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    Donnerstag, 23. Februar 2017
    Was heute Scheiße war

    Immer öfter sehe ich im Internet Sammlungen mit dem Titel "Was heute schön war". Mir ist aber viel mehr danach, aufzuschreiben, was heute Scheiße war. Da waren heute gleich drei Sachen.

    Als erstes die Rolltreppe gleich morgens an der S-Bahn-Station, die war nämlich kaputt und wenn ich irgenwas garantiert morgens, vor dem Frühstück, nicht will, ist das mit Kaffeebecher Treppen zu steigen. Bewegung im Alltag und die Herzgesundheit und Fitness und Kalorienverbrennen ist mir alles total egal, ich habe keine Bock auf Treppen morgens, ich will Rolltreppe fahren, dazu ist sie da. Ich will auf dem Ding stehen und ins Nichts starren und mich langsam Stück für Stück aus der dunklen Station hinauftragen lassen in das graue Licht des Nieselregens. Das ist meine Vorstellung von Romantik. Und die wurde mir genommen, heute morgen um 7:59 Uhr.

    Zweitens das hier. Liest sich im Nachhinein lustig aber ich hatte Schimpfwort-Tourette bis die Nachbarn an die Wand klopften.

    Drittens habe ich den ultimativen Nachteil der Papierzeitung herausgefunden: die kann geklaut werden.

    Mittwoch, 22. Februar 2017
    Zeitungsstress

    Ich kann heute nicht, ich muss die Papierzeitung auslesen, morgen kommt schon eine neue. Was für ein Stress. Mal gut, dass es keine Tageszeitung ist.

    Dienstag, 21. Februar 2017
    Spurensuche

    Wenn ich aus dem Büro nach Hause komme, ist Mademoiselle normalerweise schon da. Außer, sie ist noch irgendwo unterwegs oder schon wieder irgendwo unterwegs, man weiß es nicht genau, das stelle ich aber schon beim Aufschließen fest. Zwar ist die Tür bei uns immer abgeschlossen, aber wenn niemand da ist, per Schloss und wenn jemand da ist, per schließbarem Riegel. Weil der Kater die Tür sonst öffnen kann, er hängt sich an die Klinke und strampelt wie wild, irgendwann erwischen die Beinchen tatsächlich den Türrahmen und dann steht die Tür offen.

    Ich komme also nach Hause, bemerke, der Riegel ist vorgelegt und rufe nach dem Aufschließen freudig "Hallo!!". Es kommt keine Antwort. Denn das Kind ist ja in der Pubertät.

    Was macht so ein Kind, wie geht es ihm, das möchten Eltern gerne wissen. Es ist aber zwischen 17 und 21 Uhr eher keine Auskunft zu erwarten. Danach wird das Kind gesprächig, dann soll es nämlich ins Bett. Um also so ungefähr Bescheid zu wissen, gehe ich auf Spurensuche.

    Spur 1: Die Jacke



    Die Jacke liegt auf einem herumgeschobenen Küchenstuhl. Das Kind lief also wohl zuallererst in die Küche und warf dort die Jacke von sich, und auch die Mütze, das ist erfreulich, die Mütze ist also nicht verloren gegangen. Neuerdings geht nämlich öfters mal etwas verloren. In Kindergarten und Grundschule war das nie, aber jetzt ja, jetzt verliert oder vergisst das Kind alles mögliche und geht auch morgens schonmal ohne Schuhe oder ohne Tasche los, aber nur bis ins Treppenhaus, dann fällt es ihr auf. Vielleicht, weil ich lachend in der Tür stehe.

    Spur 2: Die Kiwi



    Auf dem Küchentisch - dort, wo der Stuhl weggeschoben wurde - liegt die Schale einer Kiwi. Es scheint, das Kind zog die Jacke aus und stürzte sich dann sofort hungrig auf eine Kiwi. Aß die Schale aber nicht mit. Das hat sie vor ein paar Jahren noch gemacht. Jetzt also nicht mehr, aha. Und ein paar Bonbonpapiere liegen neben der Kiwi. Was zuerst verspeist wurde, kann ich dem Arrangement nicht entnehmen. Für einen Teller war jedenfalls keine Zeit.

