Es bleibt kompliziert.
Geplant war, dass heute ganz in Ruhe Mademoiselles Klassenfahrt vorbereitet wird, also die letzten Sachen durchgegangen und ein ruhiger Abend und so, und morgen habe ich dann vormittags ein Brandschutztraining, arbeite nachmittags alles im Büro weg, was da noch so ist, sitze abends tiefenentspannt auf der Couch und werfe zwischendurch hübsche Dinge in meinen Koffer und trete Dienstag früh die Reise nach Berlin an.
Nun streikt aber ja die Bahn ab Dienstag. Und da es sich ungefähr 5 Minuten, bevor ich vom Bahnstreik erfuhr, sogar noch ergab, dass ich möglicherweise gar als Quotenfrau (Quotenfrau wollte ich ja immer schonmal sein, vorzugsweise im Vorstand eines DAX-Unternehmens, aber man kann es sich nicht immer aussuchen) kurz auf einer Bühne auftreten werde statt nur zuzuschauen, war ich jetzt gerade gar nicht gewillt, alles abzusagen oder für die Anreise mehrere Tage einzukalkulieren.
Und so setzte ich eine komplizierte Maschinerie aus Hotelumbuchungen, Bahn-Neubuchung, Bahn-Stornierung und etwa 3.000-fachem Reload der Flixbusseite in Gang, zwischendrin warf ich gar nicht tiefenentspannt hübsche Dinge in den Koffer sondern riss von der Wäscheleine, was mir unter die Finger kam, sagte das Brandschutztraining ab, organisierte noch all das, was für morgen Abend zu organisieren geplant war (und zwar auch keine Kinkerlitzchen sondern: Buffet am Schulsommerfest, Lokalität und Zeitplan der 4.-Klasse-Abschiedsfeier und Logistik zu einem Turnerwettkampf).
Aber nun scheint es geschafft, ich fahre halt schon morgen, habe sogar eine Unterkunft und reise Donnerstag mit dem Bus zurück, die Einzelheiten werden sich finden. So vermeiden wir zwei Dinge, die wir nie gewollt hätten:
1. Dass ich den Rückweg Donnerstag nicht schaffe und folglich nicht da bin, wenn Mademoiselle am Freitag um 10 von der Klassenfahrt zurückkehrt. Das wäre sehr schlecht gewesen, schließlich gehöre ich zu den Leuten, die enorm ärgerlich werde können und dabei manchmal unter mangelnder Affektkontrolle leiden. Es hätte also sein können, dass ich irgendwas Furchtbares tue, z.B., naja, in Berlin am Bahnhof sitzen und bitterlich weinen.
2. Dass ich tiefenentspannt, ohne Stress, organisiert, durchdacht und überlegt gekleidet nach Berlin reise. Dann hätte mich nämlich gar keiner erkannt, inklusiv mir selbst.
Also: alles gut.
Langsam kehrt hier wieder etwas Entspannung ein, und neben 7-Maschinen-Wäsche-Waschen habe ich heute zwei Dinge erledigt, die ich schon seit Wochen vorhabe, nämlich: vom Optiker die Brille richten lassen und alle Wordfeud-Spiele, bei denen ich an der Reihe bin, abarbeiten.
Ich sage mal so: mein Tagwerk ist getan.
Meine Damen und Herren - es gibt eine Situation. Wie Sie bereits erfahren durften, habe ich mich aus einer Vielzahl an unzusammenhängenden Zufälligkeiten entschlossen, nächste Woche nach Berlin zur re:publica zu fahren. Eine dieser Zufällgkeiten ist, dass Frau Herzbruch dort beruflich sein wird und es mir sehr zu Gesicht steht, die ständig leicht angetrunkene Frau an ihrer Seite zu geben.
