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    Mittwoch, 20. März 2024
    20. März 2024


    Ich habe etwas super-aufregendes. Frau Herzbruch hat mir einen Reiskocher empfohlen. „Mein Reiskocher macht Milchreis, sehr guten Asiaimbissstyle-Reis, ist klein und nach einem niedlichen Tier benannt.“ schrieb sie mir.

    Ich will schon ganz lange einen Reiskocher, denn außer mir kann in diesem Haushalt niemand Reis so kochen, dass man hinterher nicht den Topf abkratzen muss. Das nervt mich, weil sehr viel Reis gegessen wird. Habe keinen gekauft, weil die, die ich kannte, keinen Milchreis machen konnten und ich esse auch außerordentlich gerne Milchreis und ein Ding kaufen, das nur eine einzige Sache kann und noch nicht einmal ein Kompositum dazu, naja, ich weiß nicht, sogar der Milchaufschäumer kann auch Butter schmelzen und Wasser für Hefe erwärmen, die Waschmaschine und die Spülmaschine können eine Milliarde Programme und vermutlich in Wirklichkeit sogar zum Mond fliegen und sagen sie nichts von der Kaffeemaschine, wenn es nach mir ginge hätten wir nämlich keine. Wo war ich. Reiskocher. Also der Reiskocher von Frau Herzbruch begeisterte mich, Frau Herzbruch schickte einen Link mit und ich saß gerade mit Leuten im Restaurant und dann konnte ich den Reiskocher da auf den Tisch platzieren, auf meinem Handy, also in so einer virtuellen Umwelt. Ich dachte, ich mache das mal kurz heimlich und widme mich dann wieder dem Gespräch, nur stand der Reiskocher falsch, auf meinem Teller mit der Carbonara nämlich, ich rückte ihn zur Seite, dann saß ich zu nah dran, also stand ich auf, ging halb um den Tisch und schaute dabei ins Handy, spätestens ab da fragten sich alle, was ich da eigentlich mache und fragten folglich auch mich. Ich erklärte. Wir schauten alle den Reiskocher an. Little Panda heißt der. Wenn er morgen ausverkauft ist weltweit liegt es daran, dass die ganze in der L’Osteria zur Mittagszeit versammelte Frankfurter Finanzszene den jetzt gekauft hat. Vielleicht gilt das schon als Marktmanipulation. Und ich habe noch nicht einmal bestellt, meine Güte, ich wollte mich erst mit Herrn N und M besprechen, denn hier darf ja niemand ohne Absprache Herumstehdinge in den Haushalt einbringen. Ich werde leer ausgehen, fürchte ich, M. ist noch tanzen, meine Güte, ich habe Puls. Und Hunger. Porridge kann der auch!

    In der täglichen Contentvorschlagsliste heute wieder eine verblüffende Frage: „Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Garderobe für den Tag aus?“

    Ich dachte, das machen alle Leute halbwegs gleich. Ich überlege mir, was ich an dem Tag so mache. Habe ich Termine, bei denen gute Kleidung wichtig ist? Sitze ich in Verkehrsmitteln, in denen praktische Kleidung mich glücklich macht? Werde ich viel draußen sein und bin der Witterung ausgesetzt? Werde ich abends durch Kneipen ziehen? Besteht Zigarettenrauch- oder Frittierfettrisiko? Besuche ich Leute, bei denen es außerordentlich warm oder kalt ist oder erwarte ich über den Tag aus welchen Gründen auch immer einer größeren Temperaturspanne ausgesetzt zu sein? Werde ich sehr viel laufen (dann keine Schuhe mit Ledersohlen), regnet es (dann keine Chucks)?

    Ist das festgestellt, fange ich entweder bei den Schuhen an oder beim Oberteil, und zwar ist das Kriterium dann, worauf ich Lust haben. Also auf welche Schuhe habe ich Lust oder auf welches Oberteil. Daran angepasst folgt der Rest. Ich habe nur Kleidung, die ich mag und die keine Schäden oder offensichtliche Alterungserscheinungen hat, darauf muss ich also nicht achten, ich schaue dann nur noch, dass alles zusammenpasst und ein Bild ergibt, das für mich an dem Tag passt.

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    Dienstag, 19. März 2024
    19. März 2024

    Der Tag täuschte übel an. Ich wachte auf, war noch sehr müde aber musste aufs Klo, im vorbeigehen meinte ich, auf dem Wecker von Herrn N. die Zahl 2:23 erblickt zu haben. Nachdem ich im Bad war, stolperte ich in der Küche halb über eine Katze, die mir enthusiastisch gefolgt war, „es ist doch noch viel zu früh!“ flüsterte ich, während mein Blick an der Uhr in der Küche hängenblieb, die 7:10 Uhr anzeigte. Ich stand kurz fassungslos, denn es war völlig undenkbar, es gab keine einzige mögliche Realität, in der ich mich nun anziehen und ins Büro fahren könnte. Ich war einfach unglaublich müde, so müde, dass ich gleich auf dem Küchenfußboden hätte weiterschlafen können.

    Es ist bei mir so: ich bin glaube ich weder eine Eule noch eine Lärche. Ich kann immer schlafen und so gut wie immer wach sein, nur gibt es ein Zeitfenster so ca. zwischen 2:30 Uhr und 4:30 Uhr, in dem geht bei mir nichts. Absolut gar nichts. Wenn es mal so ist, dass ich in diesem Zeitraum wach sein muss, ist meine einzige Chance bis dahin aufzubleiben. Dann bin ich allerdings nicht verkehrstüchtig. In diesem Zeitfenster aufzustehen, wegen Urlaubsreisen zum Beispiel, ist für mich nicht möglich. Wirklich, über alle anderen Uhrzeiten können wir sprechen, ich hole Kinder um 1:30 Uhr von einer Party ab oder um 5 Uhr, ich kann in beiden Fällen – wenn ich schon geschlafen habe – problemlos aufstehen und hinterher problemlos weiterschlafen. Nicht jedoch zwischen 2:30 Uhr und 4:30 Uhr. Da bin ich in Wirklichkeit tot.

    Nun war es meiner Annahme nach zwar 7:10 Uhr, ich war aber trotzdem tot. Deshalb ging ich wieder schlafen. Vermutlich war ich ja krank und auch wenn nicht, hätte es keinerlei Sinn ergeben, in diesem Zustand arbeiten zu gehen. Als ich wieder im Bett lag, sah ich auf Herrn Ns Wecker 2:26 stehen. Ich schaute auf meinen Wecker, der zeigte 2:27. Die Uhr in der Küche war offenbar am Vorabend stehengeblieben.

    Der Tag war dann okay. Ich fuhr Rad, ich tat Dinge, insbesondere war heute einer der Tage, den ich mir freigehalten hatte, um Unzufriedenheiten, die andere mir vor einiger Zeit mitgeteilt hatten, nochmal aufzugreifen um zu schauen, wie es damit weitergegangen ist, ob wir die Situation verbessern konnten oder wie der Stand ist. Ich habe elf solcher Gespräche auf meiner Liste, zwei schaffte ich heute, das eine mit recht positivem Fazit, im anderen habe ich heute nochmal ein bisschen angeschubst.

