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    Sonntag, 14. Februar 2016
    Morgens um kurz nach 10 schon durch mit allem

    Beim Bäcker, vor dem Bäcker, ein verdreckter schwarzer PKW im eingeschränkten Halteverbot, ein Kind schreit darin, ein junger Mann mit Bäckertüte und zwei Kaffee steigt ein, der Mann steigt mit einem Kaffee wieder aus, "lass doch, ist egal wir müssen fahren" ruft es aus dem Auto, "ich beeil' mich" sagt der Mann, bekommt von drinnen einen zweiten Kaffee gereicht, die Frau auf dem Beifahrersitz dreht sich um zur Rückbank, das Kind hinten plärrt.

    Beim Bäcker, drinnen, eine lange Schlange, die Leute stehen in einem Knubbel in der Tür, ich füge mich dem Knubbel hinzu, der Mann mit den Kaffees steht vor der Tür, ich lasse ihn durch, die anderen bemerken ihn nicht, vorsichtig schiebt er sich Richtung Theke, Stirnrunzeln und Füßescharren, er bleibt in dritter Reihe hängen, es ist warm in diesem Bäckerladen, nach einiger Zeit öffne ich den Mantel, der Mann hat in jeder Hand einen Kaffee und sein Haaransatz wird langsam dunkler.

    "Wer bekommt?" fragt der Verkäufer, ich mache eine Handbewegung zum jungen Mann mit dem Kaffee. "Die Milch im Kaffee ist schlecht", sagt er leise. "Was?" sagt der Verkäufer. "Die Milch im Kaffee ist sauer", sagt er etwas lauter. Der Verkäufer lacht. Ich weiß, dass das eine Übersprungsreaktion ist, trotzdem bin ich schon so weit, dass ich ihm am liebsten fünf Puddingbrezeln in den offen lachenden Mund stopfen möchte.

    Ich kratze mich am Nacken. Wenn ich Puls bekomme, fängt mein Nacken an zu jucken, so ein roter Streifen bildet sich da, ich kann deshalb nur selten Schals tragen, obwohl ich Schals über alles liebe. Dünne Tücher, Baumwolle, Seide, das geht manchmal. Sehen Sie mich mit dickem Wollschal, nehme ich an, mich in einer besonders ausgeglichenen Lebensphase zu befinden. Manchmal irre ich mich.

    Der Verkäufer lacht, er schaut über den Mann hinweg, der Mann schaut auf den Kaffee, er stellt ihn auf der Theke ab und hebt einen Deckel: "Hier, das ist ausgeflockt."

    "Einen Moment", sagt der Verkäufer. Er will die Kollegin ansprechen, deutlich älter als er, vermutlich hat sie heute das Sagen. Die Ansagerin bedient. Hektisch, einen nach dem anderen, sie hat keine Zeit für ihren Kollegen. "Du…", sagt der Verkäufer. "Du, der Mann da…" – "Gleich!", zischt die Ansagerin. 4 Kürbiskern, 2 Bio-Körner, 1 Laugencroissant, 5 Brioche. Die Kasse geht nicht, sie läuft in den hinteren Ladenbereich zur anderen Kasse, der Verkäufer läuft ihr hinterher, sie beachtet ihn nicht, sie rennt in ihn hinein, der Mann mit dem Kaffee versucht, durch das Fenster die Situation im Auto zu checken.

    "Sie bekommen?", fragt mich die Ansagerin. Ich mache wieder eine Handbewegung zum Mann mit dem Kaffee. "Der sagt, die Milch ist verdorben", souffliert der Verkäufer. Und lacht wieder. Die Ansagerin richtet sich auf. "Sofort alle Milch entsorgen!!!", kommandiert sie zur dritten im Bunde, die die Brötchen belegt. Die belegt noch gerade eins mit Ei. "Die Milch, die Milch! Alles entsorgen!", schallt es erneut. "Welche Milch?", fragt die Brötchenbelegerin. "ALLE Milch!" Der Verkäufer lacht. Die Brötchenbelegerin sammelt Milchkannen von den Tischen und reißt Tetrapaks aus dem Kühlschrank. "Doch nicht die verschlossene!!"