Und hier kommen wir schon zur Situation: Frau Herzbruch ist dort mit Klarnamen und Titel, ich jedoch bin dort als Frau Novemberregen, denn ich bin da ja zum Spaß und unter meinem normalen Namen im Internet so gut wie nicht zu finden. Wenn Sie nun also mich sehen, mit meinem Novemberregen-Namensschildchen (oder der tollen neuen Tasche, die sieht man bestimmt viel eher), und eine Frau nebendran die eigentlich so aussieht wie ich, nur eben genau komplett andersherum, dann ist das Frau Herzbruch, und die hat keinerlei - also wirklich absolut gar kein - Interesse daran, vor ihren Kollegen mit "Frau Herzbruch" angesprochen zu werden.
Sie sehen das Problem und ich sage mal: das wird sehr interessant und auch lustig, jedenfalls für mich!
Um Frau Herzbruch ein bisschen zu trösten, steht hier nun dieser Eintrag, und zwar zum einen, damit sie hinterher sagen kann, dass dies alles sehenden Auges geschah. Es ist psychologisch schließlich immer wichtig, nicht in die Defensive zu geraten, und diesem Aspekt haben wir nun Rechnung getragen.
Zweitens ist es natürlich Neugier - wie viele Personen werden Frau Herzbruch wirklich enttarnen, weil sie sich die meiste Zeit neben der schönsten Handtasche der Welt aufhält? Falls Ihnen das gelingt, geben Sie doch bitte Bescheid.
Und alle Kollegen von Frau Herzbruch, die in ungefähr einer Woche hier landen, seien hiermit schon einmal herzlich begrüßt.
Der Kraulschwimmkurs war ja schon beim ersten Mal super, beim zweiten Mal wurde das Erlebnis durch die Verwendung der Schwimmbrille deutlich aufgewertet!
Mit den Armen haben wir aber noch immer nicht angefangen. In der ersten Stunde waren ja die Beine dran, gestern nochmal die Beine und speziell auch die Füße, jahaaa, die sind beim Kraulschwimmen auch enorm wichtig. Die bewegen sich nämlich wie Seeanemonen und schwingen am Stängel (aka Bein) hin und her, wobei sie mit dem Spann Wasser wegdrücken und später mit der Fußsohle nachstoßen. Insbesondere meine Fußsohlen waren sich ihrer Funktion als Seeanemone aus dem Alltag wohl noch nicht bewusst und hatten heute beim Aufstehen Muskelkater.
Sowieso, Muskeln: nach etwa einer halben Stunde herumüben bekam ich letztes Mal einen Wadenkrampf und dieses Mal sogar zwei (also: in jedem Bein einen, gleichzeitig). Ich erinnere mich dunkel, dass ich das als Kind im Wasser auch immer hatte, aber das ist ja lange her und seitdem war ich schon häufig Schwimmen, ganz ohne Wadenkrämpfe. Was soll das? Ich hatte letzte Woche sogar schon Magnesium eingekauft, der reine Einkauf hat aber noch kein Ergebnis gebracht. Vielleicht denke ich daran, es bis zur nächsten Stunde auch mal einzunehmen. Die wirklich nächste Stunde verpasse ich aber leider, da ich ja nach Berlin verreise. Sehr besorgniserregend, was ich da möglicherweise alles verpasse. Vielleicht kommen die Arme dran und ich bin nicht dabei?!
Nunja. Wichtige Tipps, die ich bisher mitgenommen habe: Kopf etwas tiefer ins Wasser, Beine etwas weniger weit bewegen, Füße wie Seeanemonen schwenken.
So, nun zum Elternbeirat und warum ich das nicht mehr machen möchte:
Ja, das Amt hat Potential und die Zusammenarbeit mit der Schulleitung war gut und mangels anderer Kandidaten hat es mich auch bis in den SEB-Vorsitz und den Stadt-EB geschleudert. Ich finde das Amt gut und sinnvoll, aber ich möchte es nicht mehr bekleiden, denn ich habe herausgefunden: Die träge Masse stößt mich ab.