    Achja, die Batterie in der Uhr habe ich auch getauscht. Seitdem aber nicht mehr drauf geschaut, vor dem Schlafengehen mache ich das noch, nicht, dass die Uhr an sich kaputt ist und mich morgen wieder verwirrt. Ein bisschen beleidigt bin ich auch, dass die Uhr nicht noch die paar Tage bis zur Uhrenumstellung abwarten konnte, ich muss für den Batteriewechsel (wie für die Umstellung) nämlich auf eine Leiter klettern.

    Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Gibt es Bösewichter in Realität oder Fiktion, die Sie faszinieren?“

    Ja klar. Allerdings nicht, weil sie Bösewichter sind. Mich interessieren Personen, die Dinge machen, die Ideen haben, die sich ungewöhnlich verhalten. Nun ist es so, dass ungewöhnliches Verhalten ganz naturgemäß eine Abweichung von der Norm ist und da geht es eben in mehrere Richtungen. Ich glaube zusätzlich, dass – wenn man sich einmal von der Norm entfernt hat – nicht mehr unbedingt immer komplett klar ist, welche Richtung welche ist.

    Insofern: Bösewichter faszinieren mich nicht, weil sie böse sind. Das Böse an sich birgt für mich keinen Reiz. Gleichzeitig interessieren mich komplexe Sachverhalte, auch in Menschen.

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    Sonntag, 17. März 2024
    17. März 2024

    Ein Tag des Erledigtseins, nicht der Erledigungen. Sehr ungewohnt, Ursache unbekannt. Es begann schon gestern Abend, gegen 22:30 schaffte ich gerade noch den Weg ins Bett, schlief dort traumlos bis 8 Uhr und fühlte mich dann fit. Nach Gesangsstunde und Frühstück allerdings nicht mehr, es folgte ein 3-Stunden-Schläfchen, danach Kreislauf und halbherzige Handgriffe hier und da, sogar ein Spaziergang brachte den Kreislauf nicht nennenswert in Schwung. Ich denke, ich gehe gleich einfach wieder schlafen. Momentan kann ich mir nicht vorstellen, dass ich jemals wieder Lust habe, das Haus zu verlassen, habe diese Woche aber gleich zwei Abendverabredungen. Wir werden sehen.

    Frage heute in der täglichen Contentvorschlagliste: „Erleben Sie in Ihrem Umfeld noch Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen?“

    Keine Ahnung. Ich erlebe Unterschiede zwischen Menschen, meistens frage ich sie nicht danach, wo sie geboren wurden. Ich weiß auch nicht so genau, was für Unterschiede ich zwischen Ost- und Westdeutschen in meinem Umfeld konkret wahrnehmen könnte. Der Mauerfall ist jetzt über 30 Jahre her, da kommt ja nun niemand mehr mit dem Trabi vorgefahren oder staunt über Südfrüchte im Supermarkt.

    Ganz generell bin ich unsicher, ob es hilfreich ist, mich nach der Herkunft von Personen zu erkundigen, mit denen ich nicht wirklich eng verbunden bin, also so eng, dass ich sie gut als Mensch kennenlerne. Wir hatten innerfamiliär einen kleinen Running Gag – Sie wissen ja, wir leben in Offenbach, 41 % der Menschen hier haben keine deutsche Staatsangehörigkeit und zusätzlich noch 24 % der Menschen einen Migrationshintergrund, wir sprechen also von rund 65 %, die vermutlich keinen vertrauten deutschen Vornamen haben. Hier im Innenstadtbereich, wo M zur Kita und Schule gegangen ist, natürlich noch einmal mehr. Und wenn M von ihren Freund*innen erzählt hat, bei den Großeltern zum Beispiel, kam immer mal die Frage „Ah, wo kommt Zelalem/Hibba/Quong/Nenad denn her?“ und M hat immer „aus Offenbach“ geantwortet – erst, weil sie (im Kindergartenalter) den Hintergrund der Frage nicht verstanden hat, später, weil es halt so ist, die gehen in Offenbach zur Schule, also kommen sie jetzt aktuell zunächst einmal aus Offenbach. Bei allen Informationen darüber hinaus ist absehbar, dass bei den Zuhörenden sofort irgendwelche Schubladen im Kopf aufgehen und selten führt es zu zutreffenden Erkenntnissen, die jeweiligen Kinder da einzuordnen. Wenn man sich näher kennenlernt, natürlich, dann ist es interessant und für das gegenseitige Verständnis auch wichtig, die Geschichte einer Person kennenzulernen. Ganz sicher aber nicht, wenn es nur darum geht, zu erzählen, wer mit wem auf einer Party getanzt hat oder wer im Bus beim Schulausflug neben wem saß.

    Mit dieser Vorrede: in meinem erweiterten Freundeskreis sind ein paar Personen, die in Ostdeutschland geboren wurden. Ich nehme an ihnen keine Unterschiede wahr, die ich auf diesen Umstand zurückführen würde.

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    Samstag, 16. März 2024
    16. März 2024

    Wir haben heute den Geburtstag meiner Schwester gefeiert. Sie hat erst morgen Geburtstag, da feiert sie aber mit Freund*innen, wenn wir uns das nächste Mal sehen ist schon Ostern an der Reihe und ich fand es blöd, so viel Zeit bis zur Feier vergehen zu lassen. Also überzeugte ich Papa N und sie, dass wir uns nun wirklich nicht von einem Kalender vorschrieben lassen müssen, wann wir feiern, wo kommen wir denn da hin? Wir haben also heute gefeiert. Das war schön.

    Vor und nach der Feier fuhr ich völlig ereignislos Zug, das war entsprechend langweilig, also schlief ich die meiste Zeit, alle Verspätungen bewegten sich im Unter-20-Minuten-Rahmen. Das hatte ich seit Jahren nicht mehr, war aber natürlich auch in Ordnung.

    Trotz Zugschläfchen bin ich sehr müde heute, der Wecker klingelte nämlich um 6 Uhr, ich war erst um 1 Uhr im Bett und dann geriet der Morgen noch durch einen gerissenen Mülleimerbeutel in Hektik. Dafür freute ich mich, als ich vor die Wohnungstür trat: gestern hatte ich drei Lampen zum Verschenken dahin gelegt und alle drei waren mitgenommen worden.

