Mein Kopf ist im Moment ganz gut ausgelastet. Seit einiger Zeit habe ich ja eine berufliche Position, in der mir die allermeisten Personen, mit denen ich (beruflich) zu tun habe, Fragen, die ich stelle, auch tatsächlich beantworten. Und nun war ich neulich auf einer Veranstaltung, auf der ich die ungefähr 50 Personen kennenlernte, die in ihrer Gesamtheit für so gut wie jeden Prozess jeder Abteilung stehen, den es bei uns gibt. Ich weiß jetzt also auch ganz genau, wenich fragen kann, wenn ich etwas wissen möchte.
Etwas wissen möchte ich natürlich dauernd. Und immer mehr, ein neues Wissensfeld überschneidet sich mit dem nächsten und da geht die Fragerei weiter und so langsam bekomme ich eine Vorstellung davon, wie diese ganze Organisation innendrin aussieht, das Skelett, wo die verbindenden Sehnen liegen, was für Muskeln es bewegen und so weiter und so weiter.
Was hängt wie zusammen, wo kommen welche Berichte her, wer macht die, wie kommen da welche Zahlen rein, wer macht das, wer prüft das, wer genehmigt das. Wie hängen die verschiedenen Systeme zusammen, was passiert, wenn ich welche Schnüre ziehe. Wo überall landet eine Änderung, die ich nur an einer bestimmten Stelle vornehme, zum Beispiel ganz kleinteilig im Urlaubsgenehmigungsverfahren und von dort setzt sie sich fort in den Headcount und sogar bis ins Telefonklingeln. Im ersten Moment Irrsinn, im zweiten komplett logisch.
Sehr spannend. Sehr faszinierend.
Es regnet jetzt hier seit ich den Balkon bepflanzt habe ununterbrochen. Das ist aus zweierlei Hinsicht gut: zum einen muss ich nichts Gießen und zum anderen sind bei bedecktem Himmel ja wirklich keine Minustemperaturen mehr zu erwarten.
Langsam frage ich mich aber, ob es vielleicht doch die Sintflut ist.
Einer dieser Tage, an denen ich ins Büro komme und da ist recht gut zu tun, es sieht aber noch okay zu bewältigen aus, aber für jede Sache, die ich erledige, wachsen drei bis vier neue nach, so dass aus dem "recht viel aber okay" am Ende des Tages ein "unglaubliches Chaos, es wird nie, nie nie jemals alles erledigt sein" geworden ist.
Die nächsten Tage werden wieder diverse Tüten mit aussortierten Gegenständen (DVDs, CDs, Gesellschaftsspiele, Bastelmaterialien) die Wohnung verlassen.
Mit Anja vereinbarte ich heute um 12, Rosa zwischen 12 und 14 Uhr, Nicole weiß noch nicht, Marco Dienstagabend nach einer Party, aber nicht nach 21 Uhr, Brigitte Dienstag um 17 Uhr, Jana kommt heute Mittag aber weiß noch nicht, ob sie es schafft, Sonja wird sich bemühen, es bis 14 Uhr heute hinzukriegen (danach gehe ich nämlich weg), Sandra kommt heute kurz nach 12 Uhr, Paula heute oder eher morgen Abend um 20:30 Uhr, Angela will Rosa fragen, ob sie ihre Tüte auch mit abholt, Florian kommt heute um 12.
Im Laufe meines Frühstücks ergibt sich, dass es bei Anja jetzt eher 12:30 Uhr wird, Sandra kommt dafür schon um 11 und bringt im Austausch eine Tüte mit Pralinen und Schokolade für das Kind mit. Bei Florian wird es ca. 12:15 - 12:20 Uhr werden, erfahre ich beim zweiten Kaffee. Auch erfahre ich, dass Jana es wohl schafft und dass Rosa tatsächlich die Sachen für Angela mitnehmen wird und dass Sonja statt um 2 um 12 kommen wird. Und Rosa klingelt dann auch schon um 11:45, macht nichts, ich bin ja schon wegen Sandra ordentlich angezogen und das ist doppelt gut, denn Rosa fährt ein E-Mobil und kann gar nicht die Treppe hoch, das wusste ich schon, weil sie vor einer Woche schon einmal etwas abgeholt hatte. Schnell packe ich also die Sachen für Rosa und für Angela in eine Papiertüte und laufe nach unten, wo es so sehr regnet, dass ich sofort wieder hochlaufe und alles nochmal in eine Stofftüte umpacke, dann ist auch das erledigt. Sie fragt, ob ich sie direkt anschreiben kann, falls ich noch mehr Bastelsachen zum Abgeben finde. Natürlich kann ich das, so ist es ja viel einfacher. Sonja kommt wie angekündigt Punkt 12 und nimmt auch die Sachen für Malin mit - ich habe keine Erinnerung mehr an eine Absprache mit Mailn aber es wird schon seine Richtigkeit haben. Florian kommt um 10 nach 12 und nimmt zusätzlich zu seiner Tüte noch DVDs aus der Grabbelkliste gegen Taschengeldspende mit. Anja kommt um 12:30, keine weiteren Vorkommnisse. Kurzes Update zu Jana: Sie kommt um 13:30 Uhr.