    Der junge Mann dreht sich zum Auto um, ich drehe mich zum Auto um, die Frau steht neben dem Wagen und gestikuliert wild, die Brötchenbelegerin entsorgt Milch und prüft Haltbarkeitsdaten, die Ansagerin beobachtet dies mit Argusaugen, die Leute knubbeln sich in der Tür, der Verkäufer lacht mit weit aufgerissenem Mund und leerem Blick. Ich kratze mich mehr im Nacken. "Der da hatte zwei Kaffee", sagt der Verkäufer. "Jetzt nicht!!", herrscht ihn die Ansagerin an. Man hört nun das Kind vom Auto bis in den Laden brüllen. Laut brüllen. Der junge Mann wischt sich die Stirn, dreht sich hin und zurück, immer wieder, seine Augen werden glasig, er zieht die Schultern hoch.

    Ich versuche mich an einer Übung aus dem Gesangsunterricht, nämlich: stehen. Einfach nur stehen, ohne zu zappeln. Im Raum stehen, präsent und nicht geistig entrückt, nicht wild umherschauen, nicht im Nacken kratzen, nicht die Nase rümpfen oder auf die Lippe beißen, auch nicht mit dem Fuß wippen oder an den Fingernägeln knibbeln, einfach nur stehen und atmen und da sein. Ich kann das nicht gut, gar nicht gut.

    Drei Personen stehen da, jede einzelne von ihnen könnte genau in diesem Moment die Realität ändern, indem sie einfach nur sagt: "Die Milch ist sauer? Bitte entschuldigen Sie, das darf natürlich nicht passieren. Ich mache Ihnen sofort neuen Kaffee, suchen Sie sich doch in der Zeit zwei Stück Kuchen aufs Haus dazu aus." Aber niemand hier kann diesen einen kleinen Schritt aus der Situation heraus machen und so nimmt alles seinen vorgezeichneten Lauf.

    Ich habe recht gute Reflexe aber eigentlich reagiere ich nur schnell genug, weil ich weiß, was jetzt kommt: "Verdammter Scheißladen!!", brüllt der junge Mann und fegt mit der Hand einen Kaffeebecher von der Theke, dreht sich um, stößt die Leute weg und stürmt hinaus. Ich reiche dem jetzt nur noch wild starrenden Verkäufer den aufgefangenen Becher, nur ganz wenig ist übergeschwappt. Seine Hand zittert bei der Übergabe. "Alles gut", sage ich zu ihm wie zu einem panischen Tier, das keiner Ratio zugänglich ist. "Alles gut." Die Ansagerin schnalzt mit der Zunge und will dem Verkäufer ruppig den Becher aus der Hand nehmen, dabei fällt der ganze Mist in den Bienenstich. Ich übe nochmal stehen, wer weiß schon wie lange. Dann bekomme ich meine 6 Brötchen und ein Laugencroissant für Mademoiselle.

    Zwei Erwachsene fahren jetzt mit einem hysterisch schreienden Baby unterkoffeiniert, durchgeschwitzt und gestresst in einem dreckigen schwarzen PKW umher. Drei VerkäuferInnen werden heute nach der Schicht von dem unverschämten Kunden erzählen, der den Kaffee in den Bienenstich geschmissen hat und aus dem Laden gestürmt ist. Und das alles wäre so leicht zu vermeiden gewesen.

    Und ich halte mich für den Rest des Tages von Menschen fern.

    Sonntag, 14. Februar 2016
    Psssst.

    (Nachdem ich letzte Nacht im Traum Macarons kaufen wollte und dadurch die Apokalypse auslöste, bin ich heute etwas gehemmt in allem, was ich tue.)

    Freitag, 12. Februar 2016
    Reset

    Gleich ein kleiner Reset mittels Schnitzel und Bier und schlafen, schlafen, schlafen.

