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    Sonntag, 17. Mai 2020

    Immerhin, ein Stück Normalität ist in die Welt zurückgekehrt. Ich werde jetzt wieder im Supermarkt und auf der Straße von Menschen angesprochen - erst war man ja im Wesentlichen nicht draußen, dann tat man, als wäre allein der Anblick eines anderen Menschen potentiell tödlich und danach musste man erstmal ausprobieren, ob und wie man mit einer Maske überhaupt sprechen kann.

    Diese Phasen scheinen überwunden. Ich durfte heute mit einer anderen Kundin diskutieren, ob Sauerrahm gleich saure Sahne oder gleich Schmand ist und wie dann Sour Cream ins Spiel kommt und später auf dem Parkplatz Fußspuren auf einem anderen Fahrzeug mit auswerten. Ich hätte gesagt "Katze", der Fahrer meinte aber "Marder", ich weiß gar nicht, was Marter für Fußspuren hinterlassen, das muss ich gleich erstmal googeln.

    Erstaunlicherweise habe ich diese Gespräche vermisst

    Samstag, 16. Mai 2020

    Unglaublich, ich habe die Steuererklärung 2019 fertig aber komme nicht weiter, weil mir noch Unterlagen fehlen, die von anderen kommen müssen. Von der Hausverwaltung zum Beispiel. Ich werde da mal nachhaken. Und dann, wenn dieser Brocken weg ist, hab ich nur noch ein größeres Task im Stapel des Grauens und danach kann ich anfangen, bei allem möglichen nachzuhaken. Und bei noch mehr, was mir alles so einfällt. Das wird lustig!

    Freitag, 15. Mai 2020

    Heute bin ich gleich mehrfach in Situationen geraten, in denen mir ein Problem geschildert wurde und ich ein paar Lösungsvorschläge darreichte und das war jedes Mal ganz falsch, denn es war gar keine Lösung erwünscht. Es war Jammern und empathisches Zuhören erwünscht.

    Nun denke ich mir: meine Güte, langsam müssten mich alle gut genug kennen, um zu wissen, dass ich dafür nicht die richtige Ansprechpartnerin bin! Allerdings denke ich mir auch: meine Güte, langsam müsste ich diese Situationen doch rechtzeitig erkennen!

    Mittwoch, 13. Mai 2020

    Frau Fragmente sitzt an ihrem Schreibtisch und bloggt, ich sitze an meinem Schreibtisch und blogge über Frau Fragmente. Wir sind wieder in ihrem Schlafzimmer, darüber habe ich beim letzten Mal bereits berichtet. Heute steht die Kamera aber andersherum, ich sehe eine Ecke von einem Bild, das glaub ich eine Wüste abbildet, ich sehe eine Lampe und dahinter eine Art Plastikbehälter, vielleicht Wäschekorb aber vielleicht auch tragbare Kühltruhe und vorhin sah ich ein Whiteboard.

    Ja, Frau Fragmente hat ein Whiteboard in ihrem Schlafzimmer. Darauf ist eine Liste der Dinge, die sie tun möchte, unter anderem ist ein Listenpunkt, dass sie eine Liste machen möchte, was sie putzen möchte. Ich frage mich, ob es irgendwo noch eine Liste gibt mit den Dingen, die sie auf das Whiteboard schreiben möchte aber ich traue mich nicht zu fragen. Auf dem Whiteboard steht jedenfalls auch "how to be more fun". Ich denke mir das nicht aus.

    Jetzt steht Frau Fragmente gerade auf und die Wäschekorbkühltruhe ist möglicherweise auch nur eine Art Kissen? Danaben jedenfalls ein Korbsessel, sieht gemütlich aus und nun hat sie eine Lichterkette eingeschaltet und "Stimmuuung!" gerufen. Neben ihr steht ein neues Musikinstrument, das sie seit heute besitzt. Habe vergessen, wie es heißt, es ist ein Resonanzkörper mit Schallloch und darauf befestigt sind Metallstäbe, die man mit dem Finger bedienen kann. Ab und an erzeugt Frau Fragmente damit einen Ton. Ich konnte noch keine Regelmäßigkeit herausfinden, außer, dass sie darauf klimperte, als ich noch kurz in die Küche musste, den Hefezopf in den Ofen schieben. Vorher musste ich noch kurz meiner Mutter erklären, wie sie den NDR Podcastmit Herrn Drosten hören kann und wie sie in der WDR Mediathek eine Sendung findet, auch da spielte Frau Fragmente auf dem Instrument, aber ich hatte sie stummgeschaltet.