Zur Erläuterung der Problematik zwei kleine Szenen aus der letzten Sitzung, Thema „Katastrophaler baulicher Zustand der Schule“:
Szene 1:
Vater 1: Wir müssen da was machen! Da muss man eine Unterschriftenaktion machen!
Alle: Ja! Genau! Unbedingt und Sofort!
Frau N: Gerne! Entwerfen Sie etwas dazu und verteilen das an die Klassen?
Vater 1: Äh, ich – ich, ähm, also – ich bin beruflich sehr eingespannt.
Frau N: Verstehe. Wer von den anderen könnte das denn in die Wege leiten?
(Stille)
Szene 2:
Mutter 1: Da müssen wir hingehen zu der Sitzung und da demonstrieren!
Alle: Ja! Genau! Unbedingt und Sofort!
Frau N: Gute Idee. Finden Sie heraus wann/wie/wo und melden das an? Wir müssten dann die Informationen verteilen und die eine oder andere Aktion planen, Plakate etc. Das macht am besten ein kleines Team. Würden Sie das koordinieren?
Mutter 1: Äh – also – mir liegt sowas nicht…
Frau N: Verstehe. Wer hier im Raum wäre denn bei dieser Aktion dabei?
(Stille)
Ich bin kein Politiker und ich bin kein Coach, Befindlichkeiten und Statusdünkel finde ich komplett irrelevant. Kommen Sie zu mir, wenn Sie eine Entscheidung wollen oder eine Auskunft oder einen Tipp, was wie funktioniert, oder von mir aus auch, wenn irgendwo heiße Kohlen herauszuholen sind oder sich jemand stellvertretend für irgendwas abwatschen lässt. Aber kommen Sie nicht, damit ich Sie an die Hand nehme und Sie irgendwo hinführe und betüddele oder Ihnen Ihre Gedanken vorkaue. Das liegt mir nicht. Das interessiert mich nicht. Ich habe keine Geduld. Ich mache Sachen lieber allein, als andere, langsamere, unwilligere, mitzuzerren. Kurz: Ich bin für Gremienarbeit nicht geschaffen.
Hinzu kommt, dass ja eben nicht nur die "großen" Themen anstehen, für die ich mich gerne engagiere. Es gibt auch diesen irrsinnigen Haufen an Kleinkram, den ich für komplett entbehrlich halte: ob es den Füller ab der 2. oder ab der 3. Klasse gibt ist mir zum Beispiel völig wumpe, ich habe noch nichtmals eine Meinung zu Schreibschrift und auch das Sortiment des Schulkiosks löst in mir keinerlei Gefühle aus.
Zusätzlich zu den Themen - und das sind nicht wenige - zu denen ich dann eben auch noch eine von der Mehrheit komplett abweichende Meinung hab. Damit kann ich generell gut leben, aber, wie gesagt: Gremienarbeit, das ist Demokratie, die Eltern- und Lehrerschaft möchten, dass die Kinder mehr Gemüse essen, und ich überlege folglich mit, wie man das Gemüse am besten schnitzt, damit man es den Kindern unterjubeln kann, wo doch mein Kind einfach nur essen soll, worauf es Appetit hat; oder die Sache mit den "Medien", aber dazu habe ich ja schon alles gesagt. Ich stehe nicht dahinter, deshalb sollte ich auf keinen Fall noch vorstehen. Die hätten mich nie wählen dürfen!
Und ganz davon abgesehen finde ich, dass Mademoiselle jetzt in einem Alter ist, in dem ich mich in Schulkrempel nicht mehr so involvieren sollte. Ich möchte nicht mehr dauernd in der Schule sein, ich möchte nicht, dass mich alle Lehrer und fast alle Kinder kennen. Das ist ihr Ding, Sie geht zur Schule, nicht ich.