    Und morgen ist alles wie neu.

    Donnerstag, 11. Februar 2016
    Ein Stöckchen Percanat

    Percanta hat ein Stöckchen gemacht und irgendwie, irgendwo, irgendwann hab ich mal gesagt, dass Täglichbloggerinnen immer dankbar für Contentvorschläge sind. Also los.

    Du wirst vom Radio zu einer Sendung eingeladen, sie führen eine Stunde lang ein Gespräch mit Dir. (Sowas wie "Doppelkopf" auf HR2). Du darfst Dir dafür fünf Musikstücke wünschen. Welche?

    Ich würde lieber Doppelkopf spielen als im Radio sprechen, aber man kann es sich halt nicht immer aussuchen. Also würde ich folgende Musikstücke nehmen:

    1. Avril Lavigne - Anything but Ordinary (das macht mir gute Laune)

    2. Townes van Zandt: Mr. Mudd and Mr. Gold (das würde ich als Anlass
    nehmen, über das Spielen zu sprechen)

    3. Marillion: Grendel (das würde ich als Anlass nehmen, über angelsächsische Schwerter zu referieren mit besonderem Exkurs zu Volldamastklingen und wurmbuntem Damast) (verlinkt ist hier Teil 2, den mag ich lieber, Teil 1 ist aber auch nicht übel)

    4. Eminem - Not Afraid (das habe ich jetzt einfach zufällig ausgewählt, weil mir nichts mehr einfiel)

    5. Blue October - Say it (das erscheint mir ein geeigneter Abschluss)

    Frösche, Pinguine, Eulen. Welches putzige Tierchen wird als nächstes unsere Kaffeetassen, Umhängetaschen, Postkarten, Shirts und Dekokissen bevölkern, bis auch die treusten Fans es nicht mehr sehen können? Waschbären? Langohrigel? Irgendjemand, den wir noch gar nicht auf dem Schirm haben?

    Das will ich überhaupt nicht wissen!

    a. Was war Dein liebstes Was-ist-Was-Buch?, b. Hast Du Deinen Beruf entsprechend ausgewählt? Wenn ja: alles richtig gemacht? Wenn nein: Warum nicht? Und wäre das Was-ist-Was-Thema besser gewesen?

    Ich hatte keine Was-ist-Was-Bücher. Demenstprechend hab ich auch keinen Beruf ausgewählt. Das ist alles irgendwie passiert.

    Sternzeichen, Aszendent, Blutgruppe, Geschwisterposition oder die Gene. Steht Dein Leben unter irgendeinem "Stern" oder hast Du Deine Charakterbildung selbst in der Hand?

    Ah. Nein. Jein. Ich glaube, das alles, was wir erleben, ob bewusst oder unbewusst, irgendetwas in uns bewirkt. Ich stelle mir das als ein großes Mosaik vor. (Diese Mosaik-Theorie trage ich außerordentlich gern vor, würde das auch in der Radiosendung aus Frage 1 tun denn leider interessiert sich mein Umfeld kein bisschen für meine Mosaik-Theorie.) Die Steinchen sind alle Erlebnisse, Erfahrungen, Eindrücke. Aber wie wir sie anordnen, ist unsere Aufgabe.

    White wine to the fish?

    Kann ich Bier zum Steak?
    (Weißwein finde ich unglaublich ekelhaft. Fisch geht, muss aber nicht.)

    Mustermix, Patchwork, Color-blocking oder doch eher Ton in Ton? (In Kleidung, Haaren, Familie. Du entscheidest.)

    Muster auf Kleidung strengen mich an, der Rest ist mir egal.

    Eine Frage aus der Mottenkiste: Welche Comic- oder Zeichentrickfigur bist Du?

    Mh, ich bin doch Text nicht Bild, ich kenne kaum Comic-Figuren. Ich bin ja schon sein Avatoon, das muss reichen.

    Welcher Einfall der Natur hat Dich zuletzt überrascht? Oder hört nicht damit auf, Dich zu faszinieren?

