atmosphärisch.





    Ansonsten gibt es in Princetown, behaupte ich mal, nicht allzu viel, das man tun könnte.

    Deshalb waren wir auch eine Stunde früher bereit zum Abendessen, der Pub konnte das erfeulicherweise (wenn auch mit etwas Aufregung, obwohl es nur sehr wenige Gäste gab) einrichten, Herr N und Mademoiselle aßen Burger, die sehr gut waren, meine Pizza war eher eine Tiefkühlversion aber das mag ich ab und an auch ganz gern.

    Nach einem kurzen Trip in den Supermarkt für Lebensnotwendiges (Wasser, Bier, Chips, Schokolade) legten wir alle erschöpft um 20 Uhr die Füße hoch.

    Samstag, 15. Juli 2017
    Winchelsea - Stonehenge - Torquay (nachgereicht)

    Der schiefe Boden und dementsprechend auch ein etwas schiefes Bett, die ungewohnte Stille und Dunkelheit, die geteilte Riesenbettdecke - alles egal, ich schlief tief und fest ohne Aufwachen und ich glaube, die anderen auch (wobei es natürlich auch möglich wäre, dass die die ganze Nacht Party gemacht haben - bemerkt hätte ich es nicht!). Zwei Minuten vor dem Wecker wachte ich auf, ein Schaf blökte. Vor dem Fenster Hoppelhasen.

    Damit es nicht allzu idyllisch wurde, passte ich dann fast nicht in die Dusche. Die Dusche an sich war sehr klein und die Schiebetür ging zur zur Hälfte oder vielleicht einem Drittel auf. Glücklicherweise war Brust, nicht Bauch das Problem, so konnte ich mich im Zickzack dann doch hineinwinden.

    Frühstück gab es draußen, an einem kleinen Seerosenteich, für alle von uns das Sussex-Frühstück, das aber ein ganz normales englisches Frühstück war, nur mit lokalen Produkten. Englisches Frühstück finde ich super, kenne es aber aus unserem B&B in Schottland so, dass man es nur etwa zweimal super findet, beim dritten Mal schon sehr angeschlagen ist und beim vierten Mal die Flucht ergreifen möchte. Das B&B in Schottland serviert aber auch Hafearbeiterportionen: von allen Bestandteilen mindestens zwei, der Mann auch gerne drei. Die Sussex-Frühstück-Portion war deutlich kleiner, ein Glück, wir haben ja noch 9 Tage vor uns!



    Heute ging es mit Zwischenstopp in Stonhenge zur nächsten Unterkunft. Stonehenge, so sagte die Reisebürodame, sei leider mittlerweilse Touristennepp. Überteuerte Tickets, überfüllte Wege, an die Steine kommt man sowieso nicht dran, weil alle die sonst anfassen würden. Sie empfahl, einen Ort nur ein paar Kilometer weiter aufzusuchen, Avebury, der auch einen Henge, also Steinkreis, hat, einfach so und völlig frei zugänglich, sogar mit Anfassen. Nunja. Aber Stonehenge ist halt Stonehenge. Das wollte ich schon gerne sehen, allem Tourisennepp zum Trotz.
    Tickets sollte man vorreservieren, das hatten wir getan, waren auch online Urlaubsmitglied bei English Heritage geworden und können deshalb 9 Tage lang alle Dinge, die English Heritage "besitzt", kostenlos anschauen. Also auch Stonehenge. Auf dem Weg dorthin entdeckte einen Fehler in der Reiseplanung: alle Fahrzeiten, auf denen die Planung beruht, habe ich zwischen 22 Uhr und Mitternacht recherchiert. Tagsüber, besonders im Berufsverkehr sieht das etwas anders aus. Wir verpassten also erst einmal unseren vorreservierten Steineanschauslot, das war vor Ort aber gar kein Problem und die Tickets wurden unkompliziert umgeschrieben.

    Erst gab es vor dem Visitor Center ein paar Hütten anzsuchauen



    Dann konnte man, so hatte ich das verstanden, entweder mit dem Shuttlebus zu den Steinen fahren oder aber 25 Minuten zu Fuß laufen. 25 Minuten schafft Bein.v2 locker, also liefen wir, querfeldein über Weiden mit Gattern und so weiter, die auf Schildern angekündigten Kuhartigen mit Hörnern, vor dem man sich dann fernhalten sollte, sahen wir nicht. Dafür noch ein anderes Schild, dass die Sache mit den 25 Minuten Fußweg als Irrtum auswies - 25 Minuten wären es ab der 1. Bushaltestelle gewesen. Vom Besucherzentrum aus das Doppelte. Nunja.





