Ich mache heute einen kleinen Ausflug mit ein paar Freundinnen.
Heute nicht, kann nichts tippen, ich brauche beide Hände, um mir die Haut von den Füßen zu ziehen.
Ab und an passiert es mir, dass ich für Menschen, die ich eigentlich gar nicht kenne, von jetzt auf gleich eine beinahe schon unangemessene Zuneigung empfinde. Es fällt mir schwer, zu benennen, warum, oft ist es eine einzelne Situation, die das bewirkt, ein Wort, eine Reaktion, ein Gesichtsausdruck in einem bestimmten Moment und zapp, bleibe ich kleben. Mit dem Kopf.
So ging es mir mit M1Molter, der neulich, also vor ca. 1,5 Jahren, meine Waschmaschine rettete. Herr M1Molter, falls Sie das nicht wissen sollten, ist Heimwerker, das steht auf Youtube, ich bin persönlich aber ganz fest davon überzeugt, dass er in Wirklichkeit Handwerker ist, auf jeden Fall vom Fach und höchst qualifiziert. "Heimwerker" nennt er sich bestimmt nur als Understatement, um die Hemmschwelle für uns Laien, seine Tipps auszuführen, niedrig zu halten. M1Molter ist sozusagen der Youtube-Star der mittelalten berufstätigen Mutter. Und das beste ist: er macht das alles ganz frontal, im Vortragsstil. Nichts mit Gruppenarbeit, kein "lesen Sie die Seiten 347 bis 359 vom Internet und tanzen Sie das dort Dargestellte per Snapchat"
Gestern teile die Waschmaschine mir per blinkendem Piktogramm mit, dass sie nicht abpumpen kann. Dafür gibt es 5 mögliche Erklärungen, wusste ich: Pumpe kaputt, irgendwas in der Grobkörperfalle, irgendwas in dem Schlauch hinter der Grobkörperfalle, irgendwas im Ablaufschlauch, irgendwas im Abflussrohr. Pumpe kaputt konnte ich ausschließen, man hörte sie nämlich eifrig pumpen. Irgendwas im Abflussrohr war ebenfalls nicht das Problem, die Spülmaschine pumpt in dasselbe Rohr piktogrammlos ihr Wasser ab. Das Flusensieb aka Grobkörperfalle reinigte ich zuerst, bis es sozusagen keimfrei war, doch ohne Erfolg bei der Lösung des Gesamtproblems. Blieben a) Schlauch hinter der Grobkörperfalle und b) Ablaufschlauch. Weil ich a) ja schon vor 1,5 Jahren hatte, setzte ich alles auf b), schraubte den Schlauch ab und erfreute mich an dem sofort herausspritzenden Wasser - ja, da war ganz offensichtlich etwas verstopft, ich war genau auf dem richtigen Weg, dies zu beheben, nur schnell das Wasser ablassen und dann durchpusten. Das Wasser floss und floss, für Lauge, die seit zwei Tagen in der Maschine steht, erstaunlich klar und reichlich. Der Druck ließ auch gar nicht nach, wo kam nur dieses ganze Wasser her? Kurz bevor der zweite Eimer voll war, fiel bei mir der Groschen: aus der Leitung. Es war der Zulaufschlauch. Dabei hatte M1Molter extra noch vorher von Wasser abstellen gesprochen!
Den wirklichen Ablaufschlauch konnte ich nicht am Gerät selbst lösen sondern nur am Abfluss. Der befindet sich im Schrank unter dem Spülbecken und ich fand, es sei nun an der Zeit für etwas Gleichberechtigung und rief Herrn N. zur Hilfe. Herr N. kroch in den Schrank und war dort nicht ganz so motiviert wie Herr M1Molter oder jedenfalls hatte er eine andere Wortwahl beim Äußern seines Enthusiasmus. Aber das kenne ich schon, die Wirklichkeit überraschenderweise nie exakt wie auf Youtube - wenn Mademoiselle nach Video Cupcakes macht, sieht die Küche bei mir hinterher auch nicht aus wie bei Bibi oder Dagi oder so. Trotzdem, wir waren ganz nah dran an der M1Molter-Youtuberealität, denn nach kurzer Zeit zog Herr N eine 1-Cent-Münze aus dem Schlauch wie ein Zauberer ein Kaninchen aus dem Hut. Vorhang, Applaus.