    In der täglichen Contentvorschlagliste steht heute: „Wie erleben Sie Führungskultur in Ihrem Unternehmen? Sind Sie (nach Meinung Ihrer Mitarbeitenden) eine gute Vorgesetzte? Welche Noten würden Sie ihren aktuellen Chefs geben?“

    Ich stehe nicht sonderlich darauf, geführt zu werden und das Wort „Führungskultur“ macht mich schon dezent nervös. Ich bin ja erwachsen, ich verkaufe eine Arbeitsleistung gegen Geld und möchte da nicht angeleitet oder seelisch betreut, gar „motiviert“ werden oder ständig in Gespräche verwickelt werden, die sich mit der Beziehungsebene befassen. Es ist ja ein Arbeitsplatz, keine Tagespflege.

    Im Unternehmenskontext halte ich es für die zentrale Aufgabe von Führung, für das Überleben des Unternehmens zu sorgen, sonst gehen eh alle Bemühungen ins Leere. Darüber hinaus tut Führung gut daran, strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Erfolg möglich ist. Das fängt natürlich bei der Personalauswahl an, denn wenn man Personen einstellt, die für den Job nicht geeignet sind, wird es schwierig mit den Erfolgserlebnissen. Schwierig wird es auch, wenn das Unternehmen sich kein geeignetes Arbeitssetting schafft, also zum Beispiel den Zugang zu geeigneten Arbeitsmitteln erschwert oder Strukturen ausbildet, die die Arbeit verkomplizieren, – endlose Abspracheschleifen, Verselbstständigung der Verwaltung und so weiter. Für mich persönlich passt das an meinem Arbeitsplatz. Noten vergebe ich keine, das fände ich völlig unangemessen.

    Als Führungskraft ist es übrigens nicht meine Aufgabe, von meinen Mitarbeitenden für eine gute Vorgesetzte gehalten zu werden. Ich werde dafür bezahlt, im Sinne des Unternehmens zu handeln. Das kann natürlich auch implizieren, für eine gute Vorgesetzte gehalten zu werden, muss es aber nicht und schon gar nicht immer und von allen gleichzeitig, die Mitarbeitenden sind ja auch keine homogene Masse. Es geht viel mehr darum, sich immer wieder über den gemeinsamen Weg auseinanderzusetzen. Jegliche Erwartung von Harmonie ist da völlig fehl am Platz.

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    Freitag, 15. März 2024
    15. März 2024


    Heute früh war ich also in der Schule. Ich war ganz verwundert, dass nicht überall Schüler*innen zu sehen sind, aber ich war um 8:10 Uhr da, da waren sie vermutlich in den Klassenräumen. Aber lungerte nicht früher Oberstufe immer irgendwo herum? Egal, ich fand das Schulsekretariat und Herrn M ohne Hilfe, eine Lehrerin (vermute ich, weil: Person über ca. 30 Jahre) war auch da. Ich schwenkte mein Plakat, sagte ich wolle es gern aufhängen und hätte von einem strengen Reglement bezüglich Klebeband gehört. Herr M bestätigte dies, fügte hinzu, auch die Größe des Plakats sei zu bestimmen und zu beurteilen, meines würde den Anforderungen wohl genügen, daher dürfte ich mir eine Rolle Klebeband und eine der vielen Scheren mit abgerundeten Ecken, die bereitlagen, nehmen und bitte natürlich beides zurückbringen.

    In meinem Enthusiasmus wischte ich mit dem Plakat mehrere Scheren zu Boden, hob sie natürlich auf, die Lehrerin sagte „oh-oh das wird Punktabzug im Abitur geben“, „ich habe ja schon Abitur“ antwortete ich und Herr M sagte „bei Ihrem Kind natürlich!“. „Dann müssen Sie den Namen notieren, meine Tochter ist M.“, sagte ich. M und Herr M kennen sich, das weiß ich. „Ach du mein Güte“, sagte die mir unbekannte Lehrerin, „ich muss los“.

    Ich hatte mir unter dem Klebeband ein hochwertigeres Produkt vorgestellt, eines, dass sich gut von Glasscheiben ablösen lässt zum Beispiel. Es sah aber nach dem billigsten Klebeband aus, das mir je in die Finger gekommen ist und schon, als ich das Poster an einer Ecke nochmal ablösen und glattziehen wollte, löste sich das Klebeband nicht mehr vom Glas sondern riss ab. Komische Geschichte, insgesamt.

    Im Büro wartete eigentlich ein Gespräch auf mich, das mir als „sensibel“ angekündigt worden war. Dann war die entsprechende Person aber gar nicht anwesend. Dafür war die neue Mitarbeiterin wieder da, die gestern plötzlich 1,5 Stunden vor Feierabend spurlos verschwunden war. Wir konnten das aufklären, es handelte sich um ein Missverständnis. So richtig in Schwung kam ich den ganzen Tag nicht. Nach wie vor warte ich auf das Protokoll des IT-Calls, in dem ich über die deutschen Aufbewahrungsfristen referiert habe, sie scheinen das nicht so gern verschriftlichen zu wollen. Gegen Abend bekam ich noch eine Mittelfinger-Mail vom Vermieter, telefonisch erreichbar war er danach nicht mehr. Also schrieb ich vor Feierabend noch kurz zurück und bog dabei den Mittelfinger um.

    Dann war es schon dunkel und ich wollte das Rad eigentlich nur in die Nähe der S-Bahn-Station fahren, es fuhr sich aber so gut, dass plötzlich eine knappe halbe Stunde vergangen und ich schon zu Hause war, bzw. beim Chor, also da, wo ich hinwollte. Wahnsinn. Ich bin gar nicht so außer Kondition, wie ich gestern morgen dachte, als ich mit platten Reifen im 1. Gang unterwegs war.

    In der täglichen Contentvorschlagliste findet sich heute eine für mich unwartete Frage: „Simone de Beauvoir und Sartre hatten in ihrer Zeit als junge Erwachsene die Idealvorstellung von einem total extravertierten Charakter, den sie im „kleinen Bost“ verwirklicht sahen (so weit meine Erinnerung an S.d.B.s Schilderung). Ist Ihre eigene Extraversion für Sie auch ein Idealzustand?“

    Zunächst einmal: ich bin froh, dass ich diesem Auskunftsersuchen intellektuell gewachsen bin. Mit dem kleinen Bost ist wohl Jacques Bost, Schüler von Sartre und Liebhaber von Simone de Beauvoir gemeint. Über seine Gemütshaltung weiß ich nichts, seine Beziehung zu Simone de Beauvoir ging allerdings über Jahrzehnte, also wird er wohl angemessen unterhaltsam gewesen sein, Simone de Beauvoir war ja immer sehr beschäftigt, sie hat bestimmt keine lästige Verbindlichkeit über die Jahre geschleppt.

