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    Dienstag, 25. August 2020
    Urlaub Tag 4

    Ausnehmend guter Tag!

    Das Wichtigste zuerst: seit Beginn der Pandemie und der Zuhausebleiben-Ansage fantasiere ich ja davon, die Fugen des Badezimmer-Fußbodens mit der Zahnbürste zu reinigen. Bisher kam ich noch nicht dazu, zu meinem Bedauern natürlich, die Pandemie ist aber ja noch nicht durch, es besteht durchaus Hoffnung. Zumal ich heute im Supermarkt einen Moment der Erleuchtung hatte, als ich am Tchibo-Regal vorbeiging und ein grün-oranges Objekt sah mit dem Namen "Fugenbürste". Die Fugenbürste ist, so mein erster und zweiter Eindruck, vollkommen durchdacht. Sie ist ähnlich schmal wie eine Zahnbürste aber länger, die Fugenreinigung wäre also ähnlich effektiv aber noch effizienter. Dann hat die Fugenbürste an der Spitze schräge Borsten, die in Ecken reichen - im Gegensatz zur herkömmlichen Handzahnbürste, wie Sie sicher wissen. Und nicht zuletzt - das beeinflusste meine Kaufentscheidung nicht, weil ich es erst zu Hause, beim genauen Studium der Produktbeschreibung sah - hat die Fugenbürste am Griff noch einen Kratzer. Mit diesem Kratzer habe ich gerade den Aufhänger eines blauen Plastikelefanten mit Sanduhr, der seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr in Gebrauch war - tatsächlich die Sanduhr auch seit ca. 8 Jahren nicht mehr vorhanden und der Elefant auch seit 2 Jahren nicht mehr, der Aufhänger aber eben noch - von den Fliesen neben dem Waschbecken entfernt (die Klebereste dann mit dem Ceranfeldschaber, der übrigens auch sehr versatil ist!). Es liegt mir völlig fern, an dieser Stelle andere Produkte, die ich generell sehr schätze, zu diffamieren aber ich möchte doch andeuten, dass Tesa Power Strips nach einer gewissen Zeit nicht mehr die häufig beworbene Möglichkeit bieten, durch Zug an dem überstehenden Schnöpsel das Gesamtwerk zu lösen. Eher ist es so, dass nach vielen Jahren Licht- und Lufteinflüssen der Schnöpsel einfach abreißt und man steht da mit einem Aufhänger an den Fliesen, ohne Elefant und ohne Sanduhr aber bombenfest. Das war Thema 1.

    Thema 2 für heute, es treibt mich seit ein paar Tagen um aber niemand fragte nach, denn es ist ein Thema, über das man eigentlich nicht spricht: Geld. Mir hat neulich ein Amt 40.000 Euro überwiesen, für mich unerwartet, also nicht die Überweisung an sich aber ich hatte mit eher 4.000 Euro gerechnet (und das nicht im Sinne von vermutet sondern im Sinne von errechnet). Erst ging ich von einer Null zu viel aus, auch wenn die Summe gar keine Null enthielt, wir alle wissen ja, dass man eher selten eine Null zu viel macht sondern eher in eine Summe nochmal eine 3 oder 9 hineinkloppt, versehentlich, oder manchmal eine 5 oder 7, wenn man sich nicht ganz sauber nach der 56, also der 6, sehen Sie, hier ist es mir auch passiert, das war jetzt nicht absichtlich, ausgestreckt hat. Dann kam dazu Post, die den Vorgang erklären sollte, es aber auf den ersten Blick auch nicht tat sondern eher ein Missverständnis nahelegte. Nun sind meine Kontenstände entspannt, aber 40.000 Euro erwecken durchaus meine Aufmerksamkeit, ich musste das Thema also irgenwie handhaben, was ich auch tat. Und um keinen Cliffhanger zu produzieren: es ist sehr unspektakulär, man kann von einer Auslegungssache sprechen, das Geld bleibt daher bei mir, aber nur vorübergehend, denn ich werde dadurch wiederum einer anderen Stelle etwas schuldig. Keine wilden Essenseinladungen an alle daher, es tut mir leid, ich bin nur in einen Verwaltungsprozess eingebunden, den man von mir aus auch gerne hinter den Kulissen und ohne mein Zutun hätte abwickeln können, aber das kann man sich ja nicht immer aussuchen, man kann sich nur glücklich schätzen, dass es Post und Online-Banking gibt und man nicht mit einem Pferd und Wachen und Schmuck und Münzen jetzt in irgendeine Hauptstadt reiten muss um diese Angelegenheiten zu regeln weil einem sonst irgendwann schlicht wer den Kopf abschlägt. Also: alles gut.

