Über Bösartigkeit nachgedacht. Nein, die Gedanken an sich sind schon ok. Also in der Gesamtheit. Der Kopf ist nur so voll. Wie alle Farben, alle Formen, alle Klänge. Das lässt sich nicht in Worte fassen, schon gar nicht in unmissverständliche. Ab und an purzeln Bruchstücke heraus und sind aber so anders als das Ganze. Ach. Es wäre auch ok, wenn man das alles einfach "freischalten" könnte. Für einen Tag oder so. Dann kann jeder einfach gucken und alles ist klar. Ist aber auch egal, weil das mit dem Freischalten ja sowieso nicht geht.
Auch über das Loch und den Lehm nachgedacht. Ich glaube, da käme ich mir komisch vor, wenn ich in so ein Loch spreche. Das ist so - bedeutsam. Bedeutsam macht mich misstrauisch. Ich bin auch immer unsicher, ob ich, wenn ich mich möglicherweise erstmal in dramatische Stimmung versetze, überhaupt noch ein Ende finde. Wird ja manchmal so ein Selbstläufer, Dramatik. Ich mag mich lieber undramatisch. Und dann würde ich bei dieser Sprechsache vermutlich unernsthaft.
Das nächste Wochenende muss noch irgendwie vorbei gehen. Ich habe immer noch keine Strategie gefunden. Ich komme nicht klar mit unausgesprochenen Erwartungen. Ich gebe gern und reichlich, unerwartet. Ich habe auch kein Problem mit klaren und ausformulierte Erwartungen. Bitten, Wünsche und Anweisungen sind in Ordnung. Alles, was ich genauso klar und ausformuliert verweigern kann. Unausgesprochene Erwartungen hingegen gehen gar nicht. Ich realisiere sie, und im selben Moment geht die Wand rauf. Fast egal, worum es geht, und ob die Antwort - wäre eine Frage gestellt worden - ja oder nein gelautet hätte.
Diese risikofreie Hintertürmentalität, subtiles Schweigen mit Blick, ruft in mir ein Gefühl hervor, als würde ich in einer Zwangsjacke stecken. Dass ich mich in Folge tatsächlich so benehme, als bräuchte ich eine, ist der positiven Auflösung des Ganzen sehr abträglich.
Die Papierversion mit dem anschließenden Zusammenknüllen und Wegwerfen wäre noch der beste Weg, das ist sicher. Unsicher ist aber, ob ich noch ein Ende finden kann, wenn ich erst einmal anfange, meinen Kopf zu entmüllen.
Das könnte so eine Art Dachbodenentrümplung werden, bei der man dann feststellt, dass der Müllschlucker mitten im Wohnzimmer endet. Mitsamt den ganzen Gedanken, die Gedanken bleiben und deshalb lieber Gedanken bleiben. Aber immer so sehr in Worte drängen. In Worte, die ich ihnen verweigere, weil sie nur Worte sind, die nicht die Form und die Farbe und den Klang meiner Gedanken abbilden können, nicht ansatzweise, und zu ungenau sind, viel zu ungenau, und zu viel Interpretationsspielraum lassen - und deshalb letztendlich unfair wären.
Wieder so eine Phase akuten Schreibzwangs. Rette sich, wer kann!
Mich in der U-Bahn zu einem Herrn in so ein Vierersitzdingens gesetzt. Ich setze mich immer zu jemandem, weil ich es affig finde, dass alle sich allein hinsetzen, in so ein Vierersitzdingens, auf einen Platz in Fahrtrichtung, meistens am Fenster. Vermutlich kenne ich deshalb auch mehr als ein Dutzend der mit mir pendelnden namentlich und weiß bei etwa doppelt so vielen, was sie ungefähr beruflich machen und ob sie Famlie haben. Ich finde, das ist ein guter Schnitt, wenn man bedenkt, dass die Fahrtzeit knapp 5 Minuten beträgt und ich die Strecke noch nichtmals zwei Jahre lang fahre.
Diesen Herrn jedenfalls kannte ich nicht, er gehört nicht zu den Stammfahrern, was mir aber egal ist, da ich meistens einfach den nächstgelegenen Sitz nehme. Er schaute mich an und ich lächelte und er lächelte auch und er schaute auf meinen mp3player und ich schaute auf seinen mp3player und dann schaute er auf meine Hände und seufzte laut. Das war mir im ersten Moment extrem peinlich, hatte ich mir doch vorgenommen, vor dem wichtigen Meeting heute unbedingt noch die Nägel zu feilen und die Hände einzucremen und, falls genug Zeit ist, noch mit diesem Klarlack zu hantieren. Zeit war aber zu gar nichts (naja, man hat ja immer so viel Zeit, wie man sich nimmt, sagt Mama immer und recht hat sie, also:) bzw. ich nahm mir die Zeit dazu nicht und so starrte dieser nette Mann nun auf meine Hände und seufzte, meine Güte, wie wird dann erst diese alte grauhaarige Beißerin mit Dutt verunsichernd auf meine Hände starren, der ich in ein paar Minuten das Geld abluchsen soll, das uns nicht unbedingt zusteht aber das wir gerne hätten?