Der Kopf ist leider noch auf Abwegen, Sie kennen das vielleicht, dass die Tage so voll sind mit Planungen und Regelungen, dass man sich möglichst gerade hält, damit nichts aus dem Gehirn hinausfällt, aber gleichzeitig passiert da drin auch nichts, es ist so vollgestopt, dass keine Bewegung mehr möglich ist. Dabei war heute eigentlich ein ruhigerer Tag, der erste seit irgendwann, und angenehmes regnerisches Wetter, dabei blühe ich auf. Ein paar Verrücktheiten über den Tag verteilt aber größtenteils schon wieder vergessen, hervorzuheben vielleicht die Frage, warum um alles in der Welt auf dem Zettel, der um Kuchenspenden für das Sommerfest bittet, draufsteht, diese sollten bitte selbstgebacken sein. Es erschließt sich mir nicht, es gibt einen Berufszweig, der sich mit der Produktion von Kuchen befasst und dieses Handwerk umfassend beherrscht, was an einem solchen Kuchen nun schlechter sein soll als an einem, an den ich mich am Vorabend eines Sommerfestes irgendwann nach 20 Uhr völlig entnervt erinnere und mich mit so schlechter Laune von der Couch erhebe, dass ich am liebsten in den Teig rotzen würde, erschließt sich mir nicht, es konnte mir auch niemand erklären, ich habe den leisen Verdacht, dass es um den Aufwand geht, niemand soll es sich einfach leicht machen, wo kämen wir denn da hin. "Noch drei Monate", murmele ich in solchen Fällen leise, "noch drei Monate", dann kommt nämlich der Schulwechsel und es wird mir in diesem Leben nicht noch einmal passiern, Elternvertreter für irgendwas zu sein, 8 Jahre habe ich das jetzt gemacht und nie gewollt, sondern immer, weil es keine Freiwilligen gab und ich nach Hause wollte, 4 Jahre Kindergarten, 4 Jahre Grundschule, immer dasselbe Theater und alle verrückt und es ist jetzt einfach endgültig genug. Egal. Am Mittwoch ist wieder Kraulschimmkurs, die Tasche ist dieses Mal vorsorglich schon perfekt gepackt (aber der Mitliedsausweis, fällt mir gerade ein, der steckt noch im Handy...), außerdem muss ich neue Kontaktlinsen bestellen aber vergesse immer, wo ich die letzten bestellt habe und vergesse ebenfalls seit zwei Wochen den Bestellakt an sich, deshalb habe ich nun die leere Packung in die schöne neue Tasch gesteckt, wo sie mir morgen irgendwann wieder in die Finger fällt, wenn ich mehr Energie habe, das alles herauszufinden, und in der Packung stecken Zettel mit den Terminen, die alle diese Woche irgendwann mitgeteilt wurden, Fußballturnier, Wettkampf, Citylauf, Packliste für die Klassenfahrt, pädagogischer Tag, Kindergeburtstag, Nachholstunde in der Musikschule, Friseur, Gesamtkonferenz, und wenn das alles drin ist, kann ich vielleicht auch endlich, endlich, endlich Pe Bescheid geben, an welchem Wochenende ich zum einen ihr Geburtstagsgeschenk einlösen kann und wir zum zweiten die jährliche Wanderung mit Kindern und Omas machen, bei der die Kinder es am tollsten finden, an den Wegen seitlich die Berge hochzuklettern und die Omas sich dann veranlasst sehen, in Pumps den Kindern hinterherzukraxeln, damit diese sich nicht verletzten. In den ersten Jahren waren Pe und ich noch beunruhigt, weniger wegen der Kinder, aber irgendwann in den letzten 6 oder 7 Jahren haben wir auch unserem Platz in diesem Szenario gefunden, dieser ist an der Böschung des Flusses, wo wir dann sitzen und die Beine ins Wasser baumeln lassen. Und jetzt trage ich diesen Kopf vorsichtig ins Bett, damit nichts rausfällt, aber ich bin ganz sicher: in absehbarer Zeit wird sich das alles sortieren.