    Meine Planung war heute für unseren Termin nicht ganz optimal. Das lag daran, dass ich bis etwa 3 Minuten vorher nicht wusste, dass es einen Termin gab. Denn eigentlich wäre Frau Fragmente jetzt auf einer Expeditionsreise. Aufgrundderaktuellensituation ist sie dort nicht, sondern mit mir hier am Computer, ich sagte, das sei ja auch ein [längere Denkpause] Ersatz, daraufhin schwiegen wir bis Frau Fragmente sagte "dann fangen wir mal an".

    Frau Fragmente hat auch schon wieder ein Thema. Meint: sie hatte schon, bevor sie anfing, zu schreiben, ein Thema. Es gehört aber zu unsere Routine, dass ich nicht frage, um welches es sich handelt und ich bin sehr häufig später, wenn ich ihren Text sehe, überrascht, dass wir ganz ähnliche Themen angeschnitten haben.

    Ok, sie spielt auf dem Instrument, wenn ich mich kurz vom Platz entferne. Ob es eine Art Selbstberuhigung ist oder eine Art Diss kann ich noch nicht einschätzen, vielleicht erfahren wir darüber in den nächsten Wochen mehr.

    Gerade sprachen wir noch kurz über Home Office. Für mich hat sich in den letzten Wochen herausgestellt, dass ich kein Home-Office-Typ bin. Mir geht daran so gut wie alles auf die Nerven, die ganzen kleinen Störungen, nicht nur durch andere (Müllabfuhr, Post etc.) zu Hause sondern auch die selbst zugefügten (wenn man die Waschmaschine angestellt hat und die dann fertig ist etc.), gleichzeitig will ich raus gehen und einen richtigen Arbeitsplatz haben, der sich nicht bei mir zu Hause in einem Zimmer befindet, das an sich überhaupt nicht für die Arbeit vorgesehen ist und das - obwohl es jetzt zum Arbeitszimmer umgewidmet wurde - immer noch eine schlechtere Infrastruktur aufweist als ein Büro. Frau Fragmente hingegen bezeichnet sich also totalen Home Office Typ, kurz überlegt sie, ob es daran liegt, dass sie ja allein zu Hause ist. Aber das tut es ganz sicher nicht, ich wäre allein zu Hause noch viel weniger Home Office Typ als sowieso schon, ich müsste dann den ganzen Tag die Wohnungstür auflassen und hoffen, dass irgenwelche Leute von draußen reinlatschen, mit denen man mal sprechen kann.

    Was in diesem Zusammenhang lustig ist: ich hielt mich lange Zeit für einen eher introvertierten Menschen, der gut auf Gesellschaft verzichten kann. Mir ist erst vor ein paar Jahren klar geworden, dass das absoluter Unsinn ist, ich komme zwar allein gut zurecht und langweile mich so gut wie nie, aber ich ziehe Energie aus den Begegnungen mit anderen Menschen, aus dem Draußen, aus dem Input. Wenn ich zu lange im eigenen Saft sitze, keine Reibung habe, keinen Abgleich, keine Sozialkontrolle durch andere, kein äußeres Gerüst, muss ich enorm viel Energie aufwenden, um mich selbst zu regulieren. Es geht, aber auf Dauer laugt mich das peu à peu aus. Und deshalb gehe ich ab Montag wieder ins Büro.

    Mittwoch, 13. Mai 2020

    Ein Tag wie kalter Stahl, viel zu wenig geschlafen (4 Stunden?), komplett verspannt aufgewacht, alles Muskeln kalt und hart und dann den Vormittag in einer Wohnung mit aufgerissenen Fenstern neben der offenen Balkontür am Schreibtisch verbracht denn: die Putzfrau war da.