    Um den Bogen zu meinem zweiten Thema aber en detail noch zu schlagen möchte ich hier offenbaren, dass ich einen Moment darüber nachdachte, die Zahlung zur Kenntnis zu nehmen und mich dann tot zu stellen. Auch eine Option. Natürlich schon mittelfristig keine schlaue, weshalb ich sie mir auch sofort verbaute, indem ich allen, mit denen ich an diesem Tag zu tun hatte, sofort davon erzählte, denn ich halte große Stücke auf Sozialkontrolle und die Kritikfreude derer, mit denen ich mich gerne umgebe. Wir müssen uns aber nichts vormachen, 40.000 Euro reichen zwar nicht, um mich zu kriminalisieren, aber irgendeine Summe gibt es ja schon, die ausreichen würde. Ich beschäftigte mich mit der Frage, wo diese Summe wohl liegt, es macht ja vieles einfacher, wenn man diese Frage aus dem Stehgreif beantworten kann. Also begann ich, grob zu überschlagen - um nie mehr arbeiten zu müssen braucht man wohl etwa 25 Mal seine jährlichen Ausgaben, bei den gegenwärtig schlechten bis Negativzinsen könnte das durchaus mehr sein, dann muss man hinzurechnen, dass man - wenn das Geld auf kriminellem Weg zusammen kommt - auch ein nicht gerade niedriges Startkapital für Identitäts- und Wohnortwechsel und so weiter braucht aber alles ist glaube ich noch insgesamt die kleinere Summe. Die weitaus größere ist das Schmerzensgeld, das den Abschied vom aktuellen Leben aufwiegen muss - nun mag es Personen geben, die ihr Leben rundum scheiße finden, aber dazu gehöre ich ja nicht, klassische Push-Faktoren nicht vorhanden, die Ablöse wäre also eher hoch, besonders, wenn man noch einrechnet, dass ich ja nicht ohne Herrn N und M gehen wollte und deren "Normal" auch mit einem gewissen Preis behaftet wäre, weiter dann die Freunde, die man zurücklassen und nie mehr kontaktieren würde.

    An dieser Stelle kam auch die folgende Frage in mir auf: wenn es jetzt gar nicht um den großen Betrug ginge sondern um ein Spiel um Geld, würde ich gegen Zahlung einer gewissen Summe, sagen wir mal 1 Million Euro, eine gewisse Person, sagen wir mal Frau Herzbruch oder Frau Fragmente, aus meinem Leben streichen? Solche Fragen kann man sich in einer Freundschaft ja mal stellen, was schadet es, zu wissen, woran man ist, ich werde das morgen machen, würde schätzen beide sagen "Nimm das Geld, ich würde es auch tun!" aber ich habe das noch nicht komplett durchdacht, ich hänge ja noch bei dem anderen Thema.

    Konkludierend einen Schritt zurück: in Bezug auf meine aktuelle Situation scheint mir bei einem geplanten größeren Betrug, dass der Pull erst da maßgeblich wird, wo er schon mit dem Grenznutzen von Geld kollidiert und ich dafür momentan nicht zur Verfügung stehe.