Leider haben sich bei mir Körper und Kopf vorübergehend getrennt (nicht in physischem Sinn, immerhin, nur übertragen). Bekannterweise war mein Kopf die letzen Tage noch immer im Kraulschwimmkurs verhaftet, während der Körper sich schon munter ins Büro schleppte und logistische Meisterleistungen im Kindestransport vollbrachte. Gestern Abend vereinten sich Körper und Geist dann kurzfristig durch die Einnahme einiger hervorragender Cocktails in einer Bar, aus der der Köper zurückkehrte, gegen 3 Uhr im Bett lag und schlief und sich heute morgen um 8 bereits deutlich auf der Autobahn nach Saarbrücken befand. Dort verblieb er auch den ganzen Tag, ist erst vor kurzem wieder auf dem heimischen Sofa eingetroffen. Wo der Kopf ist, ist derzeit unklar. Ich erwarte aber, spätestens am Mittwoch im Kraulschwimmkurs wieder auf ihn zu treffen. Bis dahin müssen wir alle nun etwas Geduld haben.
Ups. Heute lassen wir einfach mal sacken.
Was mich im Alltag zunehmend mehr nervt ist die Sache mit Kindern und „Medien“.
Dabei ist „Medien“ ja schon ein schwieriger Begriff, jedenfalls wenn man das Ganze in Gut und Böse einteilen will. Bücher zählen meistens zu „gut“, wobei viele Mit-Kindern-beschäftigte-Personen leichte Abstriche bei Comics machen. Zeitschriften werden schon kritischer gesehen, natürlich nicht Geolino und Konsorten, aber das aktuelle Filly-Heft oder die Bravo Girl, nunja. Hörbücher sind mittel, es sind zwar Bücher, aber man liest ja nichts, Achtung, Berieselungsalarm! Richtig böse ist aber, etwas zu gucken – DVD geht noch, Fernsehen ist schon echt schlimm. Und die Ausgeburt der Hölle ist – wie wir alle wissen: Internet!
Mademoiselle hat mit Internet angefangen, als sie 1 Jahr alt war. Zu ihrem ersten Geburtstag hat sie nämlich von ihrer Tante eine animierte Online-Karte von der Maus bekommen. Die Maus rutschte irgendwo runter und wenn man klickte, dann auch Elefant und Ente. Mademoiselle saß auf meinem Schoß. Sie starrte. Auf die Karte. Ich ließ Maus, Elefant und Ente rutschen. Sie starrte. Sie war wie versteinert. Dann fuhr sie den Zeigefinger aus, deutete auf den Bildschirm und rief „Mauf!!!“ Und dann „Nokma!!!!!“
„Mauf!!!“ und „Nokma!!!!“ und auch „Nok eiiiiiiiimaj!!!“ wurden Teil unseres Alltags. Also die gesamte Maus-Seite. Und Tom und das Erdbeermarmeladebrot mit Honig. Und das Sandmännchen. Und Vulkanausbrüche auf Youtube.
Als Mademoiselle 4 Jahre alt war, bekam sie zu Weihnachten einen Nintendo - das hatte sei bei einem Mädchen auf einer Party (im Februar!) gesehen, war sofort begeistert und ließ sich die nächsten 10 Monate nicht mehr davon abbringen. Die Verwandtschaft war irritiert bis schockiert. Mademoiselle spielte etwa 3 Wochen lang ununterbrochen, danach war Ruhe. So ist es bis heute, wenn sie ein neues Spiel bekommt: 2 – 3 Wochen spielt sie in jeder freien Minute, dann ist die Sache durch. Genauso, wie wenn sie ein neues Buch hat: dann liest sie tagelang wann immer es geht und dann ist sie fertig.