"Die hübschen Frauen sind immer verheiratet", sagt der nette Herr dann, und sofort war ich erleichtert (mir war im selben Moment auch eingefallen, dass ich im Büro Nagelfeile und Handcreme habe und sowieso früh dran bin), bis mir das Wort "ah, Ehering" durch den Kopf schoss und ich, praktisch simultan zur Erleichterung, sofort wieder verunsichert war. Dabei fiel mir zusätzlich noch ein, dass Frau Grasdackel sagte, ich würde meine Gefühle viel zu sehr von anderen Leuten abhängig machen, so dass ich gleich doppelt verunsichert sein wollte, wegen Frau Grasdackel, dachte dann aber, dass die Ehering-Verunsicherung nun wirklich nichts mit diesem Mann zu tun hat sondern mit mir selbst (und wegen Frau Grasdackel war ich dann rein aus Prinzip nicht verunsichert, so!) weil mir in diesem Moment einfiel, dass dieses "Ehering-Kriterium" ein von mir bislang, also bis heute eben in der U-Bahn, völlig unbeachtetes war, das in meiner Wirklichkeit nicht vorkam. Ich habe noch nie, nie, nie jemandem auf die Hände geschaut um zu sehen, ob sich da ein Ehering befindet. Neue Welten tun sich auf! Wobei mir dann dabei einfällt, dass ich sowieso noch nie bei jemandem, den ich kennen gelernt habe, die "Verfügbarkeit" überprüft habe. Dass ich zum einen sowieso denke, dass Verfügbarkeit etwas relatives ist und das jeder mit sich selbst klären muss. Und dass ich zum zweiten, und da komme ich mir dann gleich wieder merkwürdig vor, noch nie jemanden angesprochen habe, mit dem Vorsatz, daraus so eine Mann-Frau-Sache, egal ob jetzt kurz- oder langfristig, zu machen. Und das, obwohl ich ja dauernd Leute anspreche, die ganzen Pendler zum Beispiel. Manche sagen schon zwanghaft. Also auch Leute, die ich interessant finde, d.h. wenn ich es mir genau überlege, eigentlich nur Leute, die ich interessant finde, wo wäre sonst der Sinn. Wobei ich auch wieder wenige Leute absolut uninteressant finde. Vielleicht ist das tatsächlich ein bisschen zwanghaft, aber ist ja egal. Auch wenn mich das nun verwirrt, diese Ehering-Erfahrung, die mir das Tor zu einer neuen Wirklickeit öffnet, in der solche Blicke zum üblichen "Check-up" bei Bahnfahrten werden, wie die Sicherheitseinweisung beim Fliegen.
Zum Glück kommt jetzt die bissige Frau mit dem Dutt, die mich bisher bei jedem Gespräch dermaßen vom Tisch gefegt hat, dass mir schwindlig wurde. Zum Glück klingt in dem Fall dann auch unpassend, aber ich glaube fast, dass meine eigenen Gedanken mich noch schneller vom Tisch fegen als diese graue Eminenz. Ob mich das nun beruhigt, insgesamt, ist mir noch unklar, aber für das Gespräch gleich könnte es helfen. Nervositätsbekämpfung per Wortdurchfall zumindest teilweise erfolgreich. Ich geh dann da mal hin...
(Ob die einen Ehering trägt??)
...schönes Wort, beschissener Zustand.
Nichts richtig, alles falsch. Die eigenen Haare, denen gegenüber gestern noch eigene spontane Verliebtheitsgefühle entstanden, möchte ich heute am liebsten einfach komplett abrasieren. Die Brille nervt, die Kontaktlinsen brennen, das schon ewig abgesplitterte Stück Zahn stört nun, ach eigentlich das ganze Gesicht stört, was sage ich, der ganze Körper!
Hunger ohne Appetit - Nahrungsaufnahme verursacht Übelkeit ohne die Zwischenstation Sättigungsgefühl auch nur zu tangieren und ständig der Drang, mir das alberne Meerwasserspray in die Nase zu knallen, wenn sonst schon nichts.
Die Jacke brauche ich heute für die Seele, doch sie verschafft mir Schweißausbrüche. Sowieso wechsle ich im Viertelstundentakt (parallel zum Betätigen des Lichtschalters an-aus-an-aus-an-aus) zwischen dünnen Socken, Wollsocken, barfuß und Schuhen. A propros Schuhe - in den hohen knicke ich heute um, in den flachen fühle ich mich wie ein Zwerg. Die Hose ist übrigens zu weit, der Gürtel zu eng.
Wer mich draußen nicht ansieht, findet mich abstoßend (wenig überraschend!), wer meinem Bilck begegnet ist ein aufdringlicher Idiot und verängstigt mich nachhaltig. Musik nervt, das Lieblingsparfüm ist unterträglich. Ich langweile mich und fühlte mich von jedem Ereignis überfordert.
Keine Späße auf meine Kosten heute, bitte, aber bloß keine spürbare Rücksichtnahme, das wäre unerträglich! ich möchte in den Arm genommen werden und gefragt werden, wie es mir geht, empfinde aber jede Berührung und jedes an mich gerichtete Wort als einengend und übergriffig.