    Weitere Erkenntnis: Wenn man also wen kaufen will oder sich selbst verkaufen an einen großen Plan, dann gibt es wohl ein paar entscheidungserleichternde Faktoren. Zum Beispiel Notlage: würde mir die finanziellen Mittel für eine lebensnotwendige Behandlung fehlen oder bräuchte ich aufgrund meiner Vergangenheit eine gewisse Summe für einen Auftragsmörder sähe ja alles schon ganz anders aus. Oder eben wenn ich mein Leben doof finde, wenn ich, vielleicht zusätzlich, keine Familie oder Freunde habe auf die ich (noch) Wert lege, mir wird an dieser Stelle klar, warum es im Geschäftsleben vertrauensfördernd ist, wenn jemand Familie und langjährige soziale Verbindungen hat. Was ist eigentlich mit der Familie von Marsalek, gibt es da (noch) Eltern, Geschwister, PartnerIn, weiß man da was? Hinzu kommt auch noch eine Haltung zum Leben an sich. Macht jemand lieber die ganze Zeit vor mich hin oder macht jemand lieber jetzt 10 Jahre Knaller und dann 20 Jahre Knast oder auch 10 Jahre Knaller und wenn Knast droht Suizid? Das alles sollte man bedenken, wenn man eine Person zum Kaufen finden möchte.

    Bzw. noch ein Nachgedanke: ebenfalls bietet es sich natürlich an, eine Person, die man kaufen möchte, zu identifizieren und dann eben erst eine Notsituation bei ihr herbeizuführen um den Preis zu drücken. Das kennt man natürlich aus Filmen und Romanen und Sie haben das bestimmt alles selbst schon ausführlich durchdacht, aber in meinem Kopf schließen sich gerade sehr viele Kreise, wer weiß, wozu das noch gut ist.

    Das war Thema 2.

    Kurzer Einschub, ich kam gerade an der Fugenbürste vorbei und sie ist orange-gelb. Und Holz ist auch im Spiel. Borsten glaube ich orange und Griff gelb, aber beschwören kann ich es schon wieder nicht, ich hab es ja nicht so mit Farben.

    Auf das dritte angekündigte Thema, die Kompetitivität, habe ich jetzt tatsächlich keine Lust mehr, denn obwohl ich schon zwischendrin gekocht und telefoniert habe wird mir das Schreiben gerade langweilig und ich möchte jetzt lieber lesen, alkoholfreies Weizenbier trinken und möglicherweise Quizduell spielen. Morgen ist ja auch noch ein Tag. Allerdings natürlich ein komplett anderer.

    Montag, 24. August 2020
    Urlaub Tag 3

    Ich habe jetzt einen Trick, und zwar tu ich erst gar nicht mehr so, als würde ich im Urlaub entspannen. Ich kann nicht entspannen, das trage ich nicht in mir, bzw. ich entspanne durch Tätigkeit, deshalb ist mein Puls immer am niedrigsten, wenn ich im Büro am Schreibtisch sitze. Entspannung hingegen macht mich unglaublich nervös.

    Ich stellte mir heute also morgens den Wecker um pünktlich meinen Anruf bei der Schule zu machen, aber heute kickte ich den Ball ins andere Feld und da liegt er bisher. Das ist mir recht. Morgen schauen wir, wie es weiter geht, da stelle ich mir jedenfalls keinen Wecker.

    Weiter widmete ich mich heute dem 40.000-Euro-Problem, auch da liegt der Ball jetzt im anderen Feld, so dass ich dann noch den Kleiderschrank und ein paar Kisten fertigsortierte - zwei Umzugskartons und drei Müllsäcke "Material" verlassen die Wohnung, eine weiter kleine Kiste wird in den herzbruchschen Haushalt gehen und dann vakuumierte ich noch munter vor mich hin, das Ergebnis des Vakuumierens erinnert mich immer an die Ausstellung "Körperwelten" von Gunther von Hagen.

    Alles in allem also ein sehr angenehmer Tag voller entspannender Tätigkeiten. Morgen möchte ich aber etwas machen, das kleinteiliger ist. Schubladen sortieren oder so. Achja und der Elektriker war da und die Türklingel geht wieder vollumfänglich, ich kann mich also auch wieder in das Thema Ebay-Kleinanzeigen vertiefen!

    Montag, 24. August 2020
    Urlaub Tag 2

    Enorm voller Tag, dabei war gar nichts. Total anstrengend, sich komplett selbst organisieren zu müssen - ich finde es eigentlich am Einfachsten, immer das zu machen, was ich immer mache. Zum Glück gewöhne ich mich aber sehr schnell um: schon in drei oder vier Tagen wird mir Urlaub wie der Standard vorkommen, entsprechend unzufrieden bin ich dann mit der Rückkehr ins Büro im September, aber auch das wird nur drei oder vier Tage andauern. Im Grunde bin ich absolut prädestiniert für jegliches New Normal!