    Mich fasziniert immer wieder das menschliche Bewusstsein und die verbreitete Überzeugung eine Relevanz zu haben. Das ist genau betrachtet ja völlig absurd. Ich hatte lange Zeit Mäuse und habe viel Zeit damit verbracht zu beobachten, wie planvoll sie Dinge von A nach B tragen, nur um sie später wieder von B nach A zu schleppen und noch ein wenig später wieder völlig zu vergessen. Oder z. B. Ameisen sind ja auch immer höchst fleißig und geschäftig. Und dann überlege ich mir, dass man auf uns Menschen natürlich genauso schauen uns sich amüsieren kann über unsere Hektik und Aufregungen und Bemühungen. Zum Glück vergesse ich diesen Gedanken immer sehr schnell wieder.

    Aber die natürliche Anlage vieler Lebewesen, sich in der völligen Abwesenheit von Sinn doch einen solchen zu konstruieren, fasziniert mich.

    Was hast Du gerade in Deinen Hosen- und/oder Jackentaschen?

    Ein Schnapsglas.
    (Das ist nicht, wonach es aussieht!)

    Sehr schön. Ich würde mich freuen, wenn Du über einen dieser Gegenstände ein Gedicht schreiben könntest. Einen Haiku, einen Limerick, einen Vierzeiler für’s Tageblatt, ein Sonett, egal. Wenn es Dir lieber ist, kannst Du auch was zeichnen. Oder tanzen. Oder eine Oper dazu komponieren. Nur: Wir würden das hier gerne sehen! Und wenn die Antwort aus 9 Dich nicht inspiriert, nimm die 2.

    Bekanntlich mag ich keine Gedichte. Meine bevorzugte Form ist nicht die literarische Verdichtung sondern eher die Laberform. Daher habe ich einen Gedichtgenerator bemüht und muss sagen, dass ich von dem Ergebnis sehr angetan bin. Das von mir mittels Generator produzierte Gedicht - ich habe nur Strophen-/Zeilenumbrüche und Satzzeichen modifiziert - schlägt um Längen alles, was ich in meinem kürzliche entsorgten Deutschen Lyrikkalender vorgefunden habe. Lesen Sie selbst:

    Verstörung

    hinter blödem Menschen
    private Einfälle und eine Tatze
    grünliche Adlerflügel verlieren und lachen:

    Mensch -
    tröpfelndes Glas in endloser Nacht


    Geht es eigentlich auch wieder etwas weniger hysterisch? (Bzw.: alle bekloppt?)

    Sicherlich.

    Haben Sie denn noch irgendwelche Frage an uns?

    Natürlich, ich habe immer unglaublich viele Fragen, dies ist nur ein kleiner Auszug:

    1. Welche Comic- oder Zeichentrickfigur wäre ich?
    2. Wie interpretieren Sie mein Gedicht "Verstörung"?
    3. Worüber könnte ich morgen schreiben?
    4. Kochvorschlag fürs Wochenende (möglichst unaufwändig)?
    5. Sollte man sich evtl. noch viel mehr aufregen?

    Donnerstag, 11. Februar 2016
    50-Meter-Bahn

    Es ist Mittwoch, wir waren schwimmen. Mit Parkplatz und geöffnetem Schwimmbad und sogar mit 50-Meter-Bahn - das ist schon was echt schönes, so eine 50-Meter-Bahn. Leider fanden das aber doch ziemlich viele andere Leute auch schön. Der beste Zeitpunkt, um ohne allzu viel Gesellschaft schwimmen zu gehen, scheint Samstagabend gegen 20 Uhr zu sein.