    An den Steinen war es dann tatsächlich sehr voll, hauptsächlich mit SprachschülerInnen auf Exkursion und japanischen Touristen, viele davon enorm interessant gekleidet, besonders die Damen, so als gingen sie auf einen Kindergeburtstag mit Motto "Prinzessin und Feen". Und trotz allem: Atmosphäre hatte der Steinkreis und ich bin froh, ihn angeschaut zu haben.



    Auf das Anschauen der kostenlosen Anfass-Steine verzichteten wir dann. Die wären noch einmal eine halbe Stunde in eine andere Richtung gewesen, es war schon später Nachmittag, wir fuhren also direkt die nächste Unterkunft an. Diesmal an der "Englischen Rivera" in Torquay.



    Das Bed&Breakfast ging dieses Mal eher in Richtung elegant: ein viktorianisches Haus mit hohen Decken und Strukturtapeten, das Zimmer in gold-creme, lustigerweise mit demselben Kronleuchter, den wir zu Hause auch im Schlafzimmer haben und demselben Kleiderschrank (IKEA), den Mademoiselle sich neulich erst ausgesucht hat.

    Zum Abendessen spazierten wir zu Fuß (wieder angeblich 25 Minuten, Bein.v2-bedingt eher 35). Die Unterkunft ist nur etwa 300 Meter vom Meer entfernt, ab da geht es am kleinen Strand vorbei, die Promenade entlang, durch den Hafen, durch den Yachthafen und so weiter. Schon sehr hübsch. Und unglaublich voll mit SprachschülerInnen diversester Institute.



    In Bezug auf das Restaurant war ich gespannt. Ich hatte vorher per Mail reserviert und in den letzten Tagen drei Mails erhalten, die mich an die Reservierung erinnern, fragen, ob ich denn tatsächlich kommen werde und darauf hinweisen, dass ich die Buchung andernfalls bitte stornieren soll. Heute kam dann morgens noch eine solche Mail, gleich mit einem Link drin, den ich zum stornieren nur anklicken müsse und mit dem Hinweis, dass man sowieso den Tisch nur für 1,5 Stunden für uns frei habe. Wir wollten aber ja schon dorthin, 1,5 Stunden reichen mir zum Essen auch, ich klickte den Link also nicht. Vor Ort war es dann wirklich außerordentlich voll, die Kellnerinnen und Kellner rannten quasi durch den Laden und auch der Mann hinter der Bar sprang immer mal wieder ein, um Tische abzuräumen oder Speisekarten zu bringen. Das Essen (Fisch - es handelte sich um ein Fischrestaurant) war gut, der Preis im Rahmen, innerhalb von 1,5 Stunden haben wir es aber nicht geschafft denn ich glaube, nach 1,5 Stunden hatten wir noch nichtmals den Hauptgang überhaupt bekommen. Das fiel aber in dem ganzen Durcheinander auch gar keinem auf.

    Der Heimweg ging wieder am Meer entlang, diesmal schön beleuchtet und die SprachschülerInnen diesmal sehr angetrunken, dann ging es noch bergauf durch einen sehr dunklen Park, in dem mir Herr N. mit dem Handy den Weg leuchten musste, da ich ja Unebenheiten momentan nicht so gut ausbalancieren kann wie normal und Angst hatte, zu stolpern.





    Etwa auf halbem Weg war ich so erschöpft, dass ich mich am liebsten einfach auf den Boden gelegt und geschlafen hätte. Irgendwie ging es dann aber doch noch, zurück in der Unterkunft erinnere ich mich allerdings an gar nichts mehr, ich habe mich sofort ins Bett gelegt und geschlafen, während Herr N und Mademoiselle - so berichten sie - im selben Zimmer bei voller Beleuchtung noch gelesen und irgendwas angeschaut haben. Aber wie gesagt, darüber weiß ich nichts, ich kam erst am nächsten Morgen vom Weckerklingeln wieder zu mir.


    Reisebericht wird nachgereicht, heute findet hier nichts mehr statt, ich muss schlafen!

    Freitag, 14. Juli 2017
    1. Reisetag: Dover / Winchelsea

    Um 6 Uhr heute Morgen sollte es losgehen, also saßen wir um kurz vor halb 7 dann tatsächlich im Auto. Die erste Hälfte der Fahrt überlegte ich, was wir alles Wesentliches vergessen haben könnten, nachdem Herr N. mir aber auch nicht nur dreimal versichert hatte, er habe seinen Ausweis eingesteckt sondern ihn mir auch vorzeigte, war klar: nichts Wesentliches. Die zweite Hälfte der Fahrt konnte ich also in Ruhe überlegen, was wohl wäre, falls wir die Fähre verpassen.