    Mein New Normal hier und heute im Urlaub bestand vor allen Dingen einmal darin, dass alle Pflanzen wieder gewässert sind und ein Großteil des Obstes, das in der Gemüsekiste vor knapp 2 Wochen war, gegessen oder zu Kompott verarbeitet ist. Normal ist das Obst immer als erstes Weg aber wir haben in den letzten 10 Tagen ziemlich genau auch 10 Wassermelonen gegessen und so blieben Äpfel, Pfirsiche, Birnen, Zwetschgen und Blaubeeren liegen. Blaubeeren gab es heute im Porridge, Äpfel sind jetzt Kompott, Birnen und Zwetschgen noch da aber bis zur nächsten Kiste habe ich noch drei Tage. Da geht noch was.

    A propros Porridge, ich habe neulich von jemandem im Büro eine Packung Porridge geschenkt bekommen, weil sie es dann doch nicht mochte. Es handelt sich dabei um die Sorte "Classic" von MyMuesli und ich habe Tränen gelacht, als ich gesehen habe, dass es sich dabei einfach um ganz normale feine Haferflocken handelt zum Preis von EUR 3,90 für 400g. Knaller. Den Drang, Porridge Classic zu kaufen verstehe ich schon, ich hätte mir richtiges Porridge-Oatmeal für diesen Preis erhofft, naja selbst das wäre teuer aber an Oatmeal kommt man in Deutschland eben nicht ganz so einfach. Aber simple feine Haferflocken. Grandios.

    Sonst war nicht viel, alles noch in der Schwebe, es war ja Sonntag. Morgen werden wieder Entscheidungen getroffen.

    Samstag, 22. August 2020
    Urlaub Tag 1

    Es sind unglaublich wilde Zeiten hier, so als hätten wir alle ab Mitte März das Leben angehalten und nun passiert alles gleichzeitig und eben auch noch eine Portion Corona obendrauf. Völliger Irrsinn und das ganze ging etwa zur selben Zeit los, als Frau Herzbruch wieder regelmäßig in meinem Leben auftauchte, der Verdacht liegt also nah, dass es an ihr liegt.

    Das Verhältnis zwischen Frau Herzbruch und mir ist speziell. Heute hat sie mir nicht nur einem Videocall sämtliche Street- bzw. InternetCred abgezockt sondern sie hat mich auch noch ein einer Art Double Bind der dazu führt, dass ich ihr jeden Abend einen Satz als Aufhänger für ihren Blogbeitrag liefere.

    Dabei gibt es auch so viele andere spannende Themen gerade, über die ich viel dringender nachdenken muss und möchte als über Bloganfänge. Thema 1: Wie kann ich bewirken, dass das Kind die nächsten zwei Woche nicht in die Schule gehen muss. Thema 2: Wie viel ist mir meine Integrität wert bzw. konkreter: verkaufe ich sie bereits für EUR 40.000? Thema 3: Wie krass es ist an der Realität vorgeführt zu bekommen, dass ich immer Spiegel, immer Widerstand oder Wettbewerb, immer Input brauche, damit ich mich richtig wohl fühle.

    All diese Themen ausreichend zu bedenken ist mir heute noch gar nicht gelungen, ich bin aber auch erst seit etwa 10 Stunden wach, am ersten Urlaubstag ist natürlich Ausschlafen angesagt. Bei Thema 1 habe ich aber schon die 70%-Marke des Nachdenkens überschritten und bin, glaube ich, auf einem guten Weg.