    Es tummelten sich alle möglichen Sorten von Mensch im Becken. Ein paar Gesellschaftsschwimmer, je später es wurde aber desto weniger davon. Ein paar normale Bahnenschwimmer und auch eine Handvoll Sportschwimmer. Teilweie mit Utensilien, dies Schwimmhäute für die Hand sah ich an mehreren Stellen im Einsatz und sogar auch einen Kraulschwimmschnorchel, den ich mit etwas Neid betrachtete. Lila war er. Ich habe aber ja schon neue Badelatschen (pink) und als nächtes ist eine neue Schwimmbrille dran (vermutlich schwarz). Ein eventueller Schnorchelkauf muss noch warten, wobei ich heute zum ersten Mal ganz instinktiv die Billy-Idol-Fresse zur Atmung ausgeführt habe, ich war selbst so überrascht, dass ich mich beim nächsten Atemzug sofort verschluckt habe. Aber: eindeutig. Es geschah mir noch öfters. Vielleicht mussten sich dafür im Gehirn erst neue Synapsen bilden.

    Was war noch? Man kann Entgegenkommenden auf einer 50-Meter-Bahn recht gut ausweichen. Trotzdem wurde es manchmal eng und Rollwende war auch nur ungefähr jedes dritte Mal möglich wegen Beckenrandlungernden. Einer der Sportschwimmer hatte einen Zeitnehmer am Beckenrand, die Zeit war nicht so, wie erhofft. "Ich hatte halt auch zwei Begegnngen", sagte der Sportschwimmer erkärend. Begegnungen haben, das klingt schon ziemlich dramatisch beim Schwimmen, so in etwa wie "Zwischenfälle", wenn man in einem Atomkraftwerk arbeitet. Wann immer mir im Becken also ab diesem Zeitpunkt jemand entgegen kam - und das war sehr oft - musste ich leider sehr lachen.

    Dann wollte ich aufhören zu schwimmen aber konnte die Kraulschwimmpartnerin nicht mehr finden. Seit diesem Jahr schwimme ich nämlich ohne Kontaktlinsen, weil es erstens viel cooler ist nicht dauernd darauf achten zu müssen, dass kein Wasser in die Augen kommt und weil es zweitens meinen ausführlichen Studien nach im Schwimmbad viel mehr gibt, das man nicht sehen möchte, als das man gerne gesehen hätte. Ach ja, und drittens vergesse ich ständig, neue Linsen zu kaufen, aber das ist eher nebensächlich. Jedenfalls kann ich ja unter Wasser recht gut sehen, tauchte also munter umher auf der Suche nach der Kraulschimmpartnerin, aber das Becken ist groß 50 Meter halt, ich musste ein paar Mal hin- und herschwimmen, um alles gründlich abzusuchen. Ohne Erfolg, die Kraulschwimmpartnerin stand nämlich bereits am Beckenrand.

    Wir gingen dann noch kurz ins Dümpelbecken, dort war wieder starker Parfümalarm (vielleicht kaufe ich auch noch eine Nasenklammer, wobei ich Nasenklammer doch ein kleines bisschen uncool finde) und dann nach Hause.

    Bis nächste Woche muss ich unbedingt die Dehnübungen für Füße und Waden konsquent ausführen, Krämpfe waren nämlich auch dieses Mal wieder ein viel größeres Problem als Kraft oder Kondition. Diese Übungen kann ich sehr gut in der Teeküche im Büro am Fenster machen, der Sims dort hat exakt die richtige Höhe. Ab morgen also mindestes einmal täglich ein Küchenschwätzchen mit Kaffee.

    Dienstag, 9. Februar 2016
    Fragen über Fragen

    Der Presse entnehme ich, dass Sigmar Gabriel sich bis Mitte der Woche frei nimmt, um sich um sein krankes Kind zu kümmern, denn seine Frau muss arbeiten. Das ist offenbar eine Meldung wert und natürlich ist auch mein Interesse sofort entfacht. Privat, weil Kindkrank immer nervlich aufreibend ist. Beruflich sowieso, weil es mich immer interessiert, wie andere Arbeitnehmer und Arbeitgeber so etwas handhaben.