    Ob Jacques Bost sich über seine Psyche Gedanken gemacht hat, weiß ich nicht. Ich selbst mache das nicht. Also weder stehe/sitze/liege ich irgendwo und ergründe in mir „ah, ich bin ja soundso“ und angenommen ich täte das, also ich säße jetzt im Sessel, würde einen Big-Five-Persönlichkeitstest oder was auch immer machen und zu dem Schluss kommen, dass ich extravertiert bin, warum sollte ich diese Erkenntnis dann mit einem Werturteil belegen? Warum sollte es mich freuen oder warum sollte es mich stören? So, wie ich bin, bin ich ja offensichtlich nun einmal, völlig egal, wie es benannt wird. Wäre ich zum Beispiel ein Mensch, der nicht so gerne mit anderen spricht, würde ich ja einfach nicht so viel mit anderen sprechen. Würde ich lieber Beobachten als Handeln, würde ich nicht ständig „hier!“ schreien, wenn irgendwas zu tun ist. Es wird also wohl schon passen, so wie es ist, denn sonst wäre es nicht so – ist das nicht eine viel vernünftigere Annahme als die, dass ich mir überlegen könnte, ob ich so bin, wie ich es gut finde?

    Und selbst, wenn ich mir nun das Persönlichkeitsmerkmal „extravertiert“ zuschreibe, erlaube ich mir trotzdem jederzeit, mich von Menschen zurückzuziehen, Zeit alleine zu verbringen oder in Gesellschaft zu schweigen. Wir sind alle nicht verpflichtet uns nach irgendwelchen Labeln, die uns jemand aufklebt, zu verhalten, noch nicht einmal sind wir dazu verpflichtet, wenn wir uns das Label selbst irgendwann einmal aufgeklebt haben. Wir dürfen uns jederzeit ändern. Und wir dürfen – um zur Frage zurückzukommen – jederzeit annehmen, uns in unserem eigenen Idealzustand zu befinden, völlig egal, was für einer das gerade in diesem Moment ist.
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    Donnerstag, 14. März 2024
    14. März 2024

    Nachdem ich gestern mehrfach lang und breit lamentiert hatte, warum ich das Fahrrad diese Woche nicht reparieren lassen kann – nämlich aufgrund einer Vielzahl an hochkomplexen Gründen – entschied ich heute, damit ins Büro zu fahren und in einer späten Mittagspause einen Reparaturtermin wahrzunehmen, den ich auch gleich erklickte. Anschließend fuhr ich in Gang 1 – dem einzigen verbleibenden Gang von 7 – acht km ins Büro. Diese Prozedere dauerte 47 Minuten, ich hatte jede einzelne davon sehr schlechte Laune. Nach Ankunft verzehrte ich zunächst ein Brot mit Käse und Spiegelei, um wieder zu Kräften zu kommen.

    Gegen 15 Uhr hatte ich mich ausreichend erholt, um zum Reparaturtermin weiterzufahren. 2 km entfernt. Ich hatte nach der Erfahrung vom Morgen mit einer Fahrzeit von einer halben Stunde gerechnet, kam aber schon nach 10 Minuten an, vor verschlossener Tür, es war Mittagspause da. Also wer macht denn um diese Zeit Mittagspause? Ich machte Grimassen vor der Tür, entdeckte zu spät, dass jemand im Laden war, über meine Grimassen lachte und öffnete.

    Ich habe ja ein Leihfahrrad, ein Swapfiets, und der Laden – das Durchdachte der Einrichtung, die maximale Effizienz – erinnern mich an Mr. Wash. Wer hätte gedacht, dass gleich zwei meiner Happy Places fahrzeuggebunden sind. Zwanzig Minuten später war das Rad wie neu, es fährt jetzt so leicht, dass ich sofort googlete, wann die nächste Tour de France stattfindet.

    Dennoch fuhr ich nicht mit dem Rad wieder nach Hause, ich hatte nämlich noch eine ganz andere Aufgabe. Vor sehr kurzem wurde mir zugerufen, ich könne ab morgen ein „Abi-Poster“ in der Schule aufhängen, jedoch nur mit dem Klebeband von Herrn M., alles andere sei verboten. Ich wusste die Information zunächst nicht einzuordnen. Was um alles in der Welt ist ein Abi-Poster, wer ist Herr M und was hat es mit dem Klebeband auf sich? Gestern, als M, der Kater und ich bei der Tierärztin warteten, war endlich Zeit, nach den Details zu fragen. Ein Abi-Poster ist ein Poster, auf dem den Prüflingen Mut zugesprochen wird und Eltern, die ihr Kind lieben, machen so eins, no pressure. Herr M ist der Schulsekretär und das Klebeband muss ein Spezielles sein, weil die Poster an Glaswände geklebt werden und das Klebeband später rückstandslos wieder entfernt werden muss. So viel erfuhr ich, dann rief die Tierärztin den Kater auf – die Aufrufart fand ich sehr komisch, habe ich so auch schon in der Tierklinik gehört, es wird „für [Name des Tieres]“ aufgerufen, also in unserem Fall „für Charly bitte!“. Verstehe ich nicht.

    Egal, ich hatte mir jedenfalls einen Reminder „Abi Poster machen“ gemailt, den ich heute im Büro vorfand und gegen 16:20 war es so weit, dass ich einen Moment Ruhe fand und, nunja, ein Abiposter erstellte. Um 16:32 ging die erste Korrekturfassung an Cucinacasalinga und während sie Zeichensetzung und Grammatik bemängelte fügte ich in einer überarbeiteten Fassung noch etwas Kitsch hinzu, machte einen Probedruck und rief um 16:51 den Copyshop an, der bei Google die Bewertung „bester Copyshop der Welt“ hat. Am Telefon versicherte man mir, man sei versiert in Abi-Postern, ich solle nur kommen und 5 Minuten Zeit (und etwas Geld) mitbringen, bis 19 Uhr ist geöffnet.

    So traf ich pünktlich im Copyshop ein und wurde sofort informiert, dass ich für Abi-Poster am richtigen Ort sei, man wüsste alles. Die Schule wurde abgefragt, zu den Konventionen (Größe, Papierart) dort beraten, meine Datei auf passende Auflösung untersucht und dann durfte ich den Laden verlassen, um irgendwo Bargeld zu suchen, man kann da nämlich nicht mit Karte zahlen. 15 Euro kostet die Version in A1. Während ich wartete, holten zwei Personen eine gebundene Bachelor-Arbeit ab, beiden wurde sie beidhändig mit festem Blick und „Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg auf deinem Weg!“ überreicht.

    Morgen früh werde ich Herrn M kennenlernen. Und sein Klebeband. Ich werde berichten.

    Heute wird in der täglichen Contentvorschlagliste gefragt: „Reisen Sie gerne alleine oder lieber in Gesellschaft? Wie hat sich Ihr Reiseverhalten in den letzten Jahren verändert?“

    Ich reise überhaupt nicht sonderlich gern, ich habe es mir ja zu Hause schön eingerichtet, warum soll ich da ständig wegfahren? Gleichzeitig reise ich außerordentlich gern, weil ich dann Dinge sehe, die ich noch nicht kenne und weniger Zeug um mich herum habe, also zu Hause, den Kopf freier habe. Am Liebsten reise ich allein, weil ich mich dann mit niemandem absprechen und auf niemanden Rücksicht nehmen muss, am Liebsten reise ich auch mit Leuten, die ich mag, weil ich dann immer gleich wen zum Reden über das Erlebte habe und andere mich auf noch mehr Ideen bringen, als ich sowieso schon habe.