    Spur 3: Toast



    Geht man vom Küchentisch aus weiter in die Küche hinein, zwischen Küchenblock und Küchenzeile, entdeckt man, dass Kiwi und Bonbons wohl noch nicht ausreichend sättigend waren. Die Toasttüte wurde auch noch geplündert.

    Spur 4: Belag



    Man erkennt: Belag auf das Toast gab es auch. Nach süß und fruchtig nun also herzhaft.

    Spur 5: Milch



    Nun wurde das Kind durstig. Es gab Milch, bzw. Milchschaum, denn Alicia Latte war in Benutzung.

    Spur 6: Schuhe



    Alicia Latte arbeitet gründlich, aber langsam. Ich sehe sehr deutlich vor meinem inneren Auge, wie das Kind, während es auf die Fertigstellung des Milchschaums wartete, die Schuhe von den Füßen strampelte und an Ort und Stelle liegenließ.

    Spur 7: Orangen



    Dann gab es offenbar noch - naja, Tequila sage ich erst in paar Jahren, sagen wir heute: Dessert. Ich ordne dies als die jüngste Spur ein und die am kürzesten zurückliegende Mahlzeit, denn es sind - im Gegensatz zu Toast und Kiwi - Reste vorhanden.


    Ich bin beruhigt. Das Kind ist gut zu Hause angekommen, konnte sich mühelos durch die Wohnung bewegen, planvoll handeln und hat ausreichend Nahrung und Flüssigkeit aufgenommen. Ich kann mich also aufs Sofa zurückziehen und von dort eine Prognose wagen: gleich wird das Kind schlecht gelaunt sein. Dann muss es nämlich aufräumen.

    Montag, 20. Februar 2017

    Ich kann mich nicht erinnern, wann ich je so wenig Lust hatte, irgendwas aufzuschreiben, aber allein diese Tatsache ist es ja schon wert, das festzuhalten.

    Sonntag, 19. Februar 2017
    Werbung

    Heute Morgen sah ich etwas sehr merkwürdiges. Ich war gerade erst aufgestanden, es war vor dem ersten Kaffee, Mademoiselle wollte eine Serie schauen aber das Internet hakte, also navigierte ich mit der Fernbedienung zwischen den Menüs herum um alles nochmal neu zu starten und dabei lief im Fernseher aus dem Hintergrund etwas, das ich für Werbung hielt. Eine Frau, brünett, hysterisch, faselte etwas davon, dass die (Schwieger)Mutter käme oder auch die Kumpels und dann fragte eine Stimme aus dem Off, ob der Zuschauerin auch Privatsphäre wichtig sei, und dann wurde ein Produkt beworben, mit dem man - ich habe eben Mademoiselle nochmal gefragt, sie bestätigt das - jeden Raum in Toilette und Bad verwandeln kann, ganz ohne Umbauten. Dann wurde ein kastenförmiges Gerät in Aktenkoffergröße eingeblendet und dann ging das Internet und Netflix und die Serie startete und mehr erfuhr ich über dieses Gerät nicht.

    Ich habe wenig aktuelles Wissen über Werbung. Normales Fernsehen läuft hier nie, im Internet ist alles geblockt, meine aktuellste Werbeerfahrung stammt, wie einiges an neuem Wissen derzeit, aus meiner Papierzeitung, die ja sowieso schon sehr großvolumig ist und mir dann auch noch auf einer ganzen Doppelseite ein Auto darbot. Ich fühlte mich regelrecht überfahren, sehr unangenehm, plötzlich so ein riesiges Auto vor sich zu haben, wo man doch eher einen kleingedruckten Artikel erwartet. Eindeutiger Punkt gegen die Papierzeitung, dieses Automonstrum.

    Aber zurück zur Fernsehwerbung. Gibt es sowas wirklich, einen transportablen Wohnraum-Badezimmer-Transformator oder lief da möglicherweise etwas satirisches und ich habe es nur nicht gemerkt? Falls Sie diese Werbung schon einmal gesehen haben, bitte ich um einen Hinweis. Nicht, dass ich das Produkt brauchen würde, Privatsphäre im Bad ist bei unseren Besuchern nicht das Problem. Aber ich wüsste doch zu gerne, wie das funktioniert.