    Laut Sitzungskalender stehen ja immerhin für diese Woche keine Parlamentssitzungen an, kann aber natürlich sein, dass die Fraktionen tagen oder es sonstige Termine gibt und zu lesen, vorzubereiten und zu recherchieren oder generell zu regeln. Was heißt "nimmt sich frei" wohl genau? Hat Herr Gabriel sich nun bezahlten Urlaub genommen und wie viele Tage Urlaub hat ein Mitglied des Deutschen Bundestages wohl im Jahr? Das kann man sicher googeln. Unbezahlter Urlaub ist sicher auch möglich, ich weiß jetzt gar nicht, was der Berufsstand von Herrn Gabriel ist, sind ja längst nicht alle MdBs im öffentlichen Dienst angestellt. Ich weiß zu wenig über diese Dinge. Dass die Krankenkasse Krankengeld wegen Betreuungsbedarf eines erkrankten Kindes zahlt, kommt natürlich nur in Frage, wenn Herr Gabriel gesetzlich krankenversichert ist. Oder macht er gar Homeoffice?

    Wie auch immer, es geht ja nur um ein paar Tage. Mitte der Woche reisen, so lese ich, die Großeltern an, um die Betreuung zu gewährleisten. Sind vermutlich nicht mehr berufstätig. Hoffentlich stecken sie sich nicht an, Scharlach bzw. die möglichen Komplikationen bei Erwachsenen sind ja nicht so lustig. Ich hab mich nicht getraut, Mama N. herzuholen, als Mademoiselle Grippe hatte.

    Aber wie ist die Betreuung des Kindes eigentlich sonst geregelt? 2014 ging ja schon durch die Presse, dass Herr Gabriel sich immer Mittwochsnachmittags kümmern wird. Die Frau hat eine "Praxis", was für eine habe ich nicht recherchiert. Wenn Herr Gabriel so viel unterwegs ist, passt das mit den Öffnungszeiten der Kita und mit den zahlreichen Schließzeiten? Ich hab ja immer schon Blutdruck bekommen wenn auf einem Umweltpapierzettelchen das Wort "Betriebsausflug" oder "Konzeptionstag" auftauchte. Geht Herrn - und Frau - Gabriel sicher genauso.

    Was mich allerdings auch ein bisschen verwirrt ist, dass das Gespräch mit dem Focus am Montag in Hamburg stattfand, wo das kranke Kind doch in Goslar ist und der Arbeitsplatz in Berlin. Wer ist denn jetzt beim Kind?! Insgesamt könnte man sagen, ich fühle mich nicht ausreichend informiert vom Focus. Vielleicht gibt es ja nächste Woche ein Sonderheft zu diesem weltbewegenden Ereignis.

    Dienstag, 9. Februar 2016
    Sturm?

    Also war jetzt eigentlich Sturm? Ich bin jedenfalls wie eine Anti-Tornadojäger-Heldin vor dem roten Feld auf dem Sturmradar über drei Mittelgebirgte gerast, nur um mir an der heimatlichen Stadtgrenze in einem gut einstündigen Stau wegen Glatteis fast in die Hose zu machen.

    Danach hab ich mich dann um nichts mehr gekümmert. Vielleicht war ich also sogar Anti-Phantom-Tornadojäger-Heldin.

    Sonntag, 7. Februar 2016
    Es gibt nichts zu sehen

    Heute Nacht wachte ich irgendwann auf, weil der Kater von meinem Rücken in mein Gesicht sprang. Das geht, weil ich den Kopf seitlich lege, sonst könnte ich ja nicht atmen, ich schlafe in einem Bett und nicht auf einer Massageliege. Der Kater sprang mit Krallen, keine Ahnung warum, ich schlief ja, ich weiß auch nicht, wie spät es war, alles dunkel, noch keine Flugzeuge draußen, also vermutlich einfach mitten in der Nacht. Der Kater sprang dann weiter auf den Nachttisch zwischen alles mögliche, es gab Radau, ich setze mich auf, befand, dass der Wecker noch funktionierte, befand, dass im Gesicht alles weh tat und legte mich resigniert einfach wieder hin, weil ich auf alle anderen Optionen keine Lust hatte.