Am PC spielt sie gerne Wimmelbildspiele. Manchmal macht sie auch Online-Spiele, solche, bei denen man Tiere großzieht oder solche, bei denen man Burgen oder Städte baut oder Gärten anlegt. Manche dieser Spiele haben eine Chatfunktion, so hat sie ihre erste Online-Community kennengelernt, wir haben viel darüber gesprochen, wer diese Leute sein könnten, mit denen sie sich unterhält (mit dem Fazit: wir haben keinen blassen Schimmer, es könnte der schrumplige Nachbar von oben sein oder auch die Schulfreundin, die in der Klasse neben ihr sitzt, oder Tiger021 könnte auch wirklich 19 Jahre und Mechatronikerazubi sein) und was diese Leute von ihr erfahren. Sie schaut gerne Youtube-Videos und es gibt in ihrem Bekanntenkreis einige Jugendliche, die selbst Videos machen und andere, die Videos kommentieren. Sie hat etwa ein halbes Jahr lang immer mal wieder mit einem Online-Tastschreibkurs geübt. Sie hat mit zwei Freundinnen einen dreiviertelstündigen Film gedreht – also deutlich mehr Stunden Material aufgenommen, zusammengschnitten, mit Musik und Texten unterlegt. Mit Klassenkameraden hat sie eine Fotostory gemacht. Für ihr Buchreferat in der 3. Klasse hat sie die Autorin gegoogelt, ist auf eine Homepage gestoßen, hat eine Mail mit Fragen zur Entstehung des Buches geschickt und schon wenige Stunden später eine sehr ausführliche Antwort bekommen. Nach dem letzten Sommerurlaub hat sie ein Kindle bekommen – wir waren in Schottland, die mitgebrachten Bücher waren nach 3 Tagen gelesen und kein deutschsprachiger Nachschub zu bekommen. Ein Hoch auf WLan und Amazon, noch in keinem Urlaub konnten Herr N. und ich so entspannt in Restaurants und Pubs abhängen wie mit dem lesenden Kind nebendran. Seit letztem Weihnachten hat sie auch ein Smartphone, auf dem sie Musik hört, „Violetta“ im Disney Channel schaut und eine Whatsapp-Gruppe mit ihrer Schulklasse, mit ihrer Trainingsgruppe und mit der erweiterten Familie hat.
Für erstaunlich viele Leute in meinem Bekanntenkreis ist das mit den Kindern und den Medien ein erstaunlich schwieriges Thema. Da werden komplizierte Zeitregelungen getroffen, die möglicherweise durch Leistung (Schule oder Haushalt) erweitert werden können oder technische „Lösungen“ implementiert. Beides finde ich schwierig – haben Sie schon einmal 20 Minuten Mensch-Ärgere-Dich-Nicht gespielt, oder doch eher „eine Runde“? Was ist wenn die Elektrospielzeugzeit aufgebraucht ist, aber sich das Buch, das das Kind gerade liest, auf einem E-Reader befindet? Was hat eine 2 in der Klassenarbeit in Mathe damit zu tun, ob man nachmittags Lego baut oder Minecraft? Und zu den technischen Lösungen, um Himmels Willen, haben wir nicht schon mehr als genug Überwachung am Hals? Und können – wollen! – wir uns auf technische Spielereien zur Kindererziehung verlassen?
Ich reglementiere die Mediennutzung meiner Tochter überhaupt nicht.
Und zwar aus den folgenden Gründen: Zum einen finde ich, dass sie ihre Freizeit selbst gestalten darf. Ich halte es für respektlos, ihr für die Zeit, die neben Schule, Sport, Geigenunterricht und anderen Verpflichtungen bleibt, Vorschriften zu machen. Wir sprechen hier über etwa 1-2 Stunden am Tag und ab und an ein Wochenendtag (wenn keine Wettkämpfe, Aktivitäten oder Besuche geplant sind).
