Auf nichts ist Verlass in der Welt.
Heute Morgen z.B. wollte Mademoiselle gerne in den Hochseilgarten. Nun finde ich Hochseilgarten klasse, aber nicht morgens um 10. Morgens um 10 finde ich eigentlich nur Kaffee und Internet klasse, sonst nichts.
Ich sagte dem Kind, dass dort sicher nicht geöffnet sei, schließlich war ja gestern Sturm und auch heute morgen war noch ordentlich Wind. "Wir können aber ja mal gucken", sagte Mademoiselle, "und wenn nicht gehe ich skaten." Neben dem Hochseilgarten ist nämlich eine Halfpipe, das ist praktisch und die Aussicht, das Kind würde sich in einer Horde anderthalbmal so alter Skaterjungs tummeln während ich etwas entfernt am Kiosk auf der Bank Kaffee trinken und Internet lese, erschien mir äußerst attraktiv. So machten wir uns auf den Weg.
Am Hochseilgarten hingen auch schon diverse Menschen mit roten Helmen - das ist die Kennzeichnung für Mitarbeiter - in den Bäumen. "Geht wohl heute nicht, Sturm, ne?" sagte ich. "Och, doch. Nur die 8 nicht, der Rest ist stabil, wenns doch irgendwo wackelt, ruft ihr!", beschied mir ein Rothelm fröhlich.
Und so kam es, dass statt Bank, Kaffee, Internet heute morgen um 10 Gurt, Helm und Handschuh angesagt war. Auf nichts ist Verlass. Noch nichtmals auf einen Todesorkan!
Ein Tag voller Erfolgserlebnisse:
Gleich morgens um 8 kam der Rewe-Lieferant und - was ich nicht wusste, nicht ahnte, womit ich nicht gerechnet hatte: er nahm das Leergut aus dem Flur mit. Ich hatte ja keine Ahnung, dass diese Dienstleistung auch zur Verfügung steht! Das Leergut stand nur so im Flur, also eigentlich, damit Herr N. es ins Auto verschafft und entsorgt, aber das hatte noch nicht stattgefunden, so dass dort eben eine größere Tüte mit Plastikflaschen und ein Bierkasten war. Letzterer auch noch nicht ganz leer, wie der Lieferant schon bemerkte, als ich noch von der Überraschung, dass er so beherzt zu den Flaschen griff schnappatmete. Er trinkt aber kein Bier, der Lieferant, daher durfte ich die vollen Flaschen noch schnell raussortieren, er ist nämlich mehr der Cocktail-Typ. Falls das jetzt am frühen Morgen in irgendeiner Weise eine Aufforderung gewesen sein sollte, bitte ich um Entschuldigung nicht angemessen reagiert zu haben. Ich konnte nicht weiter als bis Kaffee denken.
Das zweite Erfolgserlebnis stellte sich gegen Mittag ein, nämlich: das Fotobuch wird fertig, rechtzeitig und überhaupt. Das war nicht so ganz klar, ich wusste nicht, ob ich ausreichend passende Bilder habe, ob sie einen roten Faden ergeben, also: ob das Material etwas sinnvolles hergibt. Aber das tut es, morgen nur noch die Feinarbeit, übermorgen nochmal einen ausgeschlafenen Blick darauf werfen, dann ist es fertig. Und dabei wird folgendes passieren: kurz bevor es fertig ist, bei etwa 98 %, werde ich denken: Ach. Das ist eigentlich doch keine so tolle Idee. Eigentlich ist das ziemlich doof. Sie wird sich nicht nur nicht freuen, sondern es das blödeste Geschenk von allen finden, so ein Alte-Tanten-Geschenk.
So ist das tatächlich immer, wenn ich irgendetwas fast fertig habe. Eine scheinbar vernünftige Stimme im Kopf, die mit aller Klarheit "Ach, kommt, lass es, das war keine gute Idee. Schmeiß einfach alles in die Tonne!" sagt. Im Grunde könnte ich die Spezialistin in Rückziehern in letzter Sekunde sein, außer, dass ich das ja schon seit Jahrzehnten kenne und daher "Pscht! Ksch!!" antworte und lieber meinem Ich der vergangenen 98% vertraue, das schon gewusst haben wird, warum ich bis zu diesem Punkt gekommen bin. Wir ziehen das also durch, die 98 % und ich. Und auch, wenn mich diese Haltung schon auf Karaoke-Bühnen und zu überraschenden Haarschnitten geführt hat, ist das Vertrauen doch, würde ich sagen, im Wesentlichen gerechtfertigt.