    Wie mein Reiseverhalten sich in den letzten Jahren verändert hat, liegt am Lauf der Zeit:

    Vor 2020 hatte ich ein 15jähriges Kind, das lässt man noch nicht ständig allein zu Hause, um zu verreisen. Nach 2020 war eine weltweite Pandemie, da reiste man nicht so sehr herum. Als die Pandemie halbwegs beendet war, war mein Kind 18, das ist eine völlig andere Situation. Dafür sind mittlerweile die Katzen älter, die Putzhilfe hat gewechselt und das Leben anderer, unter anderem meiner Eltern, so weiterentwickelt, dass sie nicht mehr zum Katzensitting in eine andere Wohnung einziehen. Ab diesem Sommer bin ich – für Familienreisen – nicht mehr an die Schulferien gebunden. Ich habe vor 2 Jahren entschieden, dass ich nie wieder im Sommer in den Süden reisen werde. Ich habe zum meinem 50. Geburtstag von Fragmente eine Reise geschenkt bekommen und mir mit Schanuf gegenseitig eine Reise geschenkt, ich habe vor 2 Jahren begonnen, mit Frau Herzbruch einmal im Jahr zu verreisen, wie es dazu kam, erinnern wir beide nicht mehr, jedenfalls hat sich das Konzeptin allen Fällen so bewährt, dass wir es fortgeführt haben und zwei weitere Freundinnen dieses Jahr mit mir Wochenendreisen machen möchten.

    Die letzten zwei Sommerurlaube haben wir mit Herzbruchs verbracht, den ersten, weil Frau Herzbruch meine gebuchte Reise mir einfach mit „du hast doch nichts dagegen oder?“ nachgebucht hat, weil ich nicht nur nichts dagegen hatte, sondern es für alle Beteiligten schön war, haben wir im nächsten Jahr gleich zusammen gebucht und für dieses Jahr auch wieder – vielleicht bleiben wir einfach dabei, so, wie wir ja auch Silvester immer zusammenfeiern, weil niemand sich jemals mehr den Stress machen will, zu überlegen, was man mal Silvester machen könnte. Das mit den Sommerurlauben haben wir vor 2020 nicht gemacht, aus keinem speziellen Grund, wir kamen einfach nicht auf die Idee, es hätte vielleicht aber auch nicht so gut geklappt, weil es bestimmt einfacher ist, die Interessen einer 19jährigen mit einem 15jährigen zu koordinieren als einer 15jährigen mit einem 11jährigen.

    Also, schlicht, Lauf der Zeit, natürliche Entwicklungen. Außer das mit Frau Herzbruch, das ist, weil sie so warmherzig ist und ich schreibe das nicht nur, weil sie mich schriftlich dazu aufgefordert hat nur, weil ich ein paar Daten bei ihr nachfragen musste.

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    Mittwoch, 13. März 2024
    13. März 2024

    Sehr konfuser Tag. Der Wecker stand auf 6:30 Uhr, weil der Knuspr-Bote zwischen 7 und 8 kommen sollte und dann wollte ich geduscht und angezogen sein, denn wenn ich im Zweifel erst nach 8 dusche wird alles arg spät.

    Der Plan ging so grob auf, ich war um 6:45 fertig, da rief der Bote auch schon an, ob er früher kommen könne, jaja, sehr gern, meine Güte, um 6:45 Uhr morgens bin ich mit einem 100-Euro-Großeinkauf in meinem Flur dezent überfordert. Zusätzlich sah ich in diesem Moment, dass der Kater ein Matschauge hatte. Zusätzlich hatte ich zugesagt ich in diesem Moment M zu wecken.

    Um 7:15 war alles sortiert, also die Einkäufe und das Kind und die Augentropfen im Kater, ich hätte gleich wieder schlafen gehen können, sah jedoch, dass eine Bahn fährt und die wollte ich nehmen.

    Im Büro ging es ähnlich weiter, wie zu Hause. Es ist immer eine Falle, zu denken „also ich mache erstmal kurz xy und hole mir danach was zu trinken“, nach xy kommt nämlich ab und dann mn und dann op und das alles in rascher Abfolge, es war plötzlich 13:30 Uhr, ich hatte immer noch keinen Kaffee gehabt, ging statt dessen mit anderen Pommes essen und dann kam ein Anruf, dass die Tierärztin das Auge doch mal anschauen will, also verließ ich das Büro, saß dann bis 17:30 Uhr in der Tierarztpraxis, dann sehr müde im Sessel, arbeitete anschließend noch etwas Zeugs auf, Herr N kochte ganz hervorragend, nun ist es 21:30 und ich bin bereit, zu schlafen.

    Kurz nur noch eine Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste – heute auch eher nicht auf der heiteren Seite des Lebens: „Angenommen es gäbe in Ihrer Familie eine Prädisposition für Demenz. Wie würden Sie mit der Angst davor umgehen?“

    Keine Ahnung. Denke, die Angst ist zweiteilig, einmal die, dass Angehörige erkranken und wie ich dann damit umgehe und andererseits die Angst, selbst zu erkranken. In beiden Fällen kann es hilfreich sein, sich Hilfe zu holen um zu erfahren, welche Möglichkeiten des Umgangs damit es gibt und ob es möglich und sinnvoll ist, irgendwelche Vorkehrungen zu treffen. Darüber hinaus würde ich vermutlich damit umgehen, wie mit allen Dingen, vor denen ich Angst habe, die aber außerhalb meines Einflussbereichs liegen: ich verdränge sie. Das ist nicht heute. Heute ist ein anderer, ein guter Tag.

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    Dienstag, 12. März 2024
    12. März 2024

    Während ich heute mit dem Auto zum Büro fuhr – die Bahn wird ja bestreikt – fantasierte ich, wie schön es wäre, wenn es in der Stadt auf allen Straßen nur noch eine einzige Autospur gäbe (also auch nur noch Einbahnstraßen) und der restliche Platz ausschließlich für Geh- und Radwege und eine ÖPNV-Spur vorhanden wäre. Die Autos würden sich entsprechend länger durch die Stadt schlängeln, macht aber ja nichts, warum sollte es mit dem Auto in der Stadt schneller gehen als anderweitig, das ist ja nicht notwendig. Währenddessen wurde im Radio berichtet, dass sich an den Streik beim Fernverkehr nun ein dreitägiger Streik im Nahverkehr anschließt, ich also den Rest der Woche auch Auto fahren werde. Ich kann das alles ganz entspannt gleichzeitig denken, mein Gehirn gibt das her.