    Beim Einschlafen lief irgendwas warm vom linken Auge meine Nase hinunter. Sofort integrierte ich das in einen Traum. Und zwar ist es ja so, dass ich heute Karneval feiere. Ich habe aber schon seit Jahren nie ein Karnevalskostüm, weil mir das zu anstrengend ist. Werde ich also gefragt, ob ich zum Karneval nach Düsseldorf fahre, sage ich enthusiastisch "Ja!", beim Gegenüber sorgt das für Verwirrung und ich werde gefragt "Wirklich?!", ich bejahe wieder, dann werde ich nach meinem Kostüm befragt und ich sage "nee, ohne Kostüm". Dann erkläre ich, dass sich meine Kostüme finden, irgendwie, spätestens auf der Straße. Ich bekomme von fremden Menschen Hüte aufgesetzt oder was in die Haare oder Dinge umgehängt oder Kussmünder ins Gesicht und dergleichen, am Ende des Tages bin ich bisher noch jedes Mal irgendwie verkleidet gewesen. Und gestern fiel mir im Gespräch mit Little B. noch ein, dass ich einfach auch immer sagen könnte, ich gehe als Ostwestfale. Das ist nah genug dran an Düsseldorf, dass man weiß, was das überhaupt ist, aber fremdartig genug, dass es als Verkleidung durchgeht.

    Dieses Jahr dann also Frankenstein, herbeigeführt durch den Kater, mit einem tiefen Riss über dem linken Auge und ein paar weiteren großen Kratzern über Wangen, Stirn und Kinn. Die Kostümierungen kommen zu mir, wieder einmal habe ich Recht behalten, Zufriedenheit machte sich breit. Ich schlief sehr gut und tief noch ein paar Stündchen.

    Dann klingelte der Wecker, ich ging ins Bad, schaute in den Spiegel und dachte "ach Du meine Güte, tatsächlich Frankenstein!", dann stieg ich unter die Dusche, schaute danach wieder in den Spiegel und dachte "he - wo ist mein Kosüm?!"

    Alles weg. Wahnsinn, wie viel Blut aus einem höchstens 2 Millimeter großem Katzer aus dem Augenlid kommen kann. Und selbst den sieht man nur, wenn ich das Auge geschlossen halte.

    Dennoch: Helau

    Samstag, 6. Februar 2016
    Piep(ts?)

    Frau N (zu 3 karnevalistisch angehauchten Herren im Vierersitz der Bahn mit Handbewegung zum freien Platz am Fenster): Darf ich?

    Herr 1: (nimmt Tasche weg)

    Frau N: (setzt sich)

    Herr 2: Na, was haben wir dann da für ein Vögelchen gefangen?!

    Frau N: Wollen wir mal sehen, ob Sie das herausfinden, nicht? 8 Stationen haben Sie Zeit, dann steige ich aus.

    (8 Stationen Schweigen)

    Frau N: Tschüss.

    3 Herren: Tschüss.


    Also, das war jetzt schon ein bisschen schwach.

    Freitag, 5. Februar 2016
    WmdedgT 2/2016

    (Was WmdedgT ist und wer das noch macht findet sich hier)

    Das war ein bisschen anstrengend gestern und man kann tastächlich wie verkatert sein nach derartigen Spielereien. Also war ich heute Morgen um 6 Uhr gar nicht so fit wie gewohnt, aber ist ja auch alles irgendwie egal: ich hab zum Geburtstag einen wunderschönen metallic-blauen Themorbecher bekommen, in dem kann ich einen dreifachen doppelten Espresso mit Milchschaum durch das Morgengrauen vor mir hertragen. So ein Becher ist übrigens auch ein Ansprechmagnet, wenn man ihn in der Bahn auf das Mülleimerdings stellt. "Sie haben Kaffee!" sagen die Leute oder "Schöner Becher!" oder "Sowas ist ja auch besser für die Umwelt, schlimm diese Leute mit ihren Pappbechern!" oder "Dass die Leute heute überall etwas verzehren müssen!". Alles schon gehört. Es gibt die verschiedensten Antwortmodelle auf alle diese Äußerungen. "Ja!" geht immer, "Sperrt Sie alle ein‼" auch oft, erstaunlich gut passt auch "Und Sie?!", aber dann muss man gewillt sein, das sich daraus ergebende Gespräch auch weiterzuführen. Das war ich noch nie, ich habe "Und Sie?!" also bisher immer nur gedacht und musste öfters ein bisschen vor mich hinlachen dabei. Da wird man dann auch gar nicht mehr angesprochen.