Ich werde also vollendet und mit zeitlich Luft zum Termin ein Geschenk in den Händen halten - der Zeitaspekt ist mir dabei fast so wichtig, wie die Vollendung, denn ein gutes Pferd springt war knapp, aber, ganz ehrlich: manchmal ist der Gaul auch müde. Kein youtuben nach Faltmöglichkeiten von Geldgeschenken mit Links, während Rechts die Haare föhnt, damit man nicht verspätet zum Event eintrifft, kein Karteschreiben auf wackligen Knien während der Anreise per Auto, nein, all das nicht. Ich werde vorbereitet sein, das erste Mal überhaupt, seit ich mich erinnern kann. Und wenn das das Raum-Zeit-Gefüge aushebelt, dann sei es so.
Der Urlaub begann etwas holprig, zum ersten Mal wurde ich nämlich um 7 (oder 6 oder 8) Uhr durch den Kater geweckt, der auf der Suche nach einem Haargummi auf meinem Nachttisch eine Hebelwirkung mittels des Asterix-Bandes "Hibbe und dribbe", aus dem ich Herrn N. allabendlich vorlese, auslöste. Durch die Hebelwirkung flog quasi alles vom Nachttisch herunter und der Kater auf den Bücherstapel neben dem Bett, der dann auch umkippte. Genau anschauen konnte ich mir das ganze Dilemma nicht, meine Brille lag nämlich nun irgendwo zwischen dem Krempel auf dem Boden.
Zum zweiten Mal wurde ich von Mademoiselle geweckt, die ihre rund 30 kg Lebengewicht auf mich warf und "Kämpfen!!!!" brüllte. Da war es 9 (oder 8 oder 10).
Ansonsten aber alles gut. Ich habe eine fünfpunktige Erledigungsliste für den Urlaub, ein Punkt ist schon abgehakt ("festliche Kleidung" für Mademoiselle für eine Taufe kaufen).
Der zweite Punkt besteht darin, für den Täufling - Mademoiselles beste Freundin und mein zukünftiges Patenkind - ein Fotobuch zu machen, mit allem, was wir in den letzten 10 Jahren gemeinsam erlebt haben bzw. den Erlebnissen, die bildlich festgehalten wurden. Ich habe es heute geschafft, die Bilder herauszusuchen, den Aufwand darf man nicht unterschätzen, nämlich: 10 Jahre Daten auf der Festplatte durchwühlen. Dabei hatten wir aber schon eine Menge Spaß, Mademoiselle hat bisher ungern Baby- und Kleinkindfotos von sich gesehen und schaute vieles heute zum ersten Mal an. Und da gibt es natürlich einige lustige Sachen.
Über Punkt 3, Steuererklärung, habe ich immerhin nachgedacht. Für diesen Punkt ist es allerdings notwendig eine Bescheinigung der gezahlten Kita-Gebühren zu bekommen, dazu müsste ich die Kollegin von Frau "Sie müssen aufpassen, Frau N.!" anrufen und dazu hatte ich merkwürdigerweise keine Lust.
Vielleicht morgen.
Zeitumstellung ist in diesem Haushalt jetzt etwas komplizierter geworden, es gibt nun nämlich drei Personen im uhrenumstellfähigen Alter und mit umstellungwilliger Disposition, die alle dazu neigen, sich nicht abzusprechen. Wer heute wie oft genau auf ein Leiterchen gestiegen ist, um die bahnhofsuhrgroße Küchenuhr umzustellen, möchte ich gar nicht wissen. Und welche der sonstigen Uhren wie geht, ist mir auch momentan recht egal, ich habe ja nächste Woche Urlaub.
Den Besuch, der heute kam, haben wir praktischerweise für "nach dem Mittagessen" eingeladen, das ist dann sowieso ein sehr offener und verhandelbarer Zeitpunkt. Als der Besuch z.B. auf meiner Handyuhr (weiß nicht, ob die sich selbst umstellt, denn ich hatte das Handy im Oktober noch nicht) um 15.30 Uhr eintraf, hätte es nicht nur auch 14:30 Uhr und damit gut nach dem Mittagessen sein können, sondern wir hatten selbst auch noch gar nicht zu Mittag gegessen, weil wir nämlich erst um 11 (oder 12 oder 10) aufgestanden waren. Ich habe also beschlossen mich mit dem Themenkomplex "Uhrzeit" zunächst nicht näher zu befassen. Erst am 11.4 muss ich wieder die genau Zeit wissen, um morgens um 7:55 Uhr etwas unbedingt zu erledigen. Bis dahin ist mir alles egal.