    Im Büro arbeitete ich Dinge auf. Es hat sich – durch zahlreiche Mietbeginnverzögerungen, Mietminderungen, Versehen und entsprechenden Korrekturen – ein unglaublicher Stapel an „Mietdauerrechnungen“ angesammelt, von denen alle bis auf eine keinen Bestand mehr haben, mir war das ganze aber zum einen durcheinandergeraten und zum zweiten wollte ich lieber nochmal nachrechnen und nachvollziehen. Das dauerte ein Weilchen, lohnte aber, denn es wurde eine vierstellige Summe zu viel eingezogen.

    Danach befasste ich mich mit Müll. Ich weiß jetzt alles über die aktuelle Müllentsorgung und zukünftige Pläne im Gebäude, dazu telefonierte ich mit verschiedenen Personen, las Abrechnungen, Berichte und Zertifizierungsunterlagen, anschließend verfasste ich ein „Müll-Essay“, in englischer Sprache, das hoffentlich ausreichend dezidiert ist, dass mich niemand jemals wieder danach fragt.

    Anschließend stellte ich noch einen Einseiter zusammen, um in Verhandlungen mit dem Vermieter zu gehen und hatte eine Videokonferenz, die sich mit dem Vorschlag befasste, alle gespeicherten Mails, die älter als 4 Jahre sind, zu löschen. Kann man natürlich machen, also das kollektive Gedächtnis einer Organisation über einen Zeitraum von vier Jahren hinaus einfach löschen, besonders häufig wird es wohl nicht bemerkt werden, wenn, dann aber in den Fällen, in denen es echt drauf ankommt.. Meine Stimme gibt es dafür nicht.

    Zu Mittag hatte ich relativ geschmacklose Pasta mit Wirsing und Haselnüssen, danach zum Ausgleich eine wunderbare Kirschtasche.

    Jetzt gerade im Sessel fiel mir ein, dass ich eigentlich noch einkaufen wollte, nun ist es zu spät und so habe ich Knuspr für morgen früh zwischen 7 und 8 Uhr bestellt, bin dann gleich in Aktionismus verfallen und habe Vorräte durchsortiert und beide Katzenklos grundgereinigt, folglich auch noch Katzenstreu und -futter bestellt, dann zwei Maschinen Wäsche durchlaufen lassen, denn morgen kommt die Putzhilfe und die Putzlappen waren noch nicht gewaschen wegen meiner Wochenendreise. Nun ist alles top.

    In der täglichen Contentvorschlagliste ist heute eine Frage, die ich schon beantwortet habe. Bitte konzentrieren Sie sich. Zusätzlich: jede Person kann ins Handelsregister schauen, die Unterlagen dort einsehen und sich ein Bild machen. Das kostet nichts. Also, wenn man mich es machen lässt schon. Insofern machen Sie es besser einfach selbst.

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    11. März 2024

    Einen halben Tag hatte ich Urlaub am Freitag und doch kam es mir heute so vor, als wäre ich mehrere Wochen nicht am Arbeitsplatz gewesen. Vielleicht lag das auch an der Ereignisdichte am Wochenende. Ich fühlte mich jedenfalls etwas wackelig.

    Dieses Jahr haben wir übrigens eine spezielle Situation. Die ganze Welt weiß, dass ich die Sommerzeit ablehne. Nun wache ich allerdings seit über einem Montag morgens um 6 ausgeschlafen aus. Aufstehen muss ich erst um 7. Wenn ich um 6 Uhr aufwache, kann ich mich natürlich nochmal umdrehen und weiterschlafen, dann würde ich allerdings für anderthalb bis zwei Stunden schlafen, dann passt es wieder nicht. Ein Dilemma. Ende März wird nun der Rest des Landes sich an meinen neuen Schlafrhythmus anpassen. Der Gedanke gefällt mir.

    Im Büro habe ich hauptsächlich Informationen für die großen Themen des Jahres zur Diskussion bereitgestellt und warte nun die Antworten und Einschätzungen ab. Für das eine Projekt, mein Wunschprojekt, mit dem ich neulich gegen eine Wand geprallt bin, habe ich mittlerweile drei von sechs Stimmen gesammelt, damit wird der zweite Anlauf – wenn noch ein paar Finanzfragen geklärt sind – sehr wahrscheinlich zum Erfolg führen.

    Des weiteren hatte der Chef schlechte Laune. Hat er ja seit ein paar Wochen, mittlerweile hat er ganze Bereich so weit, dass sie seine schlechte Laune schon antizipieren und selbst auch in einen Jammerstrudel geraten, teilweise auch in Schicksalsgemeinschaftsambitionen. Ein paar Leute habe ich mir daher heute gezogen und mit ihnen abgemacht, dass es jetzt reicht mit der schlechten Laune und wir nun gute Laune machen. Ebbe langts, s ist ja völlig irrational, sich die Stimmung von einer Person aufdrücken zu lassen, die noch nicht einmal anwesend ist. Morgen früh ist erste Erfolgskontrolle mit Erfahrungsaustausch.

    In der täglichen unverbindlichen Contentvorschlagliste wird heute gefragt: „Stellen Sie sich jemals (falls ja: wie oft und in welchem Kontext) die Frage, ob ihre geleistete Arbeit wohl den Erwartungen anderer an Sie entspricht?“

    Zunächst mal vorweg – es scheint mir fast zu simpel, das zu erklären aber es hilft ja nix, es wurde gefragt: ich werde für meine Arbeit bezahlt, dementsprechend ist es ganz wesentlich, dass sie den Erwartungen „anderer“ – ganz konkret denen, die bezahlen – entspricht.

    Nun zum nächsten Aspekt, ob ich mir vorstelle, dass meine Arbeit den Erwartungen anderer entspricht. Hier bin ich unsicher, was gemeint ist. Ich sitze nicht zu Hause (oder irgendwo anders) und male mir aus, wie sich irgendwer über meine Arbeit freut, sich Mr.-Burns-artig die Hände reibt oder abends beim Zubettgehen glücklich „ach, das hat Frau N heute genau so gemacht, wie ich es erwartet hatte!“ seufzt. Das also nicht. Ich gehe aber allgemein davon aus, dass meine Arbeit den Erwartungen meines Arbeitgebers entspricht, denn zum einen bin ich ziemlich gut in dem, was ich mache und zum anderen bekomme ich im gegenteiligen Fall sowieso sehr zeitnah einen Anruf, in dem Unzufriedenheit geäußert wird, da muss ich also nicht lange herumüberlegen.