Herr M1Molter hat mir jetzt schon mindestens 400 Euro und diverse Tage ohne Waschmaschine erspart. Sollte er je auf meine Fanpost antworten, gebe ich ihm mindestens ein Bier aus.
Ich hatte heute das jährliche Ersthelfertraining und es war schwierig für mich. Und zwar, weil "neue Lernmethoden" angewandt wurden, die zwar lerntheoretisch wirklich keinesfalls neu waren, aber nun. Ich hatte schon nach der ersten Viertelstunde das Bedürfnis, meiner Sitznachbarin einen Druckverband am Hals anzulegen und der Dozent machte ununterbrochen diese Art von Witzen, bei denen man nur leicht bemüht "haha." sagen kann, was die übrigen TeilnehmerInnen keinesfalls vom Schenkelklopfen abhielt. Und erst Recht nicht davon, ihre Erlebnisse mit allen möglichen Notfällen, die ein Schwager einer Freundin eines Bekannten mal erlitten hatte, in epischer Breite zu schildern und dabei auf die Bulgaren und Türken, die nie eine ordentliche Rettungsgasse bilden, die Stadt, die an Notärzten spart, die Berufsgenossenschaften, die ständig Zahlungen verweigern, die Anwälte (es waren wohl eigentlich Richter gemeint), die ständig falsch Recht sprechen, die Frauen, die immer was mit Kindern oder Staubsauger machen, die tödliche Männergrippe, die Kalorien von Keksen, die vielen dicken Kinder auf der Welt, die Leute, die dauernd auf Handys starren, die Radfahrer ohne Helm und die Lehrer, die immer alles besser wissen und sonstige Zumutungen des Lebens zu verweisen. All die Themen also, bei denen ich mich fluchtartig gedanklich zu meinen Gummienten auf dem Atlantik zu begeben, damit ich nicht vor Langeweile umgehend versterbe. Der Dozent machte derweil "Visualisierung", mit ganz vielen bunten Stiften, Wachsmalblöcken und normalerweise auch Kreide, aber die hatte er heute morgen um 6 nicht gefunden und hatte keine Zeit zu suchen, weil seine Frau ja so lange das Bad blockierte, dass es sowieso spät wurde. Haha.
Ähm. Jetzt war ich noch einmal einen Moment bei den Gummienten. Was wollte ich eigentlich sagen. Achja. Neue Lernmethoden. Gruppenarbeit. Ich hasse Gruppenarbeit und zwar schon immer, ich glaube, der allererste Migräneanfall meines Lebens wurde durch Gruppenarbeit getriggert. Gruppenarbeit ist der Kropf unter den Lernmethoden. Zu nichts auf der Welt gut aber zu sehr vielem enorm schlecht. Ich war in einer Gruppe mit 4 anderen Frauen, die alle für diesen Tag Kind und Staubsauger unbeaufsichtigt gelassen hatten (haha.) und wir bekamen drei A4 Blätter, auf dem einen stand, was man tun soll, auf den anderen zweien relativ groß gedruckte Informationen über Bewusstseinsstörungen. Man sollte die zwei Blätter lesen, das kam überraschend (haha.), dann sollte man die Informationen besprechen und einen Moderator bestimmen, der die Informationen dem Plenum vorträgt. Wenn möglich mit Visualisierung.
Nun bin ich totaler Fan von alten Lernmethoden. Von Vortrag, von Frontal, von Sachen, die man liest und sich dann merkt. Wenn ich etwas lernen möchte, höre ich überhaupt nicht gerne fachsimpelnden Laien zu. Der Experte möge sprechen, ansonsten kann ich ja auch googeln. Und dieses ganze Team- und Sozialgedöns stört mich auch enorm, wozu soll ich denn ein Team bilden mit Leuten, die ich nach Ablauf der 9 x 45 Minuten überhaupt nie wiedersehe, wozu sollen sich da soziale Strukturen herausbilden, da lohnt sich doch die Zeit und Mühe nicht.