Falls Sie erwarten, dass ich zum Thema Sommer-/Winterzeit noch Stellung beziehe: selbstverständlich gerne. Für meinen persönlichen Biorhythmus ist es völlig egal. Ich kann immer schlafen, ich bin morgens, wenn der Wecker klingelt, immer wie erschlagen und nur fünf Minuten später topfit, diese Fitness hält an bis zum späten Nachmittag, ab da geht es immer rapide bergab und alle Postings nach 20 Uhr sind im Delirium geschrieben; diese Tatsache ist es, die mir eines Tages den Hals aus dem Strick ziehen wird, sollte mir jemand einen drehen wollen.
Seit das Kind auf der Welt ist, habe ich allerdings Schlafnervzeugs aus zweiter Hand im Sommerhalbjahr. Je länger es abends hell ist, desto weniger gut schläft Mademoiselle nämlich ein, was nichts mit Schlafraumverdunklung zu tun hat sondern, glaube ich, einfach nur damit, dass es nicht lange genug "Abend" war, bevor es ins Bett geht. Da sie gleichzeitig schon immer ein Morgenmuffel war, ist sie im Sommer morgens doppelt müde und das ist kein Spaß. Und da mir selbst lange, helle Abende ja auch nichts nützen (wegen Delirium), befinden Sie sich hier klar im Team Winterzeit. Und natürlich sowieso im Team Winter. Oder noch besser: Herbst. Es muss ja auch solche geben.
Ich war heute mit Mademoiselle in einer Drogerie und sie wollte dort gerne einen Klostein kaufen. Heißt vermutlich heute nicht mehr Klostein, was ich meine, ist ein durchdesigntes Dings in mindestens zwei Farben mit irgendeinem fancy Duft, das man unter den Toilettendeckel hängt, wo es vom Wasser umspült wird. Klostein halt.
Ich reagierte zögerlich. Mademoiselle war vehement. Es erschien ihr sowieso schon seit langem verdächtig, dass sich in unserem Haushalt kein solches Utensil findet, das doch für Hygiene wie Wohlbefinden gleichermaßen unabdingbar ist. Ich fragte sie, wozu wir wohl aufgeschäumtes und parfümiertes Wasser im WC benötigen würden. Mein Kind verwies darauf, dass das super sei: sie habe das im Fernsehen gesehen. Und - legte sie nach, weil sie weiß, dass ich Fernsehen nicht ernst nehme - auch irgendwo davon gelesen.
Über das Thema Werbung müssen wir sicher nochmal genauer sprechen. An mir selbst fiel mir aber auf, dass ich nicht so sehr über die offensichtlich erfolgreiche Werbekampagne des Henkel Konzerns amüsiert war, sondern generell über die Idee, man könne an irgendetwas fest glauben, weil es im Fernsehen kommt oder in der Zeitung steht. Oder von mir aus im Internet. Auch wenn ein Politiker was sagt, hat das für mich kein Gewicht. Experten hinterlassen mich gleichermaßen skeptisch, was weiß ich denn, wer dieser Experte ist, wer ihn bezahlt und wer ihn überhaupt Experten nennt?
Es ist nun nicht so, dass ich glaube, selbst alles besser zu wissen. Ich glaube eigentlich gar nichts. Alles, was irgendwer sagt oder schreibt, halte ich in erster Linie für Meinung. Mal fundierte, mal weniger fundierte, mal interessant formuliert, mal weniger, aber: Meinung. Nix Genaues weiß man nicht. Insofern gehöre ich nie zu den Leuten, die völlig erstaunt oder verletzt sind, wenn eine vermeintlich abgesicherte Expertenmeinung dann ein paar Jahre später doch wieder gekippt wird. Im Ausgleich dafür befinde ich mich aber in einem permanenten Schwebezustand, in dem es keine Wahrheit gibt.