    Ein bisschen komplexer ist es mit den Erwartungen derjenigen, die mich nicht bezahlen, aber von meiner Arbeit betroffen sind. Die haben ja natürlich auch Erwartungen und bei denen muss ich genauer hinschauen, zumal ich diese Erwartungen erst einmal herausfinden muss denn die Personen, um die es da geht, können mir keine Weisungen erteilen. Deshalb sind diese Erwartungen weniger klar kommuniziert und können auch nicht Erfüllung einfordern, trotzdem ist es für mich wichtig, diese Erwartungen zu kennen und sie – wenn ich sie schon nicht immer erfülle – zumindest nicht zu enttäuschen, indem ich Mangels Kenntnis der Gefühlslage den Eindruck von falschen Versprechungen oder Hinhalten erwecke. Manchmal geraten – im beruflichen Kontext – Personen in Hinsicht auf ihre Erwartungen an mich auch ein wenig in Schieflagen und erhoffen sich, dass ich für ihre Erwartungen eintrete, auch wenn sie denen meines Arbeitgeber konträr laufen, einfach aus dem Grund, dass es ihnen wichtig ist und sie ihre eigene Meinung für wichtiger halten als die des Arbeitgebers. Was ich gar nicht bewerten will, nur ändert es nichts am Vertragsverhältnis, da liegt also ein ganz generelles Missverständnis der Situation vor.

    Privat ist die Sache mit den Erwartungen bei mir viel weniger komplex, da es ja um rein partnerschaftliche Verhältnisse geht und das bereitet mir keinen Stress. Wenn Erwartungen an mich herangetragen werden, überlege ich, ob ich sie erfüllen will und mache es oder lasse es, mit den entsprechenden Konsequenzen.

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    Sonntag, 10. März 2024
    10. März 2024

    Kurze Vorbemerkung: es findet hier seit ein paar Tagen eine kleine Spamkommentarwelle statt, also in Form von sinnlosen Buchstabenkombinationen (nicht abwertend gemeint, sie ergeben nicht Worte, die mir missfallen sondern Worte, die ich keiner Sprache zuordnen kann) zusammen mit dubiosen Links. Sollte irgendwer kommentiert haben und der Kommentar ist nicht freigeschaltet worden, habe ich ihn versehentlich gelöscht. Schreiben Sie einfach nochmal. Es wird nicht an Ihnen gelegen haben. Ich habe noch keinen Kommentar, der aus mir (sprachlich) verständlichen Worten bestand, gelöscht.

    So. Ich habe Wirklichkeit geschaffen und bin mit dem Zug nach München gefahren. Die Zugbindung war wegen Streik aufgehoben, im Büro waren wegen Streik keine Termine, so schlenderte ich 2 Stunden früher zum Bahnhof, stieg in einen Zug zwei Stunden früher ein und traf überpünktlich zum Treffen in München ein. Musste dann feststellen, dass ich versäumt hatte, mich mit dem geplanten Programm vertraut zu machen, ich ging ja davon aus, zu spät zu kommen und dann allen anderen einfach immer hinterherzulaufen. Nun musste ich mich allein zum Hotel bewegen und noch herausfinden, wann ich denn abends nun wirklich verabredet war.

    Ging alles gut, wenn ich auch gleich an der ersten Ampel vor dem Bahnhof von einer anderen Passantin wegen Über-Rot-Gehen zurechtgewiesen wurde, ich dachte schon, ich sei in Wien, vielleicht ist es auch mein heimliches Talent, mich in fremden Städten sofort irgendwie fehlzuverhalten. „Da Sie sich im Straßenverkehr so gut auskennen, sagen Sie mir bitte auch noch, wo ich die Haltestelle der Tram 21 finde?“ fragte ich zurück. So gewinnt man Freundinnen. Den Rest der zwei Tage lief ich sicherheitshalber immer nur noch hinter Excellensa her, wenn man sich irgendwie fortbewegen musste.

    Es ist so: das Treffen, zu dem ich da war, war zum ersten Mal für, haha, März 2020 geplant gewesen. Damals gab es noch kein Deutschlandticket und ich hatte ein ganz anderes Hotel gebucht, fußläufig zur Wohnung von CucinaCasalinga, in die ich eingeladen war, weil ich nämlich überhaupt keine Lust hatte, mich mit Fahrkarten in irgendeinem anderen Verkehrsverbund auseinanderzusetzen. Nun, 2024, ist ja alles anders, ich brauche keine anderweitige Fahrkarte und kann in alle Verkehrsmittel einfach einsteigen, deshalb nahm ich das Hotel, in dem auch die anderen auswärtigen Gäste unterkamen. Lust, mir eine App zu installieren und Verbindungen zu verstehen, hatte ich dadurch allerdings immer noch nicht. Deshalb lief ich einfach immer hinterher, in, sagen wir mal, guten wie in schlechten Zeiten.

    Das Wochenende war sehr kulinarisch und für mich gab es einige erste Male. Ich aß zum ersten Mal Kalbsfleischpflanzerl, was für ein Zungenbrecher, das Wort! Die Speise war lecker, leichter und feiner als Frikadellen, die ich von zu Hause kenne. Glaube ich, ich habe das letzte Mal vor 10 oder 15 Jahren Frikadellen gegessen. Also habe ich da nicht so den Anwendungsfall, wollte nur etwas typisches Essen. Am nächsten Morgen ging es gleich mit etwas typischem weiter, nämlich Weißwurstfrühstück! Weißwurst hatte ich auch noch nie gegessen! War auch lecker! Wenn ich nochmal gerade Wurst essen möchte, würde ich auch nochmal Weißwurst essen, ich hatte vorher gehört, dass die möglicherweise ziemlich eklig ist, das kann ich nicht bestätigen. Sogar eher unauffällig im Geschmack, unaufdringlich gewürzt, keine Stücke darin, die beim Kauen Widerstand leisten. Mir ist unklar, was man daran ablehnen kann, also wie gesagt, außer man lehnt Wurst generell ab. Möglicherweise hat es mit Erwartung zu tun, wenn man Lust auf Rostbratwurst hat, wird Weißwurst nicht glücklich machen. Das habe ich aber als Kind ja schon bei Oliven gelernt. Wenn man da Weintraubengeschmack erwartet, wird man auch nicht glücklich.

    Weitere neue Erlebnisse: Caffè coretto grappa (hat mir nicht geschmeckt) und Cognac-Kirschen (ich glaube, es war Cognac?), die wiederum fand ich hervorragend und habe nur aus Vernunft irgendwann aufgehört, weiter davon zu essen. Leichtbier habe ich auch zum ersten Mal probiert und fand es super. Und das erstes Spaghetti-Eis des Jahres gab es noch, mittelgut, das liegt an mir, ich mochte schon im letzten Jahr Eis plötzlich nicht mehr so richtig gerne.

    Schön war, dass ich ganz viele Dinge von denen CucinaCasalinga mir schon erzählt hatte, live sah. Ein Knuspr-Fahrzeug, Feinkost Käfer, den Rewe und den Kindergarten, das Busle (hoffentlich richtig geschrieben), das virtuelle Büro in echt und mir fällt gar nicht mehr alles ein, zusätzlich sah ich einige Orte, mit denen ich beruflich häufiger zu tun habe, zum ersten Mal wirklich. Zeitweise hatte ich das Gefühl, in der Kulisse meines eigenen Films herumzulaufen. Zusätzlich fuhren wir noch – ein ganz großes Erlebnis für mich – am ehemaligen Wirecard-Firmengelände vorbei.