Immerhin konnte ich meine Fischgrätenfrage, die ich seit 2012 jedes Jahr einmal stelle, wieder in den Raum werfen. Ersticken an Fischgräte: Mythos oder Wahrheit? Ob ich hören wolle, was im Lehrbuch steht oder was die Wahrheit ist (haha.)? Die Wahrheit ist in diesem Jahr, dass niemand an einer Fischgräte erstickt. Die steckt sowieso so gut wie nie in der Luftröhre, sondern in der Speiseröhre. Die beiden Röhren liegen aber dicht beieinander, der Körper signalisiert also dem Kopf "ey, da ist was Schlechtes im Gange!" und der Kopf, der das alles nicht so ganz auseinanderhalten kann, glaubt zu ersticken und versteift sich so auf diesen Gedanken, dass er im Extremfall auch mal die Atmung einstellt. Aber nur bis zur Bewusstlosigkeit, dann ist der Kopf ja ausgeschaltet. Dem Dozenten von heute war jedenfalls kein Fall des Fischgrätenunfalls mit Todesfolge direkt durch die Gräte (durch in Panik Umfallen und Kopf anhauen schon) bekannt.
Kennen Sie das, so ein ganz ruhiger und entspannter Tag, man kann ausschlafen, hat eigentlich gar keine Aufgabe, außer das Kind mal irgendwo hinzufahren oder wieder abzuholen, sogar das Essen ist von Papa & Mama mitgegeben und muss nur aufgewärmt werden, tausend Dinge - naja, fünf bis sechs - könnte man entspannt und in Ruhe mit sonnigem Gemüt erledigen und nebenher ein paar Kaffee trinken, ab und an auf den Balkon spazieren, ein gutes Buch lesen und ein gepflegtes Gespräch führen.
Und statt dessen setzt man sich morgens schon geduckt auf die Couch und verharrt dort mit verkrampftem Nacken, die Stunden ziehen vorbei, Nachmittagssonne, dann wird es wieder dämmrig, dan dunkel, gemacht habe ich nichts, die erste Kopfschmerztablette wirklich nicht und die zweite auch nicht und die Gedanken sind verknäulter als zuvor. Ahja, das war also der entspannte freie Feiertag.
(Ein ganz guter Trick scheint es mir zu sein, auf perspektivisch komplett misslungene Stellen einfach eine Katze zu setzen.)
Der heutige Knallerbeitrag entfällt aus einem völlig unglaubwürdigen, aber dennoch zutreffenden Grund: hier in diesem Teil von Düsseldorf ist um kurz vor Mitternacht kein Bier mehr aufzutreiben. Dadurch verzögert sich die Abendgestaltung.
Bild folgt.
Heute Morgen in der Fußgängerzone sah ich zwei Radfahrer, einmal männlich, einmal weiblich, die mit etwas Abstand hintereinander fuhren und so aussahen wie das perfekte Paar. Zwei Hälften von irgendwas, Dings, Ying und Yang, Sekt und Selters oder irgendwie so, jedenfalls fand ich es total schön, dass zwei Leute, die ganz offensichtlich so perfekt zusammenpassen, sich gefunden haben.
Dann fuhren die allerdings ohne sich gegenseitig irgendwie zu beachten in verschiedene Richtungen davon. Die kannten sich überhaupt nicht.
Nunja. Etwas zur Aufheiterung:
Ein Designer namens Gianluca Gimini hat (Laien-)Zeichnungen von Fahrrädern in echt nachgebaut. Sehr spaßig.
Gesangslehrer: Wir machen das heute mal anders. Statt dass ich so motivierend sage, was alles schon total gut war, sagen wir jetzt einfach mal, was noch nicht ganz so...
Frau N: ...also was echt schlecht war?
GL: Genau.
Frau N: Kann ich anfangen? Ich hab zwei Sachen!