Woher diese Haltung stammt und wann sie begann, überlegte ich. Zu Hause hatten wir früher durchaus eine Tageszeitung und man nahm an, dass das, was darin stand, stimmte und auch die 20-Uhr-Nachrichten wurden täglich geschaut und als sichere Informationsquelle über die Lage der Welt betrachtet. Wann ist das gekippt? Mir ist kein Zeitpunkt bewusst.
Vor ein paar Jahren, ungefähr, als ich Mutter wurde, habe ich Mama N. mal nach ihren Erziehungsgrundsätzen gefragt - also, ob es solche gab, und wenn ja, welche. Beim ersten Kind habe sie sich noch sehr von anderen beeinflussen lassen, sagte sie mir, und habe Sachen gemacht, die ihrem Gefühl eigentlich widersprachen. Bei mir - dem jüngsten Kind - habe sie sich komplett auf ihr Bauchgefühl verlassen. Vorbild und Liebe. Und sie habe versucht, uns so zu erziehen, dass keine von uns sich je von irgendwem würde einschüchtern lassen, nur weil diese Person eine wichtige Position hat oder eine Autorität ist.
Möglicherweise sind wir mit letzterem etwas über das Ziel hinaus geschossen. Aber ich beobachte auch in meinem Umfeld, dass alles - alles - mit einer gewissen, mit einer gesunden, aber vielleicht auch mit einer größeren Portion Misstrauen betrachtet wird. Stand in der Zeitung? Nunja, haha. Gibt es eine Studie? Chrchr, wer hat die in Auftrag gegeben. Ich kenne wen, der? Mhm, ich kenne wen, der genau anders.
Vielleicht müssen wir uns aber auf irgendeine Wahrheit einigen, damit es weitergeht. Wenn jeder jede Situation neu bewertet, anders bewertet, bindet das doch viel zu viel Energie. Und ich kann natürlich gar nicht alles für mich selbst herausfinden, das mich intereressiert. Ich kann nicht in alle Krisenregionen dieser Welt fahren und schauen, wie es dort wriklich ist. Ich kann nicht alle Forschungen selbst durchführen, jedes Produkt bis zum Ursprung zurückverfolgen, jeden von irgendwas Betroffenen selbst befragen.
Aber wie geht das mit der Wahrheit? Zwischen Vertrauen (haha!) und Verdrängen (nunja) sehe ich nicht viele Möglichkeiten.
Den Klostein haben wir übrigens gekauft. Im Verdrängen bin ich super.
Urlaub! \o/
Vor einigen Wochen gab es bei mir eine Geldsituation:
Ich hatte von Konto A eine größere Summe gezahlt, diese sollte planmäßig wenige Tage später von jemand anders auf Konto B erstattet werden, wo sie aber ja nicht hingehörte, weshalb ich schon zum Zeitpunkt der Zahlng eine Überweisung von Konto B auf Konto A vordatiert hatte. Warum das alles so war, ist egal, stellen Sie sich vor, ich hätte bei Nigeria-Spam mitgespielt, dann ist es wenigstens lustig.
Wie auch immer, wegen eines Kommunikationsfehlers kam die Erstattung nicht rechtzeitig. Konto B überwies natürlich trotzdem an Konto A, das war ja so eingestellt, und war dann dementsprechend pleite. Und - wenn es läuft, dann läuft es - dies exakt zu dem Zeitpunkt, an dem sozusagen alle monatlichen Abbuchungen stattfinden.
Wenig später bekam ich dann viel Post, leider immer mit demselben Wortlaut: Wir konnten nicht abbuchen, versuchen das in ein paar Tagen nochmal, sorgen Sie dafür, dass das Konto dann gedeckt ist, und 3-6 Euro für den geplatzen Einzugversuch bitte. Etwas irritiert schaute ich ins Onlinebanking, erkannte das Fehlen einer mittleren vierstelligen Summe, sah die rund zwanzig Rückbuchungen, überschlug die aufgelaufenen Mahngebühren und blinzelte. Dann verdrängte ich den Vorfall.
Achso, ein Brief war anders gewesen. Nämlich der der Stadt, die gerne die Kinderbetreuungskosten für Februar eingezogen hätte. Die Stadt sagte nicht, ich solle die nächste Abbuchung abwarten, sondern ich solle sofort, spätestens bis zum 26.2., selbst überweisen und ansonsten käme direkt der Gerichtsvollzieher. Allerdings kam das Schreiben erst am 26.2. an, weshalb ich zwar sofort überwies, dann aber am nächsten Morgen (Sprechzeiten nur 8 - 12 Uhr) im Kassenamt anrief, um leicht belustigt zu erfagen, ob man den Gerichtsvollzieher aufgrund der Sachlage wohl noch 1-2 Tage aufhalten könne.