    Ansonsten bin ich schon recht weit gekommen an Urlaubstag 1 mit dem, was ich im Urlaub gerne machen möchte. Die Wohnung ist schon auf "Pflicht-Niveau", sprich, man kann ohne zu Zögern Gäste empfangen (außer, dass man in Offenbach jetzt ja wieder nur sehr eingeschränkt Gäste empfangen sollte) und in Bezug auf die Kür habe ich schon heute, an Urlaubstag Nr. 1, die Hälfte des Kleiderschranks aussortiert (genauer gesagt ein Viertel, ich habe ja nur eine Hälfte, davon die Hälfte, der Rest gehört Herrn N, die sortiere ich natürlich nicht aus). Ich dachte Kleiderschrank käme erst in Woche 2 dran aber so täuscht man sich. Wenn nichts noch Wilderes passiert kann es daher sein, dass diesen Monat doch endlich mal die Fenster geputzt werden, die Fugen im Bad mit der Zahnbürste bearbeitet werden (lang gehegter Wunsch von mir!) oder die Küchenwände mit einem weichen Schwämmchen abgewaschen werden (Bedarf heute neu Entdeckt).

    Bleiben Sie also dran, die nächsten zwei Wochen werden ganz unglaublich spannend!

    Mittwoch, 19. August 2020
    Lunch

    Frau Fragmente sitzt mir am Tisch gegenüber und bloggt, ich sitze in Frankfurt auf der Terrasse eines Restaurants, dessen Namen ich auf ausdrücklichen Wunsch von Frau Fragmente nicht nennen darf und blogge über Frau Fragmente. Wir hatten gerade ein Business Lunch und jetzt noch eine halbe Flasche Wasser und jede einen Cappuccino, dazu umschwirren uns Wespen und Geschäftsleute, es ist ein bisschen heller, als ich es mag und es ist - natürlich - zu warm.

    Ich hatte beschlossen, bei hochsommerlichen Temperaturen nichts zu schreiben. Es gibt dann schließlich nichts zu sagen außer "alles Scheiße" und ich langweile mich beim Schreiben ungern, so eine ständige Wiederholung x Tage hintereinander wäre mir definitiv nicht unterhaltsam genug. Habe sicherheitshalber gerade auf mein Handy geschaut und es hat - angeblich - nur 23 Grad Celsius heute. Nunja. Da es mich einem Rechtfertigungszwang enthebt, nehme ich es einfach mal unkommentiert zur Kenntnis.

    Frau Fragmente ist ganz in schwarz gekleidet, nur auf dem Shirt hat sie einen ganz kleinen weißen Fleck, weil da ein Spritzer vom Sauerrahm gelandet ist, der auf der Lasagne war. Das sage ich ihr gleich noch, ich lasse sie aber erst in Ruhe schreiben, sie ärgert sich sonst und kommt aus dem Fluss. Sehr ärgern wird sie sich aber nicht, es passiert ihr nämlich genau an dieser Stelle sehr häufig, wir sprechen oft darüber.

    Die Wespen laben sich gerade an Frau Fragmentes übrigem halben Dessert. Fragen Sie mich nicht, warum das übrig ist, es war ganz ausgezeichnet. Ich nehme auch an, sie wird es noch essen, möglicherweise praktiziert sie gerade irgendwas mit Belohnungsaufschub, die Leute kommen ja auf die allerunmöglichsten Iden, gerade, wenn es heiß ist.

    Frau Fragmente seufzt und schaut auf und über ihren fragenden Blick muss ich so lachen, dass ich eine Portion Cappuccino eingeatmet, ich hatte gerade die Tasse vor dem Mund. Ich muss sehr viel Lachen derzeit, was daran liegt, dass ich gerade ziemlich viele Dinge entscheide. Genauer: ich hatte einige Monate, in denen ganz verschiedenste Themen alle in der Schwebe hingen. Keine ausschließlich schlimmen Themen, eher ein ganz gemischter Strauß, aber allein durch ihr massenhaft ungeklärtes Vorhandensein ergaben sie ein ziemliches Gedankengewicht.

    Die Ungeklärtheit war meist nicht durch mich verursacht, eher durch länger dauernde Abläufe, fehlende Informationen, unfertige Gedanken. Sowas staut sich auf, es hängt dann irgendwann wie eine Wolke, nein, nichts gegen Wolken, wie eine schwere Einkaufstasche am Arm und man bewegt sich nicht so leicht wie sonst. Derzeit sortieren sich die Dinge aber, werden klarer und können daher einer Entscheidung zugeführt werden. Entscheiden kann ich gut, ich mache also zipp und zapp und zupp und schon ist die Einkaufstasche so gut wie leer und man muss nicht mehr an der Häuserwand herumschleichen sondern kann Treppen hinaufspringen.