GL: Bitte.
Frau N: Erstens, in den Höhen. Das war entweder dünn oder aber schrill. Und das in wildem Wechsel. Komplett unkontrolliert. Manchmal beides zugleich! Furchtbar!
GL: Ja! Was ist das zweite?
Frau N: Alles war langweilig. Ich hätte es mir nicht bis zum Ende anhören wollen. Tut mir leid für dich.
GL: Genau! Also - die Töne waren alle richtig. Der Rhythmus auch. Aber wo war das Gefühl?
Frau N: Das hab vergessen.
GL: Wie kannst du das Gefühl vergessen?!
Frau N: Ich hab an die Töne und den Rhytmus und den Text und die Atmung und die Längen und die Konsonanten gedacht. Da ist mir das Gefühl irgendwie durchgegangen.
GL: Naja, manche machen nur Gefühl, das ist schlimmer, außer man ist betrunken. Aber wo du Konsonanten ansprichst, ich hab auch noch was, das schlecht war.
Frau N: Was denn?
GL: Die Vokale. A und E sind gut...
Frau N: Aber darüber wollen wir jetzt nicht sprechen!
GL: ... ja - I ist ok, da machst du nichts, das ist besser als was falsch machen. Aber O und U!
Frau N: Was ist mit O und U?
GL: O und U sind sozusagen das A und O, also...
(Frau N und Gesangslehrer brechen vor Lachen fast zusammen)
GL: Also jetzt nochmal, und denk an die Töne, die Atmung, den Rhythmus, die Konsonanten, die Vokale, also besonders O und U, denk den Text mit und vergiss Gefühl nicht. Und dann: gaaanz entspannt!
(Frau N und Gesangslehrer brechen wieder vor Lachen fast zusammen)
GL: Also - das dann bis zum nächsten Mal.
Zitat aus dem Techniktagebuchshirtfundus: "Kein Aufwand ist zu noch, um die Dinge vollkommen beiläufig aussehen zu lassen."
"Ich finde das lustig, dass wir immer Sachen zusammen machen, die ich allein nicht machen würde!" - so ähnlich hatte die KSP zu mir gesagt, nachdem wir uns - vor glaube ich 3 Wochen- zum Probetraining MMA angemeldet hatten. Seitdem war ich ungefähr 20x kurz davor, das Ganze wieder abzusagen, das vorletzte Mal heute Nachmittag nach 7 Stunden Mentalkampfsport mit dem Oberchef und das letzte Mal, als wird dort vor der Tür standen und die Tür nicht aufging. Sie kennen das aber vielleicht. Es gibt Sachen, wenn man die zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht macht, dann macht man sie gar nicht mehr.
Also klärten wir die verschlossene Tür per Handy mit dem Weltmeister, der dann auch gleich an den verantwortlichen Mitarbeiter weitergereicht werden wollte, ein etwas aufgeregtes Gespräch ergab sich, zwischen den beiden, man hörte den einen aus der Ferne immer nur "und mach richtig gutes Training, hörst du, mach schönes Training, kümmer dich ordentlich!" rufen und den anderen höchst beflissen "Ja Meister! Mache ich Meister! Ja Meister!" antworten.
Was wir dann so alles gemacht haben, kann ich gar nicht auschreiben, Kampfsport ist nämlich etwas anstrengender als Kraulschwimmen, so dass ich diesen Text mit der Nasenspitze tippe. Aber nur so viel: irgendwann zwischendrin gab es Zirkeltraining, doch statt den übrigen langweiligen Stationen durfte man gegen Sandsäcke treten, mit den Ellbogen schlagen und lebensgroße Puppen mit dem Knie kicken. Es mag sein, dass sich das mit der Zeit vom Unterhaltungsfaktor her ähnlich abnutzt wie Kniebeugen und Sit-ups, aber zunächst einmal macht das ziemlich viel Spaß. Und ganz fremde Menschen musste man zunächst mal nur relativ wenig anfassen.
Jetzt müssen wir überlegen, ob wir das weitermachen wollen.