Die Dame beim Kassenamt fand das alles gar nicht spaßig - offen gesagt, für rund 120 Euro Lehrgeld hatte ich etwas mehr Amüsement erwartet. "Sie müssen besser aufpassen, Frau N.!" wieder holte sie immer wieder. "Sie müssen besser aufpassen! So etwas darf nicht passieren!" Auch könne sie jetzt noch keinen Geldeingang feststellen, es läge aber vollumfänglich an mir, diese Situation wieder aus der Welt zu schaffen und den Gerichtsvollzieher aufzuhalten und so solle ich am Montag wieder anrufen, dann würde man ja sehen, ob ich wirklich mittlerweile gezahlt hätte.
Am Montag, 2. März, rief ich also wieder an. Nein, die Zahlung sei nicht da. Achso, doch sie sei da, aber sie sei in den falschen Monat gebucht worden, nämlich in den März. Auch das noch! Jetzt muss man das auch noch umbuchen, in den Februar. Sie müssen besser aufpassen, Frau N! Ich buche Ihnen das jetzt ausnahmsweise in den richtigen Monat, aber das darf nicht wieder vorkommen!
Ich spielte eine zerknirschte Person, versicherte, jetzt wirklich aufzupassen, aber nun sei dann alles geregelt? Ja, das sei es. "Ich bin so froh, das Sie mir geholfen haben, ganz herzlichen Dank, Sie sind super!", flötete ich und hatte damit leider ganz eindeutig überreizt: mit einem Schnaufen, das vermutlich kein freundlicher Abschiedsgruß war, legte die Dame ansonsten nonverbal auf. Ich betrachtete die Angelegenheit als erledigt.
Wenige Tage später kam dann wieder ein Brief von der Stadt, von einer anderen Abteilung, in dem eine mir unbekannte Frau sich auf unser Gespräch bezog und eine Einzugsermächtigung für die Kita-Gebühren verlangte. Etwas genervt schrieb ich direkt per Hand auf den Brief, ich könnte mich zwar ein kein Gespräch erinnern und eine Einzugsermächtigung läge bereits vor, aber sie könnten gerne auch noch eine haben. Der Brief ging weniger als eine Stunde später in den Kasten; ich betrachtete die Angelegenheit nun wirklich als erledigt.
Eine Woche später erneut Post von der fremden Frau aus der anderen Abteilung. Sie habe sich auf mein Gespräch mit der Frau vom Kassenamt bezogen und die Einzugsermächtigung erhalten, der Beitrag für März sei aber noch nicht eingezogen. "Dann ziehen Sie ihn doch bitte umgehend ein", schrieb ich wieder direkt auf den Brief und schickte ihn umgehend ab und betrachtete die Angelegenheit jetzt aber wirklich, wirklich als erledigt.
Umso überraschter war ich, gestern im Briefkasten erneut eine Mahnung mit Ankündigung des Besuchs des Gerichtsvollziehers zu finden, wenn ich nicht innerhalb einer Woche die Kita-Gebühr für März zahlen würde. Ich rief also wieder die nette Frau beim Kassenamt an.
"Ich erinnere mich an Sie!", sagte sie ohne Begeisterung in der Stimme. "Ich habe Ihnen doch schon einmal gesagt, dass Sie besser aufpassen müssen!" "Ja", sagte ich, "ich weiß, aber ich habe auch wirklich aufgepasst und Ihnen auch eine zweite Einzugsermächtigung geschickt, warum um alles in der Welt ziehen Sie das Geld denn nicht ein, brauchen Sie noch irgendwas von mir?!" Nein, sie bräuchten nichts. Sie würden aber eben erst im nächsten Monat, also im April, wieder einziehen. Das sei nämlich so vermerkt.
Ich schlug vor, das doch einfach umzuvermerken. "Nein, nein, Frau N. Das war Ihr Fehler. Sie hätten einfach besser aufpassen müssen. Jetzt müssen Sie den Beitrag für März sebst überweisen und ab April ziehen wir das dann wieder ein. Aber bitte sorgen Sie dann dafür, dass das Konto gedeckt ist!"