Nichts davon ist erfunden (bis auf die Namen). Ich habe heute morgen schon mit fünf Personen das Wetter diskutiert und der Kater hat alle fremden ausgiebig beschnuppert und sie haben ihm fast alle Leckerli "für's nächste Mal" versprochen. Sachen verschenken ist saulustig.
Das Zimmer vom Kind ist tatsächlich, Stand heute, komplett aufgeräumt und alles, was sie nicht mehr braucht, ist weg. Gut, teilweise steht es in einem der übrigen Zimmer, aber es ist verplant/vergeben/versprochen, es ist nur eine Frage der Zeit, bis alles auch tatsächlich verschwindet. Und unter anderen wurden 7 große, blaue Müllsäcke mit Dingen, die wirklich niemand mehr braucht, entsorgt.
Jetzt kommen nach und nach die anderen Räume an die Reihe.
Ganz toll war heute die Mimik der Zweijährigen, mit der ich ihr neues Spiel spielte, bei dem man aus Klötzchen in verschiedenen Farben Schmetterlinge legen kann. Sie legte rote Schmetterlinge, blaue, gelbe, grüne, dann sollte ich Schmetterlinge legen und legte auch rote, blaue, gelbe, grüne und dann legte ich dem ansonsten ganz und gar roten Schmetterling eine gelbe Flügelspitze.
In dem Gesicht der Zweijährigen malte sich erst absolute Fassungslosigkeit - da war was falsch. Da war was falsch! Was war passiert? "Das ist falss!" lispelte sie bestimmt. Als ich nicht begreifen wollte, kam Empörung. Falsch, das musste man doch sehen! Dazu kam dann aber auch Belustigung. Wie konnte es sein, dass diese große Frau keinen korrekten Schmetterling hinbekam. Als ich dann noch dem blauen Schmetterling eine rote Flügelspitze gab, musste die Zweijährige sehr lachen, so sehr, dass sie erst einmal von ihrem kleinen Stuhl kippte.
Zur Beruhigung legten wir schnell wieder einfarbige Schmetterlinge, das war schon aufregend genug. "Jetzt blau!" "Jetzt rot!" "Jetzt das!", rief sie und ich legte ihr die gewünschten Schmetterlinge. "Jetzt überrasche ich dich!", sagte ich, "mach die Augen zu!". Und sie hielt sich die Händchen vor die Augen, ich legte einen gelben Schmetterling und deckte ihn mit der Aufbewahrungsschachtel ab, als sie die Augen wieder öffnete, sagte ich "Tadaaa!" und hob die Schachtel hoch. "Nochmal!", rief sie, und ich legte noch den blauen und den grünen Schmetterling und dann den roten mit der gelben Flügelspitze und - Tadaaaa! - die Zweijährige kreischte laut, als ich die Schachte hob, dann lachte sie laut, dann legte sie selbst einen Schmetterling mit "falscher" Flügelspitze und dann mit falschem Kopf und dann mit falschem Fühler und dann einen ganz bunten. Und dann begann sie, die Steine umherzuwerfen und auf die Schachtel zu schlagen und musste ein bisschen von ihrer Mutter beruhigt und ins Bett gebracht werden.
Tja, jetzt ist es passiert, das ist sie, die Invasion, und zwar auf meinem Apfelbaum auf dem Balkon. Irgendwas macht kleine Huckel auf seine Blätter und frisst ihn dann auf. Übeltäter sind nicht wirklich zu erkennen. Vielleicht sind es für unseren Verstand nicht erkannbare Aliens. Oder schnöde Blattläuse, ich habe nämlich keine Ahnung, wie die aussehen. Oder Raupen, die sich nach dem Festmahl in die Erde zurückziehen, während ich blöd die Blätter angucke.
Sehen Sie selbst:
Kann man da was machen? Wenn ja was? Oder wartet man entspannt drei Jahre ab, in denen es halt keine Blätter gibt, und dann ist die Brut verhungert? Oder muss man sich gar engagieren, damit die Invasion nicht in den Wohnbereich vorrückt?
Das ist mir alles zu anstrengend heute. Ich hab schon einen Cocktail getrunken und bin insgesamt dreimal von zu Hause quer durch die Innenstadt und wieder zurück glaufen, jedes Mal wollte ich eigentlich Bus fahren aber jedes Mal habe ich das irgendwie vergessen und bin einfach losgegangen. Jetzt muss ich schlafen.
Ich lese gerade einen Roman, der von einer Frau handelt, die in einer geheimen Organisation eine wichtige Position innehat und ihr gesamtes Wissen und ihre Erfahrungen dafür einsetzen muss, die Welt vor fürchterlichen Monstern zu retten. Nur leider hat sie gerade ihr Gedächtnis verloren und hat keinerlei Ahnung, was sie da eigentlich tut. Läuft aber bisher ganz gut.
So ähnlich komme ich mir momentan im Büro vor - naja davon abgesehen, dass ich jetzt nicht gerade die Welt retten muss, es spielt sich alles auf einer deutlich kleineren Skala ab. Trotzdem habe ich die meiste Zeit keinerlei Ahnung, was ich eigentlich tue. Und: es läuft bisher ganz gut.
Es gibt kein geeignetes Thema heute, egal, wie ich es drehe und wende.