    Samstag, 18. Februar 2017
    Papierzeitung

    Zu Hause läuft es auch nicht gut mit der Papierzeitung. Die Katzen, die sich sonst auf jedes noch so kleine Stück Papier setzen, verschmähen sie, wenn sie herumliegt. Und wenn ich sie verwende, also darin lese, und umblättere, zucken sie zusammen und rennen davon. Das Kind rennt nicht davon, ruft aber entnervt immer wieder "pschschschscht!!" oder schnauft genervt. Man ist solche Geräusche hier einfach nicht gewohnt.

    Samstag, 18. Februar 2017
    Bahnbeobachtungen

    Erstens. Man kann über die jungen hipsterigen Männer sagen, was man will, aber das Bahnfahren beherrschen sie aus dem Handgelenk. Zapp den Kaffeebecher auf das Tischchen gestellt, zapp die Tasche oben in die Ablage geschwungen, zapp den Mantel vor dem Hinsetzen ausgezogen (nicht wie ich, im Sitzen dann herauswinden) - die Mütze bleibt natürlich auf dem Kopf und zapp mit einer schlangenhaften Bewegung in die hinterste Ecke des Vierersitzes gewunden, Kopfhörer in die Ohren und so sitzen sie dann da unbeweglich bis sie aussteigen müssen. Kein Gekrame und Gehibbele, keine Leberwurstbrote oder Klogänge. Die Generation Profibahnfahrer.

    Zweitens, eigener Erfahrungshorizont: Wenn man eine Papierzeitung in der Bahn ausklappt wird man im Jahr 2017 ungefähr genauso verächtlich gemustert, wie wenn man am Handy die Tastentöne anhat.

    Donnerstag, 16. Februar 2017
    Gerahmt von Glitzer

    Heute Morgen ging ich durch eine kleine, schäbige Passage die neben einem McDonald's verläuft, ich bin lange Zeit nie durch diese Passage gegangen, aber ab und an beginnen meine täglichen Wege, mich zu nerven, und dann suche ich mir andere, so kam ich zu der Passage. Hinter dem McDonald's kommt ein Laden, der Strümpfe mit Löchern verkauft, jeden Morgen denke ich mir, haha, da hätte ich meine Socken neulich ja gar nicht wegwerfen müssen, haha und dann ärgere ich mich, dass mein Kopf jeden Morgen den selben Kalauer wieder auswirft (eventuell wechsle ich den Weg bald wieder). Kurz vor Ende der Passage erleuchtet die Sonne das Schaufenster gegenüber, die Jalousien sind noch heruntergezogen, ich weiß nicht, welche Farbe sie wirklich haben, aber im frühen Sonnenlicht glitzern sie golden, so golden wie Gold gehört, warm, von innen leuchtend, tief, weich, perfekt.

    An der S-Bahn-Station schlafen seit Beginnn des Winters auf den Bänken Obdachlose, erst hatten sie ein Sammelsurium an Decken und Pappunterlagen, seit kurzem haben sie alle die gleichen silbernen Isomatten und dunkelblauen Decken.

    Meine Kopfhörer versetzen mir neuerdings kleine Stromschläge ans linke Ohr. Erst wollte ich das nicht so ganz glauben, dachte, es kratzt eher irgendwas. Mittlerweile kommt es aber bei jeder Benutzung mehrfach vor, es ist überraschenderweise nicht ganz unangenehm. Trotzdem denke ich jeden Tag in der Bahn daran, dass ich mir neue Kopfhörer kaufen will. Jeden Morgen unter der Dusche denke ich auch daran, dass ich ein bestimmtes Shampoo kaufen will. Und jedes Mal, wenn ich Mademoiselle ermahne, das Bad hinter sich aufzuräumen denke ich daran, dass ich ihr auch ein bestimmtes Shampoo kaufen will. So geht das schon seit zwei oder drei Wochen. Wir kommen auch ohne neue Kopfhörer und Shampoos ganz gut zurecht, aber genauso, wie dieselben Wege und dieselben Kalauer, langweilen mich auch die sich täglich wiederholenden Einkaufsgedanken. Vermutlich werden sie sich daher bald in Handlung umsetzen. Genau gesagt jetzt in diesem Moment.