Weiter den zerknirschten Menschen zu spielen, gelang mir unter diesen Umständen nicht, immerhin hatte ich mich aber so weit unter Kontrolle, nichts Unflätiges in den Hörer zu brüllen. Ich überwies also den ausstehenden Beitrag inklusive unberechtigter Mahngebühr und bin nun gespannt, ob sich dieses Thema bis Juli, wenn Mademoiselle endgültig mit dem Kita-Eigenbetrieb der Stadt nichts mehr am Hut hat, noch beruhigen wird, oder ob ich mir die verbleibenden vier Monate lang wöchentlich von der Dame vom Kassenamt sagen lassen muss, ich möge "besser aufpassen".
Gegen Mittag sehr plötzlicher Launewechsel, als hätte ich plötzlich das wahre Gesicht der Welt erkannt, in Wirklichkeit aber ausgelöst durch dieses unerträgliche joviale Schenkelklopfgelächter in der Teeküche. Sie wissen natürlich, welche Art von Gelächter ich meine. Nur meiner absoluten Selbstbeherrschung ist es zu verdanken, dass ich den Anwesenden nicht den Kuchen, den sie gerade verzehrten, ins Gesicht geklatscht habe, damit dieses Geräusch aufhört. Und mit derselben Art von Selbstbeherrschung erspare ich Ihnen weitere Ausführungen.
Heute von Mademoiselle belehrt worden, dass ich bekannte Kinder, denen wir auf der Straße begegne, lieber nicht grüßen sollte. Schon gar nicht mit Namen. Und auch nicht verbal. Etwas lächeln ist okay. Aber eher von weitem. Falls das Kind dann zurücklächelt, könnte ich knapp nicken. Aber knapp. Sehr knapp. Das Kinn nicht zu weit runter (sie griff mir an den Kopf und führte die akzeptable Nicktiefe ein paar Mal mit mir durch, zur Einprägung). Sollte das entsprechende Kind aber nicht zurücklächeln, muss ich schnell weggucken und wen anders anlächeln, so dass es wirkt, als wäre ich halt jemand, der viel herumlächelt auf der Straße.
Sonst wäre das nämlich peinlich. Also, nicht, dass ich peinlich wäre, natürlich nicht (das kommt aber sicher bald auch), sondern nur mein Verhalten, weil es das andere Kind in eine schlimme Situation bringt, in der man nämlich die Mutter von jemandem grüßen muss, was generell abzulehnen ist.
Das soll ich bitte auch anderen Müttern und auch Vätern und Großeltern erklären. Mademoiselle möchte das nämlich auch nicht, auf der Straße gegrüßt werden, außer von gleichaltrigen Freundinnen, aber die nehmen einen ja sowieso auch in den Arm und sagen nicht "Hallo Mademosielle" oder sonst etwas, naja, Peinliches.
Ich soll das so vielen Leuten sagen, wie ich kenne, damit dieses peinliche Gegrüße endlich aufhört.
Das sei hiermit erledigt.
Nachdem nun seit der Aufstockung auf Vollzeit etwa ein Vierteljahr vergangen ist, habe ich ungefähr eine Ahnung davon bekommen, wo ich die Stunden, die ich jetzt mehr arbeite, hernehme.
Und zwar
1: Wäsche. Ich wasche unter der Woche gar nicht mehr und am Wochenende dann hunderttausend Maschinen. Das ziehen wir dann alles frisch vom Wäscheständer an, so dass ein guter Teil des Zusammenlegens und Verräumens auch noch entfällt.
2: Einkauf, besonders Lebensmittel. Ich kaufe einfach nichts mehr, bzw. einmal pro Woche vielleicht. Eigentlich wollte ich die Lebensmittel liefern lassen, aber dazu muss man natürlich auch erstmal wissen, wann man zu Hause sein wird. Auf alle Fälle kommt aber ja mittwochs der Gemüsemann und sowieso finde ich bekanntlich, dass meine Schränke zu voll sind. Durch die Kombination aus nicht-einkaufen und mehr-arbeiten müsste ich eigentlich in naher Zukunft schon schweinereich sein. Ich habe aber die (aus Zeitgründen nicht nachverfolgte) Vermutung, das mehr-erarbeitete und nicht-vereinkaufte geht heimlich für Mitnehmkaffee und Essensbringdienst drauf.
3. Schlafen. Daher: Gute Nacht.