    Im Büro die ersten Stunden damit zugebracht, das Schlachtfeld aufzuräumen, Debriefing sozusagen. Mittagessen abgesagt wegen zu viel zu tun, dann festgestellt, dass ich ja schon das Frühstück wegen Eile stehenlassen hatte und nicht vor 19 Uhr nach Hause kommen werde, also schnell ganz viele Leute belabert, dass sie doch mit mir was zu Essen bestellen sollten. Dann normales Arbeitszeugs, unterbrochen von Irrsinn, wie immer geplanter früher Aufbruch und letztendlich hektisches Wegrennen in letzter Minute.

    Freitags bin ich die Trainingsfahrerin, ging also nur kurz nach Hause, um Mademoiselle und die Sporttasche nach unten zu klingeln und dann zum Carsharing-Auto und dann zur Sporthalle. Von dort weiter in einen anderen kleinen Ort, in dem ich vor einer Woche mit Mademoiselle versucht hatte, neue Turnschläppchen für sie zu kaufen. Es gab das gewünschte Modell nicht, Kunstturnschläppchen kosten aber nicht gerade zweieurofuffzich, so dass ich wenn, dann schon auch die genau richtigen einkaufen wollte. Der Verkäufer fand das übertrieben, die anderen würden genauso gut gehen, es kostete damals ziemlich Mühe und scharfen Tonfall, ihn dazu zu bewegen, das gewünschte Modell - das man natürlich auch hätte online bestellen können, klar auch etwas günstiger, aber manchmal unterliege ich dieser sentimentalen Anwandlung, im lokalen Handel einzukaufen - zu bestellen, damit ich dann eine Woche später nochmal mit einem geliehenen Auto in diesen komischen kleinen Ort fahren kann, um sie abzuholen. Heute war die Bestellung tatsächlich da, der (selbe!) Verkäufer ein Ausbund an Freundlichkeit, der mich noch ausfragte nach Verein und Riege und letzten Wettkämpfen und so weiter und letztendlich 20 % Freundschaftsrabatt in die Kasse tippte. Bei sowas frage ich mich immer: Was ist mit den Menschen?!

    Weiter ging es zum Supermarkt, Wocheneinkauf, dann wieder zur Sporthalle. Nun waren noch 45 Minuten übrig, ich überlegte, ob ich einfach den Sitz nach hinten klappe und eine Dreivierstelstunde schlafe, aber davon werde ich aber erfahrungsgemäß kalt und wehleidig, so dass mich lieber mit Internet und Cola wach und weiter überdreht hielt, bis Mademoiselle aus der Halle kam.

    Zurückgefahren, fremdes Auto auf dem Carsharing-Parkplatz vorgefunden, Auto abschleppen lassen, 19 Uhr zu Hause, Abendessen gemacht, Katzen gefüttert, Kuchen gebacken (ist noch im Ofen), Katzenklos saubergemacht, Wäsche aufgehängt.

    Jetzt Couch, ab 20:15 Uhr Verabredung mit der Spanischen Inquisition. Ich stelle den Text lieber vorher online, wer weiß, wie das ausgeht, vor dem falschen Tribunal kann man ja noch so unschuldig sein (an dieser Stelle eine Mischung aus märtyrerhaftem Blick und unterdrücktem Lachen vorstellen).

    November seit 6615 Tagen

    Letzter Regen: 28. April 2024, 22:43 Uhr