    Wir erzählten bei ihrer Zigarettenpause auf dem Balkon, sie hat zwei Kinder, eins ist gerade in der Vorklasse (zum Deutsch lernen vor der 1. Klasse) und es sieht so aus, als ob der Schuleinstieg nicht klappen wird, weil nun einfach ein halbes Jahr Spracherwerb fehlt. Die Mutter spricht nur wenig Deutsch, versucht im Moment, vorzulesen, in dem sie die Sätze aus dem Kinderbuch bei Google Translate eintippt und vorlesen lässt und sie sprechen sie dann gemeinsam nach. Hatte kurz den Impuls, mich als Vorlesetante anzubieten, das geht ja auch per Videochat, aber nur in der Theorie, praktisch geht bei mir nichts zusätzliches mehr und ich vermute, nicht nur kurzfristig nicht. Immerhin kann ich kurz drauf der Kollegin, die bis mindestens nach den Sommerferien nicht ins Büro kommen können wird (weil: wohin mit den Kindern?) die Sorge um ihren Arbeitsplatz nehmen.

    Zwischendurch hielt ich kurz zwei Vodafone-Techniker in meinem Keller gefangen, das war ein spaßiger Moment.

    Nach Verabschiedung der Putzfrau schloss ich alle Fenster und Türen aber warm wurde mir nicht mehr. Kennen sie das, wenn die Finger so kalt sind, dass sie schmerzen, wenn man mit ihnen etwas berührt oder gegen etwas stößt? Sagen Sie nichts von Heizung, es waren gut 23 Grad in der Wohnung und auch die Sitzheizung im Auto konnte nichts ausrichten. Die Kälte kam durch Schlafmangel und allgemeines "durch" sein.

    Arbeit lief nur mittel, zwar alles erledigt aber nichts davon mit Esprit, dazu zu müde, zu kalt, zu viele Unterbrechungen, kein Flow. Die Arbeit war, sozusagen, Arbeit. Selbes galt für die weitere Bearbeitung des Stapels des Grauens. Zäh.

    Immerhin aus den Kühlschrankresten ein vorzügliches Essen gemacht.

    Dienstag, 12. Mai 2020

    Das war eine Nacht mit sehr wenig Schlaf und ihr folgte ein Tag mit sehr viel Handlung. Jetzt aktuell werden von M in der Küche drei verschiedene Sorte Gebäck produziert, es sieht nicht danach aus, als wäre diese Aktion vor 2 Uhr nachts abgeschlossen. Dafür hat eben die Schule angekündigt, dass es bis zu den Sommerferien auf jeden Fall noch 7 Tage mit Unterricht (à 3 Stunden pro Tag) geben wird und damit die Anforderungen des Kultusministeriums vollumfänglich erfüllt sind - verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin in Bezug auf Schule relativ leidenschaftslos aber mich würde schon interessieren, wo diese magische Zahl von "7 Unterrichtstagen" herkommt. Warum 7, warum nicht 6 oder 8? Hat das irgendwas mit den Tagen zu tun, die schon stattfanden, muss man eine einfache Mehrheit an Tagen im Halbjahr erreichen oder so etwas? Ich möchte das recherchieren, aber nicht mehr heute. Falls sie es wissen, verraten Sie es mir gern!

    Und ich sorge mich ein wenig um das geistige Wohl der Kollegin, die mir am Freitag voller Freude verkündete, dass die Schule wieder beginnt und sie dann auf jeden Fall, während die Kinder weg sind, selbst wenn die Zeiten etwas verkürzt sind, ins Büro kommen will, weil es zu Hause mit der Brut absolut unerträglich sei und sie raus, raus, raus will. Ich glaube, die hatte nicht 7 Tage à drei Stunden bis zum Sommer im Kopf. Nunja.

    Montag, 11. Mai 2020

    Wie Sie wissen, bin ich eine begeisterte und routinierte Aussortiererin, aber genau als solche weiß ich auch: manches braucht Abstand durch Zeit.

    So hatte ich noch einen ganzen Schrank von mit Kunstwerken (Gemälde und Gebasteltes) von Mademosielle, entstanden in den Lebensjahren 1-10. Und mir war schon seit ungefähr Lebensjahr 3 klar, dass ich nicht alles aus diesem Schrank für immer brauchen würde, aber wie viel Darstellungen von Kopffüsslern ich genau benötige und auf welche Weise eine Auswahl zwischen den vorhandenen Exemplaren zu treffen sei, konnte ich nicht entscheiden. Also ließ ich alles ein paar Jahre reifen.