    Durch die zunehmende und noch ungewohnte Leichtigkeit bin ich, glaube ich, derzeit manchmal eine anstrengende Gesprächspartnerin. Weil immer etwas drüber, etwas zu schnell, etwas zu ungestüm, wie soll man auch anders sein, wenn man plötzlich die Hände frei hat und ein Gewicht los ist? Man hat ja die ganze Zeit dagegen angestrampelt und wendet daher jetzt viel mehr Energie auf, als notwendig wäre. In diesem Zusammenhang erwarte ich übrigens auch Großes, wenn wir alle die Masken wieder los sind. Neulich bin ich mit aufgesetzter FFP2-Maske einer Bahn hinterher gerannt, durch einen Bahnhof und diverse Treppenfluchten hoch. So einen Trainingseffekt hatte ich lange nicht mehr! Und wie deutlich wir dann alle sprechen werden! Das wird toll.

    Frau Fragmente sitzt jetzt halb in der Sonne, gut, dass ich den anderen Platz gewählt habe. Ich war erst unschlüssig, ich sitze nämlich mit dem Rücken zum Rest der Terrasse. Aber was soll schon passieren. Dass mir jemand ein Messer in den Rücken rammt wohl eher nicht und dass jemand hier mitliest ist - angesichts der Tatsache, dass dieser Text im Internet steht - natürlich komplett egal. Ich befürchte aber, die Sonne kommt bald rum. Was aber andererseits auch wieder egal ist, denn Wespen wie Geschäftsleute sind schon davongeflogen und ich muss auch bald zu meinem nächsten Termin.

    Donnerstag, 6. August 2020
    Wmdedgt 8/2020

    (Alles zu Wmdedgt hier bei Frau Brüllen)

    Ich erwachte zu früh, nämlich gegen 7 Uhr, im Hotelzimmer. Also beschloss ich, weiter zu schlafen und erwachte erneut relativ spät (gegen 10 Uhr) am selben Ort.

    Es war Abreisetag. Für drei Nächte reist man mit wenig Gepäck, also dauerte Duschen und "alles in den Koffer werfen" nur etwa eine halbe Stunde. Wir checkten aus, packten den Koffer ins Auto und gingen vor der Rückfahrt noch ausgiebig Frühstücken - ein sehr schönes Buffetfrühstück, das im Innenraum des Lokals an einer offenen Fensterfront aufgebaut war; sitzen konnte man draußen.

    Dabei wunderte ich mich erneut über Wespen. Immer sind sie so unnötig aufgeregt und hektisch. Sie wollten gern Marmelade und Honig und damit sie nicht immer aufs Brot fliegen, stellte ich ihnen jeweils einen kleinen Klecks weiter hinten auf dem Tisch bereit. Das haben sie mit ihren kleinen Insektengehirnen sogar recht gut begriffen, aber vor lauter Gier ertrank dann eine fast im Honig und eine fast in der Marmelade. Ich musste sie retten, dann saßen sie den Rest des Frühstücks bei uns auf dem Tisch und putzten sich ausgiebig. Können Wespen einen Zuckerschock bekommen? Ich stellte mir vor, selbst in Honig zu fallen und alle Überreste am eigenen Körper aufessen zu müssen. Dann war mir schlecht.