    Ich bewunderte die Aufbewahrung von Streugut (in Häuschen, die auf Stelzen in der Luft stehen), wir lernten den Blumen-Peter kennen, der von Kundschaft, die am Morgen kurz nach der Öffnungszeit erscheint und dann auch noch einen großen Strauß möchte, zunächst überfordert bis empört war, sich im Verlauf aber sehr gut selbst regulierte und uns am Ende noch Süßigkeiten zusammen mit einer kleinen Geschichte schenkte und ich lernte, dass es möglich ist, meine Begeisterung für Autowaschanlagen nicht zu teilen sondern sogar ganz das andere Ende des Gefühlsspektrums dafür aufzurufen. Ich wollte mir einreden, dass es so kam, weil es eine Aral-Waschanlage war und keine Mr. Wash-Waschanlage; das gelang mir aber nicht. Wobei ich schon glaube, ein Mattentoaster hätte das noch etwas rausreißen können in Bezug auf die gewünschte Emotion. Vielleicht probieren wir das in ein oder zwei Jahren nochmal.

    Zwischen und beim Essen wurde viel erzählt und es wird einige Tage dauern, bis in meinem Kopf alles in den richtigen Kästchen einsortiert ist und nicht mehr ununterbrochen nachdenkenswerte Satzfetzen hochploppen.

    Frage in der täglichen Contentvorschlagliste heute: „Die Benko-Pleite: Wie können immer wieder solche Luftschlösser entstehen, lernt niemand aus vorherigen Zusammenbrüchen?“

    Ich finde das kein bisschen überraschend. Den Wunsch, etwas Besonderes zu machen, das Streben nach Glück, gibt es immer. Vielleicht könnte es ja dieses eine Mal klappen, schauen Sie sich selbst an, haben Sie schon Lotto gespielt, gedacht, dass sie ab jetzt total gesund essen, sich zum zweiten Mal in einem Fitness-Studio angemeldet, obwohl es schon beim ersten Mal nicht geklappt hat, mehrfach den Vorsatz gefasst, früher schlafen zu gehen oder sogar wirklich gelaubt, in diesem Jahr mit der Steuererklärung wirklich nicht in Verzug zu kommen? Wir hoffen, wir wünschen so, so, so sehr, nur dieses eine Mal kann es doch gut gehen, muss es doch gut gehen. Das ist nicht nur menschlich und ok so, das ist der Motor, mit dem wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen und ja, fast immer wird das scheitern. Und doch haben wir diese Dinge, die vor einiger Zeit noch unmöglich schienen und nun möglich geworden sind. Weil jemand es so, so sehr wollte und plötzlich alle Faktoren zusammentrafen, die für ein Gelingen notwendig waren. Wollen Sie darauf verzichten?

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    Donnerstag, 7. März 2024
    7. März 2024

    Morgen fahre ich mit dem Zug nach München. Ich sage bzw. schreibe es nur schon einmal, um Realität zu schaffen.

    Der Tag verlief ruhig, also: im Vergleich zu gestern jedenfalls. Ein sehr konfrontatives Meeting kam vor, allerdings nicht überraschend. Andere Dinge lösten sich in Wohlgefallen auf. Eine Sache, die mir (innerhalb meiner Geduldsspanne) nicht gelungen ist: der Hausverwaltung zu erklären, dass ein Unterschied besteht zwischen einer Minderung der Nebenkosten und einer Minderung der Nebenkostenvorauszahlung. Das ist eigentlich doch wirklich kein großer Denkakt, oder? Spätestens an der Nebenkostenabrechnung sieht man ja den Unterschied. Meine Güte. Ich muss eine Person mit mehr Geduld beauftragen, das zu klären. Um 17:30 Uhr noch ein Anruf des Vermieters, ich hatte keine Lust, den anzunehmen, ich rufe morgen zurück. Wer will mir ja seine Risikoanalyse hoffentlich nicht am Telefon erzählen.

    Hin- und Rückfahrt verliefen per Auto ereignislos, der Koffer für morgen ist schon gepackt, Herr N hat Abendessen gemacht und M Schokocookies mit Meersalz.

    Frage in der unverbindlichen Contentvorschlagliste heute: „Wie verlief der Weg von Ihrem Studium zu Ihrem (komplett fachfremden?) Job? Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das zu machen, bzw. wer/was hat Sie dahin gebracht?“

    Zunächst: ich finde nicht, dass mein Job komplett fachfremd ist.

    Dann: ich bin nie auf die Idee gekommen, diesen Job zu machen. Und die Frage, was mich dahin gebracht hat, passt auch nicht so richtig, denn der Job existierte nicht, bis ich ihn ausgeübt habe. Ich bin dieser Job, sozusagen.

    Wie das passiert ist, kann ich nicht so genau sagen. Ich mache gerne Dinge, ich habe schon immer gerne Dinge gemacht. Wenn ich sehe, dass etwas gemacht werden muss, kümmere ich mich darum, dass es gemacht wird, von mir oder von anderen. Das zieht sich so durch, durch alles, was mir begegnet. Ich neige nicht dazu, andere Anwesende zu fragen, ob sie denken, dass diese Sache gemacht werden solle, ich neige nicht dazu, zu warten, ob jemand anders diese Sache macht. Sie können sagen, ich habe ein schnelles Reaktionsvermögen oder ich habe wenig Geduld oder auch einfach, dass ich lieber was mache als nichts mache. Ich schaue nicht gern zu. Ich schaue ja auch kein Fernsehen.

    Mit dieser gerafften Information sehen Sie mich jetzt vor Ihrem geistigen Auge in einer Büroumgebung, es ist ein wachsender Standort, autokratisch geleitet, ansonsten weitgehend ungeregelt und dementsprechend mit einem großen Koordinationsvakuum. Natürlich ist da ständig irgendwas, das noch hakt, das stört, das fehlt, das anders besser funktionieren könnte und wenn Sie da eine Person reinsetzen, die einfach – durchaus ungebeten – immer Sachen macht, die noch fehlten und Abläufe erfindet und einfach bei allem, das Sie irgendwann mal als „es wäre schon ganz gut, wenn wir auch xy hätten“ sagt „okay ḱümmer ich mich drum!“, dabei natürlich auch bemerkt, was ihr liegt, was gut klappt, wo Wissen fehlt und wo mal neugierig reingschnüffelt werden könnte und wenn man ihr sagt „hier geht es nicht weiter“ heiter antwortet „okay dann geh ich halt da außen rum“, dann können Sie diese Person entweder nach einiger Zeit genervt aus der Organisation entfernen oder Sie nehmen einen gewissen Nutzen wahr und es entwickelt sich eine gelebte Praxis, in der diese Person halt diese Dinge macht und alle akzeptieren es weitestgehend. Und nach einiger Zeit denken sie sich, dass es für alle einfacher ist, dem Kind einen Namen zu geben. Also einen Titel.

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