Zweitens finde ich nicht, dass es „wertvolle“ und „wertlose“ Möglichkeiten gibt, sich zu entspannen und Spaß zu haben. Wieso soll es besser sein, Playmobil zu spielen oder ein Bild mit Stiften auf Papier zu malen, als online eine Burg zu bauen oder einen Film zusammenzuschneiden? Was spricht eigentlich dagegen, mein Kind in allen seinen Interessen zu fördern und zu unterstützen?
Und drittens sehe ich meinen Erziehungsauftrag auch gerade darin, nicht zu verbieten, nicht zu reglementieren sondern zu begleiten und zu erklären. Und Achtung, das Zeitfenster, in dem das möglich ist, ist verdammt klein! Einer Vierjährigen kann ich nämlich noch nicht viel über problematische Inhalte, Datenschutz und das Gedächtnis des Netzes, Risiken im Chat, Abofallen, Cybermobbing und natürlich auch Urheberrecht erzählen. Und eine Vierzehnjährige hört mir schon nicht mehr zu! Ich muss – das ist meine Verantwortung als Elternteil – also den Zeitraum irgendwo dazwischen abpassen, in dem die intellektuellen Voraussetzungen schon da sind, und die emotionalen Vorausetzungen noch da sind. Und das ist bei uns jetzt. Jetzt ruft Mademoiselle mich, wenn sie ein besonders interessantes Gespräch im Chat führt, damit ich für sie tippe, weil ich so viel schneller bin. Jetzt zeigt sie mir die Videos ihrer Bekannten und fragt, ob ich es gut fände, wenn sie etwas kommentiert, jetzt fragt sie vor jedem Download, ob ich einverstanden bin, ob sie auf OK klicken darf, ob sie noch irgendetwas beachten muss. Das wird in ein, zwei, drei Jahren wesentlich anders aussehen und – machen wir uns nichts vor – technische Sperren nützen dann auch nichts. Denn dann ist sie mit ihrem Handy mit ganz anderen Freunden in ganz anderen Wlans unterwegs.
Der Schwimmkurs beschäftigt mich offenbar stärker, als ich erwartet hatte, jedenfalls bin ich letzte Nacht im Schlaf noch ordentlich weitergeschwommen und habe proaktiv schonmal die Armbewegungen geübt, die noch gar nicht an der Reihe waren im richtigen Kurs. Vielleicht aus diesem Grund, vielleicht aber auch, weil man in einem Bett liegend den Bewegungsablauf nicht optimal darstellen kann, ging es nicht gut, mein Arm steckte komisch im Wasser fest, aber ich höre ja nicht so gerne auf, nur weil etwas nicht geht. Dann machte es bzzzzp und ich wachte von einem stechenden Schmerz in der Schulter auf. So gegen 2 Uhr.
Bis etwa 3 Uhr lag ich dann wach, weil ich mit meinen Schulterschmerzen keine gute Schlafposition mehr fand. Dann stand ich entnervt auf, nahm eine Schmerztablette, wartet nochmal eine halbe Stunde auf die Wirkung und schlief wieder ein - um wenig später aufzuwachen, weil Herr N. an mir rüttelte und mir in einer für mich völlig unverständlichen Sprache sehr viel mitzuteilen hatte. Ich habe keinen blassen Schimmer, worum es ging, so dass das Gesamtszenario etwas beunruhigend wirkte. Herrn Ns Stimme klang aber zufrieden, sogar fröhlich, und ich ließ mich von seinem Monolog wieder einschläfern, behindert allerdings durch die Tatsache, dass er mich immer mal wieder anstupste um mich auf einen besonderen (aber nach wie vor unverständlichen) Punkt seines Vortrags aufmerksam zu machen.
Ich glaube, so gegen halb 5 schlief ich wieder ein. Um 6 klingelte der Wecker. Jetzt bin ich sehr, sehr müde, die Schulter ist okay und für den Fall, dass nachts wieder geredet wird, egal wie zufrieden, liegt Oropax bereit.