    (kurze Online-Shopping-Unterbrechung)

    Im Bus setze ich mich neben eine Frau mit vielen, vielen Locken und schließe dann die Augen. Ein "psssit psssit" ertönt, diese Geräusch bezeichnet exakt zwei Vorkommnisse: a) Frau Herzbruch verwendet Mundspray oder b) meine Mutter sprüht sich mit Loulou ein - bei meiner Mutter allerdings psssit psssit psssit psssit - psssit. Und dann shhhhhhhhhhhhhhhhsh, das Haarspray, das nur nebenbei. Aber Mundspray und der kleine Loulou-Flakon klingen exakt gleich. Ich hole durch die Nase Luft und sage mit weiterhin geschlossenen Augen "Sie tragen Loulou!". Psssit psssit psssit psssit psssit - das ist noch mehr, als meine Mutter verwendet. Pssssit. Ich habe ein bisschen Herzschmerz bei dem Geruch, definitiv kein Duft, den ich tragen würde, aber er ist so vertraut und neulich erst habe ich für meinen Vater ein Album mit Bildern aus seiner Jugend gemacht und die Eltern werden immer älter und ein Leben ist so schnell vorbei und lieber mache ich jetzt schnell die Augen auf und starre die Frau an, und die Frau starrt mich an. "Meine Mutter trägt auch immer Loulou" will ich sagen, aber die Frau ist etwa 10 Jahre jünger als ich und aus meinem Mund kommt "Meine äh Schwester trägt auch immer Loulou". Die Frau lächelt und bietet mir den Flakon an, ich sprühe mir einmal auf den Jackenärmel, ich mag Loulou wirklich nicht besonders und ich habe etwas Angst, dass uns beide gleich jemand am Kragen packt und aus dem Bus wirft und der Mann hinter uns stöhnt auch schon sehr laut aber sagt dann nur "Dieses Gehupe immer, dieses gottverdammte Gehupe!!" Und jetzt rieche ich nach meiner Mutter. Naja der Mantel.

    Am Brunnen in der Innenstadt steht eine Gruppe Männer in Bauarbeiterkleidung, einer trägt eine angezündete Stumpenkerze und geht freudig auf mich zu, in einer mir komplett unverständlichen Sprache (Bulgarisch?) erzählt er mir etwas, ich weiß nicht, worum es geht, aber er wirkt sehr glücklich. Ich lächele ihn an, er lächelt zurück, dann fällt er einem andern Mann, der seine Sprache spricht, in die Arme, beide klopfen sich gegenseitig auf den Rücken.

    "Was ist jetzt passiert?", fragt der Gesangsleherer, er sagt immer wieder, seit ich krank war sei ich so roh geworden, er meint glaube ich das englische raw, eher wund, aber wieso er das so meint weiß ich nicht. Meine Stimme hätte sich auch verändert dabei, sagt er, und findet das alles nicht schlecht.

    Im Dunkeln gehe ich nach Hause, es regnet, ich halte den Kopf gesenkt, damit nicht so viele Tropfen auf der Brille landen, ich habe auch auf dem Heimweg neulich meinen Weg geändert und der neue Weg führt mich durch eine Baustelle, das liegt daran, dass die andere Straßenseite so schmal und der Gehweg schräg ist, ungefähr 300 Meter geht es da auf einem engen Gehweg immer geradeaus ohne Querstraßen, das kann ich gar nicht leiden, also gehe ich neuerdings auf der anderen Straßenseite durch die Baustelle, der Asphalt ist sehr grob dort und das Regenwasser sammelt sich in zahllosen Minipfützen darin, durch die Autoscheinwerfer glitzern sie, es ist, als würde ich über einen Teppich aus Silbersternen gehen, und als die Ampel umschlägt werden die Sternchen alle rot von den Bremslichtern. Dann wieder silber, dann wieder rot. Und wieder silber.

    Mittwoch, 15. Februar 2017
    Tja

    So ein bisschen funktioniert mein Internet wieder. Aber bis dann eine Seite fertiggeladen hat ist auch schon Zeit, ins Bett zu gehen.

    Dienstag, 14. Februar 2017
    Applaus

    Der heutige Nicht-Eintrag wird präsentiert von Vodafone.

    Mal was anderes, welcher DSL-Anbieter ist denn nicht so richtig Scheiße?

    November seit 6621 Tagen

    Letzter Regen: 09. Mai 2024, 23:22 Uhr