Unterträglich für mich, unterträglich vermutlich auch für andere, aber sorry, darum kann ich mich nicht kümmern, ich habe heute mit mir schon genug zu tun.
Schneckenhaus gesucht (Ebay?), alternativ Bier (evtl. viel?) und äußerst unerschrockene Gesellschaft (gute!).
- In der U-Bahn einer Frau wie eine dieser Babypuppen gegenüber gesessen, diese, die Plastikarme und -beine haben und am Bauch und so bis knapp über Oberschenkel und Schultern diesen beige-cremefarbenen Stoffbezug. Immer versucht gewesen, ihr auf den Bauch zu drücken, um ihr ein krächzendes "Mama! Mama!" zu entlocken.
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Im Aufzug versucht, meinem Chef den Begriff "Konfektionsgrößengrenzkörpergröße" ans Herz zu legen. Weil meine Körpergröße halt genau auf der Grenze liegt, für die die Hosenlänge bei den Konfektionsgrößen ausgelegt ist. Und weil ich zu kurze Hosen hasse wie die Pest. Und weil ich deshalb immer Langgrößen kaufe, mit dem Vorsatz , diese passend
umzunähenumnähen zu lassen. Mich mitten im Gespräch gefragt, wie es zu dieser Konversation überhaupt kommt. Keine Antwort gefunden.
Müde, so unendlich müde, ohne das Adrenalin der letzten 1,5 Wochen scheinbar in eine andere Dimension der Welt eingetreten, in der die Luft aus süßlich-warmem flüssigen Vanillpudding besteht, der jede Bewegung zäh macht und jedes Wort unendlich dehnt, doch die Sonne scheint und alles ist gut. Der Wunsch, mich zusammenzurollen und die Augen zu sclhießen, einfach so, ohne dass etwas wäre, und im Arm gehalten zu werden nur aufzunehmen, einfach so, ohne dass etwas ist, aber es ist ja nichts, und "wir sind alle immer für Dich da, wenn mal was ist", aber wenn nichts ist, dann... "wie jetzt, was ist denn? Nichts? Wie, nichts?" Ich will doch nur einfach so.... "aber was hast Du denn?" Na nichts. "Na wenn nichts ist, dann können wir ja jetzt weitermachen. Du brauchst uns ja gerade nicht." Und da ist wieder dder Punkt mit dem brauchen. Brauchen wäre doch einfacher. Nicht besser, aber einfacher. Einfach muss nicht unbedingt gut sein, vielleicht ist gut mir aber zu kompliziert.
Und dann spüle ich meditativ das Geschirr vom Kaffeetrinken (welches auch nicht gegen den Vanillepuddingzustand helfen wollte), weil ich das Geräusch der Spülmaschine nicht hören möchte, und denke mir, dieses Service habe ich nicht gesucht, sondern gefunden, einfach so, und mitgenommen, einfach so, und jetzt freue ich mich daran, jeden Tag, und will es nicht mehr hergeben, einfach so, weil es wunderschön ist.
Komm lass ich die Augen zu machen und mich zusammenrollen, einfach so, auch wenn nichts ist.
Gerade das Menü des mp3players auf Koreanisch umgestellt. Verstehe kein Wort, aber bestimmt ist das irgendwie gut fürs Gehirn. Oder so als Erfahrung an sich. Mit Unsicherheiten leben. Klein anfangen, halt.
- Die Zahl der Bekannten, die mich mit "Du siehst ja total beschissen/übernächtigt aus" begrüßt, erhöht sich täglich konstant um 2. Seit Sonntag. Noch unsicher, ob es sinnvoller ist, heute früh schlafen zu gehen oder zu warten, bis die prognostizierte Zahl der Beleidigungen die maximale Anzahl an Bekannten, die ich täglich treffe, übersteigt. So um mal zu sehen, was dann eigentlich passiert. Ob ich dann einen Haufen neue Leute kennen lerne.
- Auf der Heimfahrt einem Mann mit sehr ovalem Kopf, sehr hoher Stirn und sehr hellem Haar gegenüber gesessen. Immer wieder gedanklich beim Sonntagsfrühstück mit der Familie früher gelandet, Eierköpfen. Die Implikation sickert erst nach einiger Zeit ins aktive Bewusstsein. Mir graut vor mir.
- Festgestellt, dass die Spitze des Henninger Turms - bei diesigem Wetter aus der Ferne in der Spiegelung des gegenüberliegenden Zugfensters betrachtet - mich ein bisschen so anschaut wie Freddy Krueger.
(Gegenargument: kühles Hefeweizen vorhanden)
Stück für Stück, Wort für Wort, Gedanke für Gedanke dekonstruiere ich mir die Welt, die ich kenne. Jedes Mal bin ich aufs Neue überrascht und traurig, wenn mir ein weiterer Wert, eine Grundhaltung, ein Prinzip abhanden kommt..
Und es ist nicht so, dass das unabänderlich wäre. Ab und an kommt eine Kreuzung. Ich schaue mir die Wegweiser an und gehe trotzdem weiter
[edit später: Meine Güte, was für ein Quatsch...]