    Wir reisten ab. Autobahn, knapp 500 km, sehr, sehr, sehr, sehr langweilig! Das ist natürlich besser als eine spannende Autofahrt, aber noch besser wäre gar keine Autofahrt, meine Nerven lagen völlig blank vor Langeweile und ich fragte mich ununterbrochen, warum ich keine andere Reiseform ausgewählt hatte. Dafür gab es natürlich Gründe, sogar auch gute, aber manchmal hat man eben nur die Wahl zwischen verschiedenen blöden Optionen und muss dann die unter Berücksichtung aller Faktoren noch am wenigsten blöde auswählen. Das war die Autofahrt. Eine interessante Sache gab es immerhin: auf einem Toiletten-und-Eis-Stopp begegnete mir das bisher überzeugendste Hygienekonzept einer Gaststätte (im weiteren Sinne), nämlich: bei einem Autohof-MacDonalds. So durchdacht, konsequent und schlüssig habe ich es bisher noch nirgendwo gesehen. Alle Türen standen offen, es gab einen vorgezeichneten Einbahnstraßenweg zu den zentralen Punkten (Bestell- und Abholtheke, Toiletten), nur jeder dritte Tisch war insgesamt freigegeben aber schon draußen am Eingang stand ein Mitarbeiter, der freundlich auf Masken hinwies und erfragte, ob man vor Ort essen wollte oder mitnehmen. Bei "vor Ort" wurden sofort die Kontaktdaten erfasst, empfohlen, draußen zu sitzen, ein Tisch zugewiesen und gebeten, dass nur eine Person der Gruppe die Bestellung aufgibt, die Tische, Stuhllehnen und Bestell-Touchpads wurden alle paar Minuten gereinigt.

    Um 17:30 Uhr kamen wir zu Hause an, dann wurde es sehr wirr, denn währen ich Kind und Katzen begrüßen wollte, klingelten alle Telefone immer gleichzeitig. Auf dem Handy war es Frau Herzbruch, die mir alle 10 Minuten ankündigte, in 5 Minuten da zu sein und parallel klingelte das Festnetztelefon mit Anrufen von Mutter und Schwester wegen dringender Angelegenheiten - weil beim Festnetztelefon aber der Akku so gut wie leer war (der haussittende Teenager hatte diesem Gerät natürlich keine Beachtung geschenkt, es lag während unserer Abwesenheit nicht in der Station sondern irgendwo in der Küche) und gleichzeitig am Handy auch der Akku leer war, sich die Aufladegeräte aber an entgegengesetzten Enden der Wohnung befanden und ich das auch nicht mehr ändern wollte, weil ich ja immer davon ausging, "in 5 Minuten" abgeholt zu werden, lief ich viel herum

    Etwa eine halbe Stunde später war es dann so weit, ich klatschte mit dem Herzbruch'schen Kind im Treppenhaus ab und Frau Herzbruch und ich fuhren gemeinsam zu einer Verabredung mit Frau Kaltmamsell und Herrn Rau. Wir kehrten in ein israelisches Restaurant ein, das heimlich auch vegan war. Heimlich bedeutet in diesem Fall: es stand nirgendwo so konkret, man konnte es sich aber anhand der Speisen erschließen und wenn man einmal auf die richtige Fährte gekommen war, schon auch nachträglich aufgrund der Speisekarte, die bei manchen Gerichten eine Zutat als "meat" bezeichnete, an anderen Stellen sehr undeutlich über die genauen Zutaten blieb.

    Wie es immer bei solchen Treffen ist, reicht die Zeit nie, um über alles zu sprechen, worüber man schon immer mal sprechen wollte, zapp, war der Abend um, gegen Mitternacht kamen wir nach Hause, also Frau Herzbruch und ich, nachdem wir länger benötigt hatten, einen hoffentlich halbwegs passenden Abstellplatz für das Auto zu finden, das habe ich zwischenzeitlich auch komplett vergessen, wie mühsam dieser Part eines Autoausflugs immer ist.

    Den Abend ließen wir am Küchentisch mit einem Granatapfelsekt, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, ausklingen.

    Mittwoch, 5. August 2020

    Mein Urlaub, jedes einzelne Mal:

    Tag 1: Oh, ist das alles aufregend hier, ich will dies und das und jenes machen, hui, alles fremd und spannend und ein bisschen anstrengend, sich so gar nicht auszukennen.

    Tag 2: Super hier, ich habe die totale Orientierung und weiß, wie es läuft und mache heute a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z

    Tag 3: Joah. War schön hier. Heute noch entspannen, dann gern wieder heim.

    (Vielleicht bin ich mehr so der Rundreise-Typ mit Ortswechsel alle 3 Nächte.)