    Nicht, dass das überhaupt je zur Debatte gestanden hätte. Die Fähre fuhr um 16 Uhr, bis 14:30 Uhr sollte man allerspätestens eingecheckt haben, stand auf der Buchung, sonst würde man in der Hochsaison keinesfalls mehr mitgenommen. Wir waren aber ja sehr zeitig unterwegs und standen daher um 13:40 schon am Check-in, mit dem Ergebnis, dass wir noch auf der 14-Uhr-Fähre untergebracht wurden.





    Fähre ist definitiv anders als füher ("früher" bedeutet hier: vor ca. 25 Jahren). Damals war die Fähre ein raues Pflaster, Sitzplätze gab es nicht für jeden, Gestalten lagen in Schlafsäcken in den Gängen aber die allermeisten Reisenden verbrachten die erste Stunde der Überfahrt damit, möglichst viel steuerfreien Alkohol in sich hineinzuschütten und die zweite Stunde damit, diesen über die Reling wieder zu erbrechen. Heute kann man auf der Fähre im Restaurant oder in der Snackbar oder im Kinderbereich sitzen oder auch an Deck im Raucher- oder Nichtraucherbereich oder natürlich auch in der VIP-Lounge. Keine Schlafsäcke, niemand hing über der Reling. Immerhin, die weißen Felsen von Dover waren noch da. Wer weiß, wie lange.



    Von Dover aus fuhren wir forsch erst einmal in die falsche Himmelsrichtung, wurden aber beim Umkehren mit einem fantastischen Blick über den Hafen belohnt. Dann ging es noch eine Stunde über die südenglischen Dörfer. Ich kenne Südengland überhaupt nicht gut, nur London und Oxford, es ist aber schon eine sehr hübsche Gegend, sehr grün und schafig. Linksfahren ist unkompliziert, da die meisten Straßen sowieso nur eine Spur haben. Nicht, dass ich fahren würde, ich habe ja Bein.v2, aber mache natürlich viele hilfreiche Bemerkungen, unter anderem schreie ich bei jedem Anfahren vom Straßenrand oder Parkplatz sehr laut "LINKS!!!". Und manchmal schreie ich mittendrin auch "Aaaaahhh!", weil man es als Beifahrerin ja nicht gewohnt ist, den Gegenverkehr so auf sich zurauschen zu sehen, das wirkt dann doch sehr nah, näher als sonst.

    Unsere erste Unterkunft befindet sich in Winchelsea und ist ein wirklich sehr altes Häuschen, die Bausubstanz stammt aus dem 13. Jahrhundert, das Haus an sich ist, würde ich behaupten, Tudorstil.



    Alles ist sehr verwinkelt, schief und mit enorm viel Stein.





    Bei den Türen muss ich mich ducken, da unser Zimmer im Obergeschoss unter dem Giebel ist, stoßen wir uns darin nicht die Köpfe an, nur auf ein paar Balken muss man achtgeben.



    Und im ganzen Haus sind hübsche Dinge verteilt: Porzellan, Bilder, Spiegel, Kannen, Vasen - im Urlaub kann ich das genießen, zu Hause würde ich natürlich binnen kürzester Zeit wahnsinnig (wer soll das alles sauberhalten??).





    Drumherum sind lauter blühende und grüne Pflanzen, Wiesen, Karnickel, Schafe, Möwen und ein Bienenstock.





    Winchelsea an sich ist auch ein interessanter Ort, das ursprüngliche Winchelsea hat sich nämlich um 1300 das Meer geholt und die Bewohner - damals deutlich mehr als heute - wurden dann ein Stück weiter hügelaufwärts angesiedelt, wobei der neue Ort dann durchgeplant wurde und die Straßen an einem Raster ausgerichtet wurden. Unter der Stadt sind riesige Weinkeller, weil hier damals ein wichtiger Hafen für Weinhandel war.

    Abends hatte ich in einem indischen Restaurant in der Nähe reserviert - die sind meiner Meinung nach in England/Schottland immer noch ein gutes Stück besser als in Deutschland. Und zum Glück hatten wir reserviert, es wäre sonst nämlich nichts frei gewesen, als wir ankamen.





    Und das Essen war natürlich ausgezeichnet.

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