    Heute war es dann so weit. Ich sichtete - in mehreren Etappen - schätzungsweise gestapelt 1,50 Meter Material. Davon übrig blieb etwa so viel, wie locker in einen (etwas breiteren) Schuhkarton passt. Und es war ganz einfach zu entscheiden.

    Sonntag, 10. Mai 2020

    Zwei Umzugskartons an Zeug haben meine Wohnung heute verschenkt verlassen, darunter mehrere Brettspiele, eine Digitalkamera, ein Basketball, viel Bastelzeug, DVDs, Fotoalben (leer natürlich), kleine technische Geräte, Kosmetik etc. Ich wollte es eigentlich am frühen Nachmittag nur kurz online stellen und hatte dabei vergessen wie schnell das alles geht - noch bevor alles online war, hatte ich schon über 20 Nachrichten, also setzte ich gleich alles wieder offline und war dann den Rest des Nachmittags mit der Verteilung beschäftigt.

    Nunja. Jetzt ist das alles weg, eine ganze Ecke in der Wohnung ist nun frei und viele andere haben hoffentlich eine schöne zeit damit.

    Freitag, 8. Mai 2020

    Heute Auszüge aus der Korrespondenz - für mich mittelmäßig erheiternd, für Sie aber vielleicht etwas mehr.


    Thema 1, Mahnung Versandhändler

    Frau N: Ihrer Mahnung vom xx widerspreche ich, da ich die Ware retourniert habe. Im Anhang finden Sie eine Kopie des Retourenlabels und einen Screenshot der Sendungsverfolgung: die Sendung wurde Ihnen am 20.3. zugestellt. Bitte klären Sie den Vorgang intern.

    Versandhändler: Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass laut unseren Beständen keine Retoure von Ihnen vermerkt ist. Bitte überweisen Sie den ausstehenden Betrag.

    Frau N: Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihre internen Abläufe für mich irrelevant sind. Bitte klären Sie den Vorgang mit den zuständigen Personen in Ihrem Haus.

    Versandhändler: Leider können wir den Vorgang nicht nachvollziehen und die Sendungsnummer ist im Screenhot nicht gut lesbar. Bitte teilen Sie uns die Sendungsnummer mit.

    Frau N: Die Sendungsnummer entnehmen Sie bitte dem Retourenlabel, das ich bereits meiner ersten Mail beigefügt hatte.

    Versandhändler: Sie würden gut daran tun, bei der Aufklärung dieses Vorgangs behilflich zu sein!

    Frau N: Der Vorgang ist für mich hinreichend aufgeklärt: ich habe die Sendung verschickt und sie ist Ihnen ausgeliefert worden. Im Weiteren kann ich mich nur wiederholen: Bitte klären Sie den Vorgang intern.

    (Weiteres vermutlich nächste Woche)


    Thema 2: Kündigung Probeabo Zeitung

    Frau N: blabla kündige ich hiermit mein Probeabonnement fristgerecht zum xxx. Bitte bestätigen Sie den Eingang meiner Kündigung.

    Zeitung: blabla bitte bestätigen Sie Ihre Kündigung telefonisch.

    Frau N: Ich möchte Sie nicht anrufen. Bitte bestätigen Sie meine Kündigung.

    Zeitung: blabla es ist bei uns üblich, die Kündigung telefonisch zu bestätigen und Sie haben keine Telefonnummer angegeben, deshalb bitten wir Sie, uns anzurufen.

    Frau N: Ihren Nutzungs- und Geschäftsbedingungen, § 5.1 entnehme ich, dass die Kündigung "schriftlich oder in Textform (z. B. E-Mail) erklärt werden" muss. Das habe ich getan. Dass es darüber hinaus üblich ist, die Kündigung telefonisch zu bestätigen, entnehme ich Ihren Nutzungs- und Geschäftsbedingungen nicht. Sollte ich diese Passage übersehen haben, senden Sie sie mir gerne zu und ich rufe Sie an. Andernfalls bestätigen Sie meine Kündigung bitte umgehend.


    (Weiteres vermutlich nächste Woche)

    Freitag, 8. Mai 2020

    Wie komisch es ist, nach 7 Wochen mal wieder einen relativ normalen Tagesablauf zu haben.

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    Letzter Regen: 07. Juli 2025, 22:57 Uhr