    Dienstag, 4. August 2020
    Das Grüne Gewölbe

    Ich habe heute das Grüne Gewölbe in Dresden angeschaut, also eine Schatzkammer, in der ungefähr Mitte des 16. Jahrhunderts Kurfürst Moritz begann, wertvolle Dinge und wichtige Unterlagen zusammenzutragen. Die historischen Gegebenheiten kann man leicht googeln, die will ich hier nicht nacherzählen, hier geht es natürlich wie immer nur um meine Eindrücke.

    Das wirkte schon wie so ein kleiner Drachenhort. Ein Raum voll mit Bernsteindingen, einer mit vergoldetem Silber, einer mit Bronze, einer mit Elfenbein, eine ganze Wand mit Skulpturen aus Seeschnecken, eine andere aus Straußeneiern, aus Kokosnüssen, Rhinozerushorn und natürlich viele, viele Edelsteine. Ich bin mir gar nicht sicher, ob es auf mich beeindruckend wirkte oder schon skurril, weil es einfach viel zu viel war, viel zu viel auf einmal aber auch an jedem einzelnen Teil, würde man so ein Teil in einen Spielzeugladen legen könnte jeder, der vorbeikommt, denken "nunja, ist klar, Spiezeug halt, so übertrieben sehen echte edelsteinbesetzte Becher natürlich nicht aus!" Doch, tut sie.

    Das war der eine Eindruck. Viel zu viel, Irrsinn, völlig absurd, möglicherweise schon obszön.

    Der nächste Gedanke: man musste früher seinen Reichtum ja auf diese Art lagern, oder es war zumindest naheliegend. Bankkonten im heutigen Sinne gab es nicht (und auch heute hat man ja - wenn man hat - natürlich Goldreserven), Bitcoin erst recht nicht. Dann erinnerte ich mich, wie in der ganzen alten Literatur ja auch immer reich verzierte Waffen hin- und hergeschenkt werden oder auch mal Pokale, Kelche, Schalen, Broschen und natürlich Ringe. Beowulf fiel mir ein, der Herrscher dort ist nicht umsonst der "Ringgeber".

    Und zuletzt: letzten November (2019) wurden ja in das grüne Gewölbe eingebrochen und elf Stücke geraubt. Und ich frage mich: was macht man denn damit? Das kann man doch nirgendwo verkaufen, jede/r weiß genau, wo es herkommt. Aber nur, um so einen Rockknopf im Nachttisch zu haben, geht man doch dieses Risiko nicht ein? Oder wird man das doch los, in Privatbesitz oder hat es sogar im Auftrag gestohlen?

    Sehr, sehr spannend. Ich hoffe, das klärt sich noch und es gibt dann einen Film oder eine gute Doku darüber.

    Und über Wirecard dann bitte auch.

    Montag, 3. August 2020

    Gestern, vorgestern, die ganze letzte Woche habe ich allen möglichen Personen in allen möglichen Kontexten erklärt, dass es nie da regnet, wo ich gerade bin. Man kann sich nach meinen Urlaubsplänen richten, wenn man Schönwettergarantie möchte oder sich einfach in derselben Stadt aufhalten wie ich. Da, wo ich bin, scheint dauernd die Sonne und ich hasse es.

    Heute wachte ich zu Nieselregen auf und fuhr dann stundenlang durch Sturzregen auf der Autobahn. Nie schneller als 80, die Wolke offenbar immer genau über mir. Nach 400 km wurde der Himmel heller, ich hielt zum Verschnaufen mal kurz an, sofort prasselte es wieder los. Ich führte die Sintflut einmal halb durch Deutschland, bildete mir schon ein, die neue Elbeflut zu verursachen, fragte mich, wie die Tiefgarage des Hotels abgesichert sei und ab wenn eine Pfütze so tief ist, dass man nicht mehr durchfahren kann.

    Ich vereine nun drei Gefühlslagen in mir. Erstens: ich fühle mich total verarscht. Zweitens: ich finde das Wetter prima. Drittens: ich bin leicht besorgt - was, wenn es nicht mehr aufhört zu regnen?

    Sonntag, 2. August 2020

    Entschuldigung, aber nein. Dieses Blog findet bei Temperaturen über 30 Grad Celsius nicht statt.

    November seit 6607 Tagen

    Letzter Regen: 23. April 2024, 22:57 Uhr